Apache Cochise 08 Thomas Jeffords kaempft allein

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Dan Roberts

Thomas Jeffords kämpft

allein

Apache Cochise

Band Nr. 8

Version 1.0

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Prolog

Als die weißen Amerikaner Mitte des 19. Jahrhunderts den
Südwesten der USA zu besiedeln begannen, stießen sie auf ein
indianisches Volk, das bereits die Spanier und Mexikaner hatte
teuer dafür bezahlen lassen, daß sie unbefugt in ihre
Jagdgründe eingedrungen waren.

Die etwa ein Dutzend umfassenden Apachen-Gruppen und

Großsippen, am gefürchtetsten die Chiricahua-Apachen,
widersetzten sich der Niederwerfung durch die Weißen mit
allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln.

Sie überfielen zunächst Postkutschen, Frachtwagenzüge,

Armeepatrouillen, Farmen, abseits gelegene Ranches und
kehrten anschließend wieder zu ihren Stützpunkten in den
Bergen zurück, den sogenannten »Apacherias«, die bei den
Weißen der damaligen Zeit als uneinnehmbar galten.

Der Widerstand flammte zum blutigsten und grausamsten

Grenzkrieg der Indianergeschichte auf, als Cochise von
Mangas Colorados die Führung der Stämme übernahm.

Cochises Weitblick ließ ihn letztlich erkennen, daß der

Untergang der roten Rasse eine von den Weißen beschlossene
Sache war, die Anspruch erhoben auf alles Land zwischen den
Dragoon Mountains im Südosten, dem Mogollon-Rim im
Westen und der Gran Desierto im Süden.

Cochises Chiricahuas, die Kerntruppe seiner Streitmacht,

blieb im Angesicht der unaufhaltsamen Flut weißer Siedler,
Goldgräber und Desperados nur noch eine Devise: Raube,
ohne erwischt zu werden, töte, ohne getötet zu werden. Ein
Kampf ohne Erbarmen entflammte in den Canyons, Tälern und
Wüsten. Ein Kampf, dessen Schilderung in dieser Serie nicht
die ganze Brutalität wiedergeben kann, wie sie uns die
Geschichte überliefert hat.

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1871 gelang es Cochise, die meisten Stämme der Apachen zu

einer einzigen Widerstandsfront gegen die Eindringlinge aus
Nord und Süd, Weiße und Mexikaner, zu vereinen. Die
blutigsten Massaker auf beiden Seiten waren die Folge.

Auf ihren flinken Ponys überfielen die Krieger in kleinen

Gruppen Wagenzüge und Posthaltereien im Norden, um am
nächsten Tag schon Farmer und Goldgräber im Süden oder
eine Patrouille der Army im Westen anzugreifen.

Militär und Siedler waren macht- und hilflos und ohne eine

Möglichkeit gezielten Widerstandes den ständigen
Apachenangriffen ausgesetzt.

Wenn 1870 General Sherman nach Washington schrieb:

»Wir führten einen Krieg gegen Mexiko, um Arizona zu
bekommen, wir sollten jetzt einen Krieg führen, um dieses Land
wieder loszuwerden«, so kennzeichnen diese Worte die
verzweifelte Hilflosigkeit des Militärs.

Diese nach authentischen Überlieferungen verfaßte Serie soll

dem größten aller indianischen Führer ein Denkmal setzen:
Cochise.

Dem Wirken dieses Mannes und seinem Weitblick für

politische Veränderungen ist es zu verdanken, daß diese Story
mit ihrer ganzen Dramatik wahrheitsnah niedergeschrieben
werden kann.

Unsere Autoren fühlen sich verpflichtet, neben der

Herausstellung der abenteuerlichen Charaktere, die in jener
Zeit Geschichte machten, auch der historischen Wahrheit die
Ehre zu geben.

Nichts soll verschwiegen, nichts hinzugefügt oder entstellt

werden.

Ihr Martin Kelter Verlag

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***

»He, du sollst nicht schnarchen«, sagte Biff Kelford und stieß
dem Beifahrer den Zeigefinger in die Seite.

Slim Jackson brummelte etwas Unverständliches, ruckte

hoch und riß die Greener an die Schulter. Mit
verschwommenem Blick suchte er ein Ziel, die Gegner, denen
er die Rehposten aufbrennen konnte.

Aber Biffs meckerndes Lachen brachte Jackson schnell

wieder zu sich »Oh, verdammt«, sagte Slim krächzend, »das
Geschaukel hat mich müde gemacht. Laß doch die Gäule
schneller laufen, sonst schlafe ich wieder ein.«

Kelford schüttelte den Kopf. »Lieber nicht, die Pferde sind

müde genug. Sie geben schon ihr Letztes, und der Weg zur
Station auf dem Paß ist steil.«

Die schwere Concord-Kutsche der Butterfield Overland war

voll beladen. Auf dem Dach türmte sich das Gepäck der
Passagiere. Biff und Slim hatten es mit Lederriemen gesichert.

Im Wagen saßen sechs Fahrgäste, die einen Haufen Dollars

dafür bezahlt hatten, auf dem schnellsten Wege nach
Tombstone zu gelangen. Im Sattel eines halbwegs guten
Pferdes war es ungleich bequemer, aber einen einsamen Reiter
ließen die Apachen selten ungeschoren.

Tombstone – diesem Wort haftete etwas an, das die meisten

Männer dieser Zeit förmlich hochriß. Auch viele Frauen, vor
allem diejenigen der leichteren Art, wollten in Tombstone ihr
Glück machen.

Die kleine Town im heißen Südwesten des Territoriums

Arizona zog Abenteurer, Flittergirls, Kartenhaie und Digger an,
wie das Licht in der Dunkelheit die Fliegen. Denn aus
Tombstones Umgebung wurden neue Silber- und Goldfunde
gemeldet. Die Gerüchte verbreiteten sich im menschenleeren

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Land schneller als ein Buschfeuer. Jeder sah schon im Geiste
die große Bonanza vor sich.

Doch die wenigsten kratzten so viel aus dem Boden, daß sie

menschenwürdig leben oder sich gar die Rückreise erlauben
konnten.

Gambler, leichte Mädchen, Betrüger aller Arten und Händler

mit überhöhten Preisen machten das wahre Geschäft, den
großen Profit.

All das wußten die Menschen, die in das leere, heiße,

staubige Land strömten, als wäre es das Paradies. Aber all das
störte die Männer mit den fiebrigen Blicken nicht, denn jeder
von ihnen war sicher, diesmal voll in den Topf zu langen und
für alle Zeiten ausgesorgt zu haben Slim rutschte etwas zur
Seite und schaute durch das Fenster in der Stirnwand der
Concord. Die Passagiere hockten erschöpft auf den dicken
Polstern und suchten aneinander Halt.

»Narren«, murmelte Jackson und wollte ausspucken, doch

sein Mund war zu trocken. »Alles verdammte Narren.
Kommen wie eine Heuschreckenplage über dieses Land,
wühlen alles um und um und verhungern dabei.«

Slim Jackson schraubte vorsichtig die Wasserflasche auf und

setzte sie an die Lippen. Es gluckerte leicht, als er trank.

»Laß mich auch mal«, sagte Biff und streckte die Rechte aus.
Als er die Canteen packte, zu sich herüberziehen wollte,

geschah es.

Mit einem dumpfen Klopfen bohrte sich ein Pfeil durch den

Fellbezug in das Blech. Der gefiederte Schaft wippte hin und
her.

»Heiliger Moses!« rief Slim und sprang vom Kutschbock.
In der Rechten hielt er die Greener. Mit der Linken

umklammerte er die Winchester. Jackson federte den Aufprall
ab, hüpfte wie ein Kinderball hoch und gelangte hinter einen
Orgelpfeifenkaktus in Deckung.

Biff Kalford zügelte das Gespann, ließ die Wasserflasche

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fallen und trat gleichzeitig auf die Bremse.

»Indianer!« brüllte der Kutscher. »Angriff, Leute! Holt die

Colts raus! Es wird haarig!«

Kelford packte die Winchester und sprang ebenfalls vom

Bock. Unter dem Wagenkasten fand Biff Deckung. Er schlug
das Gewehr an und feuerte, als der erste Krieger aus dem
Wüstensand aufwuchs. Gleichzeitig entlud sich Jacksons Flinte
krachend, und der Apache flog weit nach hinten.

Überall schnellten Krieger hoch. Sie hatten sich hinter

kleinen Steinbrocken, Mesquitebüschen und in Mulden
verborgen. Ein paar Hände voll Sand und Staub
vervollständigten die Tarnung. Kaum ein Weißer entdeckte
einen Apachen in der Wüste. Ein geläufiges Sprichwort im
Südwesten war: Einen Apachen siehst du erst, wenn er gesehen
werden will, und dann ist es für dich zu spät.

Staubfahnen wallten im grellen Licht der Mittagssonne, als

immer mehr Apachen vom Wüstenboden förmlich ausgespuckt
wurden. Sie feuerten und ließen sich wieder fallen, um mit der
graubraunen Erde förmlich zu verschmelzen.

Ein Dutzend Kugeln durchlöcherte den Wagenkasten der

Concord. Die Krieger besaßen kaum Feuerwaffen, doch die
wenigen Donnerrohre, die sie bei Überfällen erbeutet hatten,
mußten mühsam nach jedem Schuß wieder mit Pulver und
gepflasterten Kugeln erneut geladen werden.

Doch die Apachen, die die traditionellen Waffen

bevorzugten, waren in der Übermacht.

Ein Hagel von Steinen, von Lederschleudern abgeschossen,

hämmerte gegen das Holz der Kutsche, durchbrachen es und
ließen die Passagiere schmerzvoll aufschreien. Pfeile zischten
durch die Luft und bohrten sich mit dumpfen Schlägen in Holz
und Lederpolster.

Unter dem Wagen jagte Biff Kugel auf Kugel aus seinem

Gewehr. Jedes Geschoß verwundete einen Krieger, aber immer
neue Apachen spie die Wüste aus. Für bange Momente hatte

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Kelford das Gefühl, sämtlichen Indianern des Südwestens
gegenüberzustehen.

Slims Greenerflinte machte Krach wie ein kleines

Feldgeschütz. Der Beifahrer hatte selbstverfertigte Patronen
mit gehacktem Blei geladen, und das Ergebnis seiner Schüsse
war klagendes Heulen bei den Angreifern.

Aber bevor Jackson seine Flinte wieder laden konnte,

preschten mehr als 20 Reiter auf niedrigen Mustangs hinter
einer Bodenwelle hervor. Die Krieger hockten wie
festgewachsen auf den nackten Pferderücken, leiteten die Tiere
mit den Beinen und ließen Pfeil auf Pfeil von den Bogensehnen
schwirren.

Eine Lanze sauste zwischen die Deichselpferde. Eines der

Zugtiere wieherte grell vor Schmerz, stemmte sich mit aller
Macht ins Geschirr, und die anderen fünf Pferde wurden
ebenfalls nervös. Sie zerrten den Wagen trotz angezogener
Bremse beinahe eine Länge weiter, bevor sie erschöpft
aufgaben.

Kelford stieß einen Fluch aus. Er lag ohne Deckung flach im

Sand.

Blitzschnell drehte sich der Kutscher auf die Seite, kniete

sich hin, riß das Gewehr hoch und feuerte. Ein angreifender
Apache fiel vom Pferderücken. Der Mustang galoppierte
weiter. Das Weiße seiner Augen war zu sehen. Schaum flockte
vom Maul des Tieres. Biff hatte nur eine Chance: er feuerte auf
den Kopf des verrückten Pferdes – und fehlte!

In diesem Moment schloß der Kutscher mit seinem Leben ab.
Aber aus dem Wageninneren dröhnten drei Revolverschüsse.

Das Pferd schien gegen eine unsichtbare Wand geprallt zu sein.
Es knickte in den Vorderbeinen ein und brach kaum drei
Handbreit vor Biff zusammen.

Nun hatte er wieder eine Deckung. Er legte die Winchester

auf den warmen Kadaver und feuerte.

Die Apachen zogen sich zurück. Sie liefen geduckt davon

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und waren nach wenigen Schritten nicht mehr vom Graubraun
des Wüstenbodens zu unterscheiden. Aber Biff wußte genau,
daß sie vorhatten, erneut anzugreifen. Denn eine Kutsche mit
sechs Passagieren, die schwer beladen durch die Sandstrecken
zog, versprach große Beute für die Krieger der Wildnis.

»Oh, Leute, das war 'ne knappe Sache«, sagte ein Mann laut

im Wagen.

Biff sah, wie die Tür aufschwang und brüllte: »Drinbleiben,

du Idiot! Sie kommen gleich wieder. Ladet die Waffen nach!«

Die einzige Frau unter den Fahrgästen fragte entsetzt und mit

vibrierender Stimme »Haben wir überhaupt 'ne Chance,
Mister?«

»So viele Chancen wie ein Frosch im Llano Estacado«,

antwortete Biff kaum hörbar.

Der Llano ist ziemlich die trockenste Gegend in den Staaten.
Kelford lud mit flinken, geübten Bewegungen sein Gewehr

auf und hütete sich, den heißen Lauf zu berühren. Als er die
erste Patrone in die Kammer hebelte, entdeckte er eine
Staubwolke im Südwesten. Ein Pferdepulk galoppierte dort
durch den Sand. Er war noch zu weit entfernt, um die Reiter
erkennen zu können.

Verzweifelt wünschte Biff, daß es eine Kavalleriepatrouille

war, die auf die Concord zuhielt. Aber er wußte, daß sein
Wunsch ziemlich vermessen war, denn General Howard, der
Kommandeur aller Truppen im Südwesten, fehlten ganze
Schwadronen von Soldaten.

»He, Biffboy«, rief Slim Jackson, der hinter einem Kaktus

lag, dessen holziger Stamm mit Pfeilen gespickt war.

Biff winkte ab, als Jackson nach Südwesten deutete.
Kelford kniff die Lider etwas zusammen, als am Horizont

dunkle Punkte erschienen, die sich langsam näherten. Fliegen –
nur der Teufel wußte, woher sie plötzlich kamen, umschwirrten
den Pferdekadaver und Kelfords Kopf. Die dunklen Punkte, die
gemächlich durch die Luft segelten, waren Geier. Die wußten,

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wann es für sie was zu holen gab.

Der Kutscher stand auf, sah sich um und lief zu einen

Saguarokaktus, der links von der Concord wuchs. Der Stamm
war hart und zäh wie altes Leder.

Biff ließ sich vorsichtig auf die Knie nieder. Eine kaum

erkennbare Bewegung erregte seine Aufmerksamkeit.
Mißtrauisch blickte Kelford auf eine Sandwelle, die kaum
einen Fuß hoch und knapp zwei Yards lang war.

Konnte dort ein Apache liegen? Warum hatte er sich bewegt?

War das eine Falle, ein ganz verdammter Trick, um die Weißen
reinzulegen?

Wieder rieselte Sand von der Bodenwelle. Ein bräunliches

Stück stieß durch die Oberfläche. Erleichtert grinste Biff.
Schlängelnd arbeitete sich eine Krötenechse aus dem Sand.
Das flache Tier saß reglos. Die im Sonnenlicht wie poliert
schimmernden Augen durchforschten die Umgebung. Sicher
witterte die Echse etwas.

Das Tier spannte die Beine an, schnellte hoch und landete

auf dem Rand der Bodenwelle. Die Krötenechse rutschte ab.
Sie ruderte mit den Hinterbeinen, um Halt zu finden, aber in
der nächsten Sekunde flog das kleine Tier beinahe drei Yards
weit durch die Luft.

Die Bodenwelle entpuppte sich als Apachenkrieger. Er schoß

hoch wie der Korken aus einer Flasche. In der Rechten
schwang er einen Tomahawk, dessen blanke Schneide im
Sonnenlicht aufblitzte.

Kelford feuerte aus der Hüfte, lud durch, drückte erneut ab

und jagte wie ein Rasender Kugel auf Kugel aus dem Lauf.

»Hör auf, Mann!« schrie Slim Jackson. »Er ist doch hin! Hör

auf, Biff, wir brauchen die Kugeln noch.«

Kelford kam zur Besinnung. Er beruhigte seinen keuchenden

Atem und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von
der Stirn, bevor er nachlud.

Die Reitergruppe hielt direkt auf den Wagen zu. Inzwischen

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unterschied Kelford einzelne Pferde. Es waren weit mehr als
dreißig. Die Reiter lenkten die Mustangs auseinander, bildeten
einen Kreis, umzingelten die Concord. Kelford ahnte, daß dies
das Ende sein mußte.

Sie hatten keine Chance mehr. Sie konnten nur noch so viele

Apachen mit zur Hölle nehmen, wie sie eben schafften. Denn
kampflos wollten die Weißen nicht sterben.

Aber als Biff Kelford die beiden vordersten Reiter erkannte,

schöpfte er Hoffnung. Er hatte die beiden großen Apachen
schon einmal gesehen. Die Krieger trugen fast weiße
Lederleggins. Die bronzefarbenen Oberkörper waren nackt,
und der linke Indianer sah wie eine jüngere Ausgabe des
anderen aus.

Cochise und sein Sohn Naiche führten den Trupp von

ungefähr dreißig berittenen Apachen. Und Cochise war der
Freund des Postmeisters Thomas Jeffords, der für die Linien in
diesem Gebiet verantwortlich war.

Biff durchfuhr ein heißer Schreck. Wenn nun die Angreifer

Chiricahuas waren? Und wenn der mächtige Chief des
Stammes mit Verstärkung kam, was dann?

Kelford biß die Zähne zusammen. Fest stand, daß sie in

diesem Fall ihr Leben so teuer wie möglich verkaufen mußten.

Aber die Reiter wandten der Concord die Rücken zu. Die

modernen Gewehre wiesen mit den Mündungen in das karge
Land.

Die Wüste wurde lebendig. Bronzefarbene Gestalten liefen

auf die Chiricahuas zu. Die Angreifer zählten mindestens noch
dreißig Köpfe, stellte Biff fest »He, Kutscher, was passiert
denn jetzt?« rief einer der Passagiere.

»Keine Ahnung. Verhaltet euch ruhig«, antwortete Kelford.

»Kann sein, daß wir mit einem blauen Auge davonkommen.«

Die Angreifer blieben unmittelbar vor den berittenen

Kriegern stehen und musterten die Chiricahuas feindselig. Ein
Wortwechsel begann, dessen Tonfall Biff beunruhigte. Aber er

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konnte nur abwarten.

*

Naiche schaute seinen Vater an. Dessen Gesicht wirkte nun
völlig ausdruckslos. Aber der junge Krieger kannte Cochise
und wußte das Funkeln der schwarzen Augen richtig zu deuten.

Der Häuptling der Chiricahuas war zornig. Er sah, daß sich

die anderen Jefes nicht an das Wort hielten, das er dem
einarmigen General Oliver O. Howard gegeben hatte.
Mindestens sechs Mondzeiten Frieden hatte Cochise dem
hohen Offizier versprochen. Aber von den Kutschen der
Butterfield Overland war dabei nicht die Rede gewesen. Doch
inzwischen hatte Cochise die verbündeten Stammesführer
wissen lassen, daß er keine Angriffe auf die Fahrzeuge
wünschte, die unter der Verantwortung von Thomas Jeffords
standen.

Es waren Tontos, die sich ziemlich wütend vor dem großen

Häuptling aufgebaut hatten. Ihre Waffen hielten die Krieger
schußbereit. Es hatte den Anschein, als wollten die Tontos
nicht einmal vor den Verbündeten haltmachen.

»Santana weiß, was ich sagte«, rief der Chief laut und zornig.

»Geht, bekämpft die Gelbhäutigen, die jenseits der Grenze
leben! Dort sollt ihr töten, plündern und kämpfen, nicht hier.
Warum mißachtet ihr die Befehle eures Häuptlings?«

Ein älterer Krieger trat einen Schritt vor. Furchtlos blickte er

Cochise an und erwiderte: »Santana weiß nichts davon. Dies ist
unser Land, Apachenland. Und wir kämpfen gegen jeden
Eindringling. Wir befolgen die Sitten unserer Vorväter. Sie
kämpften gegen die eisernen Männer, gegen jeden
Eindringling, und wir Tontos erkennen Schwäche, wenn wir sie
sehen. Denn es ist Schwäche, nicht gegen die Bleichgesichter
zu kämpfen. Es ist Schwäche, ihnen zu gestatten, mit rollenden
Jacales unser Land zu durchqueren und das weiche gelbe

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Metall aus dem Boden zu graben. Dieses Land ist unser Land,
Cochise. Wir lassen uns nichts davon nehmen.«

Naiche warf seinem Vater aus den Augenwinkeln einen

Blick zu. Das Gesicht des Häuptlings schien unbewegt.
Dennoch war darin so etwas wie Trauer zu erkennen.

Cochise hatte nur einen Ausweg aus dieser Situation: er

mußte kämpfen, gegen einen Krieger antreten, der seine
Oberherrschaft ablehnte. Der Tonto war klug genug gewesen,
seinen Häuptling Santana aus dem Spiel zu lassen, denn sonst
wären die Stämme untereinander in Streit geraten.

Cochise saß ab, trat einige Schritte von seinem Mustang weg

und sagte: »So komm, Krieger! Kämpfe mit mir, wie es die
Sitte verlangt. Sobald du besiegt bist, nehmen deine Freunde
die Toten und Verwundeten und ziehen sich zurück.«

Der Tonto war einen Kopf kleiner als Cochise, allerdings

sehr muskulös.

Er hatte nur ein Messer, dessen Klinge im Sonnenlicht

aufblitzte, umfaßt. Auch Cochise legte alle übrigen Waffen ab
und trat vor.

Stolz stand der mehr als sechs Fuß große Häuptling der

Chiricahuas vier Yards von dem Krieger entfernt.

Der muskelbepackte Kämpfer stieß sich plötzlich ab, prallte

zusammengerollt auf den Sand. Cochise wartete reglos ab. Als
der Tonto sich streckte, den Arm vorschnellen ließ und einen
halbkreisförmigen Hieb gegen Cochises Unterschenkel führte,
trat der Chief gelassen einen Schritt zur Seite.

Der Krieger stieß einen Schrei der Enttäuschung aus. Er

begriff, daß Cochise ein erfahrener Kämpfer war und wurde
vorsichtiger. Der Tonto wog den Dolch in der Hand. Es schien,
als wollte der muskelbepackte Apache die rasiermesserscharfe
Klinge werfen, aber auch das war ein Ablenkungsmanöver.

Als Cochise mit dem Oberkörper zurückpendelte, sprang der

Tonto bis dicht vor den Häuptling und holte aus. Drohend
blinkte das Messer, sauste herab und sauste kaum zwei Finger

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breit an Cochises Kopf vorbei.

Der Häuptling riß den linken Arm hoch, schmetterte die

Knochen des Unterarms gegen das Kinn des Tontos, stieß nach
und ritzte mit der Messerspitze die Wange des Kriegers.
Geschickt wich Cochise dem verzweifelten Gegenangriff des
Apachen aus und stieß zu. Der Tonto war sofort tot.

Cochise stand reglos vor dem Leichnam und blickte die

Krieger an. Er brauchte kein Wort mehr zu sagen. Die Tontos
verschwanden, als hätte es sie nie gegeben.

Biff Kelford seufzte erleichtert. Cochise hatte ihm praktisch

das Leben gerettet.

»He, Kutscher!« rief einer der Fahrgäste. »Was ist das für ein

Spiel? Kämpfen wir jetzt gegen die Rothäute hier oder nicht?
Warum sind die anderen abgehauen?«

Kelford trat hinter seinem Kaktus hervor und ging langsam

auf den großen Häuptling zu, die Winchester unter den Arm
geklemmt.

»Cochise«, sagte der Fahrer in tadellosem Spanisch, »unser

Leben gehört dir. Ich weiß von deinem Wort, das du General
Howard gabst. Und ich weiß auch, daß du nicht von den
Kutschen gesprochen hast.«

Bevor Biff Kelford weiterreden konnte, unterbrach Naiche

ihn und sagte: »Thomas Jeffords ist unser Freund. Wir sind auf
dem Weg zu ihm. Du verstehst, weißer Mann?«

Kelford nickte. Und ob er verstand. Der berühmte Häuptling

verfolgte also einen ganz bestimmten Zweck. Wahrscheinlich
kam ihm diese Situation gerade richtig. Wenn er Jeffords die
gerettete Concord präsentierte, würde der Postmeister Cochises
Bitten ganz sicher erfüllen. So dachte Biff Kelford, aber er
wußte nicht, daß er sich irrte. Der Häuptling handelte nicht mit
den Weißen, er hielt sein Wort.

»He, Fahrer, was ist nun los?« rief ein anderer Passagier.

»Geben wir den Rothäuten heißes Blei zu schmecken?«

Biff fuhr herum, rannte zum Wagen. »Seid ihr

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übergeschnappt? Das ist Cochise. Er hat uns allen das Leben
gerettet, und ihr wollt ihn umbringen!«

»Egal, wer der Mann ist«, sagte einer der Fahrgäste. »Alles,

was rote Haut hat, gehört in die Hölle. Eines Tages stehen die
Kerle doch irgendwo und holen sich unsere Skalps.«

Kelford schüttelte den Kopf. Böse blickte er die Passagiere

an. Er mußte an sich halten, um die Leute nicht zu
beschimpfen. Aber sie waren ja alle Greenhorns, hatten keine
Ahnung von der Situation im Südwesten. Schneller Reichtum –
das war ihr Ziel. Alles andere interessierte diese Art von
Menschen nicht.

»Ihr benehmt euch gefälligst«, warnte Kelford seine

Passagiere. »Am besten sagt ihr kein lautes Wort. Ein paar der
Chiricahuas verstehen Englisch, und fast alle sprechen
Spanisch.«

»Soweit kommt das noch«, sagte ein scharfgesichtiger Typ in

der schwarzen Kleidung der Kartenhaie, »daß wir vor ein paar
Rothäuten kneifen. Wenn wir alle gleichzeitig feuern, schicken
wir die Burschen zur Hölle.«

»Mister«, sagte der Fahrer grimmig. »Sie sind der größte

Narr, dem ich jemals begegnet bin. Diese Krieger haben uns
das Leben gerettet. Sie haben gegen ihre Verbündeten
gekämpft, und Sie wollen Cochise und seine Leute töten.«

Kelford fixierte den Gambler sekundenlang scharf. Der Kerl

wurde unsicher, rieb sein Kinn.

»Sie werden nicht alt in diesem Land, wenn Sie so

weitermachen«, warnte Kelford. »Aber das ist Ihre Sache,
Mann.«

Kelford winkte Slim Jackson. Der kam zum Wagen, warf

seine Waffen auf den Kutschbock und ging zu den
Deichselpferden. Wenig später war das verletzte Tier versorgt.

Kelford blickte Cochise an. Der Häuptling nickte und deutete

mit der Hand auf die Berge, in denen der einzige Übergang für
einen Wagen lag: der Apachen-Paß.

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Kelford löste die Bremse, klatschte die Zügel auf die

Pferderücken und rief: »Looos, ihr lahmen Ziegenböcke! Wollt
ihr wohl laufen? Ihr habt euch lange genug ausgeruht. Es geht
weiter!«

Gehorsam zogen die Tiere an. Die Stage rollte wieder, aber

sie sah kaum noch wie eine Kutsche aus. Zahllose Kugellöcher
hatten das Holz zerfetzt und die Glasscheiben zertrümmert.
Pfeile wippten noch immer, denn niemand hatte Zeit oder Lust,
sie herauszuziehen.

Cochise und seine Krieger bildeten einen Halbkreis um die

Concord. Sie bewachten den Wagen und geleiteten ihn sicher
zur Station.

*

Burt Kelly hantierte geschäftig mit Pfannen und Töpfen in der
Küche der Station. Drei Kannen Kaffee standen bereit, und in
wenigen Minuten war das Essen ebenfalls fertig.

In den letzten Wochen hatte sich gezeigt, daß die meisten

Passagiere hier auf dem Paß während des Pferdewechsels
etwas essen wollten. Aus diesem Grund bereitete Kelly immer
einige Mahlzeiten vor.

