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162 Mircea M. Pop 4

zermalmt im Staub des Wegs /.../ Die Stunden sind langst gefallen, / die Zeiger dehnen sie endlos, / und verwirrt, dann und wann, / erscheint der Kuckuck und verkiindet / mit trallemdem Ruf den Weltuntergang

Das Volk selbst ist “ein Volk von Pflanzen”, deshalb schwebt es mehr ais dafi es lebt.

Obwohl “Engel”, “Fliigel”, “Himmel”, “VogeI”, “Schnee” u.a. strahlende und optimistische Symbole sind, verwendet Ana Blandiana sie nicht um eine optimistische Weltanschauung zu bauen. In ihrer Versen bekommen sie vielmehr ein anderes Gesicht, das des Pessimismus und der Traurigkeit, der Verzweiflung.

Es ist ihre eigene Verzweiflung und, natiirlich, die Verzweiflung ihres Volkes. Die jetzige deutsche Ausgabe veroffentIicht ihre Lyrik bis zur Wende in Rumanien. Es ware interessant zu wissen wie das Gesicht der zukiinftigen Lyrik Ana Blandianas aussehen wird.

Mircea Dinescu (geb. 1950) gilt langst ais das “enfant terrible” der rumanischen Poesie. Ein erster Band seiner Lyrik, “Exil im Pfefferkom”, ausgewahlt, iibersetzt und mit einem Nachwort versehen von Werner Sollner, wurde 1989 vom Suhrkamp Verlag herausgegeben.

Ein anderer Band, “Ein Maulkorb fiirs Gras” erschien 1990 beim Ammann Verlag in Zurich und wurde jetzt ais Lizenzausgabe bei Fischer veroffentlicht1.

Der Band enthalt 50 der reprasentativen Gedichte Mircea Dinescus, die aus sieben Gedichtsammlungen rumanischer Dichter ausgewahlt wurden. Elf Gedichte wurden aus dem 1989 im Hausarest entstandenen Manuskript des Autors iibersetzt. Mircea Dinescu kann Gedichte mit Reimen und auch ohne Reime schreiben. Er kann romantisch, sogar klassisch sein, aber auch modem. Er hat die Dichtung mit den Versen Eminescus, Arghezis, M.R.Paraschivescus, aber auch in der Schule der rumanischen Folklore, gelemt. In seinen Gedichten versucht er stolz, das alles greifbar zu machen. Er ist ein Konig Midas der Poesie, in dessen Mund sich alles in Metaphem verwandelt. Ais balkanischer Typ, aus dem Siiden Rumaniens stammend, ist er melancholisch und zartlich, aber auch ironisch und sarkastisch. Wie ein Wórterzauberer hat er die Sprache in seiner Gewalt und kann sie behandeln und kombinieren, wie er will, was ihm die bizzarren und unerwarteten Wórterkombinationen in seiner Poesie erlaubt.

Wenn er zunachst Gedichte aus Spafi schrieb, ais Beweis flir sich selbst und fur die anderen, dafi er intelligent und begabt sei, schreibt er spater aus Notwendigkeit. Aus Notwendigkeit, um die Wahrheit zu sagen. Natiirlich konnte er sie nicht offen und direkt sagen. Deshalb begann er, Parabeln zu schreiben. Seine Poesie wurde fur das Regime immer unbequemer und storender.

Fur sein Interview in der franzosischen Tageszeitung “Liberation” im Marz 1989 wurde er unter Hausarrest gestellt und erst nach dem Sturz des Diktators, den er am 22. Dezember 1989 ais erster im rumanischen Femsehen verkiindete, befreit. Sein Gedicht “Interview” (mit einem Genossenschaftslandwirt) gerat komisch, obwohl es sehr ehrlich die sozialistische Realitat beschreibt: “ im allgemeinen ist

1

Mircea Dinescu: Ein Maulkorb Jurs Gras. Gedichte. Rumaniscb und Deutsch. Ausgewahlt und iibersetzt von Werner Sollner. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Yerlag,1994,125 S.



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