Culture et politique a l'śpoque de Justinien
JOHANNES IRMSCHER
(Berlin —DDR)
Unsere landlaufigen Darstellungen der Geschiehte des griechischen und des romisełlen Schrifttums pflegen ihren Stoff in der Regel in der Weise zu disponieren, daB sie innerhalb sehr weitgezogener Perioden, dereń Abgrenzungen fur gewóbnlich der politischen Geschiehte entlehnt werden, die einzelnen literarischen Gattungen systematisch abhandeln. Das bedeutet, daB man ihnen, um Beispiele zu geben, beąueme Unter-richtung iiber die Entwicklung des Epos in der Epoche des Hellenismus oder iiber die Entfaltung des lateinischsprachigen fachwissenschaftlichen Schrifttums in der Spatantike zu entnehmen vermag, wahrend sie iiber die Gesamtheit der literarischen Erscheinungen innerhalb eines Zeitab-schnittes, wie in unserem Palle dem der Justinianischen Restauration, keine zusammenhangende Information ermoglichen. Aber auch in monogra-phischer Form ist eine solche synchronoptische tJbersicht allenfalls fiir die groBen klassischen Perioden der beiden Literaturen gegeben und damit dereń geistige Physiognomie aufgezeichnet worden, wahrend fiir andere, historisch nicht minder wichtige wie die Justinianische solche Versuche durchaus noch f eh len.
Gabe es eine solche Ubersicht iiber die Literatur der Justinianischen Zeit — und wir halten sie fiir ein echtes Desiderat—, so wiirde sie rasch augenfallig machen, daB die Regierungszeit jenes Kaisers an der Schwelle der Zeiten (527 — 565) mit ihrem grandiosen, wiewohl gegen alle historische GesetzmaBigkeit stehenden Bemuhen, das rómische Imperium in seinem territorialen Umfang und in seiner gesellschaftlichen Ordnung zu reintegrierendurch reiche literarische Aktivitaten gepi-agt ist. Die epische Dichtung stand im Griechischen im Zeichen des groBen Neuerers Ronnos und gipfelte im Lateinischen in dem afiikanischen Grammatiker Corippus. Eine Nachbliite erlebten Ekphrasis und Enkomion wie liber-haupt die kleine Form des Epigramms, dessen beste im Verlaufe eines Jahrtausends zustandegekommene Leistungen der Advokat Agathias in einer Anthologie zusammentrug. Den ungezahlten geistlichen Hymnen, die Romanos der Melode einpragsam in der Diktion, kunstyoll im Aufbau und in der den sprachliehen Entwicldungen entsprechenden rhythmisch-akzentuierenden Mętlik schuf, hat das Lateinische kein Pendant gegen-iiberzustellen. Die von Prokopios gegriindete Ehetorenschule von Gaza pflegte die antike Redeubung, ohne mit den christlichen Lehren in Konflikte zu geraten. Die Geschichtschreibung vermochte in Ost und
1 Zur Efnschatzung Johannes Irmscher, ,,Ziva antika“, 13, 1964, 171 ff.
REV. ĆTUDES SUD-EST EUROP., XVIII, 1, P. 85-94, BUCAREST, 1980