92 Fremdsprachenerwerb
92 Fremdsprachenerwerb
Woi guckit Duł!
einige der Sprecher dieser Lerncrgruppen sehr wohl und sehr schncll in der Lagę sind, eine Zielsprache korrekt zu erlemen. wah-rend andere es nie zu schaffen scheinen. Mitunter gelingt es Ler-nem einer fremden Sprache sogar. die fremde Sprache besser zu lernen ais die Einheimischen sie sprechen und schreiben. Man denke in Deutschland etwa an den subtilen Sprachhumor von Kaya Yanar in der Femsehserie Was guckst Du?l, an die kabarettistischen Vorstellungen von Django Asiil oder die hóchst differenzierte Sprachkenntnis der vielen Autorinnen und Autoren. die Gedichte. Romanę und Erzahlungen auf Deutsch publizieren. obwohl Deutsch nicht ihre Muttersprache ist.
Fossilisierung
Aber auch die Gruppe der Lerner, dereń Sprachentwicklung schnell zum Stehen kommt. also fossilisiert. ist fur Forscher inso-fern interessant. ais man daraus die Ursachen der Fossilisierung und Blockade erfahren kann. Kennt man diese dann. lassen sich auch Reparaturinaftnahmen, also zum Beispiel passende Unter-richtsmethoden. entwickeln.
Sehen wir uns dazu genauer an. wie der naturliche Spracher-werb aussieht. wie chaotisch und unstrukturiert er tatsachlich ist. und betrachten wir dann die einzelnen Faktoren. die den Spracher-werb in seinen Strukturen. in seinem Verlauf und in seiner Geschwindigkeit beeinllussen. Dabei kann man einige Uberra-schungen erleben.
Authentische Oaten
Die folgenden Ausfuhrungen betreflen vor allem den Erwerb des Deutschen und des Englischen und werden anhand authenti-scher Aufnahmen und Untersuchungen illustriert. Vieles, was dort beobachtet werden kann. ist aber symptomatisch fur den Sprach-erwerb allgemein. gilt also prinzipiell auch fur den Erwerb anderer Fremdsprachen. Wir wollen diesen Fremdsprachenerwerb in seiner Systematik beschreiben. wobei unser Ansatz versucht, sich von den Konzepten der Lerner beim Spracherwerb leiten zu lassen. Er ist also ein konzeptueller und pragmatischer Ansatz.
Die zwei folgenden Gesprache sind jeweils von deutschsprachi-gen Arzten und ihren tiirkischen Patientinnen gefiihrt worden. Sie wurden mit einem offenen Mikrofon aufgenommen und anschlie-ftend verschriftlicht (transkribiert).
Transłcript 4.1
A ■ deutschsprachige Arztin; P ■ tiirkische Patientin auf niedrigem Erwerbsnivcau
1 A: Rauchcn Sie noch Frau Eski?
2 P: Ah. nix zu viel (...)
3 A: Wie viel?
4 P: Zwei. drei Stiick. jeden Tag. nichl so viel.
5 A: Zwei bis drei?
6 P: Friiher war zwei Pakett.
7 A: Huijuijui.
8 P: Aberjetzt nix mehr. jetzt (...)
9 A: Mhm.
10 P: Wann ich nerven bin. ich rauch weg. ich hab nix liigen (...).
11 A: Mhm.
12 P: Aber wann nichl nerven (...).
13 A: Mhm.
14 P: ist nichls.
15 A: Mhm
16 P: Aber wenn ich merk irgendwas. Probleme oder was. oder
schlechl werd (...)
17 A: Mhm.
18 P: hóren oder. oder irgendwas (...)
19 A: Mhm.
20 P: Oder bin ich
21 A: Mhm
22 P: krank
23 A: Mhm
24 P: oder irgendwas mag ich rauchen (...) aber sonsl (...)
25 A: Mhm. mhm sonsl nicht.
26 P: Hmhm, nó nó.
27 A: Mhm. ja gut. Also jetzt fiillen wir das nachher aus.
(Sancak 2004:69f.)
Die tiirkische Patientin. die in diesem Gesprach mit ihrer Arztin AuBerungsmefkmale iiber ihre Beschwerden spricht. kann sich im Prinzip einigerma-£en auf Deutsch verstandlich machen. Zumindest versteht sie gut.
Allerdings fallt es der Arztin in diesem Ausschnitt schwer. die