»Wo bleibt die Kutsche nur?« fragte sich Burt halblaut. »Ich

meine, sie müßte längst hier sein.«

Auf sein Zeitgefühl konnte sich der Posthelfer verlassen. Er

zog die Töpfe an den Rand der Herdplatte und ging zur Tür.
Burt blinzelte zur Sonne hoch und runzelte die Stirn. Der
Wagen war seit mindestens einer halben Stunde überfällig.
Burt schaute sich um. Weder von Walker noch von Jeffords
war eine Spur zu sehen. Wo trieben sich die beiden wieder
herum?

Eine halbe Stunde Verspätung war unter normalen

Umständen nichts, das Burt Sorgen machte. Aber hier im
Apachenland konnten dreißig Minuten sehr viel bedeuten, im

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schlimmsten Fall den Unterschied zwischen Leben und Tod.

»Sie kommt!« rief Walker.
Burt blickte auf. Sein Freund hockte hoch oben zwischen den

Felsen, an deren Fuß die Quellen hervorsprudelten, die das
Plateau auf der Paßhöhe in ein grünes Paradies verwandelten.

»Alles okay?« fragte Jeffords.
Kelly drehte sich zweimal um sich selbst, aber er sah den

Postmeister nicht. Jeffords' Stimme hatte geklungen, als wäre
auch der Stationsboß nicht in der Nähe.

»Ungefähr zwei oder drei Dutzend Indianer reiten hinter dem

Wagen«, antwortete Walker.

Steine prasselten herab. Burt wirbelte herum und betrachtete

staunend den Postmeister, der in einer Staubwolke einen steilen
Hang runterrutschte.

Kopfschüttelnd sagte Kelly: »Wenn du nichts zu tun hast,

benimmst du dich wie ein kleines Kind. Rutscht auf dem
Hosenboden durch die Felsen. Mensch, Thomas, du könntest
mir in der Küche helfen, statt zu spielen.«

Jeffords grinste nur, als er an Burt vorbeilief und neben den

Quellen zwischen die Felsen stieg.

Sekunden später kam Walker von seinem

Beobachtungsposten herunter. Der zweite Posthelfer beäugte
seinen Freund wie einen seltenen Käfer und fragte: »Nichts zu
tun, ha? Hast du noch nicht gemerkt, daß die Kutsche
Verspätung hat? Weißt du nicht, daß es unser Job ist, für die
Sicherheit der Butterfield Line zu sorgen? Und das nennst du
spielen, wenn wir da oben in glühender Hitze hocken und uns
vor Anstrengung bald die Augen aus dem Kopf fallen? Mann,
Burt, hau ab zu deinen Steaks. Denen kannst du solch dummes
Zeug erzählen.«

Kelly plusterte sich auf wie ein Vogel und entgegnete: »Das

ist noch mehr als spielen, lieber Norbert. Das ist Faulheit,
nichts anderes. Ich möchte auch gern da oben liegen und mir
die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Aber nein, ich bin ja

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der Dummkopf, der in der Küche das Essen zusammenbrutzelt,
das ihr hinterher runterschlingt wie die Tiere.«

Walker grinste tückisch, als er sagte: »Anders geht's nicht,

Partner. Wenn wir langsam essen, merken wir, wie
schauderhaft das Zeug schmeckt. Und dann kommen wir in
Versuchung, dir das Fell zu gerben. Das willst du doch nicht,
oder? Außerdem bist du als Beobachter völlig ungeeignet.
Kaum liegst du irgendwo, pennst du ein. Ich wette, du wirst
nicht mal wach, wenn dir die Apachen den Skalp nehmen.«

Burt war die Empörung in Person. Als er sich wieder gefaßt

hatte, fingerte an an dem Knoten der blauen, knielangen
Schürze, löste ihn und ging langsam auf Walker zu. Dabei
setzte Burt sein freundlichstes Grinsen auf. Norbert ahnte
nichts Böses. Aber als die Schürze durch die Luft flog und sich
über Walkers Kopf ausbreitete, wich der Stationshelfer
blitzschnell zur Seite aus. Burt sprang vor, schrie
triumphierend auf, warf sich auf das blaue Tuch und dachte,
Norbert wäre darunter.

Aber Burt prallte auf den Felsboden und blieb reglos liegen.
Besorgt trat Norbert Walker zu ihm, doch als er Kellys

Gemurmel hörte, zog er sich vorsichtig zurück. Denn Burt stieß
nicht wiederzugebende Flüche und Verwünschungen aus. Er
versprach seinem Freund Walker Dinge, die nicht mal ein
Apache seinem ärgsten Feind antat.

Jeffords kletterte die Klippen herab und schüttelte den Kopf,

als er seine beiden Helfer sah.

»Ihr benehmt euch wie dumme Jungs«, sagte der

Postmeister, »und unsere Kutsche wird von dreißig Apachen
verfolgt.«

Mit einem krächzenden Laut sprang Burt auf. Doch bevor er

in die Station eilen und sein Gewehr holen konnte, hielt
Jeffords ihn auf.

»Laß es, Burt, Cochise, Naiche und ein Trupp Krieger

begleiten die Concord«, sagte Jeffords. »Der Wagen sieht aus,

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als hätte er einen schweren Angriff überstanden. Es kommt 'ne
Menge Arbeit auf uns zu. Legt euer Werkzeug bereit, okay?«

Die beiden nickten und gingen los.
Wenig später vernahm Jeffords das Gebrüll des Kutschers,

der die Pferde antrieb. Der Ehrgeiz eines jeden Fahrers im
Westen war das Eintreffen mit rasender Geschwindigkeit. Die
hartbeinigen Typen wollten so den Eindruck erwecken, daß die
Stagecoach während der ganzen Zeit in diesem Tempo durch
das Land gerast wäre. Aber die Pferde vor dem zerschossenen
Wagen waren total ausgelaugt. Sie reagierten nicht mehr auf
die anfeuernden Rufe und das Knallen der Peitsche.

Biff Kelfords Lächeln wirkte verzerrt, als er die Bremse

anzog. Er nickte Jeffords zu und sagte: »Da wären wir mal
wieder. Um ein Haar hätte es nicht geklappt, Jeffords. Der Jefe
kam uns zur Hilfe. Wir stehen alle in seiner Schuld. Aber er
wird Ihnen das sicher selbst erzählen.«

Kelford richtete sich auf, holte tief Luft und schrie:

»Apachen-Paß-Station. Die Kutsche hat zwei Stunden
Aufenthalt, Ladies und Gentlemen. Sie bekommen hier außer
einem heißen Bad alles, was einen Reisenden erfreut.«

Cochise verhielt seinen Mustang etwa zwanzig Yards hinter

der beschädigten Concord. Der Häuptling blickte Thomas
Jeffords an. Cochise schien zu lächeln, aber der Postmeister
war nicht sicher. Genausogut konnte ihn das Sonnenlicht, das
auf den markanten Zügen des Indianers seltsame Reflexe
hervorrief, täuschen.

Der Wagenschlag flog auf. Keiner der Passagiere dachte

daran, der Frau den Vortritt zu lassen. Die sogenannten
Gentlemen drängten ins Freie, und der schlanke Spieler sagte
mürrisch zu Jeffords: »Wird Zeit, daß die Butterfield ihre
Kutschen besser schützt. Mir paßt nicht, daß wir von Rothäuten
begleitet wurden, Mister.«

Jeffords zog die Brauen hoch. »Dann gehen Sie doch zurück,

Mister. Wenn die anderen Apachen Sie ungeschoren lassen,

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können Sie ja ohne Begleitung wieder herkommen. Na, wie ist
es?«

Der Gambler zischelte einen Fluch und drehte sich abrupt ab.
Jeffords trat an den Wagenschlag heran und half der nicht

mehr ganz jungen Frau heraus. Sie dankte ihm freundlich,
bevor sie zum Stationsgebäude ging.

Dann erst ließ Cochise sein Pferd näherkommen.
»Hellauge«, sagte er, »ich bin sehr froh, dich zu sehen. Und

ich bin sehr froh, zur rechten Zeit gekommen zu sein.«

Thomas lächelte. Und dieses Lächeln drückte Zuneigung aus,

als er den großen Apachenführer ansah.

»Mein Freund, ich danke dir«, sagte der Postmeister. »Ich

übernehme die Schuld dieser Menschen. Bist du
einverstanden?«

»Natürlich, Hellauge«, erwiderte Cochise, und es schien, als

interessierte ihn das gar nicht.

Jeffords brauchte keine Anweisungen zu geben. Walker und

Kelly halfen den beiden Fahrern, den Wagen zur Schmiede zu
schaffen und die Pferde auszuspannen. Wenig später waren die
vier Männer an der Arbeit. Sie versuchten, die Concord
wenigstens wieder notdürftig instand zu setzen.

»Wir bleiben ein paar Stunden«, sagte Naiche, der Sohn des

Jefe. »Die Krieger lagern bei den Quellen.«

Thomas vollführte eine weit ausholende Handbewegung und

sagte: »Dies ist immer noch euer Land, Freund.«

Cochise lenkte seinen Mustang mit den Knien zum Corral

und sprang ab. Der große Chief betrachtete die schweren
Deichselpferde, die sich auf der Paßhöhe erholten. Dort oben
versiegten die Quellen nie, nicht einmal in den trockensten
Sommern. Gras und Bergkräuter wuchsen während des ganzen
Jahres. Für die Butterfield Line und auch die Army war der
Apachen-Paß einer der wichtigsten Stützpunkte im gesamten
Südwesten.

Jeffords betrat die Station. Er überzeugte sich, daß alles in

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Ordnung war, ehe er zu Cochise und Naiche ging.

»Sag mir, Hellauge«, begann Cochise, »was suchen diese

Menschen in unserem Land? Es sind keine Männer wie du oder
Falke, keine Soldaten oder Erdumgraber.«

Jeffords nickte. Oh, ja, das Gesindel kam. Die Ströme der

dollarhungrigen Männer und Frauen wuchsen immer mehr an.

»Sie suchen schnellen Reichtum, Jefe«, erklärte Thomas dem

Häuptling. »Es sind Betrüger, Kartenspieler und anderes
Gelichter. Sie kommen zusätzlich zu denjenigen, die eine neue
Heimat suchen.«

»Und bringen Unheil und Tod«, sagte Cochise ernst. »Sie

wollen, daß die Pferdesoldaten sie schützen. Wissen die
Bleichgesichter nicht, daß die Apachen um ihr Land
kämpfen?«

»Ich denke, sie wissen es«, antwortete Jeffords.
»Warum kommen sie denn? Suchen sie den Tod?« wollte

Naiche wissen.

»Vielleicht haben sie gehört, daß du ein halbes Jahr Frieden

versprochen hast«, erwiderte Thomas. »Sie verlassen sich auf
dein Wort und darauf, daß General Howard sie schützt.« Der
Postmeister machte eine kurze Pause, räusperte sich und fuhr
dann fort. »Gold und Silber, mein Freund, sind stärker als alles
andere. Zumindest ist das bei den meisten Menschen so. Die
Sucht nach diesem Metall läßt sie zu wilden Bestien werden.«

Cochise nickte. Sein Blick schien in weite Fernen zu gehen.
»Die alten Legenden«, sagte er, »berichten davon. Als die

Eisenmänner kamen, wollten sie Gold, Gold und nochmals
Gold. Die meisten starben in ihrem Eisen, das nach Jahren rot
wurde. Aber das war kein Gold, Hellauge, das war Rost.«

Jeffords wunderte sich darüber, wie lebendig die

jahrhundertealte Überlieferungen bei den Apachen noch waren.
Die »Eisenmänner« waren die Ritter der Spanischen Krone, die
das neue Land erobern und ausplündern sollten, damit die
Könige im alten Europa ihre Kriege führen konnten.

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»Wir müssen miteinander sprechen, Hellauge«, fuhr Cochise

fort. »Ich weiß keinen Rat mehr. Zu viele Weiße dringen in
dieses Land ein. Sie sind schlimmer als Klapperschlangen. Ich
kann nicht sagen, wie lange ich die Krieger zurückhalten kann.
Heute waren die Tontos unterwegs. Morgen sind es vielleicht
die Mimbrenjos, und in einer Woche reiten meine jungen
Männer auf Raubzug, ohne daß ich eine Ahnung habe. Wie soll
ich mein Versprechen halten?«

»Ich weiß es nicht«, antwortete Jeffords nachdenklich.
»Wir bleiben, bis die Kutsche weg ist«, entschied der

Häuptling: »Die weißen Männer und die Frau stören. Sie
sollten nichts hören, nichts erzählen können von dem, was wir
besprechen.«

Der Chief und sein Sohn zogen sich zu den Kriegern zurück.

Thomas Jeffords kümmerte sich darum, daß die Kutsche
möglichst schnell weiterfahren konnte.

*

Fast zur gleichen Zeit lagen zwei Chiricahua-Krieger Meilen
entfernt auf der Lauer. Seit dem Morgengrauen beobachteten
die beiden Apachen das kleine Farmhaus, das in einer weiten,
flachen Senke stand. Ein Creek floß knapp fünfzig Yards am
Haus vorbei. Wasser für einen Schollenbrecher war genug
vorhanden. Mit einigem Geschick könnten diese Siedler ihr
Gebiet in fruchtbares Ackerland verwandeln. Ein kaum
fußbreiter Stichkanal leitete bereits Wasser am Haus entlang zu
einer saftigen Wiese, auf der drei Milchkühe grasten.

Die McLeods waren wirklich Ackerbauern und keine

Rancher, die verbissen daran arbeiteten, großmächtige
Rinderbarone zu werden.

Patrick lieferte Milch nach Tombstone, brachte jede Woche

einen ganzen Korb voll Eier in die aus allen Nähten platzende
Minenstadt und freute sich zusammen mit seiner Frau Gwynn,

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daß sie von mal zu mal mehr Geld für ihre Waren bekamen.

Die McLeods waren sparsam. Und das hatte nichts damit zu

tun, daß sie beide aus Schottland stammten. Aber sie
erkannten, daß die hohen Einnahmen nicht alles waren.
Brauchten sie ein Pfund Nägel, so mußten sie inzwischen das
Dreifache von dem zahlen, was diese Waren noch vor einem
halben Jahr gekostet hatte. Also schränkten sich die Farmer ein
und kauften wirklich nur das Notwendigste.

Patrick war mit dem kleinen Farmwagen in die Town

gefahren. Gwynn arbeitete auf dem trockenen Stück Land
hinter dem Haus, das einmal ihr Gemüsegarten werden sollte.

Es war schon sehr heiß. Die junge Frau richtete sich auf und

unterdrückte ein Stöhnen. Ihr Rücken schmerzte, und seit sie
schwanger war, wurden die Schmerzen immer schlimmer.
Gwynn stemmte sich die flache Hand in die Seite und
entschloß sich, eine Pause einzulegen. Langsam ging sie auf
das Haus zu und trat ein.

Sie ahnte nicht, daß die beiden Chiricahuas nur auf diese

Gelegenheit gewartet hatten. Die Krieger verließen ihre
Deckung. Schlangengleich bewegten sie sich über den Boden,
erreichten den Corral und verharrten lauschend, sahen sich
dann an. Jeder wußte, was er zu tun hatte. Der Ältere schob
sich unter der Stange durch, robbte auf die Kuh zu, die dem
Gatter am nächsten stand, und sprang auf die Beine. Geschickt
trieb er die Kuh in Richtung Tor, das der andere Chiricahua
öffnete. Sofort nachdem die Kuh im Freien war, schloß der
Apache das Gatter wieder. Eilig trieben die beiden Diebe ihre
Beute davon. Aber die Milchkuh schien keine Lust zu haben, in
die karge Sandlandschaft zu laufen. Sie muhte laut und
unwillig. In der nächsten Sekunde öffnete sich die Tür des
Farmhauses.

Gwynn starrte die beiden halbnackten Apachen an und blieb

reglos stehen.

Bisher hatten wir unverschämtes Glück gehabt, dachte die

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junge Frau. Aber jetzt ist es passiert. Im ersten Moment drängte
es sie, mit der Parker auf die Kerle zu feuern, aber sie ließ die
Flinte stehen.

Sinnlos, dachte Gwynn, sie bringen mich nur um. Sollen sie

doch mit Millie glücklich werden. Aber wahrscheinlich fressen
sie die Ärmste auf.

Die Siedlerfrau war vernünftig. Sie hatte gegen zwei

Apachen nicht den Hauch einer Chance. Aber schade um die
Milchkuh war es doch. Gwynn ging wieder in ihren Garten und
arbeitete weiter.

Etwa eine Viertelstunde später hörte sie lauten Gesang.

Verblüfft lief Gwynn zur Hausecke und blickte nach Süden.
Mindestens fünfzehn Männer umringten einen Farmwagen. Ein
Fremder hockte auf dem Sitzbrett und hielt die Zügel.

Gwynn McLeod war nicht leicht zu erschüttern. Aber für

bange Sekunden dachte sie doch daran, daß Patrick vielleicht
tot war. Doch so konnte es nicht sein, denn wenn die Fremden
ihren toten Mann auf dem Wagen transportierten, hätten sie
bestimmt nicht so vergnügt gesungen.

Ahnungsvoll lief Gwynn um das Haus herum und wartete,

bis die Reiter in gekrümmter Linie angetreten waren. Der dicke
Kerl auf dem Kutschbock lüftete höflich einen alten Strohhut,
dessen Krone kein Oberteil mehr besaß, und sagte: »Madam,
wir bringen Ihnen den Gewinner. Ihr Mann Patrick ist der
anerkannt trinkfesteste Mann in Tombstone. Er nahm Sammy
Rickers Herausforderung an und soff ihn glatt unter den
Tisch.«

Gwynn bemühte sich vergeblich, eine böse Miene

aufzusetzen. Sie schaffte es einfach nicht ihr Lächeln zu
unterdrücken.

»Würden Sie ihn bitte reinbringen?« fragte sie. »Und einen

Whisky werden Sie doch wohl nicht abschlagen, oder?«

Die Männer brüllten begeistert und rutschten aus den Sätteln.

Alle diese Burschen hatten schon getrunken, aber sie waren

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weit davon entfernt, eine Schnapsleiche wie Patrick zu sein,
der im Wohnraum ein furchtbares Schnarchkonzert anstimmte.

»Er war schon mal hier«, bemerkte jemand beinahe

andächtig. »Hört mal, wie er sägt.«

»Wieso?« fragte ein anderer, »hier gibt es doch kaum was zu

sägen. Dies ist dürres Land, wo kaum ein Baum wächst.«

»Eben, ich sagte ja, er war schon mal hier. Damals hat er

ganze Arbeit geleistet.«

»Du meinst, dieser verdammte Schotte ist schuld daran, daß

es hier so aussieht?« fragte ein dritter Bursche grinsend.

Aber da kam Gwynn mit dem Whisky und schenkte ein. Die

Männer tranken, versuchten höflich zu sein und fragten nach
dem Vieh und dem Wasser.

Und da beging Gwynn McLeod eine Dummheit. Sie erzählte

nämlich, daß vor kaum einer halben Stunde zwei Indianer eine
Milchkuh gestohlen hatten.

Plötzlich fluchten die Männer wild durcheinander. Ihre

Fröhlichkeit und Unbekümmertheit war wie weggewischt.

»Diese verdammten Rothäute«, schimpfte der Dicke mit dem

merkwürdigen Strohhut. »Wir schicken sie zur Hölle, Madam,
und bringen Ihnen Ihre Milchkuh zurück, das verspreche ich.
Okay, Boys?«

»Aber sicher!«
»Darauf können Sie Gift nehmen, Lady!«
»In 'ner Stunde sind wir wieder da!«
Gwynn wurde blaß, schalt sich innerlich eine Närrin. Aber es

war zu spat. Die angetrunkenen Männer aus Tombstone liefen
schon hinaus.

Sekunden später dröhnten die Hufe. Staub wallte auf, zog in

dichten Schwaden vor dem Farmhaus hoch und verdeckte
Gwynn die Sicht.

Ein ausgemergelter Typ hatte sich an die Spitze des Trupps

gesetzt. Die eisblauen Augen dieses Burschen nahmen jede
Veränderung der Fährte wahr. Die Abdrücke der Rinderhufe

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waren nicht zu übersehen.

»Hier sind die Rothäute aufgesessen«, rief der Dürre und

deutete auf den Sandboden.

»Ich kann nichts sehen«, sagte der Dicke mit dem Strohhut.

»Aber wenn du das sagst, Smiley, wird es schon stimmen.«

»Und ob.« Der Dürre lächelte. »Verlaß dich drauf, daß wir

die Halunken erwischen. Das sollen sie bereuen, einem
anständigen Christenmenschen 'ne Milchkuh zu klauen. Ha,
denen gerben wir das Fell.«

Die Spuren wurden deutlicher. Smiley zügelte sein Pferd und

blickte sich mißtrauisch um.

»Was ist denn los?« fragte einer seiner Kumpane.
»Ich wette, die roten Stinker hocken irgendwo und

beobachten ihre eigene Fährte«, behauptete Smiley. »Das
machen sie manchmal stundenlang. Wenn ihnen jemand folgt,
bekommt er 'ne Kugel und wird ausgeplündert.«

»Hoho, was wollen zwei lausige Apachen gegen uns

ausrichten?« fragte der Dicke lachend.

»Dann verschwinden sie in der Wüste«, erwiderte Smiley.

»Wir müssen verdammt geschickt vorgehen, um die Kerle zu
erwischen. Und das wollen wir doch, oder?«

Alle stimmten zu. Keiner von ihnen dachte daran, daß

Smiley seine Frau und seine beiden halbwüchsigen Söhne bei
einem Angriff der Apachen auf einen Siedlertreck verloren
hatte. Niemand kam auf die Idee, daß der dürre Wüstenläufer
nur seine eigene Rache suchte. Denn es ging ja um McLeods
Milchkuh. – »Paßt auf, wir teilen uns«, schlug der Dürre vor,
»und bilden einen Halbkreis. Ich bleibe genau auf der Spur. Ihr
müßt nur schnell genug sein, wenn die beiden Halunken
abhauen wollen. Schießt ihnen die Gäule unterm Hintern weg,
aber laßt sie um Himmels willen leben, bis ich dran bin.
Okay?«

»Was hast du vor?« wollte ein jüngerer Mann wissen, der

seinen Colt ziemlich tief am Oberschenkel trug.

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»Nichts anderes, als was die mit uns machen würden«,

antwortete Smiley und lächelte so brutal, daß ihn keiner der
anderen mehr ansehen konnte.

Die gnadenlose Hitze trieb den Männern den Whisky

schneller durch die Adern. Sie kamen sich unbesiegbar vor,
waren die Rächer auf der Spur der Schurken, die ein
Verbrechen begangen hatten.

Aber auch im nüchternen Zustand wären diese Männer hinter

den Apachen hergehetzt. Denn diese Reiter gehörten nicht zu
den Pionieren, zu den eigentlich friedlichen Menschen, die sich
eine Heimat aufbauen wollten. Nein, sie waren alle irgendwie
gezeichnet und gehörten zum Troß des wilden Rudels, das
Tombstone überschwemmte. Sie standen ganz am Ende der
langen Kette von Glücksrittern, die hinter dem schnellen Geld
her waren.

Und nun wollten sie zeigen, daß sie doch ganze Kerle waren,

die nicht einmal vor zwei Apachen zurückschreckten.

Lediglich Smiley bildete die Ausnahme. Aber wer ihn näher

kannte, hielt ihn für leicht verrückt. Und wer seine Geschichte
kannte, verstand sogar, daß er nicht mehr normal denken
konnte, wenn es um Apachen ging.

Der dürre Mann ritt genau auf der Fährte. Eine Sanddüne

versperrte ihm den Weg. Er roch förmlich, daß die Apachen
oben lauerten, sich hinter dem Dünenkamm verbargen und nur
auf ihre Chance warteten. Aber unbeirrbar ritt Smiley weiter.
Er zügelte lediglich sein Pferd etwas und verfolgte, wie die
Zange aus Reitern weiter vorstieß.

Lautes Muhen. Eine Milchkuh stemmte alle viere in den

rieselnden Sand und rutschte voll Angst brüllend die Düne
herab.

Zwei Schüsse krachten. Nicht die Indianer hatten abgedrückt,

sondern zwei Weiße. Sie hatten die Kuh tödlich getroffen.

Das Tier brach zusammen und glitt auf dem Sand hinunter.
Smiley sprang aus dem Sattel. Der Dürre wußte, wie er eine

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Düne zu erklettern hatte. Im Zickzack, das Gewicht behutsam
verlagernd, lief er dem Kamm zu.

Eine bronzefarbene Gestalt schnellte hoch. Orangerot blitzte

es auf. Der Gewehrschuß peitschte, aber das Blei sirrte harmlos
an Smiley vorbei. Er arbeitete sich weiter die Düne hoch.
Verdammt, was war mit den anderen? Sie mußten die Rothäute
doch sehen. Warum feuerten die Kumpane nicht?

Im gleichen Moment dröhnten die Revolver- und

Gewehrschüsse auch schon.

Die beiden Apachen konnten sich nur noch mit den Armen

voranziehen, aber sie verbissen ihren Schmerz. Nur die Augen
zeigten die Qual.

»Okay, das hätten wir«, sagte der Dicke. »Drei Mann reiten

voraus und holen den Wagen der McLeods. Wir laden das tote
Rind auf. Ich habe versprochen, es zurückzubringen. Ob lebend
oder tot, darüber habe ich kein Wort gesagt.«

Die Kerle lachten scheppernd.
Und als Gwynn nach einer Stunde die Augen, die Gesichter

der Männer aus Tombstone sah, war sie zutiefst entsetzt. Doch
sie ließ sich nichts anmerken, bedankte sich und blickte ihnen
nach, als sie losritten.

Als am Nachmittag Patrick zu sich kam, hörte er seiner Frau

zu. Schlagartig fiel der Rest der Trunkenheit von ihm ab.
Innerhalb von Minuten hatte er das Pferd gesattelt und
galoppierte davon. Und als Patrick zurückkam, erwähnte er
nichts von dem, was er gefunden hatte.

»Ich muß zur Army«, sagte er nur. »Die Soldaten sollen

erfahren, wozu weiße Menschen fähig sind. Gott beschütze uns
vor solchen Freunden, Gwynn. Sie werden uns das Leben
kosten. Hoffentlich bekommen wir keinen Ärger mit den
Chiricahuas. Am liebsten würde ich zu diesem Jeffords reiten,
um das alles zu erzählen. Er kennt doch den Chief der
Chiricahuas gut, wie man behauptet.«

Angstvoll schaute Gwynn ihrem Mann nach. So hatte sie ihn

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noch nie erlebt. Er war von Zorn erfüllt. Hoffentlich tat er
nichts, was ihnen schaden konnte, dachte Gwynn.

*

John Haggerty stand in der Kommandantur neben Colonel
Walmann. In dem gepolsterten Sessel vor General Howards
Schreibtisch saß Patrick McLeod. Der schottische Farmer hatte
gerade erzählt, was sich vor wenigen Stunden nördlich von
Tombstone zugetragen hatte.

»Verstehen Sie mich richtig. Sir«, sagte McLeod zu Howard,

»ich möchte keinen Schutz. Ich komme nicht um zu betteln.
Meine Frau und ich schaffen es auch so. Da bin ich ganz
sicher. Es geht mir um das Verhalten dieser verdammten Kerle
aus Tombstone. Sie haben die beiden Apachen auf grausame
Weise umgebracht, General. Und das ist etwas, bei dem mir die
Galle überkocht.«

Der einarmige Kommandeur der Südwest-Truppen war

beeindruckt. Dieser Schotte schien eine grundehrliche Haut zu
sein. Seine Empörung war nicht gespielt. Offenbar machte sich
der Farmer Gedanken über die Situation in diesem Gebiet. Er
wußte, daß die Soldaten es kaum schafften, die Indianer ruhig
zu halten.

Howard schlug mit der Faust auf die Tischplatte. Der

schwarze Bart des Generals schien sich zu sträuben, und die
Augen des Offiziers funkelten.

»Verdammte Zivilisten«, fauchte Howard entgegen seinen

sonstigen Gewohnheiten. »Wir sollten nicht gegen die Apachen
antreten, sondern dieses Gesindel davonjagen. – Walmann,
Vorschläge bitte.«

Haggerty blickte den Colonel an und fragte: »Mr. McLeod,

welchem Stamm gehörten die beiden Krieger an?«

»Es waren Chiricahuas, ganz eindeutig«, erklärte der Farmer.

