Apache Cochise 12 Kein Apache stirbt allein

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John Montana

Kein Apache stirbt allein

Apache Cochise

Band Nr. 12

Version 1.0

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Prolog

Als die weißen Amerikaner Mitte des 19. Jahrhunderts den
Südwesten der USA zu besiedeln begannen, stießen sie auf ein
indianisches Volk, das bereits die Spanier und Mexikaner hatte
teuer dafür bezahlen lassen, daß sie unbefugt in ihre
Jagdgründe eingedrungen waren.

Die etwa ein Dutzend umfassenden Apachen-Gruppen und

Großsippen, am gefürchtetsten die Chiricahua-Apachen,
widersetzten sich der Niederwerfung durch die Weißen mit
allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln.

Sie überfielen zunächst Postkutschen, Frachtwagenzüge,

Armeepatrouillen, Farmen, abseits gelegene Ranches und
kehrten anschließend wieder zu ihren Stützpunkten in den
Bergen zurück, den sogenannten »Apacherias«, die bei den
Weißen der damaligen Zeit als uneinnehmbar galten.

Der Widerstand flammte zum blutigsten und grausamsten

Grenzkrieg der Indianergeschichte auf, als Cochise von
Mangas Colorados die Führung der Stämme übernahm.

Cochises Weitblick ließ ihn letztlich erkennen, daß der

Untergang der roten Rasse eine von den Weißen beschlossene
Sache war, die Anspruch erhoben auf alles Land zwischen den
Dragoon Mountains im Südosten, dem Mogollon-Rim im
Westen und der Gran Desierto im Süden.

Cochises Chiricahuas, die Kerntruppe seiner Streitmacht,

blieb im Angesicht der unaufhaltsamen Flut weißer Siedler,
Goldgräber und Desperados nur noch eine Devise: Raube,
ohne erwischt zu werden, töte, ohne getötet zu werden. Ein
Kampf ohne Erbarmen entflammte in den Canyons, Tälern und
Wüsten. Ein Kampf, dessen Schilderung in dieser Serie nicht
die ganze Brutalität wiedergeben kann, wie sie uns die
Geschichte überliefert hat.

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1871 gelang es Cochise, die meisten Stämme der Apachen zu

einer einzigen Widerstandsfront gegen die Eindringlinge aus
Nord und Süd, Weiße und Mexikaner, zu vereinen. Die
blutigsten Massaker auf beiden Seiten waren die Folge.

Auf ihren flinken Ponys überfielen die Krieger in kleinen

Gruppen Wagenzüge und Posthaltereien im Norden, um am
nächsten Tag schon Farmer und Goldgräber im Süden oder
eine Patrouille der Army im Westen anzugreifen.

Militär und Siedler waren macht- und hilflos und ohne eine

Möglichkeit gezielten Widerstandes den ständigen
Apachenangriffen ausgesetzt.

Wenn 1870 General Sherman nach Washington schrieb:

»Wir führten einen Krieg gegen Mexiko, um Arizona zu
bekommen, wir sollten jetzt einen Krieg führen, um dieses Land
wieder loszuwerden«, so kennzeichnen diese Worte die
verzweifelte Hilflosigkeit des Militärs.

Diese nach authentischen Überlieferungen verfaßte Serie soll

dem größten aller indianischen Führer ein Denkmal setzen:
Cochise.

Dem Wirken dieses Mannes und seinem Weitblick für

politische Veränderungen ist es zu verdanken, daß diese Story
mit ihrer ganzen Dramatik wahrheitsnah niedergeschrieben
werden kann.

Unsere Autoren fühlen sich verpflichtet, neben der

Herausstellung der abenteuerlichen Charaktere, die in jener
Zeit Geschichte machten, auch der historischen Wahrheit die
Ehre zu geben.

Nichts soll verschwiegen, nichts hinzugefügt oder entstellt

werden.

Ihr Martin Kelter Verlag

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***

Der braunhaarige Mann ritt in flottem Trab die letzten Meilen,
die noch vor ihm lagen, ehe er sein Ziel erreichte. Dieses Ziel
war der Apachen-Paß. Jene Station, auf der Postmeister Tom
Jeffords, Cochises Freund, mit einigen Helfern lebte.

John Haggerty, General Howards Chiefscout, hatte auf der

Station eine Mission zu erfüllen. Er sollte Thomas Jeffords
dazu bringen, wegen der Entführung eines Mädchens mit
Cochise zu verhandeln.

Haggerty dachte in diesem Augenblick mehr an Essen und

Schlafen als an seinen Auftrag. Er war hundemüde und
hungrig. Und er sehnte sich nach einem erfrischenden Bad. Vor
allem der Gedanke an Wasser und Seife war es, der ihn sein
Pferd schneller antreiben ließ. John wollte endlich den Staub
aus seiner Kleidung abschütteln.

»Los, Alter, wirf die Hufe!« raunte der Scout dem Hengst in

die Ohren. »Bald ist unsere Reise zu Ende. Morgen, wenn du
ausgeruht bist, kannst du zu deinen Artgenossen auf die
Koppel. Haben beide eine Verschnaufpause redlich verdient,
eh?«

Im Geiste sah John das spitzgiebelige Haupthaus der Station

vor sich, die freistehende Schmiede und den langgestreckten
Stall. Nur noch wenige Meilen und …

Sein Gedankengang setzte plötzlich aus. John blickte in den

blauen Himmel hoch und schnupperte wie ein Wolf. Sein
Hengst wurde auffallend nervös.

Du hast es also auch bemerkt, was? Haggerty klopfte dem

Pferd beruhigend den Hals. Brennt was, mein Guter.
Hoffentlich ist es nicht zu schlimm.

John verhielt den Braunen, blickte aufmerksam in die

Richtung, aus der der Rauch kam.

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Das war doch am Paß. Die Rauchwolken wurden immer

dichter, dunkler.

»Jetzt zeig, was in deinen Knochen steckt«, ermunterte John

den Hengst. »Es scheint doch mehr zu sein als nur ein
harmloser Brand.«

Denn daß da nicht nur ein Heuschober oder eine kleine Hütte

brannte, wurde dem Scout bald klar.

Ein Schenkeldruck, und der braune Hengst fiel in gestreckten

Galopp. Seine Hufe schienen den Boden kaum zu berühren. Er
flog förmlich die gewundene Paßstraße entlang.

Als Pferd und Reiter um die letzte Biegung preschten, bot

sich John Haggerty ein Bild des Grauens.

Die Stallungen der Poststation brannten lichterloh.
Von der nahen Quelle bis zum Brandherd bildeten die

Männer der Station eine Eimerkette.

John Haggerty warf sich aus dem Sattel, lief zur Wasserstelle

und ergriff ebenfalls einen Eimer. Ein kurzes Nicken war seine
einzige Begrüßung. Viele Worte waren in dieser Situation nicht
angebracht. Hier half nur eines: mit anpacken.

Der hochgewachsene Thomas Jeffords wagte sich näher als

die andern an das lodernde Feuer. Buck Tinatra, der
Revolvermann, entdeckte John Haggerty an der Quelle und rief
Jeffords zu:

»He, Tom, wir haben Hilfe bekommen! Wenn mich nicht

alles täuscht, ist der Gent John Haggerty, General Howards
Chiefscout. Bei diesem verdammten Rauch kann man
allerdings nicht richtig sehen.«

»Und wenn es der Teufel persönlich wäre, mir ist jede Hand,

die helfen kann, willkommen«, gab Jeffords zurück. »Los,
Buck, reich den Eimer her! Zum Quatschen ist nachher Zeit.«

Unruhig schnaubten die Pferde auf der Koppel, stampften

nervös mit den Hufen oder wieherten schrill. Die Tiere hatten
Angst vor dem Feuer, tödliche Angst.

»Walker, versuch die Gäule zu beruhigen!« rief Jeffords

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seinem Posthelfer zu, »sie spielen sonst verrückt und könnten
in ihrer Panik die Umzäunung durchbrechen. Dann hätten wir
die Bescherung.«

Walker, froh, der Hitze zu entkommen, ließ sich das nicht

zweimal sagen. Die aufgeregten Gäule beruhigten sich etwas,
als ihr vertrauter Pfleger die Koppel betrat.

Währenddessen bemühten sich Jeffords, Tinatra, Osborne,

Kelly und Haggerty weiter, das Feuer zu löschen.

Als es ihnen endlich gelungen war, den Brand unter

Kontrolle zu halten, waren alle erschöpft, schmutzig und
verschwitzt.

»Danke, Haggerty.« Tom Jeffords reichte dem Scout die

Hand. »Sie kamen genau im richtigen Moment. Wir konnten
jede Hand verdammt gut brauchen.«

»Wie ist das passiert?« wollte John Haggerty wissen.
»Mimbrenjos«, erwiderte Jeffords grimmig. »Sie schossen

mit Brandpfeilen auf den Stall. Kommen Sie ins Haus, John.
Schätze, wir alle haben einen Schluck verdient.«

»Ich bin einem guten Tropfen nie abgeneigt.« Haggerty

lächelte mit blitzenden Zähnen. »Im Augenblick aber habe ich
größeres Verlangen nach Wasser und Seife. Davon träume ich
seit mehr als zwei Stunden.«

Jeffords erwiderte Haggertys Grinsen.
»Verstehe. Aber zuerst trinken wir einen Doppelstöckigen.

Habe da eine wirklich feine Sorte im Haus. Richtigen
schottischen Whisky. Nicht gepanscht wie beim Salooner in
Tucson. Also, John, trinken wir. Nach so einer Räucherpartie
sollte man immer zuerst die Kehle spülen.«

Als die Männer um den rohgezimmerten Tisch saßen, fixierte

Tom Jeffords den Scout und fragte:

»Was führt Sie eigentlich her, John? Auf einem Spazierritt

befinden Sie sich doch nicht.«

Haggerty nahm einen Schluck Whisky, ließ die scharfe

Flüssigkeit genüßlich durch die Kehle fließen.

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»Ich komme im Auftrag von General Howard«, erwiderte er.

»Ein Mädchen wurde von Apachen entführt, Mercedes del
Rey, Tochter einer angesehenen Familie. Der Gouverneur von
Sonora bat General Howard um Hilfe.«

Tom Jeffords mußte lächeln.
»Mit anderen Worten: Sie sollen mich dazu überreden, mit

Cochise zu sprechen. Ist es so? Ich will Ihnen was sagen, John.
Man nennt mich zwar den Freund Cochises, es gibt jedoch
Dinge, auf die ich keinen Einfluß habe. Ich bin für den
Häuptling nur sein Freund ›Hellauge‹, aber nicht Manitu.«

»Versuchen Sie es wenigstens. Reden Sie mit Cochise.«

Haggertys Stimme wurde eindringlich. »Die Lage spitzt sich
immer mehr zu. Das müssen Sie zugeben, Jeffords.«

Der Stationsleiter nickte.
»Wem sagen Sie das. Wir haben es heute am eigenen Leib

erfahren. Auch Postkutschen wurden von den Mimbrenjos
angehalten. Sie drohten und belästigten Passagiere und Fahrer.
Trotzdem, John, ich verlasse den Paß nur ungern.«

»Sie haben zuverlässige Leute, oder? Und Cochise ist Ihr

Freund. Was also hält Sie davon ab, in die Apacheria zu
reiten?«

»Eigentlich nichts, nur mein sechster Sinn warnt mich.

