3.2.2 Das Subjekt
Das Subjekt bildet zusammen mit dem Prädikat, gegebenenfalls zusammen mit der Prädikatsergänzung den inhaltlichen Kern eines Satzes. Die formale Übereinstimmung (Kongruenz) zwischen dem Subjekt und der Personalform des Verbs bestätigen das. Funktionskennzeichen des Subjekts ist stets der Nominativ.
Ich suche einen Schuster.
Du siehst aber blaß aus!
Der Leibwächter schwitzt vor Angst.
Wir holen uns Nachschlag.
Ihr bleibt wohl noch ein paar Tage?
Die Kinder spielen Versteck.
Der Sprecher nennt die Personen bzw. Gegenstände als Subjekt, über die er sich äußern will oder die er mit seiner Äußerung meint (Äußerungsaspekt).
Die als Subjekt genannten Personen bzw.Gegenstände, ebenso wie die als Objekt genannten, stellen die Rollen dar, die für das Zustandekommen bzw. Bestehen eines Sachverhalts notwendig sind:
Udo: Udo schreibt.
Udo, Brief: Udo schreibt einen Brief.
Udo, Eva, Brief: Udo gibt Eva den Brief.
Fehlt eine Rolle, ist der Satz nicht vollständig, d.h. es kommt nicht zur Sachverhaltskonstitution
Bei Äußerungen können gewisse Rollen eingespart werden, weil sie keinen besonderen Informationswert besitzen oder aus dem Redezusammenhang bzw. aus dem Referenzrahmen erschließbar sind.
Die Wahl des Subjekts ist entscheidend für die Entwicklung der Darstellung des gegebenen Sachverhalts und bestimmt die Auswahl des dazu notwendigen Sprachmaterials bzw. die erforderliche Satzstruktur. Um das Subjekt herum baut sich der deutsche Satz auf. So hängt es u.a. auch von der Wahl des Subjekts ab, ob sich der Sprecher für eine Passivkonstruktion oder eine andere Ausdrucksform entscheiden muß.
3.2.2.1 Die Stellung des Subjekts im Satz
Das Subjekt besetzt entweder das Vorfeld (vor der Personalform) oder eine Stelle im vorderen, mittleren oder hinteren Mittelfeld, je nach dem, ob es durch ein Pronomen, durch ein definites oder ein indefinites Nomen repräsentiert ist. Das Subjekt besetzt die Vorfeldstelle, wenn Rede- bzw. Textzusammenhang es erfordern.
Weißt du, ob Udo in diesem Jahr sein Abitur macht?
Sie war über zehn Jahre in Afrika.
Sätze ohne Kontext- oder Situationsbezug, z.B. Beispielsätze zur Erklärung grammatischer Regeln, beginnen häufig mit dem Subjekt im Vorfeld. Aus diesem Gebrauch ist jedoch keine Regel für die Subjektstellung abzuleiten. Maßgebend für die Stellung des Subjekts ist der Textzusammenhang, d.h., ob das Subjekt ein Element des vorhergehenden Satzes wieder aufninmt und / oder thematisch ist, oder ob es die Bezeichnung für etwas Neueingeführtes und / oder rhematisch ist.
Ein Subjektsatz, also ein Subjekt in Gestalt eines ganzen Satzes, steht entweder im Nachfeld und hat dann im Satzfeld manchmal es als Katapher, oder er steht im Vorfeld. Eine obligatorische Katapher steht gegebenenfalls im Vorfeld. Ist die Katapher es nicht obligatorisch, ist ein es im Vorfeld ein stellungsregelndes Element, d.h. das sog. expletive es:
Uns hat (es) gefreut, daß ihr gewonnen habt. (fakultative Katapher)
Es hat uns gefreut, daß ihr gewonnen habt. (expletives es)
Gefreut hat uns, daß ihr gewonnen habt. (0)
Dann gehört es sich, daß man sich entschuldigt. (obligatorische Katapher)
Es gehört sich dann, daß man sich entschuldigt. (obligatorische Katapher)
Gehört es sich dann, daß man sich entschuldigt? (obligatorische Katapher)
In den Imperativformen für die Anreden du und ihr wie geh!, nimm!, geht! nehmt! ist das pronominale Subjekt mit ausgedrückt, ähnlich dem Polnischen integrierten Subjekt. Besetzt wird die Subjektstelle nur mit du oder ihr im Falle der Akzentuierung des Genannten, um zu verdeutlichen, daß die angesprochene Person zu einer anderen Person in Opposition gebracht ist.