»Das regt mich ja so auf. Sie, General, haben mit Cochise

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einen Frieden ausgehandelt. Und jetzt benehmen sich weiße
Männer wie die Verrückten. Ich befürchte, daß die Indianer
zurückschlagen werden. Dann leiden wir darunter, wir Siedler
und Farmer. Die in den Städten fühlen sich sicher.«

Forschend sah der General seinen Chiefscout an. Was hatte

Haggerty vor? Er war Cochises Freund, ja. Aber ging diese
Freundschaft so weit, daß der Häuptling den Tod zweier
Krieger verzieh, die von Weißen umgebracht worden waren?

»Lieutenant, wie denken Sie darüber?« wollte Howard

wissen.

Haggerty zog die Brauen hoch und antwortete: »Es gibt nur

eine Möglichkeit, Sir, ich muß zu Cochise. Aber vorher werde
ich mit Jeffords sprechen. Der sitzt schließlich auch mitten im
Kochtopf. Er hört und sieht eine Menge. Vielleicht finden wir
gemeinsam eine andere Lösung. Denn, offen gesagt, behagt es
mir nicht, dem Jefe mit einer solchen Nachricht
gegenüberzutreten.«

Howard nickte. Er konnte sich vorstellen, was in Cochises

Apacheria geschah, wenn der Tod der beiden Krieger bekannt
wurde.

»Walmann, Sie reiten mit einer halben Schwadron

Patrouille«, befahl Howard. »White soll ebenfalls mit sechzig
Reitern aufbrechen. Teilen Sie das Gebiet unter sich auf. Ich
will, daß Sie beide ständig jede Farm, jede Ranch besuchen.
Sie müssen alle Weißen beobachten, die durch das Land reiten.
Die Apachen sollen erkennen, daß wir auch unsere eigenen
Leute kontrollieren. Vielleicht hilft das etwas.«

Oberst Walmanns Gesicht blieb ausdruckslos. Aber wer den

Offizier kannte, wußte, was er dachte.

»Ja, ja, ich weiß, Walmann«, sagte Howard gereizt. »Sie

halten das alles für Unsinn, Zeitverschwendung. Aber ich sehe
keinen anderen Weg. Sie wissen so gut wie ich, daß Fort
Buchanan total unterbesetzt ist. Wenn Sie und White mit je
einer halben Schwadron losreiten, können wir nur beten, daß

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uns niemand angreift. Aber es ist wichtiger, die Weißen und
die Apachen ruhig zu halten.«

»Ich habe nichts gesagt, Sir«, verteidigte sich der Oberst, der

Howard oft als Ratgeber nützliche Dienste erwiesen hatte.

»Das brauchen Sie auch nicht, Sie nicht«, entgegnete der

einarmige General. »Ich kenne Sie so gut wie mich selbst.
Allein Ihre Haltung verrät mir, daß Sie meinen Befehl für
unsinnig halten.«

Walmann sah den Scout an, der grinste. »Scheint so, als ob

ich vorsichtiger werden müßte, was Haggerty?«

John nickte nur, während der schlanke Oberst die

Kommandantur verließ. Howard bedankte sich bei McLeod für
die Warnung, die Nachricht und sagte abschließend: »Leider
haben wir keinen Einfluß auf Ansiedlungen wie Tombstone.
Solange überall Gold oder Silber gefunden wird, drängen die
Abenteurer und Galgenvögel in das Territorium, Mr. McLeod.
Und solange sich diese Kerle hier herumtreiben, ist an
wirklichen Frieden nicht zu denken. Ich wünschte wahrhaftig,
es gäbe mehr Menschen von Ihrer Art in Arizona, dann hätten
wir alle eine Menge Probleme weniger.«

Der Schotte lächelte, nahm das Lob hin, ohne sich etwas

darauf einzubilden.

»General, ich muß mich verteidigen, wenn die Apachen

angreifen«, sagte der Farmer, »aber ich werde niemals einen
Menschen töten, nur weil er Indianer ist. Ich glaube, darin liegt
die Ursache für die Überfälle. Irgendwann finden sich die
Apachen damit ab, nicht mehr das ganze Land zu besitzen. Sie
wissen, daß wir Weißen in der Übermacht sind. Aber dieser
Prozeß kann auch ohne Grausamkeiten ablaufen, denke ich.
Und nicht immer sind es die Indianer, die brutal werden.«

McLeod hatte gesagt, was er loswerden wollte. Er verließ das

Gebäude, stieg auf sein Pferd und ritt davon.

»Haggerty?« fragte der General.
»Ich reite sofort zu Jeffords«, antwortete der Scout. »Lassen

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Sie Walmann und White ruhig die Gegend durchstreifen.
Vielleicht hilft es doch was. Auch wenn sich die Apachen
darüber amüsieren, so halten sich vielleicht die Weißen zurück,
die sonst verrückt spielen würden.«

Howard nickte. Der Scout hatte begriffen, was der

Kommandeur bezweckte. John ließ sein Pferd satteln,
überprüfte die Waffen und die Wasserflasche und saß auf. Die
Posten zogen das Tor aus mächtigen Balken auf, als Chiefscout
John Haggerty Fort Buchanan verließ und dann auf den
Apachen-Paß zuritt.

Dort oben lebte Thomas Jeffords, der auch ein Freund des

großen Cochise war. Vielleicht fanden Haggerty und der
Postmeister gemeinsam die Lösung für die schwelende
Situation, die sich innerhalb von Stunden in einen Feuerbrand
verwandeln konnte, der auf den gesamten Südwesten übergriff.

Voller Bitterkeit dachte Haggerty unterwegs daran, daß die

wenigen vernünftigen Menschen in der Minderzahl waren.
Selbst Cochise, der doch nach Mangas Coloradas der größte
Anführer der Apachen war, kämpfte gegen Männer seiner
Rasse, um Frieden zu halten.

Der Häuptling wußte um die Macht der Weißen. Ganz sicher

war er davon überzeugt, daß die Zeiten des freien
Umherschweifens für die Apachen dem Ende zugingen.
Cochise wollte den Frieden mit den Bleichgesichtern, aber
immer wieder flackerten Kämpfe auf, die in zügellose
Grausamkeiten ausarteten, die Vergeltung forderten.

John lenkte seinen Schecken vom Fahrtweg ins freie Land,

als er die Kutsche erkannte, die den Paß herunterkam. Es war
viel zu spät für die Concord, aber als das schwere Fahrzeug
vorbeifuhr und Haggerty die Schäden sah, wußte er, was
geschehen war.

Seine Besorgnis steigerte sich noch. Er trieb das Pferd an,

wollte so schnell wie möglich zu Jeffords, um mit ihm zu
sprechen.

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Auf halber Höhe beschlich den Scout ein unangenehmes

Gefühl. Er spürte, daß er beobachtet wurde. Unauffällig blickte
er sich um; entdeckte aber nichts. Als er oben war, sah er die
Krieger an den Quellen. Es waren Chiricahuas. Also mußte
Cochise in der Nähe sein. Der Scout war besorgt und erfreut
zugleich.

Er zügelte den Schecken vor der Station und saß ab. Die Tür

schwang auf. Thomas Jeffords lächelte Haggerty an und fragte:
»Haben Sie gerochen, daß der Jefe hier ist?«

»Nein, das nicht, aber es ist gut, daß ich ihn treffe«,

antwortete John. »Es gibt böse Dinge, die ich mit Cochise
besprechen muß.«

Der Apachenhäuptling begrüßte seinen Blutsbruder nach Art

der Weißen mit Handschlag. Prüfend blickte Cochise seinen
Freund an.

»Du trägst Kummer in deinem Herzen, Falke«, sagte der

Chief zu Haggerty.

Der Scout nickte bekümmert und reichte Naiche die Hand.
»Was führt dich hierher?« fragte John den Häuptling.
Cochises Gesicht wirkte hart und ausdruckslos. Nur die

dunklen Augen verrieten die Besorgnis des Jefe.

»Das Land kommt nicht zur Ruhe«, begann er. »Die Krieger

gehorchen mir, aber immer wieder stehlen sich einzelne
Männer davon. Ihr Blut rinnt heiß durch ihre Körper. Ich höre
jede Nacht das Gemurmel der Krieger. Sie reden vom Töten,
Falke.«

Haggerty preßte die Lippen zusammen. Nun war der

Zeitpunkt gekommen.

»Zwei deiner jungen Krieger kehren nicht zurück, Cochise«,

sagte der Scout. Naiche richtete sich auf. Unwillkürlich
umklammerte er den Messergriff.

»Sprich, Falke!« forderte der Chief.
John Haggerty berichtete, was nördlich von Tombstone

geschehen war.

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Cochise schwieg lange. Kein Muskel zuckte in seinem

Gesicht.

»Sie brachen mein Wort«, sagte der Häuptling schließlich.

»Der weiße Farmer hat nichts zu befürchten, Falke. Ich zweifle
nicht daran, daß er wahr gesprochen hat. Diese Menschen sind
nicht unsere Feinde. Aber die anderen, die Mordwölfe, sie sind
die Gegner. Darum bin ich hier, Bruder.«

Cochise schwieg wieder. Naiche ließ den Dolchgriff los und

atmete tief.

»Vater, vergiß dein Wort nicht«, mahnte er.
»Nein, niemals«, antwortete Cochise entschieden, »für sechs

Mondzeiten halten wir Frieden. Aber die Bleichgesichter
tragen Streit, Haß und Mord in unser Land. Denn dies ist unser
Land, und ihr seid die Eindringlinge.«

Haggerty hatte den Eindruck, daß der Chief sein

Friedensversprechen bereute. Der Scout blickte Jeffords an.
Die Miene des Postmeisters drückte Besorgnis aus.

»Mein Freund«, sagte Thomas, »du weißt, daß wir die

Apachen respektieren. Du weißt auch, daß weder Haggerty
noch ich jemals einen Kampf mit euch beginnen. Aber wenn
wir angegriffen werden, verteidigen wir unser Leben. Ja, wir
sind die Eindringlinge, doch wir bleiben nicht allein. Du weißt
es, auch wenn du es nicht wahrhaben willst.«

Cochise lächelte hart. »Wir kennen unser Gebiet. Wir leben

seit Jahrhunderten hier und wissen, wie wir überleben können.
Ihr Weißen überlebt nur solange, wie die rollenden Jacales
Nahrung bringen, wie ihr Wasser aus den Flüssen auf die
trockenen Felder leitet. Und wenn eines Tages das Mondmetall
und das weiche gelbe Metall zu Ende ist, werdet ihr vielleicht
wieder davonziehen. Denn was hält euch dann noch?«

Haggertys Grinsen wirkte etwas gezwungen, als er die

Rechte hob.

»Du kennst die Weißen noch nicht richtig, mein Freund«,

sagte der Scout. »Was sie einmal besitzen, geben sie nicht

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mehr her.«

»Sie haben Angst vor uns«, stellte Naiche fest. »Sie haben

Angst vor jedem Indianer, Falke. Vielleicht gehen sie doch.«

Jeffords schüttelte den Kopf.
»Du irrst dich, Naiche«, sagte der Postmeister. »Sie bleiben

und kämpfen, rufen nach den Pferdesoldaten, wollen Schutz,
und sie machen den kargen Boden urbar.«

»Du willst damit sagen, Hellauge«, fragte Cochise, »daß die

Zeit der Apachen vorbei ist?«

Jeffords nickte zögernd.
»Vielleicht nicht heute oder morgen«, schwächte Haggerty

ab, »aber in ein oder zwei Generationen leben auch die
Chiricahuas nicht mehr in den Dragoon Mountains.«

»Der Einarmige gab sein Wort«, fuhr Naiche auf. »Wir

dürfen in unserer Apacheria leben. Wer will uns vertreiben?«

Cochise legte seinem Sohn die Hand auf den Arm. Sofort

schwieg Naiche.

»Es wird anders sein«, sagte der Häuptling. »Niemand

vertreibt uns. Aber sie jagen uns, wenn wir aus dem Süden
zurückkommen, Sohn. Immer mehr Krieger sterben, der
Stamm wird immer schwächer. Und eines Tages haben die
Chiricahuas keine andere Wahl mehr. Sie müssen ins Reservat.
Ja, wir haben der Macht der weißen Eindringlinge nichts
entgegenzusetzen. Doch kampflos geht mein Volk nicht unter.«

Jeffords registrierte, daß sich der Ton zuspitzte, Bitterkeit

vorherrschte. Der Postmeister hoffte, daß auch nach den sechs
Monaten Frieden die Kämpfe nicht erneut aufflammten. Er
wollte vorbauen und sagte: »Das alles liegt in weiter Ferne.
Aber bereits jetzt kommen ständig mehr Goldsucher ins Land.
Die sind verrückt nach Gold und bringen sich sogar gegenseitig
um.«

»Vielleicht brauchen wir nur zu warten«, warf Naiche ein,

»und die Bleichgesichter rotten sich selbst aus.«

Haggerty lächelte gequält. »Darauf könnt ihr lange warten.

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Denn solange Apachen unterwegs sind, bringen die Goldsucher
die Krieger um. Sie haben Angst, sie hassen die Indianer und
schießen, bevor sie selbst erschossen werden.«

Cochise nickte bedächtig. Der Häuptling wußte all das, aber

er durfte seine Rasse, sein Volk nicht untergehen lassen.

»Es gibt keinen Krieg«, sagte er, »doch wenn Apachen

angegriffen werden, töten sie.«

Der Jefe dachte an die Mexikaner jenseits der Grenze, die für

die Apachen noch nie ein Hindernis war. Im Süden konnten die
Krieger ihre Raubzüge durchführen. Die alte Feindschaft
zwischen Mexikanern und Apachen war noch nicht erloschen.

Cochise dachte an den Ruf der Krieger, wenn sie angriffen:

Zastee – Töte!

Ja, er wollte seine Chiricahuas wieder nach Süden führen.

Die Beute lockte, und noch immer galt es, die Gelbhäutigen zu
bekämpfen, die für jeden Apachenskalp blanke Pesos
bezahlten.

»Ich weiß keinen Rat«, sagte John Haggerty. »Wir können

nur versuchen, die weißen Glücksritter und Abenteurer
aufzuhalten. Der Friede ist gefährdet, doch es darf keinen
weiteren Krieg zwischen den Apachen und uns geben. Wenn
Indianer angegriffen werden, müssen sie sich wehren. Aber
dieses Recht wirst du auch den Weißen zugestehen, Cochise.«

Der nickte. Vielleicht gab es wirklich keinen anderen

Ausweg, als einen langen Kriegszug nach Mexiko zu
organisieren. Aber in der Zwischenzeit konnten die
Eindringlinge schon das Land überschwemmt haben, denn die
Weißen waren zahlreich wie die Sandkörner der Wüste.

Der Häuptling stand auf. Weitere Worte waren sinnlos.

Jeffords und Haggerty wußten genauso wenig Rat wie Cochise.
Der Jefe war jedoch entschlossen, sein Wort zu halten: Sechs
Monate keinen Krieg im Südwesten.

Minuten später ritten Cochise und Naiche an der Spitze der

Kriegerhorde davon. Haggerty und Jeffords blickten ihnen

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nach.

»Er will Frieden«, sagte der Scout, »aber er kann nicht aus

seiner Haut, Jeffords. Cochise ist ein Apache, ein Mann dieses
harten, erbarmungslosen Landes. Jeder Sonnenaufgang
bedeutet neuen Kampf ums Überleben, Kampf um Nahrung
und Wasser. Jetzt sehen sie ihre Existenz gefährdet und
schlagen um sich. Stellen Sie sich vor, Jeffords, irgendwelche
Kerle kämen und nähmen uns einfach alles weg. Was würden
wir machen?«

Der Postmeister nickte und antwortete: »Uns wehren, ganz

klar.«

Thomas Jeffords seufzte.
»Ich weiß das alles, Haggerty«, fuhr er fort, »habe mir das

schon so oft überlegt. Es gibt eben ein Naturgesetz, wonach die
Schwachen den Starken weichen müssen.«

»Aber nicht so, auf diese Art«, entgegnete der Scout

grimmig. »Warum können wir den Apachen nicht ihr
Stammesgebiet lassen? Amerika ist so groß, so weit. Müssen
wir unbedingt in dieser Halbwüste siedeln? Was bringt uns der
heiße Sand, die Sonnenglut und kochende Wind, wenn die
Goldfunde erschöpft sind, wenn kein Gramm Silber mehr
gefunden wird?«

Darauf wußte auch Thomas Jeffords keine Antwort.
Haggerty verließ das Stationsgebäude, stieg in den Sattel,

lächelte müde und sagte: »Ich reite zu General Howard und
melde ihm, daß weder Sie noch Cochise einen Rat wissen. Der
General befaßt sich nämlich mit dem gleichen Problem: wie
schaffen wir es, Frieden zu halten.«

Der Scout hob die Rechte, zupfte mit der anderen Hand am

Zügel und ließ den Rappen angehen.

*

Die Town hieß Fort Huachuca. Als die Spanier von Mexiko

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aus nach Norden drängten, die sagenumwobenen sieben
goldenen Städte suchten, gründeten die Eroberer überall
Niederlassungen. Aus einem Grund, den in Cochises Zeit
niemand mehr kannte, hatten die Spanier in Huachuca eine
gewaltige Befestigung erbaut. Daher rührte der Name Fort, den
die Amerikaner nach der Eroberung dieses Landes dem Kastell
aus der Kolonialzeit gaben.

Huachuca war inzwischen eine unbedeutende Ansiedlung,

nur fünfzehn Meilen von der Grenze entfernt. Die unbenutzten
Befestigungen boten zahllose Schlupfwinkel und
Lagermöglichkeiten für Schmuggelgut aller Art.

Es blieb nicht aus, daß die Apachen darauf aufmerksam

wurden. Die Söhne der Halbwüste lauerten unsichtbar an
jedem Weg, an den meisten Wasserstellen und sahen, was
vorging.

Vier Mimbrenjo-Krieger hatten sich mit Erlaubnis ihres

Chiefs Chato auf den langen Weg nach Süden gemacht. Die
Vier kamen aus der San Carlos Indian Reservation, und ihr Ziel
war das alte Fort der Spanier.

Die Mustangs versteckten die Apachen ein paar Meilen vor

der Ansiedlung in einem unwegsamen Hochtal, in dem es
genügend Wasser und Gras gab.

Schlangengleich arbeiteten sich die Mimbrenjos zwischen

den gewaltigen Steinmassen voran. Ihr Ziel waren dunkel
gähnende Öffnungen, die in die Tiefe der Befestigung führten.

Der vorderste Krieger hob den Kopf. Ein schwaches

Geräusch hatte den Apachen gewarnt. Reglos lagen die vier
Indianer und beobachteten.

Wieder klang das leicht schleifende Geräusch auf. Aus der

linken Höhle kam ein weißhaariger, knorriger Typ gehumpelt.
Das Haar stand in wirren Büscheln von seinem Kopf ab. Unter
dem Arm trug der Alte ein Gewehr, das er im Bruchteil einer
Sekunde schußfertig haben konnte.

Er ging in den zweiten Eingang, rumorte eine Weile im

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Innern des Felsenraumes und erschien wieder.

Ein Wächter, dachten die Mimbrenjos. Der vorderste Krieger

bewegte seinen rechten Arm ganz behutsam. Die Fingerspitzen
ertasteten den hölzernen Griff. Aber als der Apache den Dolch
gezogen hatte und mit seinem Arm ausholte, um die Klinge zu
werfen, marschierte der Weißhaarige davon.

Sekunden später hörten die Krieger die brüchige Stimme des

Wächters. »Komm schon, du Mistvieh, los, du hast dich lange
genug ausgeruht. Wir reiten zur Stadt.«

Hufschlag klang auf. Die Krieger wandten die Köpfe. Gegen

den hellen Himmel zeichnete sich die Silhouette eines
Maultieres ab, auf dessen Rücken der Wächter saß. Das
Stampfen der Hufe verlor sich allmählich.

Wieselflink schob sich der erste Krieger vor, erreichte die

Dunkelheit der ersten Höhle und glitt hinein. Sekunden später
folgten ihm seine Gefährten.

»Feuer!« befahl der Anführer des kleinen Trupps kehlig.
Eine winzige Flamme flackerte auf. Die Mimbrenjos

staunten nicht schlecht, als sie die langen, flachen Kisten
sahen. Sie enthielten moderne Gewehre. Das war eine Beute,
die sie zu berühmten Kriegern machen würde!

Die Apachen verloren keine Zeit. Gebückt trugen sie die

Holzkisten hinaus, etwa 100 Yards weit, und verbargen die
Beute unter einem gewaltigen Felsbrocken, der eine Grube
verdeckte, von der nur die Krieger wußten.

Fieberhaft schufteten die vier Mimbrenjos, denn sie wollten

die Waffen in Sicherheit bringen, bevor der Alte oder ein
anderer Wächter zurückkam.

Sie ahnten nicht, daß der Weißhaarige sie entdeckt hatte.
Jubal Granger trieb sein Muli mit Faustschlägen an. Die

eisblauen Augen des Oldtimers funkelten grimmig. Denn
Granger ließ sich nicht von vier verdammten Rothäuten in die
Suppe spucken. Der Oldtimer war der Kopf einer
Schmugglerbande, die in Huachuca ihr Hauptquartier hatte.

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Auf Bestellung lieferten die verwegenen Kerle den Mexikanern
alles, was sie haben wollten. Natürlich nur gegen harte Dollars
oder Pesos, das verstand sich von selbst. Das beste Geschäft
waren Waffen. Und gerade hinter diesen Waffen waren auch
die Apachen her.

Jubal riß hart am Zügel, als er ein verwittertes Holzhaus im

Kolonialstil erreichte. Der Bogengang vor der eigentlichen
Wand beschattete die Frontseite.

»He, Boß, was ist denn los?« fragte jemand und löste sich

aus dem Halbdunkel.

Der schlanke Bursche sah gefährlieh aus. Seine Rechte

schwebte dicht über dem Kolben des Revolvers.

»Sid, hol die anderen!« befahl Granger. »Jage sie zur

Festung! Sieh zu, daß dreißig oder vierzig Leute
zusammenkommen. Ein paar Apachen machen sich über
unsere Waffen her. Ich habe die Kerle nur zufällig gesehen.
Wir sollten uns beeilen.«

Sid wirbelte herum. Mit einem großen Schritt erreichte er die

Haustür, stieß sie auf und verschwand im Innern. Es dauerte
nicht mal eine Minute, bis ein halbes Dutzend Männer
herauskam. Drei von ihnen waren abenteuerlich aussehende
Mexikaner mit schwarzen Schnauzbärten.

Sie alle wußten, was sie zu tun hatten. Auch Huachuca hatte

in der Vergangenheit unter den Apachen zu leiden gehabt. Fast
alle Bürger beteiligten sich bestimmt mit Freuden an einer Jagd
auf die paar Krieger.

Die sechs Burschen liefen von Haus zu Haus. Wenig später

trieb Jubal sein Muli an und rief laut: »Hört mich an, Leute! Ihr
alle habt die verdammten Rothäute in mächtig schlechter
Erinnerung, denke ich. Im alten Fort treiben sich vier Apachen
rum. Abgesehen davon, daß dort mein Lager ist, und sie sicher
dabei sind, meine Waren zu stehlen, habt ihr doch alle noch 'ne
Rechnung mit diesen verlausten Brüdern zu begleichen. Oder
irre ich mich da?«

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»Du hast recht, Granger«, rief jemand aus der Menge. »Los,

ziehen wir den Kerlen das Fell ab.«

Auch die anderen Bürger stimmten spontan zu, als sie Jubals

Worte hörten. Sie haßten die Apachen wie die Pest. Keiner der
Weißen dachte darüber nach, daß sie doch die Eindringlinge
waren. Sie betrachteten das Land als ihr Eigentum und die
Indianer als eine Geißel.

»Los, gehen wir!« rief ein junger Mann. »Aber achtet darauf,

daß die Halunken nicht zu schnell zur Hölle fahren. Sie sollen
was davon haben.«

Die meisten Männer lachten. Sie hatten von der Grausamkeit

der Apachen gehört, die gefolterten Weißen gesehen und waren
begierig darauf, sich auf die gleiche Weise zu rächen.

»Halt, halt, so geht es nicht!« rief Jubal Granger. »Holt eure

Pferde, nehmt Gewehre mit! Wir müssen das Fort umzingeln,
sonst entkommen uns die verdammten Bastarde. Ihr wißt doch,
daß sie sich unsichtbar machen können. Wir laufen einen
halben Yard an ihnen vorbei, ohne sie zu sehen. Aber vom
Sattel aus stehen unsere Chancen besser.«

Die Männer eilten in alle Richtungen. Granger hatte recht.

Aber niemand dachte darüber nach, daß die Apachen wegen
ihrer besonderen Fähigkeiten den Weißen überlegen waren.

Wenig später trabten mehr als dreißig Pferde aus der Town.

Jubals Leute teilten die Truppe auf. Zehn Minuten danach war
das Fort umzingelt. Schußbereit lagen die Gewehre über den
Oberschenkeln der Männer.

Aber kein Apache ließ sich blicken. Im Zickzack lenkten die

Weißen ihre Pferde auf die Mauern zu. Jubal winkte seinen
Männern. Sie bildeten einen Halbkreis vor den drei Höhlen.

Der Alte saß ab, stemmte den Kolben der Winchester gegen

den Hüftknochen und ging langsam auf den ersten Eingang zu.
Sid folgte seinem Boß. Der schlanke Halunke riß ein
Schwefelholz an und entzündete eine Fackel, die er mit
gestrecktem Arm von sich hielt.

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Als die beiden noch drei Schritte vom Eingang entfernt

waren, zuckte etwas Flirrendes durch die Luft. Blitzschnell
duckten sich die Männer. Das Messer landete hinter ihnen auf
dem Boden.

»Oben«, brüllte Sid, »sie hocken auf den Felsen! Holt sie

runter!«

Die anderen Kerle schlugen mit den Zügeln, und die Pferde

preschten los. Von beiden Seiten galoppierten die Reiter die
schrägen Rampen hinauf, die auf das Felsmassiv führten und
das Dach der Höhlen bildeten.

Vier bronzefarbene Gestalten sprangen hoch. Eine Schleuder

drehte sich rasend schnell. Der Stein traf eines der Pferde. Grell
wiehernd steilte das Tier. Der plötzliche Schmerz machte es
verrückt. Es krachte mit den Hufen herab, sprang vor und
verlor den Halt. Gerade noch rechtzeitig löste der Reiter die
Füße aus den Steigbügeln. Er rollte sich ab, als das Pferd vor
der mittleren Höhle aufprallte und dann ganz reglos
liegenblieb.

Schüsse krachten über Jubal Granger. Längst hatte Sid die

Fackel weggeworfen und den Colt gezogen. Der Revolvermann
stürmte mit langen Schritten die Schräge hinauf. Eine Gestalt
schnellte hinter einem Geröllhaufen hervor. Mit einem
Schnappschuß erwischte Sid den Apachen an der Schulter. Der
Krieger ließ das Messer fallen. Haßerfüllt funkelte er den
Weißen an.

Granger beobachtete, daß Sid weiterlief. Der Apache bückte

sich, nahm den Dolch in die Linke und wollte werfen, aber da
drückte Jubal ab und schickte den Krieger zum Großen Manitu.

Die Bürger trieben ihre Pferde an. Keiner wollte etwas

versäumen, immerhin ging es darum, vier Apachen
auszuschalten.

Mengen heißen Bleis flogen durch die Luft. Jubals erfahrene

Kumpane leisteten den Hauptteil der Arbeit.

Als drei Mimbrenjos tot auf dem Dach der Höhlen lagen, hob

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Granger die rechte Hand. Sofort stellten seine Leute das Feuer
ein.

»Den vierten haben wir noch nicht, Boß!« rief einer der

Mexikaner von oben herab.

»Fangt ihn ein, ich will den Kerl lebend!« befahl Jubal. »Wir

knüpfen ihn auf. Er soll spüren, daß er anständige weiße
Männer nicht einfach bestehlen kann. Er lernt unser Gesetz
kennen.«

Die drei Mexikaner aus Jubals Truppe trieben den Krieger

aus seinem Versteck. Er hatte sich zwischen Geröllbrocken
verborgen, die aus der Festungsmauer herausgebrochen waren.