Bisher hat mich mein Instinkt noch nie getrogen.«

Nachdem sich John Haggerty erfrischt hatte, versuchte er

noch einmal, Jeffords zu dem Ritt zu überreden.

»Daß Sie hier gebraucht werden, sehe ich ein«, sagte der

Scout auf die diplomatische Tour. »Als Vermittler bei Cochise
sind Sie jedoch unersetzlich. Ich habe mir sagen lassen, daß der
Häuptling auf Ihr Wort hört, Jeffords.«

»Sie hätten Anwalt werden sollen.« Auf Tom Jeffords

gebräuntem Gesicht erschien ein breites Lächeln. »Ich nehme
an, Sie werden sich nicht eher zufriedengeben, bis Sie mich
rumgekriegt haben.«

»Erraten, Tom. Und wenn Sie nichts gegen einen Begleiter

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einzuwenden haben, werde ich mich Ihnen anschließen. Es ist
lange her, seit ich in Cochises Dorf war.«

Daß ihn der Gedanke an Tla-ina dazu bewog, Jeffords seine

Begleitung anzubieten, verriet John dem Stationsleiter nicht.

Bei dem Gedanken an die schöne Apachin wurde der Scout

von brennender Sehnsucht erfaßt. Tla-ina, Cochises
einundzwanzigjährige Schwester, bedeutete John sehr viel.

Und er wußte sich von dem bildhübschen Wesen

wiedergeliebt. Die junge Indianerin war mit Abstand das
schönste Mädchen in der Apacheria.

Hätte man Tla-ina in die Kleider einer Weißen gesteckt, hätte

sie eher einer Mexikanerin als einer Apachin geglichen. Denn
Tla-ina hatte edle Gesichtszüge und war von schlanker,
faszinierender Gestalt. Sie hatte nichts Mongolisches an sich,
wie die meisten Indianer.

Dies waren Haggertys Gedanken, als er abwartend zu Tom

Jeffords blickte. Sein Entschluß stand fest: er wollte zu Cochise
reiten, auch ohne den Stationsleiter.

Jeffords nickte schließlich.
»Well, reiten wir also, John. Ich möchte mir später nicht

vorwerfen müssen, irgend etwas unterlassen zu haben, das dem
Frieden in diesem Land hätte nützen können.«

»Wann reiten wir?« fragte der Chiefscout.
»Morgen in aller Frühe. Und rechnen Sie nicht mit einem

freundlichen Empfang.«

»Ich kenne den Häuptling und weiß, daß er manchmal sehr

mürrisch sein kann«, sagte Haggerty. »Ich mache mir keine
Illusionen. Hauptsache, er hört auf Sie.«

Die Schatten der Nacht lagen noch über dem Land, als Tom

Jeffords und John Haggerty am nächsten Morgen zu einem Ritt
aufbrachen, von dem sie nicht wußten, wie er enden mochte.

*

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Die Sonne stand im Zenith, als sich die beiden Männer
Cochises Bergfeste näherten.

»Es gibt Leute, die an dieser Stelle den Mut zum

Weiterreiten verlieren«, sagte Jeffords zum Begleiter. »Noch
einige Meilen, und die ersten Späher werden sich zeigen.
Beobachtet werden wir schon seit geraumer Zeit. Das wissen
Sie wohl selbst, John.«

Der Scout nickte.
»Ich kann die Blicke der Chiricahuas förmlich auf meinem

Rücken spüren. Sollen wir den Vettern zeigen, daß wir nicht
von Dummsdorf sind, Tom?«

Jeffords winkte ab. Er wirkte müde, abgespannt.
»Lassen wir ihnen den Spaß, uns zu überraschen. In manchen

Dingen sind sie wie Kinder, die sich über einen gelungenen
Streich freuen können.«

»Sie sind vor allem dann bester Laune, wenn ein Weißer

ihnen den Rücken zukehrt und sie selbst den Finger am
Drücker haben«, entgegnete Haggerty trocken. »Ich kenne die
roten Brüder, Tom. Obwohl es heißt, daß es schwer zu erraten
ist, was hinter der Stirn eines In …«

Mitten im Satz brach Haggerty ab. Das feine Sirren eines

Pfeils, dessen Spitze sich dicht vor seinem Braunen in die Erde
bohrte, hatte den Scout verstummen lassen. Ein zweites
gefiedertes Geschoß erschreckte den Fuchs des Postmeisters.
Das Pferd scheute, steilte und ließ die Vorderbeine wirbeln.

Fluchend ließ sich Haggerty seitwärts von seinem Hengst

gleiten, griff dabei nach dem Colt. Jeffords hatte alle Mühe,
sich auf dem Rücken des Apaloosa zu halten.

Weitere Geschosse folgten, keines traf jedoch. Die Pfeile

bohrten sich in die Erde, rechts, links vor und hinter den beiden
Weißen. Sie wurden förmlich von Pfeilen eingekreist.

»Sie sitzen in Deckung hinter den Felsen«, rief Jeffords dem

Scout zu. »Wollen uns wohl hier festnageln. Erkennen Sie die
Fiederung an den Pfeilschäften. Das sind Mimbrenjos.«

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»Verdammt! Wollen die Hunde verhindern, daß wir zu

Cochise reiten?« Haggerty sah den Stationsleiter an, dem es
endlich gelungen war, sein Pferd zu beruhigen.

»So wird es sein.« Der stattliche blonde Thomas Jeffords

erhob sich zu voller Größe. »Sind die Mimbrenjos alte Weiber,
daß sie sich vor zwei Männern fürchten?« Überlaut klang seine
Stimme in der mittäglichen Stille. »Was wollt ihr von uns?«

»Die Pinda-lick-o-ye sollen umkehren.« Ein finster

blickender Mimbrenjo erhob sich hinter einem Felsblock. »Wir
wollen keine Bleichgesichter in unseren Jagdgründen.«

»Dies sind nicht die Jagdgründe der Mimbrenjos. Hier ist

Chiricahuagebiet«, rief Jeffords zurück. »Cochise wird nicht
erfreut sein zu hören, daß ihr seinen Freunden droht. Gebt den
Weg frei!«

»Kehrt um!« schallte es zurück.
»Wir können uns den Weg freischießen«, fauchte Tom

Jeffords voller Zorn. »Doch wir vergießen nicht gern das Blut
unserer roten Brüder.«

»Schweig, weißer Mann! Reite wieder zum Apachen-Paß.«

Drohend schwang der Mimbrenjo sein Gewehr.

»Steigen Sie auf Ihren Gaul«, forderte Jeffords seinen

Begleiter auf. »Sobald wir im Sattel sitzen, brechen wir durch.
Wir lassen uns nicht einschüchtern. Diese frechen Hunde
sollen sich nicht einbilden, wir hätten Angst vor ihnen.«

Haggerty und Jeffords schwangen sich auf die Pferderücken.

Eine leichte Linksdrehung ließ die Mimbrenjos glauben, daß
die Weißen doch umkehrten.

»Jetzt!« stieß Jeffords hervor, riß die Zügel seines Apaloosa

nach rechts und preschte in voller Karriere los. John Haggerty
zögerte keine Sekunde, es Jeffords gleichzutun.

Pfeile sirrten, Kugeln pfiffen. Tief über die Hälse ihrer

Pferde gebeugt jagten Thomas und John über das felsige
Gelände. Das Wutgeheul der Mimbrenjos war zu hören.

In das Geschrei der Mimbrenjos mischte sich plötzlich der

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Kriegsruf der Chiricahuas.

»Dort, hinter jener Felsschroffe, müssen Cochises Leute

sein!« rief Haggerty. »Eilen wir ihnen zu Hilfe, Tom.«

Sie wendeten die Pferde, schlugen einen Bogen nach links,

um den Geschossen der Mimbrenjos auszuweichen.

Hinter einem Mesquitegebüsch erhob sich ein Chiricahua

und vertrat ihnen den Weg. Dicht vor dem Mann parierten
Jeffords und Haggerty ihre Pferde.

»Die Freunde von Cochise sollen weiterreiten«, sagte der

Krieger. »Der Kampf zwischen Chiricahuas und Mimbrenjos
ist nicht ihre Sache.«

»Und ob es meine Sache ist«, entgegnete der Postmeister.

»Diese Hunde haben gestern die Poststation angegriffen. Sie
schossen Brandpfeile auf den Stall. Er ist völlig
niedergebrannt. Ich denke schon, daß mich dieser Kampf etwas
angeht, Vetter.«

»Die Chiricahuas werden für ›Hellauge‹ und ›Falke‹

kämpfen«, kam es stolz zurück. »Und nun reitet zu Cochise.«

Es klang wie ein Befehl.
Jeffords und Haggerty sahen sich an.
»Wollen wir?« fragte Jeffords. »Oder sollen wir dem Vetter

zeigen, daß wir kein Stroh im Kopf haben und für uns selbst
handeln und denken können?«

»Lassen wir ihm die Illusion, daß wir ihn für einen

mächtigen Krieger halten, dessen Wort zwei Bleichgesichter
folgen«, antwortete John grinsend. »Wenn uns die Chiricahuas
nicht als Kampfgefährten haben wollen, sollten wir uns lieber
beeilen, unseren Auftrag zu erfüllen, bevor uns wieder etwas in
die Quere kommt.«

Sie lenkten ihre Pferde herum und ritten in Richtung

Bergfeste.

Hinter den senkrecht aufragenden großen Felsen stiegen

Rauchsignale in den klaren Himmel.

»Unsere Ankunft wird gemeldet«, bemerkte der Scout.

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»Hinter jedem Wacholder- und Eichengebüsch liegen

Krieger, John. Im Lager wissen sie längst, daß wir uns nähern.
Hoffentlich ist den Squaws der Festbraten gelungen«, sagte
Thomas Jeffords und lächelte verschmitzt.

»Es ist jedesmal dasselbe, wenn ich diese Strecke reite –

dasselbe Empfinden, dieselbe Beklemmung. Und doch habe
ich das Gefühl, nach Hause, zu kommen.«

John Haggerty sprach die Worte mehr zu sich selbst als zu

seinem Begleiter.

Ihm war zumute, als hätte er ein fremdes Volk verlassen, um

zu seinem eigenen heimzukehren.

Tla-inas Bild schwebte ihm vor: ihre verführerisch schöne

Gestalt, ihr rabenschwarzes Haar, das ein Gesicht von
ungewöhnlichem Liebreiz umrahmte. Es gab keine weiße Frau,
die seine Sinne so erregte, sein Herz mit tieferer Zärtlichkeit
erfüllt hätte als diese blutjunge Apachin, die ihm ihr Herz
geschenkt hatte.

