Attribute in nichtnominalen Satzgliedern
In den meisten Fällen erscheinen die Attribute zu nicht-nominalen Satzgliedern vorangestellt. Ein typisches nachgestelltes Attribut ist mehr zur Negationspartikel nicht im Syntagma nicht mehr. Kommt dazu die Operatorpartikel überhaupt als vorangestelltes Expositivattribut, ergibt sich die komplexe Negationsangabe überhaupt nicht mehr. In Nachstellung erscheinen meist Attribute mit adversativer Bedeutung.
Nichtnominale Satzglieder eröffnen keine Gliedklammer wie nominale. Erscheinen können zu ihnen nominale Attribute
im reinen Kasus:
seines Sieges gewiß, dem Amt bekannt, den Preisnachlaß gerechnet
als Präpositionalphrase:
auf die andere Seite hinüber, der für den Transport zu schwache Patient, *der zu schwache für den Transport Patient
mit den Adjunktoren wie / als gebundene nachgestellte Nomina:
frech wie ein Spatz, eingerichtet als Eßzimmer
oder nichtnominale Attribute, und zwar:
Adverbien (meist Grad- oder Rang- od Adversativadverbien);
höchst überraschend, ganz oben, allein vorläufig, links gerichtet, rechts drehend, ineinander verflochten, doch ungelöst
Adjektive:
weit offen, wunderlich schief, linear abwärts, wohl geformt
Operatorpartikeln:
sogar bezahlt, zu heiß, nur oberflächlich, geradezu genial, noch ungehobelt
mit dem Adjunktor wie oder als gebundene Adverbien und Adjektive:
fröhlich wie nie, größer als vorher, ehrlich wie immer.
Klassenbedingte Beschränkungen der Attribute
in nichtnominalen Satzgliedern
Unter den nichtnominalen Wortarten haben Adjektive die höchste Affinität und zugleich die größte semantische Potenz als Attribute. Dagegen lassen sich Adverbien i.d.R. nur graduativ und beschränkt dimensional attribuieren:
allein oben, von der Stadt aus nordwärts, überhaupt nur,
zunächst vor und dann hinter
Attribute sind als immer als in und nie neben dem Satzglied erscheinende Elemente zu verstehen.
Form, Gestalt und Inhalt der Attribute in den Attributstellen
In der Form sind nur die nominalen Attribute zu Nicht-Nomina bestimmt.
In der Gestalt der Attribute bestehen nur für solche zum Ajektiv und adjektivischen Partizip keine Beschränkungen. Zu Nicht-Adjektiven treten keine Attribute im reinen Kasus.
Hinsichtlich des Inhalts der Attribute bestehen nur für solche zum Adjektiv und zum adjektivischen Partizip keinerlei Beschränkungen. Attribute zu Nicht-Adjektiven sind inhaltlich im Grunde auf Graduierung, Modifikation und Opposition beschränkt.
Satzförmige Attribute zu nominalen Satzgliedern
Die typischste Form solcher Attribute sind mit einem (evtl. präpostional regierten) Relativpronomen oder mit einem Relativadverb eingeleitete untergeordnete Sätze, d.h. Relativsätze.
… das schmale Haus, das so oft fotografiert wird, …
… der Sand, auf den wir gebaut hatten, …
… der Strand, an dem / wo wir so oft gelegen haben, …
Bestimmte semantische Subklassen der Nomina, besonders die Namen für Sachverhalte lassen auch mit daß oder ob eingeleitete Intensionalsätze (sog. „Inhaltssätze“) und uneingeleitete Infinitivkonstruktionen zu, die im Grunde den mit dem Bezugsnomen als Name genannten Sachverhalt in extenso, d.h. beschreibend darstellen.