Blut rann aus einigen Wunden, und der linke Arm des

Apachen hing leblos herab. Die dunklen Augen wirkten
stumpf. Der Krieger hatte mit seinem Leben abgeschlossen.
Gnade erwartete er von den Bleichgesichtern nicht. Er
bedauerte nur, daß sein Stamm nicht in den Besitz der Gewehre
gelangen konnte.

Granger löste das Wurfseil und knüpfte eine Schlinge. Sid

kletterte zwischen die Felsbrocken und schlang die Riata um
einen Stein, der fest verkeilt saß.

Sekunden später packten die Mexikaner den Krieger,

schleiften ihn zur Schlinge und streiften sie über seinen Kopf.

Mit stoischer Miene ließ der Mimbrenjo alles über sich

ergeben. Er wußte, daß sein Leben vorbei war. Manitu wartete
auf ihn.

Die Mexikaner stießen den Indianer über die Kante. Das Seil

straffte sich. Triumphgeschrei brach aus.

Weiß Gott, die Bürger von Huachuca konnten wirklich stolz

sein auf ihre »Heldentat«. In ihrem Haß aber hatten sie alle
Skrupel hinweggewischt.

Jubal Granger hatte scharfe Ohren. Er lauschte, ging zu

seinem Muli und saß auf. Ein Schenkeldruck genügte, um den
Maulesel angehen zu lassen.

Sekunden später verhielt der Weißhaarige auf einer Anhöhe.

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Granger stieß einen lästerlichen Fluch aus, als er die blauen

Uniformen der Reiter sah. Die Kavallerie hatte ihm gerade
noch gefehlt.

Jubal riß am Zügel, hetzte das Tier zurück zu den anderen

und rief: »He, Leute, die Army kommt mit 'ner halben
Schwadron! Möchte wissen, was die hier suchen. Laßt euch
nur nicht einschüchtern. Ich rede. Verstanden?«

Sie nickten. Ihre Gesichter zeigten noch Spuren der

Erregung. Sie fühlten sich stark, unbesiegbar. Das hatten sie ja
gerade bewiesen. Und die verdammte Patrouille konnte ihnen
den Buckel runterrutschen.

*

Colonel Walmanns Tagesziel war Fort Huachuca. Von dort aus
wollte er mit den Soldaten entlang der Grenze reiten und in
weitem Bogen wieder nach Norden schwenken.

Als der Oberst die Schüsse hörte, richtete er sich steil im

Sattel auf.

»Galopp, Sergeant!« befahl der Colonel.
O'Bannion wiederholte den Befehl laut und vergewisserte

sich, daß die Dragoner in ordentlicher Doppelreihe ritten.
Seufzend musterte der Ire die beiden Texaner. Natürlich, diese
verdammten Kerle konnten sich wieder nicht an den Befehl
halten. Sie ließen ihre Gäule weiterhin im Trab dahinzockeln,
als hätten sie alle Zeit der Welt.

O'Bannion zerrte am Zügel. Sein Pferd drehte auf der

Hinterhand und jagte los, als es die Absätze in den Flanken
spürte. Der Sergeant erreichte die Texaner und wollte sie zur
Minna machen.

Aber als er nur noch eine halbe Länge entfernt war, glaubte

er seinen Augen nicht trauen zu können. Die disziplinlosen
Kerle aus dem Lone Star-Staat schliefen in den Sätteln!

O'Bannion kochte innerlich. Er hatte schon davon gehört, daß

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die Cowboys des Südens diese seltsame Kunst beherrschten.
Aber, zum Teufel, Stafford und Miller waren bei der Kavallerie
und nicht auf der Lohnliste eines Ranchers!

Der irische Sergeant überlegte ein paar Sekunden. Als er

grinste, daß die Sommersprossen auf seiner Nase zu tanzen
schienen, hatte er die Lösung. Vorsichtig lenkte er sein Pferd
neben das von Stafford und beobachtete den Schlafenden.
Zacks Kopf war nach vorn gesunken. Das Kinn lag auf der
Brust, und das Käppi beschattete Stirn und Augenpartie. Mit
beiden Händen, durch die der Zügel lief, stützte sich der Soldat
auf dem Sattelhorn ab.

O'Bannion hatte vor Monaten eine große Klapperschlange

erlegt. Die trockenen Hornrasseln vom Schwanzende hatte er
als Trophäe mitgenommen. Nun zog er vorsichtig diese Rassel
aus der Tasche. Dicht neben Zack Staffords Ohr ließ der
Sergeant das scharfe Geräusch ertönen, das eine angreifende
Klapperschlange mit Hilfe ihrer Schwanzspitze erzeugte.

Der Erfolg war überwältigend!
Zack brüllte lauthals, sprang mit einem Satz aus dem Sattel,

prallte hart auf den Boden, drehte sich um sich selbst und kam
mit gezogenem Revolver wieder auf die Beine.

Aus schlaftrunkenen Augen stierte der Dragoner um sich.

Drohend kreiste die Coltmündung, aber Zack fand kein Ziel.
Schließlich sah er O'Bannions breites Grinsen.

Brad Miller war durch Zacks Geschrei wach geworden. Er

ruckte herum. Als Brad sah, daß keine Gefahr bestand, setzte er
sich locker in den Sattel.

»Mann, hast du 'ne merkwürdige Auffassung von Spaß«,

stieß Zack hervor. »Um ein Haar hätte ich dich abgeknallt, weil
ich dich für 'ne Klapperschlange hielt, Sergeant.«

O'Bannions Grinsen erlosch schlagartig.
»Reiter Stafford«, sagte der Unteroffizier, »vor zehn Minuten

habe ich Galopp befohlen. Sei froh, daß ich dich weckte. Wenn
der Colonel euch schlafend erwischt hätte, kämt ihr in den

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nächsten zehn Tagen aus der Arrestzelle nicht mehr raus.«

»Wieso schlafen?« fragte Zack empört. »Ich habe darüber

nachgedacht, warum der Colonel Galopp befahl. Wally hat ja
manchmal so merkwürdige Einfälle. Und ich konnte mich nicht
entschließen, diesen Unsinn mitzumachen. Schließlich ist mein
Gaul müde.«

Der Sergeant grinste breit. »Du hast doch gepennt, Mr.

Texas. Wir alle haben die Schüsse gehört. Darum befahl der
Colonel Galopp. Und nenne ihn nicht wieder Wally, sonst
sperre ich dich in Fort Buchanan in den Käfig.«

Brad mischte sich ein und sagte. »Dann beschwere ich mich

bei Howie. Entweder kommen Zack und ich gemeinsam in den
Bau oder keiner von uns. Das solltest du wissen, Sergeant.«

O'Bannion verdrehte die Augen, blickte zum Himmel und

stöhnte.

»Der Mann heißt General Howard und nicht Howie!« rügte

er nachdrücklich.

»Warum regst du dich so auf?« fragte Zack verwundert.

»Okay, ich habe ein bißchen gepennt. Was ist schon dabei? Ihr
seid achtundfünfzig Mann. Wie kannst du denn auf uns beide
angewiesen sein, he? Was ihr nicht schafft, reißen wir beide
auch nicht mehr raus.«

Der Ire zählte langsam bis zehn und verstaute die Rassel.
»Wenn ihr so weit zurückbleibt und dabei noch pennt«, sagte

er, »schnappen euch eines Tages die Apachen. Ich wette, ihr
werdet nicht mal wach, wenn sie euch skalpieren.«

»Hoffentlich«, bemerkte Brad grinsend. »Ich habe mir sagen

lassen, daß es eine mächtig unangenehme Prozedur ist.«

Kopfschüttelnd hieb der Ire seinem Pferd die Absätze in die

Seiten.

»Los, Galopp, wir müssen die anderen einholen!« rief der

Sergeant. »In der Nähe von Huachuca wurde geschossen. Wer
weiß, was passiert ist.«

Brad und Zack gaben ihren Pferden die Zügel frei. In

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gestrecktem Galopp jagten sie hinter O'Bannions Pferd her. Als
sie Anschluß an die halbe Schwadron gefunden hatten, sagte
Zack: »Geschossen – soso. Vielleicht hat jemand Geburtstag,
was?«

Die Vordermänner der Texaner wandten sich in den Sätteln

um und antworteten: »Hörte sich eher wie ein Gefecht an,
Freunde. Was ist los mit euch? Habt ihr nichts gehört?«

Die Texaner schwiegen. Sie hatten noch mit ihrem

Innenleben zu kämpfen. Denn in weiser Voraussicht hielten sie
immer eine Wasserflasche voll Whisky bereit. Sobald der
Befehl zum Aufbruch in Fort Buchanan kam, nahm einer von
ihnen diese Canteen und der andere normales Wasser mit. Aber
diesmal, am Abend zuvor im Camp, war der große Durst über
die total disziplinlosen Burschen gekommen. Nun war die
Whiskycanteen leer, aber die beiden hatten mächtige
Brummschädel.

Colonel Walmann erreichte die alten Befestigungen und trieb

sein Pferd über den noch erkennbaren Weg in das Innere des
ehemaligen Forts.

Hart zügelte der Oberst sein Pferd, als er sich einer Gruppe

von mehr als dreißig Reitern gegenübersah.

Der Offizier musterte die Männer, die Umgebung und sah

schließlich die toten Apachen und den Gehängten.

Walmann mußte sich gewaltsam beherrschen. Mehr als

dreißig Weiße gegen vier Indianer. In dieser Überzahl wurden
die Weißen richtig mutig. Wie es aussah, waren die Apachen in
krankhaftem Haß umgebracht worden.

»Ich bin Colonel Walmann aus Fort Buchanan«, erklärte der

Offizier. »Ich möchte wissen, was hier geschah.«

Ein paar der Zivilisten lachten.
Einer rief: »Warum sind Sie nicht 'ne Stunde früher

gekommen, Mister? Dann hätten wir Ihnen den Job überlassen.
Aber die Kavallerie im Südwesten scheint aus
Sonntagsschülern zu bestehen, wenn es gegen die verdammten

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Rothäute geht. Ihr drückt euch immer irgendwo rum, wo ihr
weit vom Schuß seid.«

Walmanns Gesicht lief dunkelrot an. Er war Berufssoldat

und ein guter Truppenführer. Diese Beleidigung eines
Zivilisten traf ihn hart.

»Wenn ihr alle eure Steuern zahlen würdet«, entgegnete der

Oberst zornig, »hätten wir auch Geld genug, mehr Soldaten zu
besolden. General Howard bekommt keine Verstärkung. So
sieht das aus. Und jetzt will ich wissen, was hier los war.«

»Sehen Sie das nicht?« fragte Jubal Granger. »Wir haben

vier Rothäute zur Hölle geschickt.«

Der Weißhaarige trieb sein Pferd etwas vor.
»Warum?«
»Weil sich die Kerle an meinen Waren vergriffen haben«,

antwortete Granger. »Ich habe sie gesehen, als sie auf der
Lauer lagen. Diese Männer hinter mir sind alles ordentliche
Bürger in Huachuca. Aber sie mögen es nicht, wenn was
gestohlen wird. Komisch, eh?«

»Und darum mußten Sie diese Männer so zurichten und

einen noch hängen?« fragte der Colonel.

Staunend blickte Granger den Offizier an. »Männer? Welche

Männer? Ich sehe nur vier rote Dreckskerle, Mr. Offizier. Wir
haben oft genug unter den verdammten Apachen zu leiden
gehabt. Es ist gut, daß die Hundesöhne tot sind. Ich wünschte,
es wären vierzig oder vierhundert oder noch mehr. Dann kehrte
endlich Ruhe in dieses Land ein. Und niemand brauchte mehr
in der Nacht um seinen Skalp zu zittern.«

Walmann schüttelte den Kopf. Voller Grimm dachte er

daran, daß die Weißen zum großen Teil selbst die Schuld an
den Grausamkeiten der Apachen trugen. Cochise hatte Frieden
versprochen. Aber sobald Weiße ein Stück Indianerhaut sahen,
drehten sie durch.

»Ein ganz schöner Spinner, was, Partner?« tönte Brad Miller

und lenkte sein Pferd weiter zur Seite und nach vorn.

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Zack Stafford folgte seinem Freund und antwortete: »Das ist

noch ziemlich milde ausgedrückt, Brad. Ich bin gespannt, wann
Victorio dieses Drecksnest dem Erdboden gleichmacht. Ob die
Kerle dann auch noch so die Klappe aufreißen?«

Walmann betrachtete die beiden Texaner. Der Colonel fühlte

deutlich den Zorn der Männer und ließ sie gewähren. – »Ihr
fehlt uns gerade noch«, sagte Granger. »Zwei Großschnauzen
aus Texas und einen Haufen Irrer in blauer Uniform, das haben
wir uns schon lange gewünscht. Seid ihr alle übergeschnappt.
Die Rothäute rauben und morden, wie es ihnen gerade paßt.
Und wenn wir mal ein paar dieser Hurensöhne schnappen und
zur Hölle befördern, jammert ihr wie alte Weiber. Auf wessen
Seite steht ihr eigentlich?«

Zack und Brad sahen sich an. Dann wanderten ihre Blicke

zum Colonel.

»Sir, wir bitten um eine Stunde Urlaub«, sagte Zack.
»Ja, als Zivilisten können wir diesem hirnverbrannten

Graukopf vielleicht etwas Verstand in seinen Schädel
hämmern«, pflichtete Brad bei.

»Abgelehnt«, sagte Walmann lächelnd, »obwohl ich die Idee

für gar nicht so schlecht halte.«

»Sie sind wahrhaftig übergeschnappt«, entfuhr es Jubal

Granger. »Wir dürfen uns nicht wehren, wenn die Apachen
kommen. Am besten erschießen wir uns selbst, sobald wir 'ne
Rothaut sehen.«

Dem Offizier fiel es immer schwerer, sich zu beherrschen.
»Menschen wie Sie sind es, die immer wieder dafür sorgen,

daß der Kleinkrieg weitergeht«, entgegnete er scharf. »Es hätte
genügt, wenn Sie die Krieger verprügelt und davongejagt
hätten. Aber nein, Sie mußten sich wohl als Held und großer
Kämpfer aufspielen. Glauben Sie denn, die Apachen nähmen
den Tod dieser vier Krieger einfach hin?«

»Jetzt ist ja die Army hier, um uns zu schützen«, antwortete

Granger spitz.

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»Wir sollten ihn mal fragen, was er denn hier für Waren

lagert«, ließ sich Zack Stafford vernehmen. »Vielleicht hatten
die Apachen einen Grund, herzukommen.«

Granger wurde um einiges blasser. Das Gespräch nahm eine

Wendung, die gefährlich wurde.

»Hier ist Platz, es ist trocken und nicht weit von der Town

entfernt«, sagte Jubal. »Außerdem kann ich meinen Kram
lagern, wo ich will. Das geht die Armee überhaupt nichts an.«

Walmann winkte ab. Er ahnte, daß dieser Alte Dreck am

Stecken hatte. Doch der Colonel besaß nicht das Recht, die
Überreste des alten Forts zu durchsuchen.

»Im Norden haben entschlossene Männer Apachen erledigt,

die 'nem Farmer die Milchkuh stahlen«, rief Sid. »Das ist der
einzig richtige Weg: sobald du 'ne Rothaut siehst, mußt du ihr
'ne Kugel geben. Wenn alle so handelten, gäbe es bald keinen
Krieg und keine Überfälle mehr.«

»Und keine Apachen«, warf Walmann grimmig ein.
»Ja und? Wem liegt denn an den roten Teufeln?« fragte Sid

verächtlich. »Euer General Sherman hat doch selbst gesagt, daß
nur ein toter Indianer ein guter Indianer ist.«

Walmann merkte, daß es sinnlos war. Diese Männer fühlten

sich im Recht und als Verteidiger des Gesetzes.

»Wir lagern hier«, entschied der Colonel. »Sergeant, im

Morgengrauen reiten wir weiter.«

Jubal Granger zupfte am Zügel und ritt davon, gefolgt von

denen, die für ihn arbeiteten, und den Bürgern.

*

General Howards Versuche scheiterten fast alle. So sehr sich
der einarmige Bürgerkriegsheld auch bemühte, Frieden zu
schaffen und zu erhalten, die neuen Einwanderer arbeiteten
gegen diese Absicht.

Aus dem stark unterbesetzten Fort Buchanan ritten täglich

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Patrouillen aus. Die Strecken der Soldaten wechselten ständig.
Howard versuchte, seine Männer überall erscheinen zu lassen.
Aber meistens kamen sie zu spät.

Immer wieder stießen die Dragoner auf niedergebrannte

Farmen, ausgeplünderte und skalpierte Goldsucher und tote
Apachen aller Stämme.

Der General startete eine Kampagne, in deren Verlauf den

Zuwanderern klargemacht werden sollte, daß die Indianer
genau wie die Weißen Frieden wollten, daß jede
Auseinandersetzung das Friedensversprechen Cochises
unterhöhlte. Es war vergeblich. Nach den ersten beiden
Versammlungen erschien niemand mehr am Troßwagen der
Kavallerie, der östlich von Tombstone stand.

Colonel Walmann wurde verbittert und fragte sich, aus

welchen Gründen nur zuerst der Abschaum der Menschen in
ein neues Land strömten, warum sich die Männer wie Bestien
gegenüber den Apachen benahmen. Die meisten Zuwanderer
töteten einen Indianer, sobald sie ihn entdeckten. Als ob es
gegolten hätte, eine Brut zu vernichten.

Es gärte im Südwesten, auf beiden Seiten. Die Stämme in der

San Carlos Reservation lebten einigermaßen in Sicherheit.
Aber immer wieder versuchten Siedler, in die fruchtbaren Täler
des San Carlos vorzustoßen. Denn wo es Wasser gab, wuchsen
auch Mais und Weizen.

General Howard machte sich Feinde unter den Weißen, als er

diese Siedler durch seine Soldaten vertreiben ließ. Howard
hatte keine andere Wahl. Er mußte den Apachen beweisen, daß
er sein Wort hielt.

Aber was nutzte dies schon? Statt eines ständigen Krieges

kam es täglich zu Kämpfen, die genauso erbittert geführt
wurden wie eine militärische Auseinandersetzung, Thomas
Jeffords und John Haggerty versuchten alles, was in ihrer
Macht lag. Sie trafen oft mit Cochise oder seinem Sohn Naiche
zusammen und beschworen die beiden, nicht nachzugeben,

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keinen neuen Krieg anzufangen.

Sie verstanden, daß es dem Jefe schwerfiel, sein Wort zu

halten. Denn die neuen Einwanderer, angelockt vom Gold,
brachten erbarmungslos alle Apachen um, die ihnen über den
Weg liefen.

Der U. S. Postinspektor in Tombstone vertraute auf Jeffords'

Geschick im Umgang mit den Indianern. Ron »Fatty« Ballard
war zugleich der Postmeister der Butterfield Overland Mail für
Arizona, also Thomas Jeffords' direkter Vorgesetzter.

Der kleine, fette Ballard wollte sich verändern, aus der

Butterfield-Gesellschaft ausscheiden. Und da er ein bekannter
Mann war, hielt er es für seine Pflicht, aus diesen Anlaß ein
Fest zu geben. Noch war es zwar nicht soweit, daß er den
Dienst der Butterfield quittierte, aber nun erreichte er all seine
Freunde und Bekannten. Und es lag ihm daran, alle als seine
Gäste zu begrüßen.

Schnaufend wies Fatty seinen Buchhalter Richard Tichy an,

Einladungen zu schreiben und zu verschicken. Der dürre
Schreiber machte sich an die Arbeit. Als praktisch und sparsam
veranlagter Mensch gab er die Einladungen den Kutschern mit,
statt sie offiziell mit der Post befördern zu lassen.

Zufällig befand sich Jeffords in Fort Buchanan, als die

Nachrichten bei General Howard eintrafen.

Der Postmeister saß mit Haggerty in der Offizierskantine. Da

sie beide Cochises Freunde waren, suchten sie wieder einmal
nach einem Ausweg aus der derzeitigen Situation, die
unweigerlich zu einem offenen Krieg führen mußte wenn es so
weiterging.

»Wir können nichts tun«, sagte der Scout verärgert, »gar

nichts, solange wir nicht die verdammten Zuwanderer unter
Kontrolle bringen.«

»Stellt doch neben jeden neuen Mann, der nach Arizona

kommt, einen Doppelposten auf«, empfahl Jeffords sarkastisch.

»Wenn wir so viele Reiter hätten, löste sich das Problem von

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selbst. Soweit ich den Zahlen traue, sind jetzt zehnmal soviele
Weiße wie Indianer im Südwesten. Es ist das Gold, das sie alle
anlockt. Dieses verfluchte gelbe Zeugs.«

Eine Ordonnanz stieß die Tür auf und rief: »Lieutenant

Haggerty und Mr. Jeffords zu General Howard bitte! Befehl
vom General!«

Der Scout erhob sich und verzog mißmutig das Gesicht.
»Er hat sich wieder was ausgedacht. Und ich muß es ihm

ausreden. Kommen Sie, Jeffords, helfen Sie mir dabei.«

Gemeinsam überquerten die Männer den großen Innenhof

Fort Buchanans und ließen sich von dem Posten vor der
Kommandantur anmelden.

»Also, wie sieht's aus?« fragte der General, nachdem er

seinen Chiefscout und Thomas Jeffords begrüßt hatte.

»Es gibt nur drei Möglichkeiten«, antwortete Haggerty

stirnrunzelnd. »Entweder verbieten wir Einwanderungen, oder
wir erhalten genügend Verstärkung, oder wir schicken die
Apachen zur Hölle, Sir.«

»Es sei denn, wir bringen die Zuwanderer zur Vernunft«,

bemerkte Jeffords.

Howard winkte ab. Auch seine Miene hatte sich verdüstert.

Er wußte, daß dies die einzigen Möglichkeiten für einen
dauerhaften Frieden waren. Aber solange Schmuggler,
Gesetzlose und haßerfüllte Siedler und Digger in das Land
strömten und Unfrieden stifteten, blieb die Situation heiß.

»Mr. Ron Ballard gibt sich die Ehre«, sagte der General, »die

führenden Offiziere des Forts – Mr. Haggerty und Mr. Jeffords
– zu einem Fest einzuladen. Sie wissen ja, daß ›Fatty‹ bald aus
dem Dienst der Butterfield ausscheidet. Er will wohl die
Gelegenheit wahrnehmen, um sich glanzvoll zu
verabschieden.«

»Abwechslung tut uns allen gut«, sagte Haggerty und

beäugte den General mißtrauisch. »Das scheint nicht alles zu
sein, Sir. Sie haben doch noch etwas auf Lager.«

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Lächelnd erwiderte Howard: »Sie haben recht, Lieutenant.

Ich habe mir gedacht, daß die Gelegenheit günstig ist. Mr.
Jeffords, bitten Sie in meinem Namen den Postmeister darum,
auch die Jefes der Apachenstämme einzuladen. Wir haben eine
große Chance, unsere Beziehungen zu verbessern. Die
Häuptlinge sollen uns mal von einer anderen Seite
kennenlernen. Bisher sprachen wir immer nur während
schwieriger Verhandlungen mit ihnen. Jetzt können wir ihnen
zeigen, daß wir Weißen keine Ungeheuer sind.«

Haggerty blickte Jeffords besorgt an. Der Posthalter der

Apachen-Paß-Station schüttelte energisch den Kopf.

»General«, sagte er, »ich rate dringend davon ab. Zwischen

Victorio und Cochise herrscht große Rivalität: Der Mimbrenjo
will der größte, bekannteste Anführer der Apachen werden.
Immerhin war auch Mangas Coloradas von Victorios Stamm.«

Howard wischte Jeffords' Einwand mit den Worten hinweg:

»Mister, wir wollen die beiden nicht verbrüdern. Das sollen sie
unter sich ausmachen.«

»Sir«, sagte John Haggerty, »auch ich rate ab. Sie wissen

doch, wie weiße Männer reagieren, wenn sie getrunken haben.
Sie fühlen sich stark und mutig und verlieren leicht die
Beherrschung. In diesem Moment werden sie die Indianer
verächtlich ansprechen und mit ihrer Überlegenheit prahlen.
Der Schaden ist größer als der Nutzen, General.«

Aber der hohe Offizier war von seiner Idee nicht

abzubringen. Er sah die einmalige Chance, Weiße und
Apachen an einen Tisch zu bringen und versprach sich viel
davon.

Resignierend gab Haggerty schließlich nach.
»Okay, Sir«, sagte er, »ich schicke Boten zu den Stämmen.

Doch ich glaube gar nicht, daß die Jefes kommen.«

»Und ich regele die Sache mit Ballard«, versprach Jeffords.
Sie verließen die Kommandantur. Verdrossen ging Haggerty

zu den Scouts und gab seine Befehle. Fünf Apachen-

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Fährtensucher machten sich mit schnellen Ponys auf den Weg.
Sie hatten nur die Botschaften auszurichten. Die Zusagen der
Häuptlinge Cochise, Victorio, Nana, Chato und Loco sollten
durch deren Boten erfolgen.

»Es geht nicht gut, selbst wenn die Jefes kommen«, sagte

Haggerty zu Jeffords. »Beten Sie, Thomas, daß die Chiefs
ablehnen.«

Thomas holte sein Pferd und saß auf.
»Ich reite zur Station zurück«, sagte er. »Ballard schreibe

ich, was der General vorhat. Sicher ist ›Fatty‹ einverstanden.
Hoffentlich sehen Sie nicht zu schwarz, Haggerty.«

Jeffords verließ Fort Buchanan und ritt zum Paß hinauf.

Zunächst schrieb der Postmeister den Brief an Ballard. Als er
das Schreiben am Nachmittag dem Kutscher mitgab, atmete er
auf.

Schon einen Tag später erhielt Thomas die Antwort seines

Vorgesetzten. Ballard teilte Haggertys und Jeffords
Befürchtungen, war aber einverstanden.

Eine Woche verging. Die Kutschen der Butterfield Line

durchquerten unangefochten das Land. Die anderen Stämme
respektierten Cochises Wunsch, die schwerfälligen Fahrzeuge
nicht zu überfallen.

An einem Nachmittag, die Kutsche war schon seit einer

Stunde unterwegs, saß Burt Kelly auf der obersten
Corralstange und drehte sich eine Zigarette. Am Absatz riß der
Posthelfer das Schwefelholz an und setzte den Tabak in Brand.

Kellys Kopf ruckte hoch. Drei Indianer standen kaum ein

Dutzend Schritte von ihm entfernt. Die Apachen trugen außer
den Ulmenholzbogen moderne Gewehre.

Burt erkannte Naiche, den Sohn Cochises, und seufzte

erleichtert.

»Ich hole den Boß«, sagte er und rutschte von der Stange.
Krampfhaft darum bemüht, nicht zu rennen, ging Burt mit

gemischten Gefühlen auf das Stationsgebäude zu.

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»He, Thomas. Besuch für dich!« rief der Helfer in den Raum,

nachdem er die Tür geöffnet hatte.

Jeffords trat ins Freie, erkannte Naiche und eilte auf ihn zu.

Nach Art der Weißen begrüßte der Krieger den Freund des
Häuptlings.

»Hellauge«, erklärte Naiche, »mein Vater und ich nehmen

die Einladung zur Fiesta an. Wir wollen zeigen, daß wir die Art
des weißen Mannes respektieren. Haben die anderen Jefes
schon zugesagt?«

Thomas dankte Naiche und antwortete: »Keiner der anderen

Häuptlinge schickte bisher seinen Boten.«

»Sie werden nicht erscheinen«, sagte der Krieger überzeugt.

»Sie sind unversöhnliche Feinde eurer Rasse. Mein Vater
hingegen steht zu seinem Wort. Wir kommen in die Stadt, die
ihr Tombstone nennt.«

»Vielleicht ist es besser, wenn wir uns hier oder im Fort der

Pferdesoldaten treffen«, gab Jeffords zu bedenken. »Sicher, es
ist bekannt, daß ihr Gäste seid, aber vielleicht weiß dies der
eine oder andere in Tombstone nicht und greift die Apachen
an.«

Naiche war einverstanden. Die Chiricahuas wollten zum Fort

und gemeinsam mit den Pferdesoldaten zur Fiesta reiten.