Haggerty schreckte aus seinen Gedanken auf, als der

Postmeister verhalten rief:

»Cochise erweist uns eine große Ehre, Freund John. Er

schickt Naiche, uns in seine Apacheria zu führen.«

Haggerty blickte hoch und sah Cochises neunzehnjährigen

Sohn, der ihnen entgegenkam. Ein kaum merkliches Lächeln
umspielte den schmallippigen Mund des jungen Apachen, als
er dem Scout zunickte.

»Freude wird im Wickiup meines Vaters herrschen über den

Besuch seiner Freunde.«

Seine Augen waren bei diesen Worten auf John Haggerty

gerichtet. Als der Scout ebenfalls nickte, wußte Naiche, daß der
weiße Mann verstanden hatte.

Naiche führte Haggerty und Jeffords ins Herz der Apacheria,

in ein kleines, baumbestandenes Tal.

Es war ein längst vertraut gewordenes Bild, das sich John

und dem Postmeister bot: spielende Kinder, arbeitende

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Squaws, Krieger, die sich mit ihren Waffen beschäftigten oder
sich unterhielten. Es war schwer, sich vorzustellen, daß diese
so friedfertig aussehenden Männer töten und martern konnten.

Naiche sprang vom Pferderücken, übergab das Tier einer

Squaw. Auch Jeffords und Haggerty, ließen ihre Pferde in
deren Obhut zurück und folgten Naiche zum Jacale seines
Vaters.

Cochise stand abwartend in der Mitte der Hütte, als die

beiden Weißen eintraten. Sein Gesicht wirkte verschlossen,
sein Blick war finster.

»Auf den Seelen von ›Hellauge‹ und ›Falke‹ liegen

Schatten«, begann der berühmte Häuptling nach Sekunden
lastenden Schweigens. »Ihr Kommen ist nicht ein Besuch der
Freundschaft. Meine Brüder wollen Cochise um Hilfe bitten.«

»Der Häuptling der Chiricahuas kann in den Seelen der

Menschen lesen«, sagte Thomas Jeffords. »Wir brauchen deine
Hilfe. Ein Mädchen wurde von Apachen entführt.«

»Hier ist kein weißes Mädchen«, erklärte Cochise kurz

angebunden. »Sucht es, aber sucht es nicht hier.«

»Der Gouverneur von Sonora ließ mich durch John Haggerty

um deine Fürsprache bitten.« Der Postmeister wollte sich nicht
so leicht geschlagen geben. Er kannte Cochises oft abweisende
Art. »Auch wenn sich das Mädchen nicht in deiner Apacheria
befindet, du bist der Jefe. Du kannst Boten in die Dörfer der
Apachen senden, kannst die Herausgabe der Gefangenen
fordern.«

»›Hellauge‹ weiß, daß Cochise den Häuptlingen nichts

befehlen kann. Er spare seine Worte.«

Cochises Haltung den Weißen gegenüber wurde immer

abweisender. Um seinen Mund lag ein harter Zug.

»Wenn ich dich um unserer Freundschaft willen darum bitte

…« Jeffords versuchte es ein letztes Mal.

»Schweig!« fuhr ihn der Apache an. Seine dunklen Augen

schossen Blitze, schienen Jeffords zu durchbohren. »Diese

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Gefangene, von der du sprichst, ist weder deine Squaw noch
deine Schwester oder sonstige Verwandte. Du bittest im
Auftrag des Einarm-Generals für eine Fremde. Du bittest
umsonst, ›Hellauge‹.«

Schweigen breitete sich aus.
Vom Kochfeuer warfen Tla-ina und Nahlekadeya, Cochises

zweite Frau, verstohlene Blicke herüber. Sie flüsterten
miteinander, wagten aber nicht, sich in die Unterhaltung
einzumischen. Das, was gesagt wurde, war Männersache.

Tla-inas dunkle Augensterne redeten eine deutliche Sprache,

wenn sich ihre Blicke mit denen Haggertys trafen. Das
Mädchen war voller Ungeduld. Lange, viel zu lange, hatte es
warten müssen.

Als Nahlekadeya den Gästen ein wohlschmeckendes Gericht

reichte, lockerte sich die Spannung etwas.

Endlich wagte auch Tla-ina, John anzusprechen.
»Viele Monde sind vergangen, seit ›Falke‹ die Jacales der

Chiricahuas aufsuchte.« Leichter Vorwurf klang aus ihren
Worten.

»Mein Herz war immer hier«, beteuerte der Scout. »Konntest

du fühlen, wie nah ich dir war?«

»Ja. Aber Tla-ina wünscht, du mögest hier sein – für immer.

Mögest in den Jacales der Chiricahuas wohnen, nicht mehr in
den Häusern der Bleichgesichter oder hinter den Palisaden
eines Forts.«

»In deinem Jacale?« John fragte es leise, nur für das

Mädchen hörbar. »Wünscht Tla-ina, ich möge in ihrem Jacale
wohnen?«

Sie nickte leicht, wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Die

Zeit, mit dem weißen Pfadfinder länger zu reden, war noch
nicht gekommen. Vieles mußte noch zwischen ihrem Bruder
und den beiden Männern, die er Freunde nannte, besprochen
werden.

Nahlekadeya aber sah wohl die sprechenden Blicke, die die

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beiden jungen Menschen, der weiße Mann und das rote
Mädchen, wechselten, wenn sie sich unbeobachtet glaubten.
Still lächelte die Frau vor sich hin.

Es ist gut, wenn Männer nicht nur an Kampf denken, dachte

sie befriedigt. Es sichert die Zukunft eines Volkes.

*

Zuerst hatte Häuptling Cochise schweigend verharrt. Dann
trank er mit den Freunden Tizwin, jenes aus Maiskörnern
zubereitete Getränk, mit dem sich die Apachen bei ihren Festen
vollaufen ließen.

Cochise und seine zwei Besucher tranken nur mäßig,

unterhielten sich über belanglose Dinge und schwiegen erneut.

Haggerty und Jeffords warteten nun darauf, daß der

Häuptling das Gespräch wieder auf die Gefangene brachte. Er
war älter und ihr Gastgeber. Es geziemte sich nicht, als erste zu
sprechen. In den Augen der Indianer wäre es ein grober
Verstoß gegen die guten Sitten gewesen, hätte einer der beiden
dieses ungeschriebene Gesetz gebrochen.

In Cochises bronzefarbenem Antlitz arbeitete es. Seine

Augen verengten sich, sein Mund wurde schmal. Es war
offensichtlich, daß ihn etwas stark beschäftigte, ihn aufwühlte.

Wie eine Sturmflut brach es aus ihm heraus:
»Ihr seid gekommen, für eine Weiße zu bitten. Wer aber bat

für die Angehörigen von Cochise? Kein gutes Wort wurde für
sie eingelegt. Sie mußten einen schändlichen Tod sterben. Und
es waren weiße Männer, die sie verrieten. Männer vom
Apachen-Paß. Deine Leute, Tom Jeffords.«

»Das stimmt nicht, Cochise.« Fest sah der Stationsleiter dem

Häuptling in die Augen. »Du hast dich mächtig geirrt. Nicht
James Wallace verriet dich, sondern John Ward, der Rancher.«

Der Häuptling wurde grau im Gesicht.
»Das kann nicht sein, ›Hellauge‹. Es darf nicht sein.« Seine

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Stimme klang wie zersprungenes Glas. »Sollte der Häuptling
der Chiricahuas Unschuldige getötet, gemartert haben?«
Sekundenlang verhüllte Cochise sein Antlitz.

Jeffords ließ dem Apachen Zeit, sich zu fangen. Erst als der

Häuptling den Blick hob, fuhr der Stationsleiter fort:

»Rancher Ward hat Lieutenant Bascom davon zu überzeugen

gewußt, daß Chiricahuas Wards Jungen und dessen Tiere
entführt hatten. Dir ist bekannt, Cochise, daß Ward dich
beschuldigte. James Wallace, Charles Culver und Jim Walsh
haben dich und deine Familie nicht in Bascoms Falle gelockt.
Ich sagte es bereits: Rancher Ward ist der Schuldige.«

Cochises Gesicht wirkte wie eine Maske.
Langsam erhob er sich. In voller Größe stand er vor

Haggerty und Jeffords, ein stattlicher Mann von 1,85. Seine
mächtige Brust hob und senkte sich unter seinen heftigen
Atemzügen. Der Glanz seiner Augen schien erloschen.

Das Schuldgefühl, das ihn zu erdrücken drohte, verwandelte

sich plötzlich in kalte Wut. Lodernder Haß stand in seinem
Blick, als er wie eine Schlange zischte:

»Cochise wird an Lieutenant Bascom und an Ward Rache

nehmen. Furchtbare Rache. Sie werden nicht nur den Tod
meiner Familie büßen, sondern auch den deiner Helfer, die
unschuldig sterben mußten.«

»Fordere den Zorn der Blauröcke nicht erneut heraus«,

versuchte John Haggerty einzulenken. »Was nützt es den
Toten, wenn Cochise an Ward und Bascom Rache nimmt?
Nichts. Es wird nur immer mehr Opfer geben. Der große
Häuptling möge Frieden schließen.«

»Frieden?« Es klang wie das Fauchen einer gereizten

Raubkatze. »Hast du wirklich von Frieden gesprochen, Scout?
Cochise wird Weiße und Mexikaner bekämpfen und sie
besiegen. Er wird seine Feinde aus Nord und Süd vernichten.
Die Erde wird brennen, ›Falke‹, die Bleichgesichter werden im
Feuer des Hasses zugrunde gehen.«

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Haggerty schwieg. Es wäre sinnlos gewesen, weitere Worte

zu verlieren.

Tom Jeffords hatte sich erhoben, trat dicht zu Cochise, die

Rechte auf dessen Schulter legend.

»Ich verstehe deinen Schmerz. Zorn und Haß verzehren dich,

mein Bruder. Auch ich bin ein Weißer, und trotzdem dein
Freund, dein Bruder. Willst du in Zukunft auch mich
bekämpfen?«

»Nein«, kam es über die Lippen des Apachen.
»Meine Kutschen wurden mehrmals angegriffen«, fuhr

Jeffords fort. »Die Fahrer und Passagiere beraubt und belästigt.
Einige wurden getötet. Ich lebe vom Postgeschäft, Häuptling.
Wenn der Weg immer gefährlicher wird, wenn keine Kutschen
mehr fahren, ist die Station am Apachen-Paß wertlos für mich.
Ich verliere meine Arbeit, meinen Verdienst. Wovon soll ich
leben?«

»Wovon lebt der rote Mann, ›Hellauge‹?« konterte der

Häuptling voller Bitterkeit. »Wir leben von dem, was das Land
uns gibt. Und dieses Land, das uns ernährt, wollen die
Bleichgesichter uns nehmen.«

»Ich weiß das alles, Cochise, und gebe zu, daß du recht

hast.« Jeffords wurde ungeduldig. Sollte ihr Ritt in die
Apacheria wirklich zu nichts führen, sollte er umsonst gewesen
sein? »Ich bin aber nun mal ein weißer Mann und lebe von der
Post«, erklärte Jeffords. »Und ich bitte dich daher noch einmal
um unserer alten Freundschaft willen: laß die Kutschen der
Butterfield-Gesellschaft dein Land passieren. Laß die
Menschen ohne Angst durch Apachenland ziehen.«

Es wurde still in Cochises Jacale. Eine lastende, bedrückende

Stille. Der Apache verließ nachdenklich die Hütte.