… die Behauptung, daß die Bilanz stimmt, …
… die Frage, ob sich das machen läßt, …
… der Versuch, den Wal wieder schwimmfähig zu machen, …
Temporalsätze treten zuweilen als Attributsätze für Relativsätze ein:
… die Zeit, als wir das noch wollten und nicht durften, …
… in dem Monat, bevor wir ausreisten, …
… bis zu dem Moment, wie wir das sahen, …
Inhalte satzförmiger Attribute und semantische Restriktionen
Satzförmige Attribute können identifizierend den von ihrem Bezugsnomen genannten Gegenstand erst identifizierbar machen oder kommentierend einem bereits durch das Bezugsnomen identifizierten Gegenstand weitere Eigenschaften zuschreiben. Die ersten werden auch „restriktive“ Attributsätze genannt, die zweiten auch „explikative“.
Identifizierende satzförmige Attribute
Identifizierende satzförmige Attribute erscheinen i.d.R. als Relativsätze:
… für eine Lösung, die alle zufriedenstellt, …
… allein einer, der zur Tatzeit am Tatort war, …
… Fragen, auf die es viele Antworten gibt, …
… Schmerzen, über die besonders ältere Patienten klagen, …
… der Mann, der als dritter von links steht, …
In vielen Fällen ist erst aus dem Satzkontext erschließbar, ob ein identifizierender oder ein kommentierender Attributsatz vorliegt. Aus einem indefiniten oder dem fehlendem Determinativ ist nicht auf identifizierende Funktion zu schließen, denn ein Klassennomen mit definitem Determinativ kann eine Subklasse allgemein einführen, die erst der Attributsatz identifizierbar macht:
Die ermittelten Elemente, denen diese Eigenschaft allein zukommt, …
Kommentierende satzförmige Attribute
Kommentierende satzförmige Attribute erscheinen i.d.R. als Relativsätze:
… diese Lösung, mit der alle zufrieden sind, …
… Udo, der zur Tatzeit am Tatort, d.h in der Küche, war, …
… Eva, die auf Udos Fragen gern sybillinische Antworten gibt, …
… Schmerzen, die sie kaum aushielt, …
… der dritte Mann von links, der so komisch grinst, …
Appositive Attribute
Als Nomina nachgestellte Einschübe, d.h. appositive Attribute, werden prosodisch immer abgesetzt und erscheinen daher schriftlich in Kommata eingeschlossen. Sie sind zu Relativsätzen expandierbar, wenn sie eine Eigenschaft zu ihrem Bezugsnomen einführen:
Das alte Rathaus, von Patrizierhäusern eingerahmt, sieht auf dem Bild prächtig aus.
Wir begrüßen Herrn Müller, einer unserer tüchtigsten Liquidatoren.
→ Wir begrüßen Herrn Müller, der einer unserer tüchtigsten Liquidatoren ist.
Führen appositive Attribute dagegen eine weiteren Namen bzw. eine weitere Benennung für die vom Bezugsnomen genannte Größe bzw. für den von diesem genannten Sachverhalt ein, sind sie nicht zu einem attributiven Relativsatz expandierbar, ohne in diesen ein Verb wie nennen oder bezeichnen einzuführen:
… Bismarck, der eiserne Kanzler, …
… die Westsudeten, das sog. Riesengebirge, …
… die Venus, auch der Abendstern oder der Morgenstern, …
…, der »Feurige Elias«, die Kleinbahn von Radebeul nach Radeburg, …
Solche Relativsätze sind daher auf die Rede- bzw. Benennungsweise abhebende metaprachliche Sätze.
Satzförmige Attribute zum Satz
Die unter 4.2.3.14. behandelten weiterführenden Nebensätze sind syntaktisch gesehen satzförmige Attribute zum Satz. Das interrogativische Relativpronomen oder relativische Präpositionaladverb (Subjunktivadverb) repräsentiert in ihnen den im Trägersatz dargestellten Sachverhalt, der als Sachverhaltselement des weiterführenden Nebensatzes fungiert. Satzförmige Attribute zu Sätzen lassen komplizierte Nominalisierungen von Sätzen vermeiden, was folgende Umformung verdeutlichen mag:
Udo erschien pünktlich, was Eva überraschte.