Jeffords beobachtete, wie die Apachen zwischen den Felsen

verschwanden und fragte sich wieder einmal, wie diese
Menschen es nur geschafft hatten, sich so vollkommen ihrer
Umgebung, der kargen, harten Natur des Südwestens
anzupassen.

*

Ein paar Tage später war es soweit. Auf der Plaza der
Silvertown schleppten Männer lange Tische heran. Wie durch
Zauberei entstand unter den Bäumen ein Festplatz unter freiem
Himmel.

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Es war heiß, denn der Juni ist der heißeste Monat in

Südarizona. Trotz dieser Hitze lachten und scherzten die
Menschen, die das Fest vorbereiteten. Weiße Decken lagen auf
den Tischen. Mexikanische Jungen und Mädchen trugen Berge
von Speisen herbei. Zwischen den Schalen mit den
unterschiedlichsten Gerichten standen Weinflaschen, Gläser
und Behälter mit Zigarren.

Am Nordende des Platzes entfachten zwei Männer ein Feuer

und bauten einen Spieß auf. Ein Kalb sollte dort gebraten
werden, um den Gästen am Abend erneut eine Stärkung zu
bieten.

Die ersten Gaukler hasteten zwischen den Holzhäusern und

Adobegebäuden hin und her. Musikanten nahmen Aufstellung.
Zwei mexikanische Kapellen sorgten für fröhliche Stimmung.
Ron Ballard verließ die Posthalterei. Der dicke Butterfield-
Mann hatte sich in eine enge, spanische Kleidung gezwängt
und sah aus wie ein Frosch im Frack.

Der enge Hemdkragen mit der weißen Schleife schnürte

Ballards Hals derart ein, daß sein Gesicht puterrot war. Die
Jacke ließ kaum Armbewegungen zu, und die seitlich an den
Beinen geknöpfte Hose saß so stramm, daß eine unvorsichtige
Bewegung eine Katastrophe bedeuten konnte.

Die ersten Gäste trafen ein, fast alle in spanischer Tracht.
Die Männer mit offenen Bolero-Jacken, die reich verziert

und bestickt waren, um die Hüften hatten sie die traditionellen
Schärpen geschlungen, und auf den Köpfen trugen sie
wagenradgroße Sombreros. Die Damen trugen Spitzenkleider
und kunstvolle Mantillas.

Die einzelnen Kapellen spielten unterschiedliche Melodien,

und der Lärm war unbeschreiblich. Der sanfte Klang der
Gitarren ging im Getöse der Trompeten und Tubas völlig unter.

Die Leute lachten, unterhielten sich lauthals und

gestikulierten.

»Fatty« nahm als Gastgeber an der Stirnseite eines Tisches

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unter einem mächtigen Hickorybaum Platz. Die weite Krone
spendete Schatten und Kühlung.

Ballard beobachtete die Gäste, die sich prächtig zu amüsieren

schienen. Keiner der Männer trug Waffen. Das hatte der
Postmeister zur Bedingung gemacht.

Ich sehe zumindest keine Waffen, dachte der Dicke. Ob die

Burschen wirklich »nackt« gekommen sind, stellt sich dann
heraus, wenn sie genügend Wein und Whisky geschluckt haben
und zu stänkern anfangen.

Eine schöne Mexikanerin tänzelte heran und fragte: »Senor

Ballard, werden die furchtbaren Wilden kommen? Ich hörte,
daß Sie auch die Jefes der Apachen einluden.«

Ron beherrschte sich und schluckte eine scharfe Antwort

herunter.

»Senora«, sagte er, »sprechen Sie bitte nicht von Wilden.

Sagen Sie einfach Apachen. Wir müssen hier mit ihnen leben
und das Beste daraus machen. Aber nun zu Ihrer Frage. Ich
weiß, daß Cochise mit seinem Sohn erscheinen wird. Sie
nahmen meine Einladung an. Die anderen Häuptlinge ließen
nichts von sich hören.«

Zufrieden rauschte die Mexikanerin davon. Ballard

beobachtete, wie sie die Nachricht unters Volk brachte. Aber
der Postmeister stellte auch fest, daß sich die Gesichter einiger
Gäste verfinsterten. Der Dicke war gewarnt. Er wußte, daß sie
aufpassen mußten. Aber General Oliver O. Howard brachte
sicherlich ein oder zwei Züge Soldaten als Begleiter mit, die
notfalls für Ordnung sorgen konnten.

Es dauerte nicht lange, bis der einarmige Kommandeur aller

Südwest-Truppen eintraf.

Ron Ballard stemmte sich ächzend auf und ging den neuen

Gästen entgegen. Er schoß einen unwilligen Blick auf
Haggerty und Jeffords ab, die ungeniert grinsten, als sie sahen,
mit welcher Vorsicht »Fatty« sich bewegte.

»Sir, ich freue mich, Sie hier begrüßen zu dürfen«,

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trompetete Ballard und streckte Howard die Rechte entgegen.

In Begleitung des Generals waren die Colonels White und

Walmann. Cochise und Naiche standen an Howards linker
Seite. Dicht dabei acht ausgesucht kräftige Krieger. Der
berühmte Häuptling und sein Sohn überragten fast alle anderen
Gäste. Sie sahen großartig aus in den weißen Rehleder-Leggins
und den Wildlederhemden. Die vielen Menschen auf dem Platz
spürten, daß der hochgewachsene Cochise etwas Besonderes
ausstrahlte. Er war ein Mann, dem andere Respekt zollten. Als
Weißer hätte er es sicherlich weit gebracht. Aber die Natur
hatte ihn als Apache zur Welt kommen lassen, und damit war
sein Schicksal vorgezeichnet.

»Nehmt Platz, Freunde«, rief Ron Ballard und watschelte

zum Tisch unter der Baumkrone. »Laßt es euch schmecken. Es
ist für alles gesorgt: für Unterhaltung, Essen, Trinken und
Musik.«

Cochise setzte sich. So neugierig er auch war, er beherrschte

sich. Auch sein Sohn und die acht Krieger blickten sich nur
verstohlen um, zeigten keine Verwunderung und keine
Neugierde über das Gebaren der Weißen.

Ein Geologe, zwei Minenbosse und der Besitzer des General

Stores nahmen ebenfalls an Ballards Tisch Platz.

Der Dicke hatte dafür gesorgt, nur solche Gäste in Cochises

Nähe zu haben, die das Spanische beherrschten.

Es dauerte nicht lange, bis Weiße und Apachen ihre Scheu

überwanden und miteinander redeten.

General Howard war zufrieden. Er blickte zu seinem

Chiefscout und zu Jeffords hinüber. Die beiden schienen
immer noch besorgt zu sein. Aber der General war davon
überzeugt, daß dieses Fest ein voller Erfolg für die
Verständigung zwischen den verschiedenen Rassen wurde.

»Aber, Jefe«, sagte der Geologe gerade verwundert, »ich

verstehe nicht, daß Sie dem Gold so wenig Bedeutung
zumessen.«

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Cochise entgegnete lächelnd: »Und wir begreifen nicht,

warum die meisten Weißen das gelbe Metall so lieben. Meine
Freunde Hellauge und Falke sind Ausnahmen. Sie werden
nicht verrückt, wenn sie Gold sehen. Was macht dieses Metall
so wertvoll? Es taugt nichts, es ist weich, läßt sich kaum
schmieden und schmilzt in unseren Feuern nicht.«

Haggerty beobachtete den Geologen genau. Der Mann

krauste seine Stirn. Aber er schien zu überlegen, ob er dem
Chief die Wahrheit sagen sollte.

Hoffentlich lügt er nicht, dachte Haggerty inbrünstig, denn

Cochise weiß verdammt genau, warum die Leute hinter Gold
her sind wie der Teufel hinter einer armen Seele.

»Nun, Jefe, es ist so«, begann der Geologe umständlich,

»Gold ist sehr selten, das macht es wertvoll. Dann läßt es sich
bei großer Hitze doch schmieden. Es bleibt immer so, wie es
ist, es kann nicht rosten oder zerfallen. Das macht es wertvoll.
Wir brauchen es für viele Zwecke. Unsere Ärzte fertigen
künstliche Zähne aus Gold, wir verzieren Dinge damit, die uns
lieb sind, und wir tragen es als Schmuck.«

Cochise lächelte zufrieden und sagte: »Du bist ein guter

Mensch. Ich glaube dir.«

Haggerty atmete auf. Er schaute zu Ballard, der unmerklich

blinzelte. Also hatte der Dicke schon vorher die richtige
Auswahl getroffen, was die Gäste an diesem Tisch anging.

»Doch sage, weißer Mann«, fragte Cochise, »warum sollten

sich die Apachen mit Gold schmücken? Es ist schwer. Wir
brauchen unsere Kraft für die Waffen, die wir tragen. Für Felle
und Decken und Nahrung. Ein Messer aus Gold schneidet dem
Luchs nicht die Kehle durch, schneidet nicht den Kaktus,
dessen Fleisch wir essen.«

Da lächelte der kluge Mann. »Du hast sicher recht, Jefe. So,

wie die Apachen leben, brauchen sie kein Gold. Auch wir
Weißen brauchen es nicht unbedingt zum Leben. Wir lieben es,
weil es selten und darum wertvoll ist. Das ist auch der Grund,

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weshalb wir Münzen daraus prägen. Ich verstehe, was du sagen
willst, Jefe. Aber glaubst du nicht auch, daß die Apachen etwas
von den Weißen lernen können? Genauso gibt es Dinge, die
wir von euch übernehmen müßten. Ich rede jetzt nicht vom
Gold, aber es hängt damit zusammen. Ich glaube, daß sich eure
Lebensweise in den nächsten Jahrzehnten verändern wird.«

Cochise schien in weite Fernen zu blicken. Kaum hörbar

sagte er in der Sprache der Apachen: »Wir töten hundert
Bleichgesichter, und tausend treten an ihre Stelle.«

Haggerty und Jeffords waren die einzigen, die Cochises

Worte verstanden hatten.

»Du magst recht haben«, stimmte der Häuptling dem

Geologen zu, »aber ist es falsch, so wie wir zu leben?«

Verwirrt schüttelte der Weiße den Kopf. Er wußte keine

Antwort, denn sicherlich war die Lebensweise der Apachen
nicht falsch. Sie waren Meister des Überlebens in den kargen
Halbwüsten und Trockengebieten.

John Haggerty mischte sich ins Gespräch:
»Mein Freund«, sagte er, »ich habe die Erklärung.«
Cochise nickte. »So sprich, Falke.«
»Wenn zwei verschiedene Völker, die auf andere Art und

Weise leben, die andere Götter verehren und unterschiedliche
Tugenden haben, wenn diese Völker zusammentreffen, so
nimmt ein jedes Volk Dinge vom anderen an. Die
Lebensweisen sind nicht mehr die gleichen wie früher.«

Cochise nickte, und der Geologe betrachtete den

breitschultrigen Scout mit Erstaunen. Niemals hätte der
Gelehrte vermutet, daß ein Mann der Wildnis so viel Bildung
haben konnte.

General Howard hörte zu, wie die Apachen und Weißen

allmählich miteinander ins Gespräch kamen. Obwohl die
Ansichten der beiden Rassen sehr unterschiedlich waren,
schien es doch Möglichkeiten der Verständigung zu geben.
Abermals beglückwünschte sich Howard zu der Idee, Cochise

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eingeladen zu haben.

Naiche stand auf und ging zu Haggerty, der einen Stuhl

heranzog.

»Ich habe Grüße zu bestellen«, flüsterte Cochises Sohn.

»Tla-ina sagt, daß sie die selben Sterne sieht wie du. Es ist
keine Dankbarkeit, Falke, es ist mehr, viel mehr. Und es macht
mich traurig, denn niemand weiß, was wird.«

Haggerty schluckte unwillkürlich. Er dachte an Cochises

schöne Schwester, deren Name übersetzt »Sanfter Wind«
lautete. Er hatte ihr das Leben gerettet. Doch das allein war es
nicht.

»Naiche, es ist schwer«, murmelte der Scout.
»Soll ich Tla-ina von dir grüßen, Falke?«
»Ja. Egal, wie sinnlos es ist«, erwiderte John, »grüße sie und

sage ihr, daß ich ständig an sie denke.«

Howard stellte eine Frage. Verwirrt blickte der Scout auf.

Der General wiederholte die Frage, und ein neues Gespräch
begann.

Die Kapellen veranstalteten abwechselnd einen Höllenlärm.

Als die Abenddämmerung hereinbrach, spielten die beiden
Mexikaner mit den Gitarren eine merkwürdige Melodie. Einige
Männer und Frauen sprangen auf, eilten auf die freie
Tanzfläche und bewegten sich mit seltsamen, abgehackt
wirkenden Schritten.

Ein Geiger und zwei Trompeter gesellten sich zu den

Gitarristen. Drei Männer und drei Frauen nahmen seitlich der
Gruppe Aufstellung. Sie trugen einen klagend wirkenden
Gesang vor. Zusammen mit der Musik und den Tänzern wurde
die Vorführung des Fandangos ein großartiger Erfolg.

Am Rande des Platzes drängten sich die Bürger von

Tombstone. »Fatty« Ballard hatte sich nicht lumpen lassen. In
den Saloons und Bars wurden Bier und Whisky auf seine
Kosten ausgeschenkt.

Vielleicht war nur so zu erklären, wieso es an

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Aufmerksamkeit fehlte und ein gefährlicher Verbrecher diese
Nacht zum Ausbruch aus Tombstones Jail nutzen konnte.

*

»He, alter Knochen, was ist denn in dem Nest los?« fragte
Atkins, der auf dem Strohsack in der Zelle lag.

Lesli Carter hob den Kopf. Der alte Gefangenenwärter

musterte den Killer und konnte einen Angstschauer nicht
unterdrücken. Dieser Atkins war ein besonders brutaler,
skrupelloser Typ.

»Hat dir jemand das Maul zugenäht?« erkundigte sich

Atkins. »Ich will wissen, was in Tombstone vorgeht.«

Carter gab sich einen Ruck, erhob sich, ging langsam auf das

Gitter zu und nahm den Wassereimer auf.

»Ich sollte dich ersäufen, du Bandit«, brummte der Wärter.

»Und wenn du nicht anständig fragst, bekommst du keine
Antwort von mir.«

Atkins zügelte mühsam seinen Zorn. Dieser verdammte alte

Bastard spielte sich mächtig auf. Wenn er nur den dürren Hals
des Kerls zwischen die Hände bekommen hätte…

»Okay, Mr. Lesli Carter«, fragte der Mörder, »kannst du mir

sagen, was in Tombstone geschieht?«

Der Alte lachte meckernd.
»Du wirst ja schon 'ne ganze Nummer kleiner, was? Warte

nur, bis sie dir den Strick um den Hals legen, dann fühlst du
dich wie ein Zwerg, wette ich.«

Atkins sprang geschmeidig von der Pritsche und stand nach

einem weiten Satz dicht vor den eisernen Stäben. Carter prallte
einen Schritt zurück und ließ den Henkel des Eimers los.

Atkins trat zwischen den daumendicken Stäben hindurch und

traf den Eimer. Er kippte um, und das Wasser ergoß sich über
die zerrissenen Schuhe des alten Wärters.

Carter fluchte.

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»Zieh dir trockene Socken und richtige Schuhe an«, riet

Atkins grinsend, »sonst holst du dir 'ne Lungenentzündung und
verreckst dran. Bei alten Knochen wie dir ist das schnell
passiert.«

»Verdammte Ratte«, knurrte Carter und wandte sich um.
Aus dem Schrank im Office nahm er ein paar Putzlappen und

wischte das Wasser auf. Die nassen Fetzen warf er in den
Eimer.

»So, Killer«, sagte der Alte verächtlich, »das war dein

Wasser für heute. Lutsch doch die Lumpen aus, wenn du Durst
hast. Ich gehe jetzt und genehmige mir einen Schluck auf Ron
Ballards Kosten. Der Postmeister gibt ein Fest und läßt auch in
den Saloons Whisky und Bier umsonst ausschenken.
Hoffentlich bekommst du 'nen trockenen Hals, wenn du daran
denkst.«

Atkins verzog wütend den Mund und zischelte: »Erstick an

dem Zeug, du alter Narr!«

Der Mörder stand am Gitter und sah zu, wie Lesli Jail und

Office verließ.

Lag hier seine Chance? Er wußte, daß der Alte gern einen zur

Brust nahm. Und daß er nun einfach verschwand, war gegen
den ausdrücklichen Befehl des Marshals.

Ron Ballard – das ist doch der Oberbriefträger der

Butterfield, dachte Claude Atkins. Wenn der ein Fest gibt,
hocken doch bestimmt alle bei ihm, die mir gefährlich werden
können.

Atkins ging zur Pritsche und setzte sich. Er überlegte lange,

bis er endlich einen Ausweg fand. Ein etwas böses Lächeln
huschte über sein Gesicht, als er den Strohsack von der
Pritsche zerrte.

»Das ist es, was ich brauche«, flüsterte Atkins und starrte auf

die breiten Gurtbänder zwischen dem Bretterrahmen.

Er sprang mit beiden Beinen zugleich auf die Riemen. Immer

wieder hüpfte der Mörder auf und nieder, bis sich schließlich

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die Nägel aus dem ausgedörrten Holz des Gestells lösten.

Lauschend verharrte Atkins. Der Lärm auf dem Platz

draußen hatte das Krachen und Knirschen übertönt. Wenn sich
der Schlüssel im Schloß der Bürotür drehte, mußte Claude das
hören, denn das Schloß quietschte jämmerlich.

Atkins machte sich an die Arbeit. Geschickt verknotete er die

Gurtbänder miteinander und stellte eine Art Halfter her, das er
an den Gitterstäben befestigte. Anschließend hing sich der
Bandit mit seinem ganzen Gewicht an das Riemenwerk. Die
Knoten zogen sich noch enger zusammen.

Zufrieden betrachtete der Mörder sein Werk. Es sollte ihm

den Weg in die Freiheit, die Möglichkeit zur Flucht eröffnen.

Der Bandit rückte die Pritsche von der Wand. Das Kopfende

schloß nun mit der Wand der Fensterlücke ab. Anschließend
fingerte Atkins den Leibriemen aus den Hosenschlaufen,
machte eine Schlinge und knotete das Leder um einen
Gitterstab, der das Fenster verschloß.

Wenn der alte Lesli Carter allein kam, mußte es gelingen.
Atkins zog die Jacke und das Hemd aus, schnürte sich die

verknoteten Gurtbänder um den Oberkörper und straffte die
Riemen. Probehalber kletterte er auf die Pritsche, nahm den
Gürtel und befestigte die Schlinge im Riemenwerk.

Es mußte klappen.
Fast eine Stunde wartete Atkins. Er saß auf der Kante der

Pritsche. Schritte klangen auf dem Brettergehsteig vor dem
Office auf. Die Musiker machten eine Pause. Überlaut drang
das Stimmengewirr der Menschen ins Jail. Allmählich setzte
die Dämmerung ein. Besorgt blickte Atkins zur Tür. Es war
noch zu hell für einen Fluchtversuch. Wenn Lesli vorzeitig
zurückkam, war alles in Frage gestellt.

Aber die Schritte entfernten sich wieder. Atkins atmete auf.
Als es völlig dunkel war, verspürte er Ungeduld. Jede Minute

der Nacht bedeutete einen Vorsprung. Wo, zum Teufel, blieb
der alte Trottel von Gefangenenwärter?

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Der Mörder wanderte ruhelos in seiner Zelle auf und ab.

Plötzlich blieb er stehen und lauschte.

Schritte!
Metall stieß gegen Metall, und ein halblauter Fluch ertönte.
Mit einem katzenhaften Satz gelangte Atkins zur Pritsche,

kletterte hinauf und schlang das Stück Gurtband um den
Leibriemen. Vorsichtig verlagerte der Outlaw sein Gewicht, bis
er mit den Beinen frei in der Luft hing. Atkins neigte den Kopf
etwas zur Seite.

Das Schloß quietschte. Die Tür flog auf, prallte gegen die

Wand und schwang zurück.

»Dachtest du, ich hätte dich vergessen?« fragte Carter mit

leicht lallender Stimme. »Das passiert mir nicht, du Ratte. Ich
passe auf dich auf, damit dir nichts zustößt, bevor sie dich
hängen, Mistkerl..«

Unsicher tastete der Alte im Dunkeln nach seinen

Schwefelhölzern. Als er eins fand, riß er es mit dem
Daumennagel an und ging auf den Schreibtisch des Marshals
zu, auf dessen Platte die Kerosinlampe stand. Glas klirrte, und
dann erhellte der Schein der Öllampe den Raum.

Carter drehte den Docht höher und schloß die Tür, bevor er

sich umdrehte.

»Na, wo versteckst du dich?« fragte er und hob die Laterne

hoch.

Ihm stockte der Atem, als er die hängende Gestalt sah.
»Allmächtiger!« stieß Lesli hervor und stürmte zur Zelle.
Er fingerte den Schlüssel aus der Hosentasche und sperrte

auf.

»Wenn der Marshal erfährt, daß ich einen getrunken habe,

feuert er mich«, stammelte der Alte. »Wie bringe ich ihm das
nur bei?«

Er stellte die Laterne auf den Zellenboden und ging zu dem

reglos baumelnden Atkins:

Als Carter nach den Beinen des vermeintlich Toten greifen

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wollte, winkelte der Killer kurz die Beine an und trat mit den
Füßen zu. Er traf den Alten genau am Kinn. Lesli taumelte
zurück und fiel rücklings auf den harten Boden.

In fieberhafter Eile löste der Verbrecher den Riemen und

sprang herunter. Mit zwei Schritten war er bei dem Wärter und
beugte sich über ihn. Carter blickte den Gefangenen mit
verschwommenem Blick an. Er war für eine Sekunde aus
seiner Bewußtlosigkeit aufgetaucht und wußte nicht, was
geschah. Atkins handelte sofort. Als er seine Hände vom
faltigen Hals des Alten löste, war der tot.

Der Mörder streifte seine Kleidung ab und löste die Riemen,

bevor er sich wieder vollständig anzog. Er vergaß auch den
Hosengurt nicht.

Lautlos glitt Atkins ins Office. In einem unverschlossenen

Schrank fand er seinen Revolver samt Holster und Gurt. Und in
der Mittelschublade des Schreibtisches lag der Schlüssel für
den Gewehrhalter.

Der Outlaw überprüfte seelenruhig die Waffen, versorgte

sich mit ausreichend Munition und fand eine Wasserflasche,
die er aus dem zweiten Eimer füllte, der in einer Ecke stand.

Jetzt brauche ich nur noch einen guten Gaul und Proviant,

dachte der Bandit.

Vorsichtig glitt er auf die Tür zu und öffnete sie einen Spalt

weit. Überall brannten Kerosinlampen. Auf dem Platz loderten
zwei große Feuer, und in den Ästen der Bäume schaukelten
bunte Papierlampions.

Eine der Kapellen setzte wieder mit Getöse ein. Drei

Betrunkene schwankten mitten auf der Straße am Jail vorbei.
Angespannt wartete der Mörder, bis sie verschwunden waren,
und glitt ins Freie. Behutsam zog Atkins die Tür hinter sich ins
Schloß. Das Geräusch ging völlig im Dröhnen der Musik unter.

Zehn, zwölf Yards ging der Bandit über den Sidewalk, ehe er

sich umschaute. Weiter links entdeckte er eine ausgebleichte
Schrift auf einem Schild, das an zwei kurzen Ketten pendelte.

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General Store… Diese Worte formte der Killer lautlos mit

seinen Lippen. Zufrieden grinsend überquerte er die Straße,
drückte sich in den Schatten des Holzhauses und sah sich
lauernd um. Niemand interessierte sich für ihn. Mit einem
langen Schritt trat Claude Atkins in den schmalen Durchgang
zwischen Store und Nebenhaus und schlich zur Rückseite der
Gebäude. Lange wartete der Flüchtende lauschend ab. Nichts
rührte sich in der näheren Umgebung. Langsam glitt er an der
Holzwand entlang, bis er ein Fenster erreichte.

Beinahe hätte Atkins laut geflucht, als er die dicken

Eisenstäbe ertastete. Dieser Ladenbesitzer hatte sich vor
Dieben geschützt.

Claude Atkins erreichte die Hintertür und preßte die Lippen

zusammen. Die Glasscheiben waren ebenfalls mit Stäben
gesichert.

Auf einmal grinste der Halunke. Er zog den Revolver,

wartete eine Sekunde und schmetterte den Lauf gegen das
Glas, als die Trompeten auf dem Platz laut schmetterten. Das
Klirren des Glases war kaum zu hören. Sorgsam stieß Atkins
mit der Coltmündung die Splitter aus dem Rahmen, dann griff
er mit der linken Hand durch die Öffnung.

Er seufzte unwillkürlich, als er den Schlüssel zwischen den

Fingerspitzen fühlte.

Nach ein paar vergeblichen Versuchen gelang es ihm, daß

Schloß der Hintertür zu öffnen und stieß die Tür auf. Wie ein
Schatten verschwand er im Store.

Im schwachen Schein von Schwefelhölzern raffte Atkins

Proviant zusammen und packte alles in einen leeren
Zuckersack, den er fand. Nur wenige Minuten später verließ
der Mörder den Laden und huschte über Schleichwege zum
Mietstall.

Im Corral hinter dem Stall standen mehr als zwanzig Pferde.

Atkins glitt zwischen die Stangen. Beruhigend flüsterte er auf
die Tiere ein, die tänzelnd zurückwichen. Claude packte einen

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zäh wirkenden Grauen und führte ihn zum Gattertor.

Als das Pferd außerhalb des Corrals stand, folgte es Atkins.

Der legte den Kopf an die Rückwand des Stalles und lauschte.
Im Innern blieb alles still. Der Outlaw stemmte den Lauf der
Winchester unter die Bretter und hebelte eine Planke los.
Erschrocken hielt er inne, als der Nagel knirschend aus dem
Holz glitt. Aber niemand wurde aufmerksam. Kein Mensch
bemerkte den Halunken, der beinahe schon gewonnen hatte.

Das zweite Brett schob Atkins zur Seite und zwängte sich

durch die Öffnung in den Stall. Eine kleine Öllampe spendete
karges Licht. Aber der Schimmer reichte für den Banditen. Er
fand Sattel, Zaumzeug und ein Wurfseil, das er durch die
Öffnung schob.

Minuten später saß der Killer im Sattel und ließ den Grauen

angehen. Weiter südlich mußte der die Straße überqueren.
Atkins verfluchte die Tatsache, daß er keinen Hut
mitgenommen hatte. Dann hätte er sein Gesicht etwas
verdecken können.

Zwei Männer blickten auf, als der Outlaw an ihnen vorbeiritt.

Den beiden kam wohl merkwürdig vor, daß schon so früh einer
der Gäste das Fest verließ. Atkins hielt das Gesicht so gut es
ging abgewandt und atmete auf, als er hinter den Gebäuden der
anderen Straßenseite wieder in Deckung war. Ihm machte es
nichts aus, wenn die zwei Männer seine Fluchtrichtung
verrieten, sobald sein Ausbruch entdeckt war. Claude Atkins
hatte nicht vor, sich wieder einfangen zu lassen. Er mußte nach
Süden, denn im Norden durchstreiften zu viele
Armeepatrouillen das Land.

*

Cochise und Naiche hatten sich beim Trinken zurückgehalten.
Wie auch ihre Eskorte von acht Kriegern begnügten sich der
Jefe und sein Sohn mit zwei Gläsern Wein. Als Bewohner der

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Wüste benötigten sie nicht viel Flüssigkeit, und den Whisky
verachteten die Krieger.

General Howard unterhielt sich mit dem Chief. Es war ein

schon freundschaftliches Gespräch. Der Offizier war sicher, an
diesem Tag die Grundlage für einen dauerhaften Frieden, für
bessere Verhandlungen geschaffen zu haben.

Aber Haggerty und Jeffords verbargen ihre Besorgnis kaum

noch. Die Mexikaner tanzten immer wilder, gerieten in
Ekstase. Der Alkohol hatte das Blut der Männer in Wallung
gebracht. Ab und zu wurden Stimmen laut, übertönten die
Musik, wurden Beleidigungen und Schimpfworte ausgetauscht.