Er stieg auf einen nahe gelegenen Berg. Er wollte den

Großen Geist befragen, um ein Zeichen bitten.

Konnte es gut sein, die Concords unbehelligt durchs

Apachenland rollen zu lassen? Gut oder schlecht für sein Volk?

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Sie würden nicht nur friedliche Reisende befördern, das war
dem Häuptling klar. Es würden auch Glücksspieler,
Goldsucher, Revolverschwinger und Outlaws mit schweren
Kutschen ins Land kommen. Doch vermochte er, Cochise, die
Zeit aufzuhalten? War es nicht so, daß für einen getöten
Weißen, zehn, sogar hundert andere kamen?

Es waren viele Fragen, die der Chiricahua-Häuptling dem

Großen Geist zu stellen hatte.

Cochise wandte sein Gesicht der Sonne zu, breitete die Arme

aus und bat Yusen, den allmächtigen Großen Geist, um
Erleuchtung, um ein Zeichen.

*

Während Thomas Jeffords und John Haggerty in der Apacheria
weilten, hatten Osborne, Tinatra, Kelly und Walker mit den
Aufräumungsarbeiten des niedergebrannten Stalles begonnen.

Die Hitze des Tages hatte wabernd über dem Paß gehangen.

Erleichtert fühlten die Männer die Kühle der
Abenddämmerung.

Buck Tinatra, der schlanke Revolvermann, ließ seine Blicke

öfter über die Felsschroffen schweifen. Manchmal hielt er in
der Arbeit inne, starrte minutenlang zur Straßenbiegung.

»He, Buck, die Nacht ist zum Träumen da!« rief Osborne

ihm zu. »Du tätest besser daran, dich etwas mehr zu sputen.
Verdammt, wir wollten doch morgen mit dem Wiederaufbau
beginnen. Also los, hilf mir, die letzten Trümmer beiseite
zuschaffen.«

Ohne die Straßenbiegung aus den Augen zu lassen,

entgegnete Tinatra mürrisch:

»Halt die Klappe, Larry. Kelly kann dir helfen, den Rest der

Arbeit zu erledigen. Ich hole meinen Gaul und werde
nachsehen, was sich hinter der Biegung tut.«

Tinatra entfernte sich, ohne auf Osbornes Protest zu achten.

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Ein Pfiff, und sein Brauner trabte heran. Minuten später ritt der
Schwarzhaarige von den Stationsgebäuden weg zur linken
Straßenbiegung. Der gewundene Paßweg gewährte keinen
weiten Überblick.

Tinatra ritt eine Felsklippe hoch, starrte im letzten

Dämmerlicht des Tagers nach Süden. Er blickte in die
untergehende Sonne und schloß für einen Moment die Augen,
bevor er sie mit der Hand beschattete, um besser sehen zu
können.

Und dann kam es.
Ein Sechsergespann jagte die gewundene Paßstraße herauf.

Die schwere Concord schwankte in rasender Fahrt wie ein
schwerfälliges Schiff im tosenden Orkan.

Acht Blauröcke ritten rechts und links als Flankensicherung.
Tinatras Augen wurden zu schmalen Schlitzen, sein Mund

wurde trocken, seine Kehle eng. Er schluckte.

Der Kutsche folgte ein Rudel Apachen.
Mimbrenjos!
Noch fiel kein Schuß. Noch sah es von fern so aus, als hätten

die Indianer ein höllisches Spiel mit den Weißen getrieben.

Buck Tinatra war ein Revolvermann und Gewehrschütze.

Vielleicht mit dem Gewehr nicht so gut wie mit dem Colt.
Verglichen mit manch anderen aber immer noch ein
Schießkünstler.

Er glitt vom Pferderücken, zog das Tier hinter ein Gebüsch

in Deckung.

»Ruhig, Alter, ganz ruhig! Nur nicht nervös werden. Ich habe

das Gefühl, daß es gleich knallt. Laß dir ja nicht einfallen zu
wiehern, sonst werden die roten Gentlemen kurzen Prozeß mit
uns machen. Ich bin mehr dafür, andere zu überraschen, als
von ihnen überrascht zu werden.«

Während er beruhigend auf den Braunen einredete, machte er

sein Gewehr schußbereit.

Er wollte nicht als erster abdrücken, denn noch stand nicht

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fest, ob die Mimbrenjos wirklich vorhatten, das Fahrzeug zu
überfallen.

»Das nennt man Indianerpoker«, knurrte Tinatra und

verfolgte gebannt die Hetzjagd auf der Paßstraße.

Der Kutscher schien sein Handwerk zu verstehen. Die

schwere Concord rumpelte in halsbrecherischem Tempo den
gewundenen Weg entlang. Bei jeder Biegung, die sie nahm,
schloß Tinatra sekundenlang entsetzt die Augen. Er wollte
nicht mit ansehen, wie das schwerfällige Gefährt umkippte und
zerschmetterte.

Das johlende Geschrei der Indianer, die anfeuernden Rufe

des Fahrers und seines Begleitmannes und die Flüche der
Soldaten drangen bis zu Buck Tinatra hoch. Sie waren genau
unter ihm.

Der Abstand zwischen der Kutsche und den Verfolgern

wurde trotz der rasenden Fahrt immer geringer. Tinatra begann
fürchterlich zu schimpfen. Nur noch kurze Zeit, und die
Apachen gerieten aus der Reichweite seines Gewehres. Wenn
sie nach der nächsten Kurve Ernst machten, konnte er nichts
tun, nicht helfend eingreifen.

Buck Tinatra beschloß, von seinem Beobachtungsposten

hinabzureiten und der grölenden Mimbrenjoschar zu folgen.

Wenn sie die Kutsche angriffen, konnte er ihnen in den

Rücken fallen. Buck Tinatra war bereit, bis zur letzten Patrone
zu kämpfen. Und wenn es sein mußte, kämpfend unterzugehen.

Plötzlich durchzuckte ihn der Gedanke an die Kameraden am

Paß. Daß die Rothäute die Kutsche bis zur Station verfolgten,
das stand für Tinatra fest.

Wie der Teufel jagte er hinter dem Indianerpulk her.
Buck Tinatra dachte keine Sekunde daran, daß er vielleicht in

den Tod ritt. Er hatte nur einen Gedanken: den Freunden am
Paß, den Insassen der Postkutsche und den Soldaten zu helfen.

Der Hufschlag von Tinatras Pferd ging im Inferno des

Kriegsgeheuls unter. Weder Weiße noch Indianer achteten auf

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das, was hinter ihnen vorging.

Ed Mallard, der Fahrer der Concord, hatte alle Hände voll zu

tun, das dahinrasende Sechsergespann zu lenken.

Sergeant Geoffrey, der neben der Kutsche ritt, brüllte zu

Mallard hoch:

»Wenn ich nur wüßte, ob die Kerle uns nur Angst einjagen

oder ob sie unsere Skalps wollen. Mallard, versuchen Sie, die
Station zu erreichen. Bringen Sie die Lady in Sicherheit. Ich
werde mit meinen Männern die Rothäute aufhalten. Los, Mann,
ab mit der Post! So long, Amigo.«

Sergeant Geoffrey war tollkühn und von jener Sorte, die das

Leben als ein Pokerspiel betrachten und stets bereit sind, einen
hohen Einsatz zu wagen.

»Wenden!« schrie er seinen Leuten zu und riß gleichzeitig

den Armeegrauen herum. »Karabiner schußbereit! Wir
erwarten die Rotpelze. Mal sehen, was sie wollen. Greifen sie
an, werden wir ihnen einheizen. Denke, wir haben die besseren
Waffen.«

Zahlenmäßig waren die Mimbrenjos den Soldaten überlegen.

Ihre alten Karabiner konnten es mit den modernen Gewehren
der Blauröcke jedoch nicht aufnehmen. Und darauf baute
Sergeant Geoffrey.

Die sechs Mann des Begleitkommandos hatten ihre Pferde

gewendet, die Waffen im Anschlag. Ruhig erwarteten sie die
anstürmenden Apachen, die nur wenige Yards von ihnen
entfernt ihre halbwilden Mustangs verhielten.

Ihre Fäuste umschlossen wurfbereite Jagdmesser, gespannte

Bogen.

Auch sie waren bereit zu kämpfen, schienen aber vorerst

verhandeln zu wollen.

Geoffrey machte es kurz.
»Was haben die Krieger der Mimbrenjos vor?« Seine

Stimme hatte einen metallischen Klang. »Wenn sie den Kampf
mit uns wollen, so sollen sie anfangen. Ich mag kein Katz- und

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Mausspiel. Wir sind erwachsene Männer, keine Greenhorns.«

Ein jüngerer Indianer trieb sein scheckiges Pony näher.

Furchtlos musterte er den Sergeant.

»Wir wollen keinen Kampf, Blaurock. In dem rollenden

Wickiup ist eine weiße Squaw. Gebt sie und die Gewehre der
Langmesser heraus, dann könnt ihr weiterziehen.«

»Sonst noch Wünsche, großer Krieger?« fragte Geoffrey

sarkastisch. »Hast du nicht zufällig Appetit auf eine Bleibohne,
eh, Läuseträger? Die kriegst du sogar umsonst.«

Die Augen des Mimbrenjokriegers verengten sich. Seine

Leute nahmen eine immer drohendere Haltung an.

»Du gibst mir das Mädchen nicht, Blaurock? Enju, es sei.

Die Skalps der Bleichgesichter werden bald an den Gürteln der
Mimbrenjos baumeln. Wenn ihr tot seid, holen wir das
Mädchen. Wir wissen, wohin die Kutsche gefahren ist.
Diesmal wird die ganze Station am Paß in Flammen aufgehen.
Wir werden alle Männer töten. Die hellhaarige Squaw wird in
meinem Jacale wohnen. So oder so. Entscheide dich, Blaurock.
Noch hast du Zeit. Wenn du klug bist, bleibt ihr am Leben.«

»Fahr zur Hölle!« zischelte Geoffrey voller Wut. Er zog den

Colt und drückte ab.

Getroffen sackte der Indsman im Fellsattel zusammen.
Was dann folgte, geschah in rasender Schnelligkeit.
Jagdmesser, Tomahawks, Pfeile, Colt- und Gewehrkugeln

suchten und fanden ihre Ziele.

Als Buck Tinatra um die letzte Kurve bog, bot sich ihm der

Anblick verbissen kämpfender Männer.

