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zig der rumanischen Mitarbeiter der „Gazeta Bucurestiului” wurden irk ęinen PresseprozeB verwickelt und ais Kollaborateure abgeurteilt; obwohl Autoren wie Tudor Argliezi und łon Slavici davon betroffen waren, die bloB einige Beitrage beigesteuert hatten, nicht dagegen der verantwortliche Direktor der Zeitung, M. Sarateanu 22, war die Zielrichtung eindeutig: man wollte Vaterlandsverrater brandmarken, die Deutschfreundlichkeit wahrend • der Besetzung bestrafen; auf diese Art wurde versucht, patriotisch-nationale Standfestigkeit zu befurworten, die auf Abgrenzung von anderen und auf einer klaren Bestimmung von Feindbildem beruhte.
Spater gab es im rumanischen Kulturbetrieb keine politisch bedingten Ressentiments gegeniiber den Deutschen. Schon im Jahre 1922 wurde-der Reinhardt-Mitarbeiter Karlheinz Martin fur mehrere Inszenierungen nach Bukarest eingeladen. Seine ais expressionistisch bezeichnete Regiekonzep-tion erregte Aufselien 23. Die — auch vor 1916 — guten Beziehungen zum deutschen Theater, Soare Z. Soares Verbundenheit mit Reinhardt, waren wierder hergestellt. Gastspiele von namhaften deutschen Truppen und Schau-spielem in Bukarest und in anderen rumanischen Stadten waren und bleiben ein gerne akzeptiertes Erlebnis; wo die Gaste mit einheimischen deutschen Theatereinrichtungen in Kontakt traten, konnte es zum Eklat kommen: am bekanntesten sind die Ereignisse vom 29. Dezember 1921 in Czemowitz, wo Alexander Moissi — nach Erfolgen in Bukarest und Jassy — gezwungen wurde, die ,,Rauber’’-Auffuhrung abzubrechen; seither durfte deutsches Theater nur im Musikvereinssaal in Czemowitz, nicht aber im Stadttheater, dargeboten werden. Die Abdrangung des Minderheitentheaters in die Sphare von Laienauffuhrungen sollte die gesellschaftliche Relevanz dieser Kunst-ausubung herabmindem, forderte andererseits jedoch die Stabilisierung lo-kaler Minderheitengmppen 24.
Im Bereich der Literatur nahm die Zahl der Ubersetzungen zu. Eine Aufstellung rumanischer Ubertragungen aus deutschsprachigen Literaturen leigt nicht yor; dagegen haben Georg Stadtmiiller und Anneli Gabinyi die deutschen Ubersetzungen aus dem Rumanischen bibliographiert 25. Man kann anhand dieser — bei Stadtmuller recht unvollstandigen — Bibliogra-phien feststellen, daB in der Zwischenkriegszeit sowohl die erfaBten literatur-historischen Beitrage uber rumanisches Schrifttum ais auch die Ubersetzungen aus dem Rumanischen von Rumaniendeutschen oder von Rumanen
22 Siehe dazu: Procesul ziariętilor. Expunere speciald pentru domnii consilicri ai se^tiei a Il-a a inaltei curti de casafic si justifie. Bukarest: Cultura 1919, S. 4—16; Vatamaniuc, D.: Ioan Slavicisi lumea prin care a trecut. Bukarest: Editura Academiei 1968, S. 450—483 (Kapitel: ,,Tradarile,,j.
23 Dazu: Zistroiu, Remus: Activitatea lni Karlheinz Martin la Bucureęti. In: Anuarul Institutului de filologie romSnd Al. Philippide, łasi, 1994 (im Druck).
24 Eine Gesamtdar^tellung der Entwicklung des Laientheaters in Land und Stadt, der Einzelleistungen von Vereinen, steht noch aus. Beachtlich sind die Leistungen des Schult-theaters. In Bessarabien salien sie immer zweisprachige Theaterabende vor: eine deutsches Klassikerstiick \\Tirde zusammen mit einem rumanischen Shauspiel einstudiert. Das anderte sich auch in den spaten dreiBiger Jahren nicht. In Siebenbhrgen waren es die Coeten, die mit Theateraufftihrungen von sich reden machten, im Bauat war das Banatia-Schulzentrum im Temeswar Mittelpunkt solcher Aufftihrungen.
25 Stadtmuller, Georg: Deutsche Dbertragungen rumanischer Dichtung. In: Munteanu, rasil: Geschichte der neueren rumanischen Literatur. Wien: Wiener Verlag 1943, S. 277 — 290; Gabadnyi, Anneli: RumS-nische Literatur in deutscher Dbersetzung 1945—1981. In: Rumuni sch-deutsche Interferenzen. Hrsg. von Klaus Heitmann, Heidelberg: Winter 1986, S-267-306.