An Ron Ballards Tisch benahmen sich die Gäste normal. Der

Postmeister überlegte sich, das Fest zu beenden, zumindest für
die an seinem Tisch, denn Ballard verspürte plötzlich ein
merkwürdiges Unbehagen.

Wenig später entdeckte John Haggerty drei Mexikaner, die

sich gegenseitig stützten. Ihre Kleidung war staubig und
verschmutzt. Sicher hatten sich die Burschen richtig ausgetobt.
Aber was beabsichtigten sie jetzt?

Aufmerksam folgte Haggerty den Kerlen mit seinen Blicken.

Die drei verschwanden hinter dem mächtigen Stamm der
Hickory und waren nicht mehr zu sehen.

Unauffällig erhob sich der Scout und legte Jeffords eine

Hand auf die Schulter. Sofort folgte Thomas dem
Fährtensucher. Außerhalb der Lampionlichter blieb Haggerty
stehen und legte den Zeigefinger auf die Lippen. Jeffords
nickte nur und horchte.

»Das ist die beste Gelegenheit«, sagte ein Mann mit

trunkener Stimme auf Spanisch. »Wann kriegen wir den
Hundesohn sonst zu sehen?«

Ein zweiter Mexikaner lachte krächzend. »Nur dann, wenn er

uns den Skalp nimmt.«

»Amigos, wir gehen zu ihm und sagen ihm die Meinung«,

schlug eine dritte Person vor. »Dieser verdammte Indio soll

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wissen, daß wir zornig sind, daß wir uns nicht länger die
Raubzüge der Apachen gefallen lassen.«

»Und die Soldaten, die acht Indsmen?« gab einer der Männer

zu bedenken.

»Die Rothäute sind ohne Waffen gekommen«, bekam er zur

Antwort. »Die Soldaten schießen doch nicht auf uns. Wir
greifen ja niemanden an. Wir wollen dem Kerl nur richtig die
Meinung sagen. Er versteht Spanisch sehr gut.«

Das Gespräch wurde leiser, war nicht mehr zu verstehen.

John Haggerty setzte sich in Bewegung. Jeffords folgte ihm.

»Das fehlt uns gerade noch«, flüsterte Thomas dicht hinter

dem Scout. »Wir müssen Howard warnen.«

John sah keine Gelegenheit, zum General vorzudringen. Er

sprach mit einigen angesehenen Bürgern aus Tombstone.

Der Scout ging zur Seite. Hinter den Nebentischen saßen die

Dragoner, die Howard begleitet hatten. Sergeant O'Bannion
war ihr Vorgesetzter. Der rothaarige Ire blickte Haggerty an
und stand ruckartig auf. O'Bannion sah dem Scout wohl an, daß
es Ärger gab.

»Hören Sie, Sergeant«, sagte John, »drei betrunkene

Mexikaner wollen zu Cochise vordringen und ihm die Meinung
sagen. Die Typen sind bis zur Halskrause voll mit Mescal und
Baconora. Schaffen Sie die Burschen weg, okay?«

»Okay, Sir«, lautete das dreifache Echo.
Verwundert blickte sich Haggerty um und entdeckte die

beiden verrückten Texaner Zack Stafford und Brad Miller.

»Sie können sich auf uns verlassen«, versprach Zack. »Wenn

wir dem irischen Truthahn helfen, schafft er es schon.«

O'Bannion seufzte, sagte aber nichts. Sicher hob er sich den

Anpfiff für später auf.

»Da, sie kommen!« sagte Haggerty und deutete mit der

Rechten auf die Mexikaner.

Die schwankten ganz bedenklich, stützten sich gegenseitig,

aber sie steuerten auf den Tisch des Postmeisters zu.

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Der Dicke stemmte die Hände auf die Tischplatte und fragte

laut: »Senores, was kann ich für Sie tun?«

»Sie nicht, Senor Ballard, überhaupt nichts«, antwortete der

mittlere Mexikaner. »Wir wollen zu Cochise, haben mit ihm
was zu besprechen.«

»Ja, es wird Zeit, daß wir dem Kerl mal die Meinung sagen«,

rief der kleinste der Betrunkenen. »Wir sind nämlich diese
Überfälle, das Rauben und Morden endgültig leid.«

O'Bannion bahnte sich eine Gasse durch die Menschen, die

plötzlich um den großen Tisch herumstanden. Howard sprang
auf, donnerte die Faust auf die Platte und rief etwas, das im
lauten Stimmengewirr niemand verstand.

Hinter dem Sergeanten machten die beiden unverwüstlichen

Texaner einen Weg für ihre Kameraden frei. Cochise, Naiche
und die acht Krieger saßen reglos, waren jedoch auf alles
gefaßt. Als Jeffords den Häuptling anblickte, erkannte er für
Sekunden Verachtung, die sich in dessen Gesicht
widerspiegelte.

Die Soldaten drängten die Krakeeler zur Seite hin ab und

trieben sie zwischen den nächsten beiden Tischen durch.

Aber die Burschen gaben nicht so schnell auf. Sie waren

starrsinnig. Sicher hatte der Alkohol ihren Mut angestachelt.
Und was konnte ihnen hier, inmitten von Weißen und Soldaten
schon geschehen?

Blitzschnell drehten die Mexikaner ab, umrundeten den

Stamm der Hickory und rissen Ron Ballard von seinem Stuhl.

Dicht nebeneinander standen die Betrunkenen an der

Stirnseite des Tisches.

»Paß auf, du räudige Wüstenratte«, keifte der kleinste

Mexikaner den Häuptling an, »ich werde dir jetzt dein rotes
Fell gerben. Wir haben nämlich genug von dir und deinen
stinkenden Kriegern. Wir sind es leid, immer wieder
ausgeplündert zu werden. In ganz Sonora gibt es keine Familie,
die nicht irgend jemand durch eure Angriffe und

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Mordbrennereien verloren hat.«

Wieselflink sprang der kleine Mex auf den Tisch und auf die

Apachen zu.

Haggerty rammte General Howard, stieß ihn zur Seite und

vollführte eine halbkreisförmige Bewegung mit dem Arm über
der Tischplatte. Dieser Hieb schlug dem Mexikaner die Beine
weg. Er fiel lang hin, prallte mit dem Gesicht in leere
Weingläser und schrie gellend vor Schmerz.

Sechs angetrunkene Mexikaner drängten sich durch die

Zuschauermenge. Drei, vier Schüsse krachten. Die Frauen
kreischten schrill und hasteten davon. Inzwischen hielten acht
Mexikaner Colts in den Fäusten und feuerten wild um sich.

»Tötet die Apachen!« brüllte der letzte Mann, der am

Kopfende der Tafel noch aufrecht stand.

Thomas Jeffords trat dem Kerl die Beine weg und gab ihm

mit der Stiefelspitze einen Stoß in die Seite, als der Bursche am
Boden lag.

Alles wirbelte durcheinander. Es war kaum möglich

festzustellen, wer plötzlich Waffen besaß, so wogte die Menge
hin und her. Sergeant O'Bannion brüllte mit seiner
Stentorstimme Befehle in die Dunkelheit. Sekunden später
hämmerten Hufe über den Platz.

Berittene Dragoner drängten rücksichtslos ihre Pferde in die

Menge. Die Menschen wichen zurück, rannten auseinander,
denn keiner wollte einen Huftritt erwischen.

Im entstehenden Durcheinander krochen die drei

betrunkenen Mexikaner davon. Sie wurden nie wieder in
Tombstone gesehen.

Der Marshal winkte seinen Deputies und lief zum Office.

Falls General Howard die übelsten Radaubrüder einsperren
lassen wollte, sollte das Gefängnis bereit sein.

Wenige Minuten danach rannte der Sternträger wieder zum

Platz. Die Bürger hatten sich wieder beruhigt. Nur die erregte
Unterhaltung übertönte noch den Marshal, der vergeblich um

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Ruhe bat.

Schließlich wußte sich der Gesetzesbeamte nicht mehr

anders zu helfen, als in die Luft zu feuern. Das Dröhnen der
Revolverschüsse ließ alle Stimmen ganz schlagartig
verstummen.

»Der Mörder Claude Atkins ist aus dem Jail ausgebrochen«,

rief der Marshal. »Er hat den Wärter umgebracht. Ich will
wissen, ob jemand etwas gesehen hat.«

Niemand antwortete.
Haggerty und Jeffords blickten sich an. Dann suchten sie

Cochise und dessen Anhang. Der Jefe war verschwunden.

»Oh, verdammt, ich hab's ja gesagt«, rief der Scout erbittert.

»Aber nein, Howard wußte es ja besser. Jetzt haben wir den
Mist.«

Der einarmige General blickte seinen Chiefscout besorgt an.
»Eine schöne Grundlage für weitere Verhandlungen mit

Cochise«, sagte Haggerty ächzend. »Die Kerle haben sich wie
die Schweine benommen, die in einer Whiskybrennerei die
Rückstände fressen. Ich wette um meinen Kopf, daß der
Häuptling von den Sitten und Festen der Weißen hellauf
begeistert ist, General.«

Howard fuhr sich erregt mit den Fingern durch den Bart.
»Lieutenant«, sagte er, »ich hatte die beste Absicht. Es war

falsch, das sehe ich jetzt ein. Walmann, White – wir brechen
sofort auf. – Haggerty, was haben Sie vor?«

Jeffords blickte den Scout an und nickte ihm zu.
»Wir setzen uns auf Atkins' Fährte«, antwortete John. »Der

Kerl ist gefährlich wie eine Klapperschlange. Er muß wieder
dingfest gemacht werden.«

»Ich gebe Ihnen zwei Deputies mit«, sagte der Marshal.

»Mann, wenn Sie und Mr. Jeffords es nicht schaffen, bringt
keiner den verdammten Killer zurück.«

Ron Ballard beendete das Fest. Der dicke Postmeister zog

sich grollend in seine Station zurück, haderte mit sich und der

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Welt und verfluchte alle betrunkenen Mexikaner.

Die Soldaten brachen nach wenigen Minuten auf. Ihr Ziel

war Fort Buchanan am Fuß des Apachen-Passes.

*

Cochise und Naiche ritten schweigend auf die Dragoon
Mountains zu. Dort, inmitten eines vollkommen
unzugänglichen Geländes lag die Apacheria der Chiricahuas.
Die Zuflucht war für den Stamm groß genug, bot Gras, Wasser
und Jagdbeute in den umliegenden Bergen.

Es war eine uneinnehmbare Festung inmitten bizarrer

Felsgebilde, die nur von einem einzigen Weg durchschnitten
wurden.

Die acht Krieger folgten ihrem Jefe ebenfalls schweigend.
»Howards Absicht war gut«, sagte Naiche nach einer langen

Zeit. »Ich glaube, er hat nicht mit dem Zwischenfall gerechnet,
Vater.«

Cochise lächelte. »Bestimmt nicht. Aber er weiß nicht, was

wir wissen, obwohl er ein Weißer ist, Sohn.«

»Und was wissen wir, Vater? Was weiß ich, das ich nicht

kenne?«

»Wenn Bleichgesichter beisammen sind, wenn sie das

brennende Wasser trinken, wenn dazu noch Mexikaner
kommen, dann gibt es immer irgendwie Streit«, antwortete der
Jefe. »Sie können sich nicht beherrschen. Sie trinken immer
mehr. Und dann übernimmt die verwirrende Gewalt des
brennenden Wasser ihr Denken und Fühlen.«

Naiche dachte nach.
»Unsere Krieger, Vater«, sagte er, »trinken Tizwin. Sie sind

auch berauscht, kommen sich unüberwindlich vor und achten
die Gefahr nicht. Ist das besser als die Trunkenheit der
Weißen?«

Der Häuptling lächelte wieder.

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»Ein Apache trinkt Tizwin vor dem Kampf«, sagte er. »Er

trinkt nicht, um seinen Geist zu verwirren und dann Streit zu
suchen. Ich weiß nicht, ob das die Absicht der Bleichgesichter
ist, wenn sie ihr brennendes Wasser verschlucken. Vielleicht
sind sie zu feige und brauchen diese Art von Mut, um sich
einem Feind zu stellen oder ihn herauszufordern. Vielleicht
liegt es aber auch in der Natur der Bleichgesichter, sich den
Kopf zu verwirren und dann zu prahlen.«

»Dann sind sie keine Krieger«, stellte Naiche nachdrücklich

fest. »Ein Krieger besitzt Mut, ist listig, schnell und stark. Und
ein Krieger prahlt erst, wenn er seine Beute in das Jacale
gebracht hat.«

Cochise pflichtete seinem Sohn bei.
»Die meisten Weißen sind keine Krieger«, erklärte der Chief

nach einer Weile. »Sie schießen auf uns, weil sie Angst haben.
Sie verstehen uns nicht und versuchen auch nicht, uns zu
verstehen. Die Bleichgesichter wissen ja, daß sie unser Land
stehlen. Darum schießen sie zuerst, Sohn. Aber sie kennen
auch viele Dinge, die für uns gut sind. Und vergiß nicht, daß es
unter den Weißen wie auch unter den Indianern gute und
schlechte Menschen gibt.«

Naiche wußte, wen sein Vater meinte. Cochise dachte an

Haggerty und Jeffords und vielleicht auch an den einarmigen
Soldatenführer Howard. Aber was konnten diese wenigen
ehrlichen Männer ausrichten, wenn unzählige Schurken
westwärts strömten. Den Apachen blieb nur der Kampf ums
Überleben. Sie mußten listig sein wie der Fuchs, schnell wie
die Klapperschlange und geschickt wie der Luchs, der
stundenlang seine Beute belauerte und für seinen Angriff den
günstigsten Moment wählte.

Nur so konnte es den Apachen gelingen, noch eine Weile an

der althergebrachten Lebensweise festzuhalten.

»Was ist mit den Gelbhäutigen, Vater?« fragte Naiche.
»Sie sind unsere Feinde«, antwortete Cochise hart. »Ich

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bekämpfe sie, bis mein Arm zu schwach ist, den Bogen zu
spannen. Ihre Vorfahren zogen mordend durch das Land, das
unser Land ist. Noch heute sind die Gelbhäutigen hinterhältig
und tückisch. Die Feindschaft zwischen ihnen und uns wird
niemals enden.«

Die Apachen vergaßen nicht, daß die Mexikaner sie ganz

gnadenlos verfolgten und ermordeten, als die Spanier den
gesamten Südwesten in Besitz nahmen. Die Mexikaner blieben
immer die Erzfeinde aller Apachenstämme.

*

Haggerty und Jeffords holten ihre Waffen aus der Poststation
und gingen zum Gefängnis. Zwei noch junge Männer
überprüften mit grimmigen Gesichtern Gewehre und Revolver.

»Atkins muß dem alten Carter vorgetäuscht haben, daß er

sich erhängt hat«, sagte der Marshal. »Dieser Lump ist mit
allen Wassern gewaschen. Aus den Gurten der Pritsche knotete
er sich ein Halfter, an dem er sich aufhängte. Als Lesli in die
Zelle kam, brachte Atkins ihn um.«

Schritte auf dem Stepwalk. Die Tür zum Office flog auf. Der

Ladenbesitzer stürmte herein, rang nach Luft und stammelte:
»Bei mir ist der Kerl eingebrochen. Das Glas der Hintertür ist
zerschlagen.«

»Sie haben doch Gitter davor«, wandte der Marshal ein.
»Ich habe den Schlüssel innen steckenlassen«, erklärte

Slaughter. »Er zerschlug das Glas, faßte durch die Öffnung und
sperrte auf.«

»Was fehlt?« fragte Haggerty ruhig.
»Proviant, ungefähr zwei Pfund«, antwortete der

Storekeeper, »und ein alter Zuckersack.«

»Zu Fuß kommt er nicht weit«, sagte der Scout. »Marshal,

haben Sie jemandem zum Mietstall geschickt?«

In diesem Moment trat ein hagerer Typ in den Raum und

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meldete: »Ein kräftiger Grauer fehlt auf der Koppel des
Stallmannes. Außerdem holte sich Atkins einen Sattel und
Zaumzeug. Zwei Leute haben den Killer gesehen. Sie können
nicht beschwören, daß er's war, aber auf jeden Fall ritt ein
Mann während des Festes in Richtung Süden. Er trug keinen
Hut und hielt sein Gesicht abgewandt. Ich wette, das war
Atkins.«

»Schon gewonnen«, sagte Jeffords, »er hat keinen anderen

Ausweg. Im Norden sind zu viele Armeepatrouillen unterwegs.
Wenn der Strolch Glück hat, erreicht er die Wüste vor uns, und
dann erwischen wir ihn nicht mehr.«

»Also los, Männer, setzen wir uns auf die Fährte«, drängte

Haggerty. »Vergeßt nicht Proviant und Wasser. Es wird
trocken, Leute.«

Der Marshal legte die Stirn in Falten und fragte

nachdenklich: »Wie wollen Sie jetzt in der Dunkelheit die Spur
finden, Mr. Haggerty? Ist es nicht sinnvoller, im Morgengrauen
aufzubrechen?«

»Es gibt nur eine Route für ihn«, antwortete der Scout.

»Wenn wir uns ranhalten, wird sein Vorsprung nicht zu groß.
Es ist wichtig, daß wir dranbleiben. Vielleicht schnappen wir
Atkins vor den Apachen. Er muß durch den Teufelscanyon.
Das ist die Hölle, Marshal. Das nächste gute Wasser findet er
in der Tmaja Laguna del Muerto. Dort warten wir auf den
Killer und kassieren ihn.«

Staunend blickten die Gesetzeshüter den hochgewachsenen

Scout an.

»Und wie kommen wir durch diesen Teufelscanyon?« fragte

einer der Deputies. »Oder fliegen wir vielleicht drüber weg?«

John Haggerty lächelte und erwiderte »Ich kenne noch einen

anderen Weg, Gentlemen. Er ist gefährlich, und
möglicherweise stoßen wir auf Apachen, aber ich denke, wir
sollten es riskieren.«

»Was ist, wenn Atkins diesen Trail auch kennt?« wollte der

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Marshal wissen.

Entschieden schüttelte der Scout den Kopf. »Kein Weißer

kennt den Pfad, nur die Apachen. Sie benutzen ihn für ihre
Kriegszüge nach Mexiko. Er ist sehr schmal. Ein einziger
Fehltritt eines Pferdes genügt, und Gaul und Reiter sausen in
den Abgrund. Wie ist es? Riskieren Sie das?«

Die beiden Deputies nickten und packten Munition in die

Satteltaschen.

»Mr. Slaughter«, wandte sich der Marshal an den

Storekeeper, »stellen Sie bitte Proviant zusammen und geben
Sie jedem Mann eine weitere Wasserflasche mit. Die Stadt
bezahlt das.«

»Viel Glück«, sagte der Gesetzesbeamte von Tombstone und

drückte den Männern die Hände. »Bringt diesen verdammten
Killer zurück. Er soll hängen.«

Kaum eine Viertelstunde später ritten Haggerty, Jeffords und

die beiden Sternträger los. Der Scout übernahm die Spitze, der
Posthalter machte den Schlußmann.

Die Pferde waren ausgeruht und wollten losstürmen, aber

John hielt sein Tier zurück und sagte: »Langsam, du brauchst
deine Kraft noch.«

Haggerty kannte das Land wie kaum ein zweiter Weißer.

Vielleicht war der Scout sogar den Apachen ebenbürtig.

Die Pferde schritten gleichmäßig aus. Allmählich wurde der

Weg steiler. Ab und zu ragte ein schlanker
Bergwacholderbusch auf und zeichnete sich als dunkler
Schatten vor dem Nachthimmel ab. Der Mond schwamm als
geneigte Silbersichel vor den Sternen. Das Licht reichte gerade
aus, um das Nötigste zu erkennen.

»Vorsicht, ein enger Durchgang!« warnte Haggerty.
Er zog den Kopf ein, als er sein Pferd in einen Tunnel lenkte.

Sekunden später war es vollkommen finster. Nur das Prusten
der Pferde war überlaut zu hören.

»Wir sind gleich durch«, sagte der Scout. »Vielleicht haben

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wir Glück und treffen keinen Apachen am anderen Ende.«

Die Deputies Ed Brown und Glenn Dark atmeten schneller.

Sie wußten, daß dies Indianerland war, daß die Krieger überall
sein konnten, aber die Sternträger wollten Claude Atkins
wieder einfangen. Um den Outlaw zu stellen, nahmen sie jede
Gefahr auf sich.

»Wartet hier«, raunte Haggerty, »ich reite voraus. Wenn ihr

die Eule hört, kommt ihr nach.«

Es dauerte nicht lange, aber den Männern im Felsenschlund

kam es wie eine kleine Ewigkeit vor, bis der Ruf der Bergeule
aufklang. Erleichtert preßten sie ihren Pferden die Absätze in
die Flanken.

»Wir haben Glück, großes Glück sogar«, sagte der Scout.

»Nirgendwo brennt ein Feuer der Apachen. Die Krieger
scheinen auf einem anderen Trail zu reiten.«

Nun wurde die Strecke erst wirklich gefährlich. Haggerty

hatte nicht übertrieben, als er von einem kaum fußbreiten Pfad
gesprochen hatte. Die Pferde setzten langsam Huf vor Huf.
Immer wieder scheuerten die Beine der Reiter an der steilen
Felswand entlang. Sie wagten keinen Blick in den Abgrund der
anderen Seite und waren froh, daß Dunkelheit herrschte. So
hatten sie die gähnende Tiefe nicht ständig vor Augen.

Stunde um Stunde verging. Die Pferde prusteten schwer. Sie

waren ziemlich erschöpft und benötigten die letzten
Kraftreserven, um den beschwerlichen Weg hinter sich zu
bringen. Endlich verhielt der Scout sein Pferd auf einer breiten
Felsfläche, die von bizarren Steingebilden umsäumt war.

»Wir haben es geschafft«, sagte John Haggerty. »Jetzt

gönnen wir uns und den Tieren eine Ruhepause. Trinkt nicht
zuviel, Männer, ihr schwitzt es nachher wieder aus, wenn die
Sonne brennt.«

Verwundert sahen die Deputies und Jeffords zu den Sternen

auf. Die Nacht war bald vorbei. In weniger als zwei Stunden
würde der erste graue Streifen Helligkeit im Osten über den

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Horizont ziehen und den Tag ankündigen.

Die Männer lockerten den Pferden die Bauchgurte und

machten ein kaltes Camp.

»Wann reiten wir weiter?« fragte Jeffords müde. »Dieser See

muß doch Treffpunkt aller Apachen sein, John. Wo Wasser ist,
sind auch Apachen. Oder stimmt das hier vielleicht gar nicht
mehr?«

Haggerty nickte und antwortete: »Doch, so ist es. Aber ich

hoffe, daß wir Glück haben. Wir besitzen genügend Wasser
und brauchen nicht zum See, um unseren Vorrat zu ergänzen.
Ich möchte versuchen, Atkins vor der Tmaja abzufangen und
durch den Teufelscanyon zurückzubringen.«

Ed Brown fragte: »Schaffen wir das mit unserem Wasser?

Die Pferde haben sicher auch Durst.«

»Gegen Mittag einen Hut voll für die Gäule und zwei

Schlucke für uns«, erwiderte der Scout. »Am Abend das
gleiche. So wird es schon klappen.«

Jeffords kannte den Scout lange und gut genug, um zu

wissen, daß der etwas verbarg. Thomas stand auf und
schlenderte zu einer der verwitterten, von Wind und Sand
zerfressenen Steinsäulen hinüber. Kurz darauf folgte Haggerty
dem Postmeister.

»Was ist los?« fragte Jeffords. »Sie verschweigen doch

etwas.«

»Schauen Sie nach Süden«, flüsterte der Scout. »Sehen Sie

die Sternenkette dicht über dem Horizont?«

»Ja. Was ist damit?«
»Das sind Feuer, keine Sterne«, gab John leise zurück. »Wir

müssen schon verdammtes Glück haben, wenn wir ungerupft
davonkommen wollen. Sobald es hell wird, sind uns die Späher
der Apachen auf den Fersen, wenn sie uns nicht jetzt schon
beobachten.«

Haggerty murmelte: »Warum hat sich dieser verdammte

Killer nicht richtig aufgehängt? Dann wären wir diese Sorge

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los.«

»Ja. Wir hetzen hinter dem Mistkerl her, damit er keinen

Unfug anstellt, nicht wieder eine Bande den Feuerbrand ins
Land trägt«, sagte Thomas Jeffords grimmig. »Was die weißen
Banditen bisher angerührt haben, reicht für eine Weile.«

Die wenigen Weißen, die sich verantwortlich für ein gutes

Verhältnis zwischen Indianern und Einwanderern fühlten,
hatten keine andere Wahl, als die schlimmsten Schurken selbst
zu bekämpfen und dingfest zu machen. Denn Banditenhorden
brachten das Land innerhalb von Tagen wieder in Aufruhr, daß
es kurz vor dem Überkochen stand.

Und diesmal ging es um Claude Atkins, den steckbrieflich

gesuchten Killer, der seiner Liste in Tombstone ein weiteres
Opfer hinzugefügt hatte.

*

Der Mörder jagte den Grauen nach Süden. Das Pferd war
kräftig. Atkins hatte Glück gehabt bei der Auswahl des Tieres.

Der Outlaw kannte die Gegend kaum. Er wußte nur, daß

seine einzige Chance im Süden lag. Vage erinnerte sich der
Bandit an Erzählungen über eine Wüste, die sich meilenweit
erstreckte. Noch sah er rings um sich die Kronen von Pinien als
dunkle Flecke gegen den Nachthimmel. Die Wasserflasche
hing schwer am Sattelhorn. Atkins war sicher, daß seine Flucht
gelang.

Ein Blick zu den Sternen zeigte ihm, daß es Mitternacht sein

mußte. Claude kniff die Lider zusammen und öffnete sie
wieder. Links und rechts auf den Bergkämmen tauchten neue
»Sterne« auf.

»Oh, verflucht«, entfuhr es dem Halunken, »Indianer!«
Er drehte sich im Sattel um. Auch hinter ihm flammten Feuer

auf.

Ich bin mitten im Apachenland, dachte Atkins wütend. Nur

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ein Wunder kann mich retten. Die Kerle riechen einen Weißen
doch auf zehn Meilen.

Er verspürte ein unangenehmes Jucken in seiner Kopfhaut

und drückte dem Grauen die Absätze in die Flanken, um ihn zu
schnellerer Gangart anzutreiben.

Nach einigen Sekunden hörte Atkins dumpfes Trommeln und

zuckte zusammen. Das monotone Geräusch machte ihn
verrückt. Er parierte sein Pferd und sah sich um. Überall Feuer.
Wenn er weiterritt, landete er noch mitten in einem
Indianerlager.

Der Killer bekam vor Furcht eine Gänsehaut.
Sein Blick hetzte hin und her. Er brauchte ein Versteck, groß

genug für ihn selbst und den Grauen.

Plötzlich verdunkelte eine Felsplatte ein Stück des Himmels.

Instinktiv glitt der Outlaw aus dem Sattel, zog den Revolver
und ging vorsichtig auf die dunkle Fläche zu. Als sich seine
Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, nickte er zufrieden.
Die Platte ragte wie ein Dach vor. Für die Nacht war er
darunter einigermaßen sicher.

Atkins führte den Grauen unter das Steindach und lockerte

ihm den Gurt. Anschließend verzehrte der Bandit die Hälfte
seines Proviants und trank die Canteen zu einem Drittel leer.
Irgendwo mußte es Wasser geben, denn wie wollten sonst die
Apachen das karge Land durchqueren.

Er vergaß nur eins bei seinen Überlegungen: Daß an den

Wasserstellen die Krieger lauerten.

Immer wieder versank der Mörder in eine Art

Dämmerschlaf, und immer wieder schreckte er hoch. Er wußte,
daß er dringend ausruhen mußte, aber das dumpfe Pochen der
zahllosen Trommeln ließ ihn einfach nicht schlafen.

Endlich schimmerte im Osten der Morgen über dem

Bergkamm. Atkins atmete erleichtert auf, weil er bei Tageslicht
besser voranzukommen glaubte.