Vom galoppierenden Pferd aus feuerte Tinatra und holte mit

der ersten Kugel einen Mimbrenjo vom Pferderücken. Aber es
blieb nicht bei dem einen.

Tinatras modernes Repetiergewehr richtete unter den

Indianern entsetzte Verwirrung an. Die dicht hintereinander
abgefeuerten Schüsse ließen sie glauben, es mit mehreren
Gegnern zu tun zu haben.

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Die noch Unverletzten rissen ihre Mustangs herum, halfen

den Verwundeten aufs Pferd und stoben in wilder Flucht
davon.

Sergeant Geoffrey und seine Männer staunten nicht schlecht,

als ein einzelner Reiter sich als ihr Retter entpuppte.

»Mann, sind Sie aber schnell mit der Kanone«, stellte

Geoffrey bewundernd fest. »Habe schon manchen
Revolvermann kennengelernt, aber diese Schnelligkeit mit dem
Gewehr… Mann, oh, Mann, ich dachte zuerst, da hätte einer
'nen ganzes Waffenarsenal.«

Buck Tinatra wischte mit der Hand durch die Luft.
»Nicht der Rede wert, Mister. Hauptsache, die roten

Halunken sind weg. Habt ihr Verluste?«

Geoffrey sah sich nach seinen Leuten um.
»Einer schwer, zwei leicht verletzt. Begleiten Sie uns zur

Poststation am Apachen-Paß?«

»Ich muß wohl, Sergeant. Ich arbeite und wohne dort.« Der

Revolvermann lächelte.

Bei der Poststation fanden sie den Fahrer, den Begleitmann

und Jeffords' Helfer mit schußbereiten Karabinern vor.

»Wo ist die Lady?« fragte Geoffrey, atemlos vom schnellen

Ritt.

»Drinnen.« Der Kutscher wies auf das Haupthaus. »Hat

natürlich einen Schock, kein Wunder. Das arme Ding.«

»Es war also nur eine Frau in der Kutsche. Wer ist sie?«

wollte Buck Tinatra wissen.

»Miß Hester Hattings«, antwortete

Sergeant Geoffrey, »die

Verlobte eines Hauptmanns. Wir sollen sie nach Fort Bliss
bringen. Die jungen Leute wollen nächste Woche heiraten.«

»So ein Narr«, stieß Tinatra wütend hervor. »So ein

verdammter Narr. Mann, ihr Blauröcke habt allesamt Stroh im
Kürbis. Wie kann jemand so hirnverbrannt sein und eine Frau
solchen Gefahren aussetzen. Statt in Fort Bliss wäre sie
beinahe in einem Apachenjacale gelandet. Damned! Diesem

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Captain würde ich am liebsten so richtig den Marsch blasen.«

»Die Lady hat keine Familie mehr«, bemerkte Geoffrey. »Da

ist es wohl verständlich, daß sie zu ihrem Verlobten will.«

»Entschuldigen Sie den Strohkopf nicht«, kam es bissig über

Tinatras Lippen.

Er stampfte auf das Haus zu, drehte sich auf der Schwelle

um.

»Bringen Sie die Verletzten herein, Sergeant. Lassen Sie auf

alle Fälle zwei Mann als Wache hier. Es könnte sein, daß die
Mimbrenjos mit einer Anzahl ihrer Vettern zurückkehren. Daß
sie kommen, um ihre Toten zu holen, ist klar. Ich möchte nicht,
daß wir von einem erneuten Angriff überrascht werden. Habe
die Nase voll von diesen Brüdern. Gestern die Stallungen
niedergebrannt, heute der Überfall auf die Kutsche. Mann,
Sergeant, ich brauche 'nen Whisky.«

Tinatra drückte die Tür auf – und blieb wie angewurzelt

stehen. Der Anblick des Wesens, das da auf der Holzbank
hockte, verschlug ihm die Sprache.

Hester Hattings war von so unbeschreiblicher Schönheit, daß

es einem Mann den Atem rauben konnte.

Eine ganze Weile starrten sie sich an, der Revolvermann und

das hübsche Mädchen.

Tinatra war derart von dieser jungen Frau fasziniert, daß er

kein Wort hervorbrachte.

»Sind – sind sie weg?« fragte Hester schließlich mit

zitternder Stimme. »Sind diese roten Teufel wirklich fort,
Mister?«

Buck Tinatra strich sich wie erwachend über die Augen.
»Ja, Miss. Und sollte es ihnen einfallen wiederzukommen,

werden sie sich blutige Köpfe holen.«

Hester Hattings erhob sich von der Bank, taumelte Tinatra

einige Schritte entgegen.

Mit einem langen Satz war Buck bei ihr, fing sie auf, hielt sie

in seinen Armen.

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»Ist ja gut«, murmelte Tinatra, »es ist alles vorbei. Die

Mimbrenjos werden nicht wiederkommen. Beruhigen Sie sich,
Miß. Niemand wird Ihnen etwas zuleide tun, keine Rothaut und
kein Weißer. Nicht in meiner Gegenwart.«

Es klang wie ein Schwur.
Buck Tinatra wäre in diesem Augenblick bereit gewesen,

sein Leben für die fremde junge Frau hinzugeben. Der
Revolvermann erschrak bis ins Mark, als er sich darüber
klarwurde, was dieses Gefühl zu bedeuten hatte:

Er hatte Feuer gefangen, obwohl er Hester erst seit einer

Viertelstunde kannte.

Als die anderen Männer das Haus betraten, verschwand

Tinatra mit einer gemurmelten Entschuldigung.

»Mich hat's erwischt, verdammt noch mal. Und ausgerechnet

die Braut eines anderen Mannes muß es sein.«

*

Jeffords und Haggerty erwarteten Cochises Rückkehr mit
nervöser Spannung. Langsam ging der Abend in die Nacht
über, die ersten Sterne funkelten.

Jeffords trat vor den Jacale und starrte zu dem Berg hinüber,

auf dessen Plateau er den Häuptling wußte.

Silbernes Mondlicht lag über der Bergfeste, als Cochise wie

in Trance auf seine Hütte zuschritt. Er nickte Jeffords kurz zu,
dann betrat er den Jacale.

Thomas Jeffords folgte ihm ohne Hast.
Cochise ließ sich mit gekreuzten Beinen auf dem Bärenfell

nieder. Lange schwieg er.

Weder Jeffords noch Haggerty wagten, das erste Wort zu

sprechen.

Als der Chiricahua endlich begann, klang seine Stimme

fremd.

»Cochise hat lange Zwiesprache gehalten mit Yusen, dem

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Großen Geist. Cochise hat die Stimme des Großen Geistes
vernommen. Das Schicksal der roten Völker ist besiegelt.
Yusen hat sein Angesicht verhüllt. Eine neue Zeit wird
kommen. Die Zeit des weißen Mannes, der rollenden Tipis und
des Eisenpferdes. Die Bleichgesichter sind wie der Sand am
Ufer des Meeres, genauso zahlreich. Wir werden sie nicht
aufhalten können. Enju, ›Hellauge‹, es sei denn. Die Kutschen
der Butterfield Overland werden ungehindert durch das Land
der Chiricahuas fahren können.«

»Ich danke dir, mein Bruder.« Impulsiv reichte Jeffords dem

berühmten Häuptling die Hand. »Ich danke dir im Namen all
jener Menschen, die nun ohne Furcht reisen können.«

»Danke mir nicht, ›Hellauge‹. Nicht im Namen jener, die

mein Volk ausrotten und vernichten wollen. Schweig!« gebot
der Jefe, als Tom Jeffords ihn unterbrechen wollte. »Es gibt
auch Gute unter den Hellhäutigen, ich weiß. Für die Mehrzahl
von ihnen aber gibt es für Rot und Weiß kein
Miteinanderleben. Vergiß nicht, Thomas Jeffords, wie der von
weißen Männern geprägte Spruch heißt: ›Nur ein toter Indianer
ist ein guter Indianer‹ Cochise gab dir sein Wort, daß die
Chiricahuas keine Kutsche mehr angreifen werden. Mehr
verspreche ich nicht. Wie die andern Häuptlinge denken und
handeln werden, weiß ich nicht. Ich spreche nur für die
Chiricahuas. Doch die Nacht bricht herein. Wir haben genug
geredet. Laßt uns ruhen.«

Eine ältere Squaw führte Jeffords und Haggerty zu einem

Wickiup. Die Nacht wollten sie noch in der Apacheria
verbringen.

*

Die beiden Männer fanden lange keinen Schlaf. Leise
unterhielten sie sich. Tom Jeffords flüsterte:

»Ich habe ein ungutes Gefühl, John. Obwohl mir Cochise

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sein Wort gab, glaube ich nicht an dauerhaften Frieden. Die
anderen Stämme werden sich durch das Versprechen des
Häuptlings nicht gebunden fühlen. Vor allem den Mimbrenjos
traue ich nicht. Der alte Victorio ist ein Weißenhasser. Viel hat
uns dieser Ritt nicht eingebracht.«

Gedankenverloren stimmte Haggerty zu. Er dachte an Tla-

ina, sehnte sich nach dem Zusammensein mit ihr.

Gegen Mitternacht fuhr Haggerty aus unruhigem Halbschlaf

hoch. Er starrte angestrengt ins Dunkel. Eine kleine Gestalt
huschte ins Wickiup. Nachise, Cochises achtjähriger Sohn,
näherte sich dem Lager der beiden.

John Haggerty erhob sich.
»Komm, weißer Mann.« Die Stimme war ein leises Flüstern.

»Tla-ina wartet.«

Eine kleine braune Hand stahl sich in Haggertys Rechte.

Sicher wie ein Spürhund führte der Junge den Scout durch das
schlafende Lager.

An die Rückwand eines Jacale gelehnt stand eine schlanke

Gestalt. Das Indianermädchen wirkte einsam und verloren im
Silberlicht des Mondes. Es hatte sich in eine buntgewebte
Decke gehüllt, während ihr Blick träumerisch am sternenklaren
Nachthimmel hing.

»Tla-ina!« Haggertys leiser Zuruf riß die Apachin aus ihrer

Versunkenheit. Geschmeidig wie ein Wiesel huschte Nachise
davon, zurück ins Wickiup, während Tla-ina und John
Haggerty sich stürmisch umarmten.

Das Mädchen öffnete die Decke, schlang sie um die

Schultern des Mannes.

»Sie wird uns beide wärmen, sie ist groß genug.«
»Ich friere nicht, Tla-ina. In deiner Nahe ist mir warm, spüre

ich das Feuer der Leidenschaft.«

John zog das schöne Mädchen fester an sich. Seine Lippen

suchten ihren Mund. Tla-ina erwiderte den Kuß des Mannes,
zitterte in seinen Armen.

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»Ist dir kalt, Tla-ina?« Besorgt zog Haggerty die Decke

fester um die Apachin. Die Nacht war eisig. Ein rauher Wind
wehte um die Bergfeste.