Wasch du heute ab! Ich habe es gestern getan.
Wie in vielen anderen Sprachen ist im Deutschen der Imperativ für die Anrede du die kürzeste, auf den Verbstamm reduzierte Verbform.
Sogenannte „subjektlose“ Passivsätze führen syntaktisch das (unbestimmte) Subjekt mit der Personalform ein, womit sie das kollektive Handeln generalisieren, d.h. als Prozeß darstellen. Die so gemachte Äußerung ist also keine Beschreibung eines Sachverhalts, sondern die Behauptung des Vollzugs einer Handlung bzw. des Sich-Vollziehens eines Prozesses oder des Bestehens eines Zustandes.
Morgen wird wieder gestreikt.
Dort wurde zuviel getrunken.
An Sommertagen wurde bis in die Nacht gearbeitet.
3.2.2.2 Das Funktionssubjekt
Einige Verben nehmen kein auf etwas verweisendes Subjekt an, sondern allein das Funktionssubjekt es. Dies sind in erster Linie Witterungsverben wie:
Bald schneit es wieder.
und Verben, die mit einem Funktionssubjekt eine andere Bedeutung annehmen:
Wie geht es Ihnen?
Wir bleiben, weil es uns hier immer besser gefällt.
Worum handelt es sich in diesem Falle?
Aber auch Verben, die Prozeß / Zustand beschreiben, deren Träger nicht zusammen mit dem Prozeß oder Zustand zusammen wahrgenommen werden muß, können mit dem Funktionssubjekt es gebraucht werden:
Hier duftet es gut. vs. Hier duftet etwas / eine Rose gut.
Dort taut es. vs. Dort taut auch langsam das Eis.
Jetzt klingelt es schon wieder. vs. Jetzt klingelt Udo schon wieder.
Der Mitteilungskern eines Satzes mit nicht Subjekt ohne Bezug, d.h. mit Funktionssubjekt, liegt allein im Prädikat und / oder in der Prädikatsergänzung. Solche Sätze stellen keine Aussagen über etwas dar, sondern sind Behauptungen des Bestzehens eines Zustandes oder des Sich-Vollziehens eines Prozesses. Das Funktionssubjekt steht entweder im Vorfeld oder unmittelbar nach der Personalform und kann von dieser nicht durch andere Pronomina getrennt werden.
Auf dem Heimweg regnete es ihm direkt ins Gesicht.
*Auf dem Heimweg regnete ihm es direkt ins Gesicht.
3.2.3 Die Objekte
Ein Satz kann neben dem Subjekt bis zu zwei Objekte enthalten. Die Anzahl der Objekte hängt von der Art des außersprachlichen Sachverhalts und von der Art und Weise seiner Darstellung ab, besonders davon, welche Personen/Sachen der Sprecher als Subjekt setzt. Die im Objekt genannten Personen/Sachen bezeichnen die Rolle, die für die Konstitution des gegebenen Sachverhalts notwendig sind.
Objekte sind strukturabhängige Satzglieder. Sie nennen
die Person/Sache, die in einen Prozeß oder Zustand unmittelbar eingebunden ist:
Der Hund riecht die Wurst.
Er spricht mit seinem Kollegen.
Eva schenkte ihrer Mutter einen Schal.
die Person/Sache, nach der der Prozeß oder Zustand ausgerichtet ist:
Udo ruft seinen Bruder an.
Eva liebt ihre Puppe.
die Person, auf die die Handlung gerichtet ist:
Udo will den Chef (in dieser Angelegenheit) sprechen.
das Resultat bzw. Produkt einer Handlung oder eines Prozesses:
Meine Oma strickt (mir) einen Pullover.
Der Computer produzierte interessante Zahlenreihen.
3.2.3.1 Die Arten der Objekte
Man unterscheidet die Objekte an ihren Funktionskennzeichen:
Akkusativobjekt (Oa) Er liest eine Zeitschrift.
Dativobjekt (Od) Eva hilft ihrer Mutter.
Genitivobjekt (Og) Sie entsinnt sich des Vorfalles gut.
Präpositionalobjekt (Op) Udo verläßt sich auf seinen Freund.
