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Die Samokover Schule mit ihren volkstiimlichen Holzschnitten war nicht nur Gegenstand offentlicher Wertschatzung ais Bestandteil der historischen Prozesse des 19. Jahrhunderts. Die Werke dieser Holzschneider und Kupferstecher haben auch Kunstschaffende unserer Zeit zur geistig-inhaltlichen und technisch-formalen Auseinandersetzung angeregt, wie eine in Holz geschnittene Kopie der Gottesmutter Eleousa von Violeta Moliova nach einem Blatt von Anastas Karastojanov zeigt58. Mit solchen im personlichen Intimbereich, ohne emste Aussicht auf Anerkennung von auBen, entstandenen Arbeiten wird deutlich das Gefiihl fiir die Verpflichtung gegeniiber der geistig-religiosen Tradition, aber auch gegeniiber den bulgarischen Meistern der Vergangenheit, zum Ausdruck gebracht. Dieses Gefiihl hat sich von parteilichen Dekreteh und Beschliissen nicht beeinflussen oder gar unterdriicken lassen und wurde in der Stille verwirklicht.
Aus dem gleichen Geist, zugleich aber auch aus der Freude am fiir die personliche Weiterentwicklung notwendigen kiinstlerischen Experiment und der Suche nach der Verbesserung der eigenen schópferischen Ausdrucksmoglichkeiten entspringen die handkolorierten Holzschnitt-Kopien des HI. Georg und der Muttergottes von Georgi Penćev nach dem gleichfalls aus Samokov stammenden Nikola S. Klinkoy59. Was bei den zugrundeliegenden Originalen aus dem spaten 19. Jahrhundert in der manchmal ungelenken Schnittfuhrung ais Ergebnis des Ringens um die Einheit von Inhalt und Form zu werten ist, hat Penćev bei den Kopien ais mit voller Absicht eingesetztes Mittel zu verwenden gewuBt ais Parallele und ais Bestatigung seines eigenen lapidaren Holzschnitt-Stiles, mit dem er bei aller Knappheit der Formangabe zu einer expressiven Ausdrucksweise gelangt. So spiirt man vor dem markanten Kopf des HI. Ivan neben dem gliihenden Eifer des Asketen auch die Wiirde des Heiligen60.
Ais eine durchaus personliche Aussage mochte man die unmittelbare von der byzantinischen und postbyzantinischen Ikonenmalerei angeregte Farblithographie mit dem HI. Georg von Geno Genev bewerten61. Der ais Drucker in der Samokover Werkstatt des Bulgarischen Kiinstlerverbandes tatige Genev hat in dem an das Empfinden unserer Zeit angepaBte Thema in der Vereinfachung der Form und in der Beschrankung auf das Wesentliche zugleich ein Lehrstiick fiir die technische Behandlung einer Lithographie vorgelegt.
Wenn es auch durchaus den Vorstellungen der national betonten Kunst Bulgariens wahrend der letzten Jahrzehnte entsprach, die Heiligen Kyrill und Method ais historische Persónlichkeiten in der kiinstlerischen Gestaltung zu sehen, wurde dabei auch das religióse Anliegen nicht vergessen. Das zeigen Holzschnitte von Georgi Penćev “Die sieben Heiligen”62 oder “Kyrill und Method” von Kyrill Gjulemetov,63 der dort seinen Namensheiligen wiirdigte. Endlich ist Penćo Kulekov zu nennen, der die beiden fur Bulgarien religios wie historisch-politisch wichtigen Heiligen im Ex libris fiir die “Nationalbibliothek Kyrill und Method” in klarer einpragsamer Form festgehalten hat64.
51 Slg. F. Ficker.
59 Ibidem.
60 Ibidem.
61 Ibidem.
“ Ibidem.
630brazite na Sv. Sv. KiriI i Metodij... a.a.O., Abb.
64 Slg. F. Ficker.