»Tla-ina zittert nicht vor Kälte«, kam die leise, melodische

Stimme des Mädchens. »Tla-ina zittert vor Glück.«

Sie preßte sich an ihn, ihre kleine Hand strich über sein

braunes Haar, über sein Gesicht. Ihr Finger zeichnete die
Konturen seines Mundes nach.

»Küß mich, Falke«, forderte sie. »Küß mich immer und

immer wieder. Ich mag diesen Brauch der Hellhäutigen, sich
mit den Lippen zu berühren. Es ist wunderbar.«

John Haggerty küßte die junge Apachin, bis sie beide außer

Atem waren. Das Verlangen nach ihr wurde übermächtig. Er
fühlte die Bereitschaft Tla-inas. John jedoch war ein Mensch,
der sich beherrschen konnte.

Schließlich stand fest, daß er im Morgengrauen die Bergfeste

wieder verließ. Deshalb gab er dem Drängen Tla-inas nicht
völlig nach, sagte ihr aber zärtlich all jene Worte, die alle
Verliebten dieser Erde sich sagen.

»Ich liebte dich schon damals, als du mich vom Biß der

Peitschenspinne heiltest«, flüsterte das schöne Mädchen und
sah den Mann hingebungsvoll an. »Tla-ina wünscht sich so
sehr, deine Squaw zu sein.« Sie sagte es mit der ihrer Rasse
eigenen Offenheit.

»Auch ich wünsche mir, dein Ehemann zu sein.« John

Haggerty fühlte sein Herz bis in den Hals hinauf schlagen. Es
war schwer, verdammt schwer, nicht alles einfach hinzuwerfen
und für immer bei diesem liebenswerten Geschöpf zu bleiben.

Doch er hatte einen Auftrag zu erfüllen. Er mußte zurück

zum Fort, um General Howard Bericht zu erstatten. Er war der
Armee verpflichtet, war Howards Chiefscout.

»Hör zu, Tla-ina«, raunte John Haggerty. »Ich bin

Chiefscout, und der Einarmgeneral erwartet mich dringend. Ich
kann nicht einfach hierbleiben, so gern ich es auch möchte.

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Mein Herz aber bleibt bei dir in der Apacheria.«

»Wirst du wiederkommen?« fragte Tla-ina enttäuscht. Ihre

traurigen Augen waren auf den großen Mann gerichtet.

»Ich werde immer wieder zu dir zurückkehren«, versprach

John.

»Tla-ina wird auf dich warten, Scout. Sie wird keinem

anderen gehören.«

Die junge Apachin war fest entschlossen, dieses Gelöbnis zu

halten und jeden noch so hartnäckigen Bewerber
zurückzuweisen. Auch wenn ihr Bruder, der Häuptling, zornig
wurde.

Der Glanz vieler tausend Sterne erhellte die Finsternis der

Nacht, als John Haggerty Tla-ina zum letzten Mal küßte. Der
Wind ließ die Blätter rascheln und strich leise jaulend durch
das Geäst.

Als Haggerty in der Morgendämmerung mit Jeffords

aufbrach, war ihm zumute wie jemandem, der sein Heim
verließ und in eine fremde, feindliche Welt hinausritt.

*

Während Tom Jeffords und John Haggerty unterwegs waren,
braute sich in Tombstone das Unheil zusammen.

Ein Mann Namens Bill Freeman, Captain im Bürgerkrieg,

hetzte gegen die Apachen. Dazu war ihm jedes Mittel recht.

Und »Lion« Bill Freeman verstand sein Handwerk. Auf bunt

herausgeputzten Podien hielt er flammende Reden.

»Männer und Frauen von Tombstone! Bürger dieser Stadt,

vereinigt euch! Kämpft gemeinsam gegen diese roten Mörder.
Wir wollen nicht länger auf die Gnade der Armee angewiesen
sein. Greifen wir doch zur Selbsthilfe, bilden wir eine
Schutztruppe gegen die Überfälle der Apachen. Eine Truppe,
die imstande ist, Tombstone zu verteidigen.«

»Lion« Bill Freeman fand willige Zuhörer. In Tombstones

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Straßen herrschte lebhafter Betrieb. Wenn Freeman nicht
gerade von einem der Podien herunter seine Hetzreden hielt,
mischte er sich unter die Passanten, zog durch die Straßen und
Gassen, redete mit den Leuten.

Und bald schrien die Bürger lauter als Freeman nach Rache,

nach Selbsthilfe.

Tombstone glich bald einem Jahrmarkt. Eine Musikkapelle

spielte, und in den Pausen zwischen zwei Darbietungen warben
Freeman und seine Helfer in marktschreierischer Manier um
Freiwillige für ihre Miliz.

»Wer helfen will, diese Bastarde zu schlagen, ihnen die

Furcht Gottes einzujagen, der melde sich bei Mr. Campbell im
Horseshoe Saloon«, dröhnte Freemans Baß. Der ehemalige
Captain war eine Kämpfernatur, der geborene Anführer, ein
harter Brocken. Und mit Härte wollte er durchgreifen.

»Los, los, Gentlemen!« Fordernd blickte er die Männer mit

seinen eisgrauen Augen an. Die schienen ihnen seinen Willen
aufzwingen zu wollen.

Und es ging tatsächlich etwas Zwingendes von Freeman aus.

»Denkt an die Frauen, Kinder und Alten«, fuhr Freeman fort.
»Oder habt ihr keinen Mut? Seid ihr feige Memmen? Wo sind
die Männer von Tombstone?«

Mit dieser Herausforderung hatte der braunhaarige,

ehemalige Captain Erfolg. Es gab wohl kaum einen Mann, der
sich einen Feigling nennen lassen wollte.

»Freeman hat recht«, rief jemand lauthals. »Bilden wir eine

Bürgerwehr. Jagen wir doch die Apachen zum Teufel.«

»Dazu brauchen wir eine Miliz«, hakte Freeman sofort nach.

»Wir brauchen Männer, die rund um die Uhr Wache stehen.
Zeigt sich einer dieser rothäutigen Bastarde, schicken wir ihn
zu Manitu. Wir brauchen viele Freiwillige, damit wir es auch
mit einer größeren Horde aufnehmen und unsere Stadt, unser
aller Leben wirksam verteidigen können.«

»Tod den Apachen!« schrie einer aus der Menge. Der Ruf

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pflanzte sich fort. »Tod den Apachen! Tod den roten Hunden!«

Ein Rausch erfaßte die Menschen. Ehrbare Bürger, die sonst

friedfertig, gutmütig waren, eher furchtsam denn tapfer,
verwandelten sich in reißende Bestien, wurden zum Pöbel, zum
Mob.

Die ersten Männer marschierten unter dem tosenden Beifall

der Menge zum Horseshoe Saloon. Die Musikkapelle blies
einen Tusch, Tanzgirls kreischten und winkten den »Helden«
zu.

Brüllend und johlend bewegten sich die Männer in Richtung

Kneipe, angestachelt von den Rufen der entfesselten
Bevölkerung.

»Lion« Bill Freeman konnte zufrieden sein. Er hatte erreicht,

was er erreichen wollte.

40 wehrfähige Männer hatten sich in die Liste der

Bürgerwehr eintragen lassen.

So gründete »Lion« Bill Freeman das berühmtberüchtigte

Frontier Bataillon.

*

Vor Haß glühende Augen beobachteten das Treiben in den
Straßen von Tombstone. Flink huschten braune Gestalten von
Deckung zu Deckung, die Waffen fest umklammernd.

Die Bürger von Tombstone waren so damit beschäftigt, die

Männer des neuen Bataillons zu feiern, daß sie nicht an jene
dachten, die sie bekämpfen wollten.

Ganz Tombstone drängte sich auf der Main Street, auf den

öffentlichen Plätzen und vor dem Horseshoe Saloon. Niemand
achtete auf die Häuserlücken in den Nebenstraßen, keiner sah
zu den flachen Dächern hoch.

Dicht an dicht gedrängt stand die Menschenmenge erneut um

das Podium versammelt, auf dem Bill Freeman in Siegerpositur
eine überschwengliche Dankesrede hielt, in der er die

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Tapferkeit der 40 unerschrockenen »Recken« pries, die nun die
Sicherheit von Tombstone verteidigen würden.

Und wieder erscholl der Ruf: »Tod den Apachen!«
Ein wahrer Taumel hatte die Menschen ergriffen, eine

unbändige Lust am Töten bemächtigte sich ihrer. Sie schrien –
wie im Blutrausch. Sie waren bereit zum Töten, selbst dann,
wenn sie nicht angegriffen wurden.

Sie brüllten nach Apachenskalps, nach blutiger Rache.
Und in einen dieser Rufe: »Tötet die Apachen!« mischte sich

urplötzlich der Kriegsschrei der Chiricahuas. Wildes,
zischelndes: »Zastee! Töte!« erscholl hoch über den Köpfen
der entsetzt aufhorchenden Bürger.

Auf einem der Flachdächer hatte sich ein Apache zu voller

Größe erhoben, ungeachtet der Tatsache, daß er für die Männer
unter sich eine gute Zielscheibe bot. Sehnige braune Fäuste
umklammerten einen Karabiner älteren Modells. Ein Schuß
peitschte. Getroffen schrie ein Mann auf. Die Kugel des
Apachen hatte seine Schulter durchschlagen.

Der Apache fand keine Zeit, den alten Karabiner neu zu

laden. Von der Straße wurde zurückgefeuert. Der Krieger
breitete die Arme aus, stürzte mit einem gräßlichen
Todesschrei in die Tiefe und blieb seltsam verrenkt auf dem
Boden liegen.

Aus den Gassen blitzten Mündungsfeuer. Menschen schrien,

Pferde wieherten in panischem Schrecken.

Hufschlag klang auf. Das Pochen unbeschlagener Hufe.

»Ihnen nach!« schrie jemand. »Holt euch die Skalps dieser
räudigen Hunde!«

Männer hetzten zu ihren Pferden. Ein unbeschreibliches

Durcheinander entstand.

Freeman wurde von den Bürgern hochgelobt. Daß seine Idee

mit der Gründung des Frontier-Bataillons genial war, davon
waren die Bürger nun restlos überzeugt.

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*

Als die Sonne über die Berge im Osten stieg, befanden sich
Jeffords und Haggerty bereits außerhalb der Bergfeste, aber
immer noch auf Chiricahua-Gebiet.

Johns Gedanken weilten noch in der Apacheria bei »Sanfter

Wind«, während Thomas Jeffords an sein Abkommen mit
Cochise dachte. Obwohl der Häuptling ihm freie Durchfahrt
für die Butterfield-Kutschen zugesichert hatte, war Jeffords
keineswegs zufrieden.

»Ob unser roter Freund sich auch dann noch an sein Wort

gebunden fühlt, wenn er erneut mit der Army
aneinandergerät?« fragte Jeffords. Das befürchtete er
insgeheim. »Ich denke, sein Haß auf Lieutenant Bascom ist so
groß, daß er sich bald mit den Blauröcken anlegen wird. Und
dann gebe ich trotz seines Versprechens keinen lausigen Cent
für die Sicherheit der Overland.«

John Haggerty mußte sich zusammenreißen, um Jeffords

Gedankengang zu folgen und nicht ständig an das Mädchen zu
denken.

