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(Prasident Furler iibernimmt den Vorsitz.)
(M. Furler remplace M. Fohrmann au fauteuil de la presidence.)
(L’onorevole Furler sostituisce Vonorevole Fohrmann al seggio della Presidenza)
(De heer Furler vervangt de heer Fohrmann in de voorzitterszetel.)
VORSITZ
PRfiSIDENT DE LA SfiANCE PRESIDENTE DELLA SEDUTA VOORZITTER VAN DE VERGADERING Herr FURLER
Der Prasident. — Ich danke Herrn Vendroux fur seine Ausfuhrungen. Auf der Rednerliste steht nun Herr Metzger, der wohl nicht ais Be-richterstatter, sondern fur seine Person spricht. Ich bitte Herrn Metzger, das Wort zu nehmen.
Abg. Metzger. — Herr Prasident! Meine Da-men und Herren! Wir waren uns sowohl in der Arbeitsgruppe ais auch im Politischen Aus-schuss dariiber einig, dass direkte europaische Wahlen stattfinden sollten. Ich betone ausdriick-lich, um jedes Missverstandnis zu vermeiden, dass auch ich fur direkte europaischen Wahlen bin. Aber das heisst nicht, dass wir uns vor Be-denken und vor Tatsachen verschliessen diirfen. Wir haben die Pflicht, solche Tatsachen zu sehen.
Ich habe durchius Verstandnis dafiir, dass man mit Begeisterung an dieses Problem heran-geht und dass man in der Begeisterung unter Umstanden auch einmal Tatsachen beiseite schiebt, so wie das mein Freund Dehousse — das muss er wohl auch ais der Vorsitzende der Arbeitsgruppe — rut und getan hat. Das ging ja so weit, dass er gestem ais Berichterstatter in seiner ausgezeichneten Rede in seiner grossen Begeisterung die Grenzen, die normalerweise einem Berichterstatter gesetzt sind, weit hinter sich gelassen hat.
Ich glaube aber, dass wir, wenn wir uns Europa verpflichtet fiihlen, auch verpflichtet sind, auf gewisse Tatbestande hinzuweisen. Zunaehst einmal besteht kein Zweifel dariiber, dass die Konstruktion der Europaischen Wirtschafts-gemeinschaft nicht ganz glucklich ist. Wir haben gesehen, dass die nationalen Parlamente Zustan-digkeiten abgegeben haben und dass diese par-lamentarischcn Zustandigkeiten nicht an das
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hóhere Parlament, an unser Parlament, abgegeben worden sind, sondern dass diese parlamen-tarischen Zustandigkeiten an eine ganz andere Instanz, an eine exekutive Instanz gegangen sind.
Ich sagę wohl nicht zuviel, wenn ich betone, ' dass damit ein Weg beschritten worden ist, der nichts anderes bedeutet ais die Pervertierung des Gedankens der Gewaltenteilung. Es ist kein Zufall, dass wir in unseren Demokratien den Gedanken der Gewaltenteilung fiir einen frucht-baren Gedanken halten. Wenn er auch nicht dogmatisch durchgofiihrt worden ist, so haben wir doch in unseren nationalen Demokratien immer wieder darauf gesehen, dass die verschie-densten Gewalten da sind, die sich gegenseitig kontrollieren, und dass nicht die Legislative in die Exekutive pfuscht und umgekehrt.
Aber gerade das ist in dem Vertrag iiber die EWG geschehen. Das, was zur Zustandigkeit des Parlaments gehort, ist in die Zustandigkeit der Ministerrate tibergegangen. Die Ministerrate sind gesetzgebendes Organ geworden, und das Parlament steht daneben und sieht zu. Allenfalls kann es einmal sehr beschrarikte Kontrollen aus-iiben. Selbst die Kontrolle gegeniiber der Hohen Behórde und den Kommissionen ist ja doch eine zweifelhafte Geschichte, weil auch sie noch an ąualifizierte Mehrheiten gebunden ist.
Wir wollen wahlen, jawohl! Wir wollen direkte Wahlen haben. Aber es ist die Frage : Was wollen wir wahlen und wozu soli gewahlt wer-den? Ich glaube, das ist eine Frage, die wir nicht einfach iibergehen diirfen. Manche sind gera-dezu von dem Gedanken der allgemeinen, direk-ten europaischen Wahlen so fasziniert, dass sie nicht mehr sehen: Was soli denn eigentlich durch diese Wahlen geschehen?
Wenn die Wahlen auf Grund des bestehenden Vertrages durchgefiihrt werden, werden wir die europaische Bevolkerung aufrufen, ein Parlament zu wahlen, das in Wirklichkeit kein Parlament ist. Das ist der Sachverhalt.
Wir stehen vor einem Dilemna. Wir mtissen entweder unseren Wahlem etwas vormachen. Wir miissen ihnen sagen: Ihr wahlt hier eine ganz grossartige Sache, und dann wird da in Strassburg oder sonstwo in einer europaischen Hauptstadt, die vielleicht auch einmal benannt wird, ein Parlament zusammentreten, das ganz grossartige europaische Aufgaben erfiillen wird. — Wenn wir das erklaren — nun, ich will es ganz deutlich sagen —, beliigen wir unsere Wah-ler. Dann muss notwendigerweise nachher die
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