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sich der ganze Kórper des Tieres nach hinten zu; der Kiinstler versucht, soweit es ihm sein Konnen erlaubt, das Baumen des Pferdes nachzuahmen! Dieser Bewegung entsprechend, sind ebeu die Ohren nach vorne gewendet: das Pferd spitzt die Ohren. Das leise Baumen des Pferdes bedeutet bei ihm Phantasie und Freude, das Ohrenspitzen das Erwachen des Interesses fur die Umwelt. Es liegt die Vermutung nahe, dafi jene Bewegung des Pferdes, sein Baumen und Ohrenspitzen mit der Absicht und dem Begin-nen der iiber dem Tiere befindlichen Figur in Yerbindung steht, die eben nur an dieser Seite der Bildsaule keine Beine besitzt! Der Verfasser yermutet, unabhangig von der von Reyman be-reits geaulierten Ansicht, daB das Fehlen der Fiifie yielleicht das bedeuten kann, da6 die Figur entweder auf dem Pferde sitzt oder die Absicht hat, es bald zu tun. Vielloicht lie(3 sich der Kiinstler aber in diesem Falle nur von asthetischen Riicksichten leiten, welche die Anbringung von sechs steifen Beinen in un-mittelbarer Nahe nicht recht zulieBen: zwei menschliche Beine unter vier des Tieres! Jedenfalls harmonisiert die schrage Linie des Halses und des Riickens des Pferdes, die durch die Neigung des Tierkórpers hervorgerufen wurde, mit derselben Richtung des Sabels, der dicht dariiber am Riemen herabhangt.
15) Nicht getreu sind die Pferdehufe an der Swiatowit-Stein-saule modelliert, da sie beidseitig gleich konvex, halbrund behandelt sind. Der Verfasser kann eine Analogie zu dieser Darstellungsweise von Pferdehufen nicht anfiihren, die oft kor-rekt, ja sogar mit Rassedetails abgebildet werden. In der Silhou-ette erinnern sie den Verfasser nur an die Pfoten des Panthers(l) von Kelermes. Vielleicht soli diese unnotige Verdickung der Pferdehufe hinten die stilisierte Behaarung der Fessel andeuten, ein Rassedetail, das mehrfach vorkommt (z. B. S. Miiller, Nord. Alt. II, S. 207). In unserem Fali ware dieses Detail doch zu tief angebracht, denn die den Hufen entgegenliegenden Wólbungen befinden sich unterhalb der in der Skulptur angedeuteten Fes-selyerjiingung, die Behaarung der Fessel sehen wir dagegen in Wirklichkeit etwas hóher. Eine genaue Beobachtung ist erschwert, da die Skulptur an dieser Stelle yerwittert und undeutlich ist.
16) Die Skulpturen an der Steinsaule des Światowit sind das Werk ein und derselben Hand. In ihnen wiederholen sich die-selben stilistischen Kennzeichen, dieselbe Manier und Technik.
Balletin I-II 1984. 1—5.
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