Aber als es völlig hell geworden war, stieß er einen

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lästerlichen Fluch aus. Er hatte keine Wahl, denn er saß in
einem Canyon, zu dessen beiden Seiten die Felswände
unüberwindlich aufragten: Verdorrtes Gras, verwelkte Blätter
von Kräutern bedeckten den Boden. Hier gab es keine offene
Wasserstelle.

Ein kaum vernehmbares Schaben ließ Atkins erstarren. Vor

dem Schatten des Felsdaches glitt eine oberarmdicke
Klapperschlange vorbei. Das Reptil bewegte sich noch
gemächlich. Die Kühle der Nacht hatte seinen Körper steif
werden lassen. Aber einige Minuten in der Sonne brachten der
Schlange Schnelligkeit und Geschmeidigkeit zurück.

Langsam stand Atkins auf und griff nach dem Revolver.

Aber sofort ließ er die Waffe wieder los, als hätte er glühende
Kohlen angefaßt. Ein Schuß lockte unweigerlich die Apachen
an. Und daran war ihm auf keinen Fall gelegen.

Der Killer bemühte sich, kein Geräusch zu verursachen, als

er sich in Bewegung setzte. Von der Klapperschlange war
nichts mehr zu sehen. Die hatte sich einen anderen Platz zum
Sonnen ausgesucht.

Erleichtert seufzte Atkins. Er zog dem Grauen den Bauchgurt

fest und betrachtete zum erstenmal das gestohlene Pferd
genauer. Es war wirklich gut, stellte er fest. Er saß auf und
packte die Zügel. Mit eingezogenem Kopf ritt er bis zur Kante
des Felsüberhanges und wartete. Lange beobachtete er die
Umgebung. Er sah nichts – keinen Feind, keinen Verfolger und
keinen Apachen.

Als er dem Grauen die Zügel freigeben wollte, huschte etwas

dicht an seinem Kopf vorbei. Entsetzt ruckte Atkins herum.
Aber es war nur eine Eidechse.

Nach einer Stunde brannte die Sonne so heiß auf den

ungeschützten Kopf des Verbrechers, daß er stöhnte. Er nahm
einen großen Schluck Wasser und fühlte sich besser. Nach
einer weiteren Stunde wurde das Pferd langsamer. Die
erbarmungslose Hitze lag wie glühendes Blei auf Mensch und

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Tier.

Gegen Mittag war die Flasche leer. Atkins hatte immer

wieder getrunken, um seinen Kopfschmerz zu vertreiben.
Entsetzt schüttelte der Flüchtende die Wasserflasche und
wollte nicht glauben, daß sie leer war.

Der Graue wurde immer langsamer, sein Prusten immer

lauter und gequälter. Der feine Staub setzte sich in den Nüstern
des Tieres fest und peinigte es.

Die Sonne stand senkrecht am Himmel. Die Landschaft war

öde und tot. Ein heißer Wind fächelte und wirbelte die
Sandkörner auf Atkins' Gesicht und Hände. Die feinen Partikel
wirkten wie Schmirgel, schrammten die Haut und ließen die
Wunden brennen.

Ich muß hier weg, dachte der Outlaw verzweifelt. »Irgendwo

gibt es Wasser. Ich weiß es. Lauf, du Mistvieh, los, lauf
schon!«

Er hieb dem erschöpften Pferd die Absätze in die Flanken,

hämmerte ihm die geballte Linke zwischen die Ohren, aber der
Graue ging im gleichen Trott weiter.

Hitzeschleier waberten durch das Tal wie ein

verschwommener Vorhang. Atkins blickte zu den Hängen
hinauf. Manchmal sah er die Silhouetten von Reitern, die sich
gegen den stahlblauen Himmel abhoben. Aber er vermochte
nicht zu sagen, ob er wirklich diese Reiter sah, oder ob er
Halluzinationen hatte.

Erst als ihm der Nacken brannte, merkte er, daß es

Nachmittag geworden war. Noch immer führte der
Todescanyon genau nach Süden. Es gab in der Schlucht nur
Hitze, glühenden Sand und heißen Wind. Kein Baum spendete
Schatten, kein Strauch verriet, daß in seiner Nähe ein
Wasserlauf fließen mußte. Gräser und Kräuter waren
vertrocknet und zerfielen unter den Huftritten des Pferdes zu
Staub.

Die Sonne wanderte weiter nach Westen. Inzwischen warfen

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die Felswände etwas Schatten. Aber selbst in diesem
Dämmerlicht schien die Luft vor Hitze zu brodeln.

Atkins blinzelte durch die entzündeten Lider. Täuschte er

sich, oder verbreiterte sich der Canyon wirklich? Der Mörder
wischte diesen Gedanken beiseite. Zusammengesunken hockte
er auf dem Pferd. Das Kinn war auf seine Brust gesunken, und
die Hände umklammerten nur noch mechanisch das Sattelhorn.

Plötzlich holte der Graue tief Luft und prustete. Atkins

schreckte hoch, als er das ungewohnte Geräusch hörte, und
blickte sich gehetzt um. Aus halbblinden Augen stierte er grün
schimmernde Büsche an.

Er wollte lachen, denn er wußte, daß dies der Anfang vom

Ende war, wenn er Dinge sah, die es nicht gab. Aber nicht mal
ein trockenes Krächzen drang über seine aufgesprungenen
Lippen.

Der Graue ging schneller. Schwankend hing Atkins im

Sattel. Als er wieder einmal die Augen öffnete, sah er eine blau
schimmernde Wasserfläche und hörte sogar das Plätschern, als
der Graue mit tiefen Zügen trank.

Alles nur Unsinn, dachte Atkins in beinahe hysterischer

Heiterkeit.

Aber als er die verhaßten Worte hörte, gab er sich noch mal

einen Ruck.

»Hände hoch, Killer!« rief jemand. »Keine Bewegung, oder

ich jage dir 'ne Kugel in die Schulter!«

Unsicher, fahrig tastete der Outlaw nach seinem Revolver.

Dabei verlor Atkins den Halt und fiel vom Pferd. Es klatschte
laut, als er im Wasser landete. Der Schock brachte ihn
halbwegs zur Besinnung. Aber er war zu schwach, um sich
gegen seine Verfolger zur Wehr zu setzen.

Er senkte den Kopf und trank, trank, bis er voll mit Wasser

war. Erst danach richtete er sich auf und kroch ans Ufer.

Willenlos ließ er zu, daß ihn die Männer entwaffneten und

ihm Handschellen anlegten.

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Atkins war fertig, total erschöpft, ausgetrocknet.

*

»Donnerwetter, wir haben ihn wahrhaftig«, sagte Ed Brown
begeistert.

»Ich wünschte«, entgegnete Haggerty, »wir hätten ihn schon

in Tombstone, Mister. Er ist ziemlich am Ende. Wenn wir
sofort losziehen, geht er uns unterwegs ein. Bleiben wir aber
hier, erwischen uns die Apachen todsicher.«

»Was machen wir?« fragte Glenn Oark.
»Wir lassen die Pferde trinken, füllen alle Wasserflaschen

und reiten zum Teufelscanyon«, antwortete der Scout. »In der
Abenddämmerung brechen wir auf. Vorher trinken wir alle
noch und lassen die Pferde saufen. Wenn die Flaschen leer
sind, holt einer von uns Wasser aus der Tinaja. Die anderen
decken ihn mit den Gewehren. Mit etwas Glück greifen die
Apachen jetzt noch nicht an.«

Ängstlich sahen sich die Deputies um. Von Indianern keine

Spur.

»Verlassen Sie sich darauf, die Späher beobachten uns

schon«, sagte John Haggerty düster. »Es sind bestimmt keine
Chiricahuas, denn die würden sich melden, wenn sie mich
erkennen. Vielleicht handelt es sich um Yaquis oder Nednis
aus Mexiko, die nach Norden ziehen. Aber das erfahren wir
noch früh genug.«

Atkins erholte sich allmählich. Einmal ging Jeffords zum

Wasser und füllte die Flaschen. Als die Abenddämmerung
hereinbrach, ging Glenn Dark ans Ufer und kam mit gefüllten
Canteens zurück.

»In einer Stunde brechen wir auf«, sagte John Haggerty.

»Wir müssen versuchen, den Teufelscanyon während der
Dunkelheit mindestens zur Hälfte hinter uns zu bringen.«

Der Outlaw stemmte sich hoch, starrte den Scout an und

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zischelte: »Du bist verrückt, Mann. Ich war während der Nacht
in diesem verdammten Loch. Überall auf den Bergen brannten
die Feuer der Apachen. Wenn sie uns wittern, bringen sie uns
um. Nein, du mußt mich schon bewußtlos schlagen, wenn du
da nachts durchreiten willst.«

»Das kannst du haben, Killer«, knurrte Ed Brown und zog

seinen Revolver, den er in der Hand wog.

»Lassen Sie den Unsinn«, sagte Jeffords. »Ein Bewußtloser

behindert uns nur.«

Die Zeit schien unendlich langsam zu vergehen. Schließlich

war es dunkel genug. Die Männer saßen auf. Claude Atkins
nahmen sie in die Mitte. Beim geringsten Fluchtversuch
konnten sofort zwei Mann eingreifen.

John Haggerty übernahm wieder die Spitze. Der erfahrene

Scout fühlte sich unwohl in seiner Haut. Er spürte förmlich,
daß irgendein Unheil in der Luft lag.

Die Pferde waren kaum eine Meile gegangen, als es geschah.

Auflodernde Flammenbündel fielen von den Seiten der Berge
herab und beleuchteten die fünf Reiter gut genug für gezielte
Schüsse.

Vier, fünf Winchestergewehre entluden sich peitschend.

Pfeile sirrten durch die Luft und trafen Pferdeleiber. Die Tiere
wieherten grell vor Angst und Schmerz und gingen durch.

Haggerty riß das Gewehr aus dem Scabbard und eine

Wasserflasche an sich, bevor er aus dem Sattel sprang. Er
hoffte, daß auch die anderen so handelten, denn sonst waren sie
verloren.

Atkins lebte noch, denn er stieß einen gepfefferten Fluch aus,

der weithin zu hören war.

Ein wahrer Pfeilhagel ging auf die fünf Weißen nieder, und

immer wieder blitzten an den Hängen Mündungsfeuer auf.

»Jeffords«, rief der Scout, »wo sind Sie?«
»Weiter nach Osten«, meldete der Postmeister. »Ich habe

mein Gewehr und eine Canteen.«

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»Okay, Brown zuerst. Wo hocken Sie?« fragte John weiter.
Er bekam keine Antwort.
»Dark, was ist mit Ihnen?«
Ein heiseres Stöhnen antwortete Haggerty.
Atkins lachte hämisch und rief: »Pech für euch, was, Leute?

Einer der Blechsterne ist tot, schätze ich. Auf jeden Fall steckt
in seiner Brust ein Pfeil. Und der andere macht's auch nicht
mehr lange. Hauptsache, ich habe den Schlüssel der
Handschellen. Waffen finde ich auch noch. Adios, Amigos!
Mich fangt ihr nicht mehr ein.«

Der Bandit hatte zu lange geredet. Ein Gewehrschuß krachte,

und gleich darauf stieß Atkins einen Schmerzenslaut aus.

»Verdammt, der Hurensohn hat mich erwischt. Aber es ist

nur am Arm. Ich verschwinde, Freunde.«

Haggerty preßte die Lippen zusammen. Schlimmer hätte es

nicht kommen können. Die Deputies waren tot. Atkins bekam
erneut eine Chance, und Jeffords und er hockten in der Falle.
Wo die Pferde waren, wußte nur der Teufel.

Ein schwaches Geräusch ließ den Scout aufmerken.
»Ich bin's nur«, sagte der Postmeister. »Ich sehe das

Mündungsfeuer oben in den Felsen. Vielleicht kann ich den
Kerl ausschalten.«

Ehe Haggerty abraten konnte, feuerte der Apache mit der

Winchester erneut. Jeffords jagte in rasender Folge Kugel um
Kugel aus dem Lauf. Aber statt zu treffen traf es ihn.

»Oh, verdammt«, gurgelte er und gab keinen Laut mehr von

sich.

Haggerty arbeitete sich weiter vor. Flasche und Gewehr

nahm er mit. Er wußte, daß er beides brauchte, wenn er
durchkommen wollte. Aber so leise er sich auch bewegte, die
Krieger bemerkten es. Das Geschoß bohrte sich dicht vor
Haggertys Gesicht in den Sand und schleuderte eine Fontäne
hoch.

Der Scout stand auf, setzte alles auf eine Karte. Mit weiten

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Zickzacksprüngen rannte er los. Jaulende Kugeln umschwirrten
ihn. Aber er hatte Glück und wurde nicht verwundet.

John erinnerte sich an eine Nische in einer Felswand, die ihm

tagsüber aufgefallen war. Dort konnte er Deckung finden und
abwarten, weil er sich dann in einer guten Position befand. Und
John war sicher, von der Spalte aus die Angreifer zuerst zu
sehen.

Die Nacht verging. Ab und zu strich ein Windhauch über den

See und brachte kühle Luft mit sich.

Hoffentlich finden wir die Pferde wieder, dachte John

Haggerty besorgt. Denn ohne Tiere waren sie so gut wie
verloren. Zu Fuß schafften sie es niemals, den Teufelscanyon
zu durchqueren.

An den Sternen sah Haggerty, daß es in weniger als einer

Stunde hell wurde. Wahrscheinlich waren die Apachen
abgezogen. Er hatte keinen Laut vernommen, doch vermutlich
war die unmittelhare Gefahr vorbei.

Endlich schob sich die Sonne grell über den östlichen

Horizont.

Sorgfältig suchte der Scout die Umgebung ab. Den See

konnte er nicht mehr erkennen. Die Entfernung war schon zu
groß.

Hinter einem Dornbusch löste sich eine Gestalt. Gebeugt

kam Thomas Jeffords auf Haggerty zu. Der Postmeister
schleppte Gewehr und Wasserflasche mit. Das Hemd starrte
vor getrocknetem Blut. Sein Atem ging aber regelmäßig.

»Wie schlimm hat Sie's erwischt?« fragte John.
Thomas winkte ab und erwiderte: »Scheint nicht ans Leben

zu gehen, John. Wie ist es, können wir verschwinden, oder
lauern die Apachen noch immer auf unsere Skalps?«

Der Scout blickte sich um. Weiter hinten entdeckte er eine

Bewegung. Sofort glitt John an die Felsen heran.

Zwei Pferde, Jeffords' und Haggertys, trabten auf die Männer

zu.

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»Das nenne ich Glück«, flüsterte der Postmeister.
»Sie haben sogar noch die Reserveflaschen an den Sätteln«,

sagte der Scout. Wenigstens etwas. »Wie sieht es mit Ihrem
Wasser aus, Jeffords?«

Thomas schwenkte die leere Canteen. Auch John hatte

während der Nacht getrunken und sagte nun: »Ich gehe zum
See und fülle die Flaschen. Es ist Juni und verdammt heiß. Wir
brauchen jeden Tropfen, wenn wir es schaffen wollen. Passen
Sie auf die Gäule auf?«

»Okay, das schaffe ich schon«, antwortete Thomas.
Er hätte am liebsten noch einen Schluck getrunken. Denn

Haggerty kam ja bald mit den gefüllten Ersatzflaschen zurück.
Aber Jeffords beherrschte sich und verzichtete.

»Nichts wie weg«, sagte der Scout, als er wieder bei den

Pferden anlangte. »Am See wimmelt es von Nedni-Apachen.
Ich bin nicht ans Wasser gekommen.«

Prüfend blickte der Scout den verwundeten Postmeister an.
»Wir haben einen verdammt harten Tag vor uns. Schaffen

Sie es? Halten Sie durch, Thomas?«

Jeffords lächelte schwach: »Sicher, alles ist besser, als den

Nednis in die Hände zu fallen. Ich möchte meinen Skalp noch
eine Weile behalten.«

Von Atkins war keine Spur zu sehen. Weiter links lagen die

beiden toten Deputies. Es gab keine Möglichkeit, sie zu
begraben, denn alles konnte die Aufmerksamkeit der Apachen
erregen. Und dann war es auch um Jeffords und Haggerty
geschehen.

»Dieser verfluchte Killer«, stieß der Postmeister wütend

hervor. »Er muß mit dem Satan im Bunde sein. Er hat es
wieder geschafft.«

»Wenn ihn nicht die Apachen in der Nacht erwischt haben«,

warf Haggerty ein.

Vorsichtig stieg Thomas in den Sattel und gab dem Pferd die

Zügel frei. Der Scout blickte dem Verwundeten nach und saß

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ebenfalls auf. John preßte die Lippen zusammen, denn er
wußte, daß ein Höllentrail in mörderischer Hitze vor ihnen lag.

*

Heißer Sand. Das gleißende Sonnenlicht wurde von den
glitzernden Körnern reflektiert und stach wie mit tausend
Nadeln in die Augen der beiden Reiter. Sie hatten die Hüte tief
in die Stirn gezogen, aber gegen den grellen Schein nützte das
nicht viel.

Der Atem der Männer ging schwer und rasselnd. Mit jedem

Luftholen drangen winzige Staubpartikel in Mund, Nase und
Hals, wanderten in die Lunge und reizten zum Husten.
Speichel hatten sie längst nicht mehr. Die heiße, trockene
Staubluft dörrte ihre Münder noch mehr aus.

John Haggertys Lippen wirkten wie borkige Baumrinde.

Thomas Jeffords erging es, wenn man so will, etwas hesser. Er
war halb besinnungslos. Sein Kopf hing weit nach vorn. Das
Kinn berührte fast die Brustwunde. Die tagealten Bartstoppeln
schabten bei jeder Bewegung, bei jedem Ruck des Pferdes
etwas von dem getrockneten Blut ab und ließen es als roten
Staub davonfliegen.

Der heiße Wüstenwind nahm an Stärke zu. Schmerzhaft

peitschten die Sandkörner die ungeschützten Hautflächen, die
schon seit Stunden keinen Schweiß mehr abgaben.

Zum hundertsten Male schraubte Haggerty die Canteen auf,

setzte die Flasche in einer automatischen Bewegung an die
aufgeplatzten Lippen, aber kein Tropfen Wasser rann aus der
Flasche.

Der Scout wollte sprechen, hob den Kopf, aber als er das

Geflirre der Sonne und die Hitzewellen sah, ließ er ihn wieder
sinken.

John wußte nicht, wie weit sie bereits in den Camino del

Diablo, den Teufelscanyon, eingedrungen waren. Er wußte

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auch nicht, welche Strecke sie zurückgelegt hatten und was
noch vor ihnen lag, auf die erschöpften Männer und Pferde
wartete.

Nur Narren und Apachen durchquerten dieses Wüstengebiet

im Juni, dem heißesten Monat Südarizonas.

Die Pferde hoben die Köpfe. Was witterten die Tiere? Sie

versuchten, schneller zu gehen, brachten aber nicht mehr die
Kraft auf. Matt trotteten sie in unsicherem Schritt in eine neue
Richtung. Der heiße Wind packte sie und ihre Reiter von der
Seite. Haggertys braunes Haar schien, durch den Staub wie
gepudert, so hell wie Jeffords' Schopf zu sein.

Jeffords lockerte den Griff um das Sattelhorn. Er war sich

dessen nicht bewußt, denn er befand sich an der Grenze zur
Besinnungslosigkeit. Bisher hatten seine Reflexe dafür gesorgt,
daß er nicht aus dem Sattel gefallen war. Aber nun flackerte
der Lebensfunke nur noch schwach, und auch die Muskeln
gehorchten nicht mehr.

Langsam neigte sich Jeffords zur Seite. Die Füße rutschten

aus den Steigbügeln, und der Postmeister fiel bewußtlos in den
heißen Sand.

Haggertys Rappe hatte zwei Längen mehr geschafft. Zitternd

verharrte das Pferd des Scouts. Noch einmal nahm es alle Kraft
zusammen, denn es witterte die Rettung, aber es war zu spät.

John riß die Augen weit auf, fand sich in Schräglage wieder

und zerrte fieberhaft den rechten Fuß aus dem Steigbügel. Er
schaffte es, bevor der Gaul zusammenbrach.

Der Scout rollte sich dicht am Sattel zusammen und schlief

übergangslos ein. Es war ein tiefer Erschöpfungsschlaf, und der
Leib des sterbenden Pferdes bot kaum Schatten.

Noch einige Stunden in der Sonnenglut, und den beiden

Männern war nicht mehr zu helfen.

*

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Gus und Lanky trieben die beiden Esel zwischen die dichten
Büsche des Tales. Die Langohren knabberten an den Blättern,
ehe sie die Augen schlossen und sich einer
Lieblingsbeschäftigung der Esel hingaben: dem Dösen.

»Wir sind verdammt dicht am Ausgang des Tales«, sagte

Gus und kratzte sich unter dem alten Hut. »Gefällt mir nicht,
Partner, gefällt mir wirklich nicht.«

Lanky blickte zum Himmel. Bevor er wieder davon anfangen

konnte, daß sie etwas übersehen hatten, atmete er tief ein. Er
hob die Rechte, deutete hinauf und sagte: »Sieh mal, Partner.«

Gus verrenkte sich fast den Hals, denn er war zu faul, den

breitrandigen alten Hut abzunehmen.

»Geier«, sagte Gus nur, »und? Wird wohl was verreckt sein,

oder?«

»Oh, Mann, bist du schlau«, sagte Lanky bewundernd,

»darauf wäre ich nicht gekommen, nie im Leben!«

»Schon gut, bist eben ziemlich dumm«, sagte Gus und stand

auf.

Er sah seine Waffen nach, hängte sich die Wasserflasche am

Riemen um den Hals und stöhnte, als litte er furchtbar.

»Was hast du vor?« fragte Lanky und erhob sich ebenfalls.
»Hingehen, nachschauen«, erwiderte Gus mundfaul.
»Denkst du, es ist 'n Digger mit 'ner Karte von 'ner Bonanza

unterm Hut?« spottete Lanky.

»Nein«, lautete die kurze Antwort.
»Manchmal machst du mich mit deinem pausenlosen

Gequassel richtig verrückt«, giftete Lanky. »Paß nur auf, daß
dir nicht die Lippen eines Tagen ausfransen.«

Gus grinste nur. Aber als er davonging, war nichts Lahmes

mehr an ihm zu erkennen. Der Digger glitt schattengleich
durch die Büsche, bewegte sich wie ein Indianer und schien
dann ganz mit der Umgebung zu verschmelzen.

Lanky ging auf der anderen Seite des Tales genauso

geschickt vor.

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Sie erreichten das Ende vom Valley. Eine etwa zwei Yards

breite Sandzunge leckte in das grüne Tal hinein. Aber noch
hatte es die Wüste nicht geschafft, diesen Canyon in Besitz zu
nehmen.

Die beiden Goldsucher kniffen die Lider zusammen und

spähten durch, die schmalen Schlitze in das flirrende Licht.

Sie entdeckten zwei große und zwei kleine dunkle Punkte auf

dem grellen Sand.

»Gäule und Reiter«, sagte Gus und stampfte los.
»He, bist du übergeschnappt?« kreischte Lanky. »Wenn das

'ne Falle der Indsmen ist, was dann?«

»Skalp weg«, antwortete Gus und lachte leise vor sich hin.

»Ein Irrer«, schimpfte Lanky zwei Schritte hinter seinem
Partner, »ich bin mit 'nem Irren in die Wüste gezogen. Oh,
großer Moses, was soll nur aus mir werden? Was ist, wenn der
liebe Gus völlig durchdreht?«

Der mundfaule Digger wandte den Kopf, fletschte die Zähne

und sagte mit tiefer Stimme: »Hackfleisch, mein Sohn. Das
wird aus dir. Denn ich schlage dich tot, wenn du mit der
Quatscherei nicht aufhörst.«

Verblüfft starrte Lanky seinen Partner an. So viel hatte Gus

schon lange nicht mehr hintereinander gesagt. Zumindest nicht,
was ihre privaten Dinge betraf.

»Mist!« knurrte Lankys Partner, zog den Revolver und

feuerte zweimal.

Die beiden Pferde waren erlöst.
Wenn er jetzt die armen Kerle auch erschießt, würde ich

mich gar nicht wundern, dachte Lanky.

Erschrocken hielt er inne. Es wurde Zeit für ihn, ein paar

Tage in der Zivilisation zu verbringen. Er merkte es ganz
deutlich; denn immer, wenn er so seltsame Gedanken hatte,
mußte er aus der Einsamkeit heraus.

Gus kniete nieder und pfiff schrill durch die Zähne, als er die

Brustwunde sah. Vorsichtig drehte er den Mann auf den

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Rücken und rieb ihm Gesicht und Lippen mit Wasser ein.
Einige Tropfen ließ er in den leicht geöffneten Mund laufen.
Sofort schluckte der Bewußtlose krampfhaft.

So schlimm war es also noch nicht, aber die beiden Burschen

hatten allerhand durchgemacht. Gus goß dem Fremden den
Mund voll. Das Wasser wirkte Wunder. Für Sekunden schlug
der Mann die blauen Augen auf, musterte den Diggger, dann
schloß er sie wieder, weil das grelle Licht ihn blendete.

»Schon gut.« Gus winkte ab. »Kannst du laufen?«
Er stützte den Verletzten und führte ihn langsam zum Tal, in

dem die beiden Esel dösten.

Lanky hatte bei Haggerty den gleichen Erfolg wie Gus bei

dem anderen Mann.

John stand auf und sagte. »Verdammt, ich habe

schlappgemacht. Wo ist mein Pferd?«

Lanky deutete auf den Kadaver.
»Nichts mehr zu machen?« fragte der Scout, und der Digger

schüttelte den Kopf. »Okay, Wasserflaschen und Gewehre
nehme ich mit.«

Kurz darauf ging Haggerty neben Lanky her, der auf einmal

auch nicht mehr viel zu sagen wußte. Vielleicht lag es daran,
daß der breitschultrige Fremde etwas ausstrahlte, das Lanky
Achtung einflößte.

Die Wildlederjacke und die Hirschlederhose wiesen auf

einen Fallensteller, einen Mountainman hin. Für Sekunden
glaubte sich Lanky am Ziel. Wenn dieser Trapper derjenige
war, der die Ader gefunden hatte, zeigte er sich doch bestimmt
dankbar.

Innerlich schüttelte der Digger den Kopf über sich selbst.

Was hatte der Trapper denn in der Wüste verloren, wenn er
eine dicke Goldader zum Ausbeuten besaß? Nein, dieser
Fremde war nicht der Gesuchte. Möglicherwiese war alles nur
ein Gerücht, wie so vieles im Südwesten. Vielleicht sollten Gus
und er es doch endlich aufgeben, die sagenhafte Ader zu

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suchen.

Aber was sie zwischendurch fanden, brachte ihnen immer

gute Dollars ein.

»Na, haben Sie mich lange genug betrachtet?« fragte

Haggerty lächelnd.

»Was? Wieso?« stammelte Lanky.
»Sie sahen so aus, als versuchten Sie mich einer bestimmten

Sorte Menschen zuzuordnen«, ewiderte der Scout. »Warten
Sie, bis wir bei Ihrem Partner sind, dann werde ich erzählen.«

Aber Gus hatte noch keine Zeit, sich die Geschichte der

beiden Fremden anzuhören. Der schweigsame Digger hatte
Jeffords' Hemd geöffnet und wusch den blutverkrusteten
Oberkörper ab.

»Schwein gehabt«, sagte Gus und deutete mit seinem

schmutzigen Zeigefinger auf das Kugelloch.

John beugte sich vor. Das Geschoß war schräg eingedrungen

und von einer Rippe abgeglitten. Nun steckte es irgendwo
hinter diesem Knochen.

Staunend verfolgte der Scout, wie sich Gus umständlich die

Hände wusch und dabei eine Menge Wasser verschwendete.
Schließlich holte der Digger seinen Esel aus dem Gebüsch,
schnallte eine flache Tasche ab und legte sie auf ein großes
Tuch, das er vorher ausgebreitet hatte.

Haggertys Staunen wurde noch größer, als er die blanken

Instrumente sah, die verteufelt denjenigen des Militärarztes in
Fort Buchanan glichen.