»Es kann sein, daß Sie leider nur allzu recht haben«,

erwiderte er schließlich. »Unser Ritt zur Apacheria hat nicht
viel eingebracht. Howard dürfte nicht gerade begeistert sein.
Übrigens, Tom, was glauben Sie, würde Cochise dazu sagen,
wenn ich seine Schwester heirate?«

Jeffords sah den Gefährten überrascht an.
»So tief sitzt es also? Sie wissen, welchen Namen die Leute

für den Ehemann einer Indianerin haben, John? Auch kann ich
kaum glauben, daß sich die Kleine unter Weißen wohl fühlen
würde. Sie kennen doch unsere lieben Mitmenschen, John. Tla-
ina würde verachtet und beleidigt, schlimmer noch; gehaßt
werden. Wenn Sie das Mädchen wirklich lieben, John, dann
verzichten Sie auf sie.«

»Ich dachte an eine Apachenhochzeit«, sagte der Scout

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nachdenklich. »Schon damals, als ich sie kennenlernte. Ich
könnte Tla-ina vor dem Schamanen zur Squaw nehmen und
immer wieder in die Bergfeste zu ihr zurückkehren.«

»Lassen Sie diese Gedanken lieber fallen«, riet der

Postmeister der Butterfield Overland. »Sie sind Chiefscout der
Armee, John. Und bald, fürchte ich, wird Cochise vergessen,
daß wir so etwas wie seine Freunde sind. Wir alle werden es
vergessen müssen. Es wird zum großen Indianerkrieg kommen,
Amigo. Die Erde dieses Landes wird brennen. So hat es
Cochise prophezeit. Und so wird es geschehen.«

»Sie können einem Mann die Zukunft in den schönsten

Farben ausmalen«, kam es sarkastisch über Johns Lippen.
»Manchmal habe ich es wirklich satt, für die Armee zu reiten.«

Jeffords hüllte sich in Schweigen.
An einem klaren Bach tränkten sie die Pferde, kochten

Kaffee. Sie aßen wenig. Die Sorge hatte den Hunger
vertrieben.

Ihr Weg führte über Ebenen, durch kleine Waldstücke und

zerfurchte Canyons. Bis zum San Pedro wollten sie
zusammenbleiben.

»Verdammt, John, das ungute Gefühl, das ich beim

Verlassen der Station hatte, läßt mich noch immer nicht los«,
sagte Thomas Jeffords, als die beiden später eine kurze Rast
einlegten, um doch etwas zu essen. »Seit den frühen
Morgenstunden verstärkt sich dieses Unbehagen noch. Es tut
sich was am Paß. Oder es hat sich bereits getan. Ich sage Ihnen,
John, in diesem Land wird es keinen Frieden geben.«

»Wenn mich mein sechster Sinn diesmal nicht täuscht«,

flüsterte John, »dann werden wir beobachtet. Damned, mein
Pfadfinderrüssel riecht die Apachen. Gnade uns Gott, wenn es
Mimbrenjos sind.«

»Nimmt Ihr Rüssel den Unterschied zwischen Mimbrenjos

und anderen Apachen nicht wahr?« Jeffords grinste. »Mann,
John, dann ist die Armee mit Ihnen als Scout schlecht dran.

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Wie dem auch sei, tun wir so, als würden wir nichts merken,
und versuchen wir, so schnell wie möglich wegzukommen.«

Haggerty blieb Jeffords die Antwort schuldig, denn der

scharfe Knall eines Schusses ließ beide Männer
zusammenzucken. Sand spritzte dicht vor ihnen hoch, wo das
heiße Blei einschlug. Sie sprangen auf, rannten zu ihren
Pferden. Es sirrte und pfiff um sie herum, doch keine Kugel
fand ein Ziel:

»Die wollen gar nicht treffen«, knurrte Haggerty. »Die

wollen uns nur nervös machen – vorläufig wenigstens. Was
aber bezwecken sie damit, verdammt?«

»Soll ich Ihnen dieses Spielchen in Worte übersetzen?«

fragte Jeffords. »Well, mit diesen netten Bleibohnen wollen
uns die Mimbrenjos sagen: hier sind wir, und hier ist unser
Land. Wenn wir wollen, töten wir euch.«

»Bravo, eine wunderbare Predigt.« Haggerty lächelte trotz

der brenzligen Situation. »Geben wir Antwort oder verduften
wir?«

»Verkrümeln wir uns lieber«, erwiderte Thomas Jeffords.

»Mir liegt nichts an dieser Art von Unterhaltung. Übrigens,
John, was sagt Ihr Rüssel?«

»Daß es verdammte Mimbrenjos sind.«
Die Männer zogen sich langsam hinter einen mannshohen

Felsbrocken zurück. Der bot ihnen samt ihren Pferden
Deckung.

John und Thomas rechneten jeden Augenblick damit, daß die

Mimbrenjos Ernst machten und angriffen. Doch nichts rührte
sich. Die Indianer schienen tatsächlich ein teuflisches Spiel mit
den Bleichgesichtern treiben zu wollen.

Obwohl sich kein Krieger zeigte und kein Schuß mehr fiel,

hatten die Männer das untrügliche Gefühl, daß ihnen die
Rothäute wie Schatten folgten.

»Nicht gerade angenehm«, murrte Jeffords, »diese Halunken

als Geisterreiter in der Nähe zu wissen.«

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Sie beschleunigten ihr Tempo, wollten das Territorium

möglichst schnell hinter sich bringen.

Kurz bevor sie das Apachengebiet verließen, geschah es.
Aus einer Talsenke tauchte eine Horde Mimbrenjos auf.

Heulend und johlend ritten sie direkt auf Haggerty und Jeffords
zu.

»Links abbiegen!« schrie Thomas. »Dort hinten ist ein

Engpaß. Da können wir uns wenigstens verteidigen.«

In wildem, halsbrecherischem Galopp jagten die Männer auf

eine Felsbarriere zu. Ein schmaler Spalt tat sich vor ihnen auf.

»Schnell«, drängte Jeffords, »beeilen Sie sich, John! Durch

diesen Spalt kann nur immer einer hindurch. Das ist unsere
Chance. Der Pfad hier führt auf ein Plateau, von dem aus man
runter zur Poststraße reiten kann. Und dort sind wir in
Sicherheit. Da unten endet das Apachenland.«

»Teufel«, entfuhr es Haggerty staunend, »da bin ich

Chiefscout, glaube die Gegend wie meine Westentasche zu
kennen und muß feststellen, daß es doch noch Pfade gibt, die
ich nie geritten bin.«

»Auch ein Postmann kann ein guter Fährtenleser sein«,

bemerkte Thomas. »Doch jetzt heißt es ab mit der Post, Amigo.
Schneller, John, bevor sie unten im Felsspalt auftauchen. Wenn
wir auf dem Plateau sind, können wir sie sehen. Und dann
nichts wie runter.«

Sie erreichten das Plateau, ohne von den Mimbrenjos auch

nur einen Haarschopf zu erblicken.

»Sollte das wirklich nur eines ihrer satanischen Spiele

gewesen sein?« fragte John Haggerty zweifelnd.

Jeffords blickte durch den Feldstecher. Nach wenigen

Sekunden reichte er Haggerty das Glas.

»Dort auf dem Rimm, zu Ihrer Rechten … Ja, genau da

hinüber. Da steht der Grund für das Verschwinden der
Mimbrenjos.«

Was John Haggerty sah, konnte er kaum glauben. Hoch

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aufgerichtet, einer Bronzestatue gleich, stand der berühmte
Häuptling Cochise auf dem Hügelkamm, umgeben von einem
guten Dutzend seiner Krieger.

John pfiff unwillkürlich durch die Zähne.
»Mann, Tom, können Sie mir verraten, wie der Jefe so

plötzlich dort auftaucht? Er muß schon vor uns hier gewesen
sein. Weiß der liebe Himmel, Tom, wie er das völlig
unbemerkt bewerkstelligt hat. Dieser Mann ist und bleibt mir
ein unlösbares Rätsel. Es ist unheimlich und faszinierend
zugleich.«

»Er ist von uns dreien der bessere Fährtenleser«, warf Tom

lächelnd ein. Dann fügte er ernst hinzu: »Es ist sein Land,
vergessen Sie das nicht, John. Und es führen Pfade in die
Bergfeste, von denen wir Weißen nichts ahnen. Jedenfalls hat
uns Cochise durch sein Auftauchen eine Menge Ärger erspart
und unsere Skalps gerettet. Reiten wir.«

Auf der Hinterhand glitten die Pferde den jenseitigen Hang

hinab, jagten in gestrecktem Galopp eine Meile weiter, bis die
Männer sicher sein konnten, nicht mehr verfolgt zu werden. Sie
setzten ihren Ritt fort bis zu einem Seitenarm des San Pedro
River. Dort trennten sie sich.

Thomas Jeffords ritt nach Tombstone, um sich mit Ron

Ballard, dem Postmann, zu treffen.

John Haggerty lenkte seinen Braunen in Richtung Tucson.

*

General Oliver Otis Howard stand vor seiner Unterkunft und
blickte über das Zeltlager, das die Armee östlich von Tucson
aufgeschlagen hatte. Howard, der einarmige General, war
sichtlich nervös. Immer wieder ging sein Blick in die Feme,
wartete er horchend auf sich nähernden Hufschlag.

Doch jedesmal wenn ein Reiter ins Army-Camp geprescht

kam, schüttelte Oliver Howard enttäuscht den Kopf.

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Unruhe erfaßte ihn, Sorge um seinen Chiefscout.
»Wenn er nicht bald auftaucht, gehe ich noch in die Luft«,

murmelte Howard. »Dieser verdammte Kerl.«

»Wie bitte, Sir?« Lieutenant Ascott war neben seinen

Vorgesetzten getreten. »Was meinten Sie, General?«

Der machte eine vage Handbewegung.
»Ach, nichts, Lieutenant. Aus mir spricht nur die

Verschrobenheit eines alten Mannes.«

Lieutenant Ascott, der den General glühend verehrte,

widersprach.

»Aus Ihnen spricht die Weisheit eines erfahrenen Offiziers,

Sir. Sie machen sich Sorgen um Mr. Haggerty, nicht wahr?«

»Allerdings. Auch wenn man ihn einen Freund Cochises

nennt – was er ja meist abstreitet –, die beiden sind trotz allem
öfter Gegenspieler. Und kein Mensch vermag zu ahnen, was
einem Weißen in einer Apacheria alles passieren kann.«

Noch viermal trat Howard bei sich näherndem Hufschlag vor

sein Zelt. Erst der fünfte Reiter war der sehnsüchtig erwartete
Scout.

