86 GRUPPE VI.
Nadelhalterform der Fig. 185, die ganz dieselbe rahmenartige Mittel-stufe wie bei den Spat-la Tene-Fibeln zeigt.
Vereinzelt kommen hierhergehorige Fibeln vor, die noeh die ein-gliederige Federkonstruklion mit oberer Sehne zeigen; die mir be-kannten Exemplare sind in der Beilage I, 28 mit angełuhrt; vgl. Fig. 171, 178.
Alle ubrigen Formen haben die zweigliederige Armbrustkonstruk-tion, die doch spater vielfach zur Charniereinrichtung iibergeht.
a) Die' nordeuropdischen Formen.
Die allesten unter ihnen zeigen die Fig. 169, 170, 174—178. Hierbei ist die in den Fig. 174—177 vorgefithrte Fntwicklungsserie der Nadelhalterformen von Interesse. Solche Fibeln fmden sich schon in Siidrussland, kommen dann in Ungarn vor und weiter auch, obwohl sehr vereinzelt, in den westlicheren romisehen Provinzen *). Ihr eigent-liches Fnndgebiet ist jedoch Norddeulschland, Danemark u. s. w., wo sie massenhaft gefunden sind. Viele Lokalformen durften hier un-terschieden werden konnen; doch kann iah jetzt darauf nicht eingeben; ich bemerke nur, dass die Formen Fig. 174—177 besonders dem Elb-gebiete angehoren; sie kommen mit anderen ahnlichen auch mehrfach im Pyrmonter Fundę vor (vgl. Beilage. IV). Ęine besondere Entwick-lung der Serie zeigen die Fig. 179—180, wo rundę Scheiben, die mit Glasfluss belegt sind oder waren, sowie andere Ausschmuckung dureh geperlte Drahte, gestanzte Bleche u. s. w. hinzugekommen sind. Die Form Fig.. 183 sowie Vedel Fig. 275 u. ahnl. sind offenbar aus der Form Fig. 181 entwickelt. — Diese Fibelformen finden sich noch vielfach, wie die Beilage 11 B zeigt, mit den Fibeln m. u. F. zusam-men; auch mit der Gruppe VII sind sie offenbar gleichzeitig. Anderer-seits kamen zunachst hierherzufuhrende Esemplare in den Funden 265 und 279 mit Constantinischen Mfinzen zusammen vor. Diese Formen sind die letzten dieser Gruppe, die in dem grossen Teile Norddeutsch-lands vorkommen, der dann durch die Slaven besetzt wird2).
Von einem besonderen Interesse sind die Formen Fig. 185—186. Diese haben drei Knopfe wie Fig. 163, aber der Mittelknopf sitzt nicht ganz am Ende des BtigeLs, sondern ein wenig mehr nach vorn, genau wie bei den provinzialrbmischen Fig. 187, 190—191 welehe mit den genannten Formen in unverkennbarem Zusammenhang stehen. Desto bemerkenswerter ist dann die Tatsache, dass, wie die Beilage 1.
Mehrere Exemplare etwa wie Fig. 169, aber wie Fig. 1G2 facettieit, fan deu sich auf dera Skeletgfaberfelde bei Remageu im Rhoinlaud (Mus. Bonn).
s) Vgl. Monteuus in Ymer (Zeitschrift der schwedischen Gesellschaft fur Anthropologie und Geographie) 1896, S. 290 f.
31 ausweist, die Forme/i Fig. 185—186 fast ebenso oft auf proviimal-romischem wie auf nordeumpaischem Gebiet gefunden sind1).
In nabem Zusammenhang mit den Formen Fig. 169—170, 174— 178 stehen die im Berlinei- Ausstcllungs-Album Sect. I, Taf. 10 and Taf. 11, -452—405 abgebildeten, die Tischler’s Periode D angehoren und nach seiner Ansieht etwa das vierte Jahrhundert aus-fUllen. Dieselben entwickeln sieli dann in den ostbaltischen Landem weiter, teils zu den »Armbrustsprossenfibeln, (a. a. 0. Nr 466— 471), tlieiis za den im Rigaer Ausstellungs Kataloge Taf. VI sowie VH, 1, 3—5, 11—13 abgebildeten schr baroeken Formen.
Mehrere der ostpreussischen Formen aus der Periode D finden sich auch auf Óland, Gotland u. s. w.2), besonders die a. a. O. Nr 452 abgebildele, aus der dann auf Gotland die s. g. tierkopfiihn-lichem Fibeln sich allmahlich entwickeln, wic Hiluf.brand S. 187 ff. (mit Fig. 171 — 178) nachgewiesen hat.
Auf Bornholm entsteht aus iihnlichen Formen die Serie Muller Fig. 521—523, und dann scheinen, wie Vkdel, Efterskrift S. 92 in sehr ansprechender Weise vermutct, durch eine starkę ornamen-tale Umbildung dieser Formen die Prototypen einer Fibeiserie gescliaffen zu sein, die spater in der skandinavi.schen Yikingerzeit eine ausser-ordentlich grosse Rolle spielt, namlich die s. g. »SchildkrotenfibeL.
Auf westgermanischem Gebiete finden wir, dass die Fibeln Fig. 103—164, die, wie oben S. 79 erwahnt, 'hauptsiichlich in Schleswig vor-koimaen, daselbst die ersten Formen einer Serie erzeugen (vgl. Mestorf, Altertiimer, Fig. 5 8 7, 589—591, 593)j die dann weiter teils in England, theils in Norwegen (und Westschwedenj eine ungemein reiche Weiterentwicklung veranlassen; s. Hildebrand, S. 201 ff., Fig. 179 -189.
Die wichtigste spalgermanische Fibelgruppe, die am weitesten ver-breitet ist, die verschiedensten Varianten aufweist und vor allem die schone spatgerrnanische Thierornamentik in reicher Fiille zur Schau tragt, hat sich dagegen aus den Formen Fig. 182. 184 entwickelt; s. Hildebrand, S. 2-11 ff., Fig. 190—234.
9 Vgl. uber diese Fibeln Tischler bei Meyer, Gurina, S, 33. — In der genannten Beilage I, HI siml auch einigc Exemplare mit angefuhrt, die stattdes Knopfes eine halbrunde Kopfsclicibe haben, etwa wie bei Fifj. 246—217. Auch diese Form hat eine provinzialrómische mit massiyer Charnieraxe erzeugt, s. Sitzungsberichte der Wiener Akademio, Philos.-histor. CI., LXXIV, Taf. VI, 10 (aus Windischgarsten).
s) Uber andere sbandinavische Fibelformen des vierten JahrhunderLs, z. B. MOller Fig. 265 u. fihnl., s. besonders die oben vielfacli citierte Arbeit von Montelius.