→ Udos pünktliches Erscheinen überaschte Eva.
Komplexe Sätze mit einem Relativsatz als Attribut zum Trägersatz lassen sich in zwei nebengeordnete selbständige Sätze umformen, indem das interrogativische Relativpronomen durch und das bzw. das relativische Präpositionaladverb durch und sowie das entsprechende Demostrativadverb ersetzt wird:
Udo erschien pünktlich, womit er Eva überraschte.
→ Udo erschien pünktlich, und damit überraschte er Eva.
Udo erschien pünktlich, wofür Eva ihn lobte.
→ Udo erschien pünktlich, und dafür lobte ihn Eva.
Der Bezug satzförmiger Attribute auf den Satz
Weiterführende Nebensätze können sachverhaltsbezogene oder redebezogene Attributsätze sein. Sie können also den Sachverhalt des Trägersatzes de re oder de dicto zum Redegegenstand haben oder als ein anderes Sachverhaltselement integrieren.
Die oben gegebenen Beispielsätze enthalten ausschließlich sachverhaltsbezogene Attributsätze. Redebezogene Attributsätze haben immer Äußerungshandlungen oder mentale Handlungen zum Gegenstand:
Sie behaupteten, daß der Kunde irregeführt worden ist, was dem Geschäft die Schuld zuweist.
Es wurde gemeldet, das Rennen sei nur von fünf Teams beendet worden, was die Rennleitung als Falschdarstellung zurückweist, denn diese fünf Teams stellen 50% der teilnehmenden Mannschaften dar.
Komplexe satzförmige Attributsätze zum Satz
Attributsätze zum Satz können ihrerseits in Gestalt komplexer Sätze erscheinen:
Udo kam pünktlich, was Eva überraschte, obwohl er schon einmal pünktlich war.
Sie behaupteten, daß der Kunde irregeführt worden ist, was dem Geschäft die Schuld zuweist, unabhängig davon, ob die Irreführung eine gezielte war.
Kumulation und Hierarchisierung von Attributen
Zwei oder mehr gleichartige und gleichrangige Attribute sind kumulierbar, d.h. sie können mit oder ohne Konjunktor additiv, adversativ oder alternativ gereiht werden.
Zwei nicht gleichartige und nicht gleichrangige Attribute sind immer hierarchisiert, d.h., sie stehen im Verhältnis eines Regens zu seinem Dependens bzw. in dem eines Attributs zu einem Attribut.
Da mit Ausahme von Partikelattributen jedes Attribut Regens eines von ihm abhängigen Attributs sein kann, sind Sekundär-, Tertiär-, Quartärattribute möglich, wenn auch nur für bestimmte Textsorten tolerabel bzw. typisch, so etwa für Sachverhaltsprotokolle im Bereich der Urteilsfindung, wissenschaftliche Text und epische Texte bestimmten Stils oder spezifischer Manier.
Attributsätze sind kumulierbar, indem zwei gleichartige Attributsätze mit Konjunktoren wie und oder aber, sondern, sowohl … als auch verbunden werden:
… ein Mitarbeiter, der seine Pflichten erfüllt und anderen auch helfen kann, …
… ein Mitarbeiter, der seine Pflichten erfüllt, aber anderen nicht helfen will, …
Adverbiale Attributsätze zu Satzgliedern sind dagegen nicht hierarchisierbar, da ihr Rang vom Rang des Bezugswortes abhängt. Ein Attributsatz zu einem Bezugswort in einem Attributsatz steht hierarchisch tiefer als sein attributiver Trägersatz. Er ist jedoch nicht von diesem Satz als Ganzes abhängig, sondern von einem Element dieses Satzes. Möglich, wenn auch selten, ist die Hierarchisierung weiterführender Nebensätze in Fällen, in denen ein solcher Satz selbst wiederum Trägersatz eines weiterführenden Nebensatzes ist:
Udo erschien pünktlich, was Eva völlig aus der Fassung brachte, womit Udo wiederum nicht rechnen konnte.