»Sie sind Arzt?« fragte John.
»Früher mal«, sagte Gus, »jetzt digge ich.«
John hütete sich, weiter zu fragen. Das galt im Westen als

ungehörig. Es ging nur einen Mann selbst was an, was hinter
ihm lag. Aber Haggerty fand, daß Gus ein sehr guter Arzt
gewesen war, denn er holte mit Hilfe von zwer Instrumenten
die Kugel aus der Brustwunde, ohne daß es erneut blutete. Und
Jeffords hatte nicht mal gezuckt!

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»Danke, Mister«, sagte der Postmeister.
»Wir müssen weg von hier«, forderte Lanky und zog seinen

Esel aus dem Gestrüpp. »Wir ziehen uns tiefer in den Canyon
zurück.«

Haggerty und Jeffords saßen auf den Grautieren und kamen

sich irgendwie komisch vor. Aber es war erholsamer, als zu
laufen.

Erst am frühen Abend war Lanky zufrieden und sammelte

dürres Holz für ein Lagerfeuer.

»Die Apachen lassen uns hier in Ruhe«, erklärte er. »Dieses

fruchtbare Tal liegt inmitten der Halbwüste. Sie halten den Ort
für gefährlich, für verflucht. Deshalb meiden sie ihn. Wir holen
uns an Gold, was wir so brauchen. Ist 'ne mühsame Schinderei,
Gentlemen. Eine richtig dicke Ader wäre uns willkommen.«

John und Thomas lächelten. Die beiden Digger machten

nicht den Eindruck, dem Goldfieber verfallen zu sein. Sie
sahen die Sache wohl ganz nüchtern als Broterwerb an und
schienen gut damit zurechtzukommen.

Erst als der Kaffee in den Blechbechern dampfte, als John

und Thomas jeder eine Pfanne Bohnen mit Speck geleert
hatten, begannen sie zu erzählen.

»Oh, verflucht«, sagte Lanky, als die beiden Fremden

schwiegen, »und dieser Atkins treibt sich in dieser Gegend
herum?«

»Ich denke ja«, antwortete der Scout, »es sei denn, die

Nedni-Apachen erwischten ihn und zogen ihm das Fell über
die Ohren.«

»Was am besten für alle wäre«, bemerkte Jeffords bissig.
Gus wechselte einen Blick mit seinem Partner. Der nickte.
»Wir bringen Sie zu einem Weg, der nach Norden führt«,

sagte Lanky. »Aber wir können nur nachts trailen. Am Tag
müssen wir uns totstellen, sonst erwischen uns die Rothäute.
Sind Sie einverstanden?«

Und ob die beiden einverstanden waren.

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In der Dunkelheit brachen die vier Männer auf. Abwechselnd

ritten sie auf den Eseln. Pferde besaßen die beiden Digger
nicht. In der Wildnis kamen sie mit den genügsamen
Langohren besser zurecht.

Zwei Tage hockten die Männer in Verstecken und

unterhielten sich.

Zwei Nächte lang marschierten sie nach Norden.
Im Morgengrauen der zweiten Nacht versorgten die

Goldsucher ihre Schützlinge mit Proviant und Wasser.
Munition hatten Haggerty und Jeffords noch genügend.

»Macht's gut, Freunde«, sagte Lanky. »Und wenn ihr mal

was von 'ner Goldader hört, die ein alter Trapper in seinem
abgelegenen Tal fand, so sagt uns Bescheid. Denn nach dieser
Ader suchen wir, damit wir endlich ausgesorgt haben.«

*

John Haggerty, Chiefscout von General Howard und Thomas
Jeffords, Postmeister vom Apachen-Paß, marschierten nach
Nordosten. Zwei Tage waren sie schon unterwegs. Wasser
fanden sie inzwischen genügend. Die Canteens waren immer
gefüllt. Und das Trockenfleisch der Trapper reichte den
Männern als Nahrung.

Jeffords dachte an das Erlebnis, das er in jenem Tal hatte, das

er nur durch Zufall gefunden hatte. Apachen hatten ihn
angegriffen. Aber in der Nacht zuvor war ein Ute-Indianer ans
Feuer gekommen, der sich ebenfalls in der Felsenwildnis
verirrt hatte.

Dem Roten Elch hatten sie es schließlich zu verdanken

gehabt, daß die Apachen ihren Angriff abgebrochen hatten und
davongestürmt waren, als wäre der Teufel hinter ihnen
hergewesen.

Dort im Tal war Thomas auf die Hütte eines Trappers

gestoßen. Fallen und Pelze hatten noch herumgelegen. Und das

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Skelett eines Mannes hatten Jeffords und Roter Elch begraben.

Thomas beschloß, dieser Sache weiter nachzugehen, sobald

er Zeit dazu fand. Denn ein Gerücht über eine Goldader brachte
wieder nur neue Unruhe über das Land und lockte die
Glücksritter und Desperados an.

Es war immer noch heiß, aber mit Wasser und Nahrung

ließen sich die Strapazen halbwegs überstehen.

Haggerty hob den Kopf und witterte wie ein Jagdhund.
»Was ist los?« fragte Jeffords und warf einen Blick in die

Runde.

Nichts wies auf Gefahr, einen Feind hin, aber Thomas

vertraute dem erfahrenen Scout, der den Südwesten beinahe so
gut wie seine Hosentasche kannte.

»Apachen«, behauptete Haggerty. »Sehen wir uns nach einer

Deckung um.«

Jeffords unterdrückte einen Fluch. Er hatte gehofft, auf einen

Treck oder eine Patrouille zu stoßen, nicht jedoch auf Indianer.

»Nedni-Apachen?« fragte der Postmeister. »Sind uns die

Burschen bis hierher gefolgt?«

John schüttelte den Kopf und erwiderte: »Das kann ich mir

nicht vorstellen. Aber wir werden ja bald feststellen, mit
welchen Kriegern wir es zu tun haben.«

Der Scout deutete auf Felstrümmer, die wie eine Brustwehr

dicht nebeneinander lagen. Eine Riesenpalmlilie, die über 30
Fuß hoch aufragte, spendete Schatten. Die Männer schritten
schneller aus und eilten auf die Deckung zu. Jeffords kletterte
etwas mühsam über die Steine, denn er mußte sich wegen
seiner Brustwunde noch schonen.

Als Haggerty über die Felsen flankte, kam Hufschlag auf.
Eine Rotte von drei Dutzend Kriegern jagte auf kräftigen

Mustangs heran.

»Zastee!« brüllten die Apachen. »Töte!«
Bedächtig hob der Scout die Winchester an die Schulter und

feuerte. Das vorderste Pferd brach zusammen. In hohem Bogen

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flog der Indianer über die wehende Mähne, landete auf dem
Boden und rollte sich blitzschnell ab, um nicht von den Hufen
der folgenden Pferde zerschmettert zu werden.

Aber der zusammenbrechende Mustang richtete eine Menge

Verwirrung an. Vier, fünf Ponys prallten gegen den Kadaver,
stolperten und warfen ihrerseits die Reiter ab.

Die anderen Krieger zerrten an den einfachen Zügeln, rissen

ihre Tiere zur Seite und hetzten sie an dem Pulk vorbei. Die
Apachen wollten sich die vermeintlich sichere Beute nicht
entgehen lassen.

Ein Krieger fing es besonders schlau an. Er ließ sein Pferd

unberechenbare Sprünge ausführen, die es allmählich immer
näher an die Deckung der Bleichgesichter heranführte.

Aber Jeffords war auf der Hut. Er drückte ab, als das Pony

noch knapp zehn Yards entfernt war. Das Wutgeheul des
Apachen übertönte fast das Peitschen der Schüsse.

Der Krieger hatte sein wertvolles Pferd verloren, dem er

diesen Trick in monatelanger Arbeit beigebracht hatte.

Wie besessen stürmte der Indianer auf die Brustwehr zu. In

seiner Rechten wirbelte die Schleuder, öffnete sich, und mit
häßlichem Pfeifen sauste ein walnußgroßer Stein dicht an
Haggertys Kopf vorbei.

Jeffords hatte, keine andere Wahl mehr. Er feuerte, und der

Krieger brach tot zusammen.

Pfeile sirrten durch die Luft, prallten gegen Steine, schlitzten

an drei Stellen Haggertys Wildlederjacke auf und zerfetzten
Jeffords' Hutkrempe. Mit dumpfen Schlägen gruben sich die
Metall- und Flintsteinspitzen in den zähen Stamm der
Palmlilie.

»Tontos«, rief Haggerty. »Schauen Sie sich die Pfeile an,

Jeffords.«

Dazu hatte Thomas wirklich keine Zeit, denn die Krieger

verteilten sich, bildeten einen weiten Halbkreis und jagten auf
ihren Mustangs heran. Der Abstand zwischen den einzelnen

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Pferden blieb so groß, daß die Verteidiger nach jedem Schuß
neu zielen, die Waffen schwenken mußten. Hier lag die Chance
der Tonto-Krieger. Allein durch ihre Überzahl mußte es ihnen
gelingen, die beiden Bleichgesichter niederzukämpfen.

Ganz sicher hatten die Apachen den Scout erkannt. Auch der

Postmeister konnte ihnen nicht fremd sein. Sowohl Jeffords als
auch Haggerty waren oft genug mit Cochise und den anderen
Häuptlingen zusammengetroffen.

Bei den Tontos und Mimbrenjos galten diese beiden Männer

sicherlich als Feinde Nummer eins, da sie dem großen Cochise
einen Frieden aufzuschwatzen versuchten, den die anderen
nicht wollten.

Kugel auf Kugel jagten Jeffords und Haggerty aus den

Gewehren. Sie verteidigten ihr Leben, aber sie versuchten, die
Krieger nur zu verwunden, kampfunfähig zu machen.

Das durchdringende Geheul der Tontos gellte John und

Thomas schmerzhaft in den Ohren.

Aber was war das? Ein neuer, fremder Ton mischte sich in

das Kriegsgeschrei der Apachen.

Es war das Angriffssignal der Kavallerie. Der Hornist

schmetterte die Trompetenstöße. Dann dröhnten die Hufe laut
auf. Ein Zug Soldaten preschte im gestreckten Galopp heran.

Der führende Offizier hatte seinen Säbel gezogen und hielt

ihn steil in die Luft gestreckt.

»Attacke!« gellte die Stimme des Anführers, und die

Soldaten fuhren wie ein Ungewitter zwischen den Tontos, die
ihre flinken Ponys herumrissen, sich weit aus den Sätteln
beugten und die Toten und Verwundeten zu sich hinauf zerrten
und dann davonjagten.

»Hinterher, jagt sie bis zum Nordpol!« brüllte der Offizier

mit der ganzen Kraft seiner Lungen.

»Captain Henderson«, bemerkte Haggerty grinsend und lud

die Winchester auf.

Der Hauptmann trat an die Brustwehr heran und zupfte an

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der dunklen Augenklappe, die er links trug.

»Gentlemen, die Kavallerie ist immer rechtzeitig zur Stelle«,

sagte der Captain nicht ohne Stolz.

Er umfaßte einen Pfeilschaft, zerrte ihn aus dem Stamm einer

Yucca und betrachtete das Geschoß interessiert.

»Ha, wir graben uns selbst unser Grab«, sagte Henderson

und schnaubte. »Hier, eine Metallspitze. Woher haben die
Apachen das Metall? Von uns Weißen. Wir sind doch ziemlich
blöd, stelle ich fest.«

Henderson war in den Anblick des Pfeiles versunken. Er

bemerkte offensichtlich nicht, daß zwei Krieger noch einmal
angriffen. Die beiden Apachen mußten einen Halbkreis geritten
sein, denn sie kamen hinter Haggertys und Jeffords Deckung
herausgerast und hielten die Maulbeerholzbogen schußbereit.

»Los, zugleich!« rief Haggerty und schlug die Winchester an.
Jeffords drückte ab, repetierte, aber das war seine letzte

Kugel gewesen. Er zerrte Patronen aus den Gurtschlaufen,
preßte sie in die Ladeklappe des Gewehrs, doch es war unnötig.
Die Tontos drehten ab, verschwanden zwischen den hoch
aufragenden Felsformationen.

Der verblüffte Captain schüttelte den Kopf.
»Üble Burschen, diese Krieger«, sagte Henderson, »geradezu

hinterhältig. Ein entsetzliches Land, Gentlemen, wenn Sie mir
die Bemerkung gestatten.«

Jeffords kannte den Hauptmann nicht näher. Er hatte ihn nur

in Fort Buchanan ab und zu gesehen. Aber John Haggerty
grinste breit. Er wußte, daß Captain Henderson in England
aufgewachsen und erzogen worden war. Daher stammten seine
manchmal sonderbaren Manieren, die im rauhen Südwesten
meistens fehl am Platz waren.

»Noch etwas Entsetzliches geschieht jetzt«, verkündete der

Offizier.

Mitleidig betrachtete er Haggerty und Jeffords.
»Gentlemen, ich kann Ihnen leider nur die Packpferde

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anbieten. Wir verfügen bei dieser Patrouille leider nicht über
Reservetiere. Doch dafür bin ich bereit, meine erhaltenen
Befehle eigenmächtig abzuändern und sofort nach Fort
Buchanan zurückzureiten.«

»Mann, Captain«, sagte Haggerty, »wir würden sogar auf

'nem Stachelschwein reiten, um schneller vorwärts zu
kommen.«

Henderson sah ihn etwas ungläubig an und sagte: »Also, Sir,

alles was recht ist, das nehme ich Ihnen nicht ab. Auf einem
Puma vielleicht, nun gut, aber nicht auf einem
Stachelschwein.«

Jeffords grinste über diesen seltsamen Hauptmann. Aber als

die Dragoner zurückkamen, bewies Henderson seine Qualitäten
als Offizier. Innerhalb von drei Minuten waren die Formation
umgestellt und die beiden Packtiere entladen. Das Gepäck
verteilte sich auf alle sechs Pferde der Soldaten.

»Anreiten!« befahl Henderson und gab seinem Pferd die

Zügel frei.

Der Zug folgte dem Offizier in Doppelreihe. Als letzte ritten

der Chiefscout und Jeffords. Sie waren froh, schneller
voranzukommen, obwohl sie in Packsätteln hockten.

Am späten Nachmittag sichtete der Postmeister den

Apachen-Paß in der Ferne. In weniger als zwei Stunden hatte
er es geschafft.

Zuerst wollte er ein kühles Bad in der Pferdetränke nehmen,

beschloß Jeffords. Es juckte ihn am ganzen Körper. Die feinen
Sandkörner hatten sich überall im Gewebe der Kleidung
festgesetzt und schrammten bei jeder Bewegung auf der Haut.

»Gentlemen, Fort Buchanan und der Apachen-Paß«,

verkündete Henderson mit großartiger Handbewegung, als
hätte er diese Dinge extra erschaffen.

»Ich möchte sofort zur Station hoch«, sagte Jeffords zu

Haggerty. »Das Pferd schicke ich mit der nächsten Kutsche
runter, okay?«

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Der Scout nickte und fragte: »Setzen Sie den Bericht für den

Marshal in Tombstone auf? Sie können ihn ja runterschicken
ins Fort, und ich unterschreibe ihn dann.«

Thomas grinste. Haggerty wollte sich wohl vor dem

umständlichen Schriftkram drücken. Aber Jeffords war es
recht.

Die Pferde erreichten die relativ glatte Paßstraße und fielen

in Trab.

»Reiter vor uns«, meldete ein Soldat. »Es sind Indianer,

Captain. Welche Befehle haben Sie?«

»Weiterreiten«, antwortete Henderson und murmelte:

»Warum habe ich es immer mit Schwachköpfen zu tun? Als ob
die Apachen zu sieben oder acht angriffen, wenn Fort
Buchanan nur einen Steinwurf weit weg ist!«

»Cochise, Naiche und die Ehrengarde«, sagte Haggerty.

»Wem gilt das, Jeffords, Ihnen oder mir?«

»Wahrscheinlich beiden«, erwiderte der Postmeister. »Aber

ich habe noch etwas Spezielles für den Chief. Wahrscheinlich
wird er mit mir für ein paar Tage verschwinden, um die Sache
zu klären.«

John verbarg seine Neugier gut.
»Adios!« rief der Scout und winkte Jeffords zu.
Der Postmeister schwenkte seinen Hut, dessen von

Pfeilspitzen zerfetzte Krempe traurig herabhing.

*

Spott schwang in Cochises Stimme mit, als er zu Jeffords
sagte: »Hellauge, du reitest in einem kostbaren Sattel.«

Thomas Jeffords verzog schmerzlich das Gesicht. »Ich bin

froh, überhaupt auf einem Pferd zu sitzen, Jefe. Tagelang
gingen wir zu Fuß, Haggerty und ich.«

»Sprich, was ist geschehen?« forderte der Häuptling seinen

weißen Freund auf.

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»Wir überholten den Mörder, der in Tombstone während der

Fiesta den Gefangenenwärter umbrachte und floh«, begann
Jeffords. Er sah Naiches besorgtes Gesicht und fügte hinzu:
»Außer mir und John Haggerty weiß niemand von dem
Felsenweg. Und Haggerty ist euer Bruder.«

»Es ist gut«, sagte Cochise. »Berichte weiter.«
»Wir stellten den Bandit an der Laguna del Muerto…«
Präzise aber knapp erzählte Jeffords bis zu dem Treffen mit

den zwei merkwürdigen Goldsuchern. Thomas zögerte. Durfte
er die beiden Männer nun an Cochise verraten? Schickte der
Jefe dann seine Krieger los, um Gus und Lanky töten zu
lassen? Immerhin hatten die Digger Haggerty und ihm selbst
das Leben gerettet.

»Zurück seid ihr also durch den Camino del Diablo geritten«,

stellte der Jefe fest. »Jeder mit einer Wasserflasche.«

Scheinbar verwundert blickte der Häuptling den Postmeister

an und sagte mit feinem Spott: »Eine großartige Leistung. Du
bist besser als der beste meiner Krieger, Hellauge. Warum
sprichst du nicht weiter? Ich kenne die beiden Männer, die
nach Gold suchen. Kein Apache wird sie je anrühren. Der
Schweigsame ist ein großer Medizinmann. Er und sein Freund
stehen unter meinem Schutz.«

Thomas blickte verlegen zu Boden.
»Ich wollte lieber nichts sagen, statt zu lügen«, erklärte er

schließlich. »Die zwei haben uns das Leben gerettet, Jefe.«

»Es sind gute Menschen«, sagte Cochise. »Sie töten keinen

Apachen. Sie stehlen nichts, was wir brauchen, und sie stören
nicht die Natur. Sie halfen Falke und dir also weiter,
Hellauge?«

»Ja, und anschließend gingen wir zwei Tage zu Fuß, bis wir

auf Tonto-Krieger stießen, die uns angriffen«, fuhr Jeffords
fort. »Wir verschanzten uns und wehrten den Angriff ab. Die
Pferdesoldaten kamen zur rechten Zeit. Daher sitze ich in
diesem Packsattel, Jefe.«

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Cochise nickte nachdenklich und betrachtete Jeffords mit

seinen dunklen Augen. Der Häuptling spürte, daß sein Freund
ihm noch etwas zu sagen hatte.

»Ich fragte dich nach dem alten Trapper, der in einem

abgelegenen Canyon lebte«, begann Jeffords.

Cochise schien wachsam zu werden.
»Was ist mit dem? Ich denke, du hast seine Knochen nach

eurer Sitte bestattet?«

»Das stimmt«, antwortete Thomas. »Aber von den beiden

Goldsuchern hörte ich, daß dieser Trapper eine große Goldader
gefunden haben soll. Sie suchen schon lange nach dem Tal,
Jefe. Weißt du von diesem Gold?«

Prüfend blickte der Häuptling den Weißen an und fragte:

»Hat dich auch die Gier nach dem gelben Metall gepackt,
Hellauge? Oder warum fragst du mich nach der Fundstätte?«

Jeffords lächelte und winkte ab.
»Nein, es geht um was anderes. Diese Geschichte über eine

gewaltige Goldader hat schon die Runde gemacht. Sicherlich
dichtete jeder, der sie hörte und weitererzählte, etwas hinzu.
Inzwischen wird sicher behauptet, daß die Ader so dick wie ein
Hirsch sei und oben auf dem Boden liegt wie ein umgestürzter
Baumstamm.«

»So machen sich die Bleichgesichter selbst verrückt«, warf

Naiche ein.

»Das ist gleichgültig«, sagte Jeffords. »Aber die Weißen

drängen in dieses Land. Sie werden vor den Dragoon
Mountains nicht plötzlich haltmachen, Jefe. Wenn sie
vermuten, daß dort, in den unübersichtlichen Tälern, die Ader
liegt, stürmen sie die Berge, egal wie viele Opfer es kostet, egal
wie viele Tote die Felsen mit ihrem Blut tränken. Und das will
ich verhindern.«

Cochise dachte nach.
»Ich fühle, daß du recht hast, Hellauge«, sagte der Chief

schließlich. »Aber was kannst du dagegen unternehmen?«

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»Wir müssen beweisen, daß es keine Goldader in den

Dragoons gibt«, antwortete Jeffords entschlossen. »Es ist das
Gerücht, die Sage von dem großartigen Fund, das die
Goldhyänen anlockt. Die Kerle durchstreifen die Canyons,
lassen keinen Stein auf dem anderen und zerstören dein Land,
Cochise.«

Der Häuptling straffte sich. Stolz und in würdevoller Haltung

saß er auf dem Mustang. Seine dunklen Augen blickten
drohend und warnend zugleich.

»Wenn das geschieht, Hellauge«, sagte Cochise, »töten

meine Krieger die Eindringlinge.«

Thomas Jeffords seufzte. Genau diese Antwort hatte er

befürchtet.

»Jefe, du gabst dein Wort, sechs Monde Frieden zu halten«,

sagte der Postmeister nachdrücklich. »Läßt du die weißen
Goldsucher töten, so brichst du dein Versprechen, und nie
wieder wird jemand deinem Wort glauben können.«

Jeffords machte eine Pause und beobachtete den Häuptling.
Bedauerte Cochise, daß er General Howard Frieden

versprochen hatte? Sehnte er sich nach den wilden Kämpfen
zurück? Aber auch die Chiricahuas würden Kriegszüge nach
Mexiko unternehmen und ihre wilde Gier so befriedigen.

»Jefe«, fuhr der Postmeister fort, »deine Berge werden

brennen. Ich sehe ungeheure Ladungen von Pulver und
Dynamit, die keinen Stein der Dragoon Mountains aufeinander
lassen. Denn wenn die Weißen Gold wittern, wenn sie nur das
Gerücht von Gold hören, packen sie mit Zähnen und Klauen
zu. Dieses Land wird den furchtbarsten Krieg erleben, den es je
gab. Ich beschwöre dich: hilf mir, diese Gefahr abzuwenden!«

Naiche sagte ein paar Worte in der Stammessprache. Er

redete so schnell, daß Thomas kein Wort verstand.

Cochise hob die Rechte und sagte: »Hellauge, ich glaube dir.

Ich habe die Gefahr nicht ernst genug genommen. Wir reiten in
zwei Tagen. Komm in meine Berge. Ein Krieger erwartet dich

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und führt dich zu mir. Gemeinsam reiten wir in das kleine Tal
des weißen Pelztierjägers. Ich danke dir für deine Warnung,
deine Hilfe und deinen Starrsinn. Denn ohne ihn hättest du
mich nicht überzeugt.«

Der Häuptling zupfte am Zügel. Das Pferd drehte nach links.

Naiche hob die Rechte und folgte seinem Vater. Die Krieger
beachteten den Weißen nicht, der ihnen minutenlang
nachblickte, bevor er sein Packpferd die Paßstraße hinauftrieb.

»In zwei Tagen also«, sagte Jeffords halblaut. »Gut,

hoffentlich finden wir nicht wirklich Gold. Dann bricht die
Hölle auf.«

*

Der hölzerne Packsattel stieß Thomas empfindlich in sein
verlängertes Rückgrat und drückte in die Oberschenkel. Nur
noch wenige Minuten bis zu seinem Ziel spürte Jeffords die
Unbequemlichkeit.

Geduld, dachte er. Gleich liege ich in der Pferdetränke und

ziehe mir anschließend frische Kleidung an.

Als der Postmeister endlich das spitzgiebelige Dach des

Stationshauses sah, atmete er auf.

Burt Kelly stand vor der Tür und starrte seinen Boß an, als

sähe er ein Kalb mit zwei Köpfen.

Norbert Walker kam aus der Schmiede. Er konnte sein

Grinsen nicht unterdrücken und rief: »He, Burt, lade mal das
Packpferd ab! Den alten Sack kannst du hinten in den
Schuppen werfen. Wir brauchen ihn nicht mehr.«

Jeffords richtete sich auf. So ging das ja nun doch nicht.
Er schenkte seinen beiden Helfern keinen Blick, sondern

stieg steifbeinig vom Packgaul, streckte sich und riß sich die
Kleider vom Leib, während er zur Pferdetränke hinüberging.

»Nein!« brüllte Kelly, »nicht, Boß! Nicht einsteigen,

Thomas!«

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Aber Jeffords hörte nicht. Er achtete auch nicht auf Walkers

feixende Miene, als er tief Luft holte, in das kalte Quellwasser
stieg und die Kleider langsam unter die Oberfläche drückte.

Wohlig drehte sich der Stationsleiter um sich selbst, tauchte

unter und wischte sich Staub und Schweiß vom Gesicht und
aus den Haaren.

»Jetzt geht's mir besser«, sagte er zu Walter, der

heranschlenderte. »Dieser feine Sand aus der Wüste kriecht
überallhin. Er scheuert wie ein Reibeisen und setzt sich in
Hemden und Hosen fest.«

»Dir wird es gleich noch besser gehen«, sagte Walker, noch

immer breit grinsend.

Er holte aus der Gesäßtasche seiner Hose eine flache,

zerbeulte Blechflasche hervor und schraubte sorgfältig den
Verschluß ab.

»Hier, nimm einen kräftigen Schluck, Boß«, sagte Norbert.

»Du wirst ihn nötig haben.«

Verwundert schüttelte Jeffords den Kopf und fragte:

»Warum sollte ich?«

»Das soll dir unser Wunderknabe selbst erzählen«,

antwortete Walker und deutete mit der Hand, in der er die
Flasche hielt, auf Burt Kelly, der zögernd herankam.

»Ich rief dir doch zu, daß du nicht ins Wasser steigen sollst«,

sagte Burt vorwurfsvoll. »Jetzt kann ich nichts mehr machen,
Thomas.«

Mißtrauisch schaute der Postmeister von Walker zu Kelly,

dessen Gesicht beachtlich lang wirkte.

»Was ist los? Raus mit der Sprache!« forderte Jeffords

energisch.

»Nun, Boß, es waren so viele Fliegen hier«, begann Burt

zögernd. »Und die Biester schwirrten überall rum, setzten sich
aufs Essen und so weiter. Ich habe Kerosin verbrannt, aber die
Viecher sind nicht verreckt. Da kam nun gestern ein gelehrter
Mann mit der Mittagskutsche. Er gab mir eine Flasche von

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einem neuen Mittel aus dem Osten. Ich sollte das Zeug
vorsichtig überall verteilen. Das hab' ich gemacht, aber danach
stank alles derart, daß ich den ganzen Nachmittag putzen und
scheuern mußte.«

»Was hat das mit meinem Bad zu tun?« fragte Jeffords

argwöhnisch.

»Es wurde nicht besser, als ich geputzt hatte«, antwortete

Kelly. »Ich stellte fest, daß der Gestank in alle Stoffe
eingedrungen war. Und da habe ich eben heute morgen alles
gewaschen, was wir besitzen. Auch die Pferdedecken.«

Jeffords starrte Burt an und fragte leise: »Willst du damit

sagen, daß ich entweder nackt rumlaufen oder hier drin sitzen
bleiben muß, bis meine Sachen trocken sind?«

Kelly kratzte sich am Kopf, druckste herum und murmelte

schließlich:

»Nun ja,, Boß, stimmt so, wie du's sagst.«
Fassungslos blickte Jeffords seinen Helfer an und streckte die

Hand aus. Ohne ein Wort zu sagen, legte Walker die
Blechflasche hinein. Und Sekunden später roch es sehr stark
nach gutem Whisky.

ENDE


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