Welches Funktionskennzeichen ein Objekt erhält, hängt von Prädikat und Satzstruktur ab:
Er fragt seinen Vater.
Er stellt seinem Vater eine Frage.
Der Staatsanwalt befragt den Zeugen.
Der Staatsanwalt stellt dem Zeugen Fragen.
Der Zeuge antwortet dem Staatsanwalt.
Er beantwortet dem Staatsanwalt die Frage.
Er antwortet dem Staatsanwalt auf alle Fragen.
Der Staatsanwalt bittet den Zeugen um Antwort.
3.2.3.2 Die Stellung der Objekte im Satz
Die Stellung des Dativ- und des Akkusativobjekts im Satz ist abhängig davon, ob es nominal mit bestimmtem Artikel oder unbestimmten Artikel oder pronominal auftritt. Vergleiche dazu die Grafik „Grundfolge der Satzglieder im Mittelfeld”. Genitiv- oder Präpositionalobjekt werden am Ende des Mittelfeldes nach der Negation nicht angeordnet, unabhängig von der Art ihrer Repräsentation.
Alle Objekte können gegebenenfalls auch das Vorfeld besetzen, mit Ausnahme des ein neutrales Akkusativobjekt repräsentierenden Pronomens es, des Reflexivpronomens bzw. der es vertretenden Personalpronomen der 1. und 2. Person.
Ein Objekt kann auch durch einen Satz repräsentiert sein (sog. expandierte Objekte), der im Nachfeld erscheint.
Zu Objektsätzen expandierte Präpositionalobjekte haben häufig in der Position dieses Objekts ein Korrelat in Gestalt von da(r) + Präposition (Pronominaladverb):
Er hat bestimmt darauf gewartet, daß du etwas sagst.
Wir haben uns darum gekümmert, daß alle Fenster geschlossen sind.
Keiner hatte damit gerechnet, daß der Wächter nicht schläft.
Das Korrelat es für das Akkusativobjekt vertretende Sätze ist bei wenigen Verben obligatorisch und unterschiedet diese von gleichlautenden Verben mit anderer Bedeutung.
Er versteht es, sich beliebt zu machen.
Er ist es leid, sich rechtfertigen zu müssen.
gegenüber:
Er versteht, was du sagst.
Er ist leid(end).
Das fakultative zurückverweisende (anaphorische) Korrelat es tritt dann auf, wenn der vom Akkusativobjekt repräsentierte Gegenstand bereits erwähnt wurde. Der Trägersatz steht dann meist in einer Vergangenheitsform.
Er hat es schon verstanden, was du gesagt hast.
Da war es ihm bereits klar geworden, daß doch jemand zu Hause ist.
Das Vorfeld besetzende Objektsätze, die das Akkusativobjekt vertreten, haben kein Korrelat im ihnen folgenden Trägersatz.
Das Vorfeld besetzende Objektsätze für ein Präpositionalobjekt haben an der Spitze des Trägersatzes ein Pronominaladverb zur Kennzeichnung der Objektform, das keinen Satzgliedwert hat:
Daß du etwas sagst, darauf hat er bestimmt gewartet.
Wie lange das dauern soll, dafür haben wir uns interessiert.
Ob alles in Ordnung ist, darum kümmert sich der Hausmeister.
Daß der Wächter nicht schläft, damit hatte keiner gerechnet.
3.2.3.3 Das Funktionsobjekt
Einige Verben bilden Satzstrukturen mit dem Pronomen es als Funktionsobjekt. Viele dieser Verben unterscheiden sich von homonymen Verben mit anderer Bedeutung nur durch dieses Strukturelement:
Der Trainer meint es gut mit Udo.
Udo hat es ihm nämlich angetan.
Daher macht er es ihm beim Training nicht leicht.
Udo wird es im Sprint sicher weit bringen.
Er hat es schon jetzt auf Medaillen abgesehen.
Daher hat er es auf seinen 100 Metern immer ziemlich eilig.
3.2.3.4 Die Repräsentation der Objekte
Die Objekte im reinen Kasus können als Nomen, Pronomen, Personalpronomen, Interrogativpronomen, Mengenadverbien und eingeleitete untergeordnete Nebensätze, das Akkusativobjekt durch uneingeleitete nebengeordnete Nebensätze repräsentiert sein.