John Haggerty wurde von den Blauröcken freudig begrüßt.
»Mensch, John, endlich.« Corporal Wagoner stakste dem

Scout entgegen, der sich erschöpft aus dem Sattel gleiten ließ.
»Der General hat sich fast die Augen nach dir ausgeschaut. Er
war so richtig aufgedreht wie eine Lyzeumsschülerin vor dem
ersten Ball.«

Haggerty lachte schallend.
»Mann, weißt du überhaupt, wie diese süßen kleinen Dinger

aussehen und wie sie sich benehmen? Schätze, du hast schon
seit Jahren keine richtige Lady mehr zu Gesicht bekommen.
Bist ja mit der Armee verheiratet. Und nun erzähl, was sich in
meiner Abwesenheit hier so alles getan hat.«

»Oh, 'ne ganze Menge. Das heißt, eigentlich nicht hier im

Camp. Aber in Tombstone war der Teufel los.«

Corporal Wagoner berichtete John Haggerty von dem

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Frontier Bataillon, von den herrschenden Unruhen, der immer
größer werdenden Angst der Zivilbevölkerung vor den
Apachen.

Sie hatten inzwischen Howards Zelt erreicht. Haggerty

übergab dem Corporal seinen Apaloosa.

»Sorge gut für ihn, Pete. Er hat sich eine gehörige Portion

vom besten Hafer verdient.«

»Nun kommen Sie endlich herein«, drang aus dem Zelt

General Howards Baß ungeduldig. »Schätze, mit den
Blaubäuchen können Sie nachher genug reden. Mann,
Haggerty, wo bleiben Sie denn?«

»Bin ja schon da.« John betrat die Unterkunft des

Kommandeurs.

Howard hatte es sich auf einem Feldstuhl bequem gemacht.

Seine Finger trommelten nervös auf der Tischplatte.

»Mann, ich bin keine Rothaut, sondern verliere gelegentlich

die Geduld.« Der General fixierte seinen Chiefscout mit
grimmiger Miene. »Ihren Skalp besitzen sie noch. Wo also, um
alles in der Welt, haben Sie sich herumgetrieben, Pfadfinder?«

John kannte den General. Oliver Howard war trotz seines

martialischen Auftretens ein Mann, der von seinen
Untergebenen geliebt und verehrt wurde. Seine Haltung
entsprach nicht immer seinen Gefühlen. Oliver Howard
verstand es eben meisterhaft, eben diese Gefühle zu verbergen.

»Bevor ich Thomas Jeffords zu Cochise begleiten konnte,

half ich zuerst den Brand am Apachen-Paß löschen, Sir«,
erwiderte Haggerty trocken auf den, wie er wußte, nicht
ernstgemeinten Vorwurf des Generals. »Die Stallungen der
Poststation brannten nieder. Mimbrenjos, General. Sie
schossen mit Brandpfeilen.«

»Na gut, jetzt sind Sie ja hier. Und gesund. Ist die

Hauptsache. Wie lief die Verhandlung mit Cochise? Berichten
Sie, John.«

»Große Pleite, Sir.« Der Scout schüttelte bedauernd den

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Kopf. »Der Jefe behauptet, das Mädchen sei nicht in seiner
Bergfeste. Und er könne keinem Häuptling befehlen,
Gefangene freizugeben. Er war sogar ausgesprochen
unfreundlich, mürrisch. Es gab Augenblicke, da hatte ich das
verdammt unangenehme Gefühl, daß meine Kopfhaut sich
lüftete.«

»Es ist also genau dasselbe wie damals bei dem

Halbblutsohn von Wards Frau. Cochise wird beschuldigt, einen
Gefangenen zu haben, streitet das ab, kann oder will aber nicht
bei seinen verwandten Stammesbrüdern eingreifen. Haggerty,
es ist zum Haareausraufen.«

»Überlassen Sie das mit den Haaren lieber den Skalpjägern

und unseren roten Vettern«, entgegnete John mit Galgenhumor.
»Wie dem auch sei, ich glaube dem Häuptling. Cochise ist kein
Lügner. Die Senorita befindet sich nicht in seinem Lager, Sir.«

»Und was soll ich nun dem Gouverneur von Sonora

berichten, Mr. Haggerty? Daß der Kommandeur sämtlicher
Truppen des Südwest-Territoriums in Arizona unfähig ist,
einem Apachenhäuptling eine Gefangene abzuhandeln?«

»Erzählen Sie ihm lieber, Ihr Chiefscout sei ein lausiger

Vermittler, eine Flasche, Sir.« John zog ein unglückliches
Gesicht. »Es tut mir leid, General. Sie wissen, wie es mich
nervt, wenn eine Mission scheitert.«

»Well. Lassen wir das Thema vorläufig.« Howard erhob

sich, ging unruhig im Zelt auf und ab. John Haggerty mußte
diesen Offizier immer wieder bewundern. Trotz der sichtbaren
Nervosität bewahrte Oliver Howard seine soldatische Haltung,
zeigte keinerlei Schwäche. Kein Außenstehender hätte
annehmen können, der General mache sich Sorgen. Nur wer
ihn gut kannte, wie Haggerty, konnte sich vorstellen, wie es in
dem Mann aussah.

Howard hielt in seiner Wanderung inne, blieb dicht vor dem

Scout stehen und sah ihn lange an.

»Wissen Sie, was sich seit Ihrer Abwesenheit alles hier

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ereignet hat, Haggerty? In Tombstone hat ein zorniger,
ehemaliger Bürgerkriegscaptain einen Haufen ebenso zorniger
Leute um sich geschart und das sogenannte Frontier Bataillon
gegründet. Eine Art Bürgerwehr, eine Miliz. Und mit diesem
Haufen kämpft Bill Freeman gegen die Apachen. Die Bürger
von Tombstone wollen nicht auf die Hilfe der Armee warten,
sie wollen ihre Stadt selbst verteidigen. Well, dagegen wäre
nichts einzuwenden. Schlimm aber ist, daß die Männer dieser
Miliztruppe von Verteidigern zu Angreifern wurden. Verstehen
Sie, was das bedeutet, Haggerty? Diese Männer jagen
Apachen. Und liefern denen dadurch Anlaß, ihrerseits über
Weiße herzufallen. Es ist ein Teufelskreis. Wir werden bald
einen blutigen Indianerkrieg am Hals haben. Ich fürchte, Sie
werden Ihren roten Freund dort oben in den Mogollons in
nächster Zeit kaum besuchen können. Ihre Mission müssen wir
als gescheitert betrachten – leider.«

Was ihm Corporal Wagoner berichtet hatte, fand Haggerty

durch General Howard bestätigt.

»Die Zukunft dieses Landes sieht demnach recht düster aus.«

John Haggerty sagte es mehr zu sich selbst als zu seinem
Vorgesetzten. Und er dachte dabei an seine eigene Zukunft, an
seine Wünsche, die um Tla-ina, Cochises Schwester, kreisten.
»Soll ich es noch einmal versuchen, Sir, bevor es richtig
losgeht?« fragte er dann. »Soll ich noch einmal allein, ohne
Jeffords, zur Bergfeste reiten?«

Howard wischte mit der Hand durch die Luft.
»Sie wollen wohl um jeden Preis das Geld fürs

Haarschneiden in Zukunft sparen, eh? Ich sagte Ihnen bereits,
daß Sie mir mit Ihrem Schopf besser gefallen. Sie bleiben hier,
Mr. Haggerty. So leid es mir auch um das Mädchen und dessen
Familie tut. Ich möchte Sie nicht von der Liste meiner Scouts
streichen müssen. Begreifen Sie doch endlich, wie ernst die
Situation ist, Haggerty. Wenn es richtig losgeht, gibt niemand
mehr Pardon. Auch wenn zwei Männer vorher Freunde

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waren.«

»Ich bin nicht…« begann John, doch General Howard schnitt

ihm kurzerhand das Wort ab.

»Nicht Cochises Freund, ich weiß. Sie sind nicht sein Freund

und Bruder. Sie sagten es schon mindestens hundertmal. Und
wenn Sie es auch tausendmal bestreiten, sein Feind sind Sie
jedenfalls auch nicht. Lassen wir das, Scout. Es führt zu nichts.
Es geht darum, daß Sie begreifen, wie sehr sich die Lage in den
Tagen Ihrer Abwesenheit zugespitzt hat. Wie oft wollen Sie
noch, daß ich mich wiederhole? Sie möchten anscheinend die
Augen vor der Wirklichkeit verschließen. Das hat keinen Sinn.
In dieser Ecke der Vereinigten Staaten wird bald die Erde
brennen, wie Ihr Fr… Äh, wollte sagen, wie der Jefe es so
schön formuliert hat. Er hat es richtig vorausgesehen, der rote
Vetter.«

Haggerty lächelte. Howards Rückzieher machte ihm Spaß.
»Genau, Sir. Unser roter Vetter. Ihrer Meinung nach war also

die Idee mit der Miliz nicht sehr glücklich. Sie sähen es lieber,
wenn die Bürger sich auf die Hilfe der Army verließen, statt zu
eigenen Maßnahmen zu greifen, Sir?«

»Genau. Sie sollten sich jetzt ein paar gute Tage gönnen,

John, bevor es zu spät dazu ist und die Armee Sie wieder
benötigt. Nehmen Sie Urlaub und schlafen Sie sich aus.«

»Danke, Sir. Ich werde nach Tombstone reiten und mich mit

Tom Jeffords treffen. Sollten Sie mich vorzeitig benötigen, Sir,
Ihr Bote findet mich an der gewohnten Adresse.«

John Haggerty trat nachdenklich aus dem Zelt. Er wollte ein,

zwei Stunden ruhen und sich gegen Abend auf den Weg nach
Tombstone machen. Der Scout machte ein düsteres Gesicht.
Und genauso düster waren seine Gedanken.

*

Kaum hatten Jeffords und Haggerty die Bergfeste verlassen,

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rief Cochise seine Krieger zusammen.

»Ich gab dem Weißen vom Apachen-Paß mein Wort, daß die

rollenden Wickiups der Butterfield Overland ungehindert unser
Land passieren können.« Der Jefe lächelte spöttisch. »Aber ich
versprach nicht, keinen Raubzug mehr nach Mexiko zu
unternehmen.«

Die Umstehenden lachten. Der Häuptling fuhr fort:
»Wir wollen also reiten, meine Brüder. Unsere Kinder und

Alten brauchen kräftige Nahrung, unsere Frauen und jungen
Mädchen wollen Schmuck und Stoffe für Kleider.«

Begeisterte Rufe wurden laut. Bald war die ganze Apacheria

auf den Beinen. Trotz der frühen Stunde waren die Männer
bald zum Ritt bereit.

Ein hagerer, auffallend großer junger Mann trat zu Cochise.
»Darf ich mitreiten, Häuptling?«
Cochise musterte ihn nachdenklich, skeptisch. Der junge

Mann war kein starker Krieger, kein Muskelprotz, oft kränklich
und wurde daher meist von allen gefährlichen Aktionen
ausgeschlossen. Dafür besaß er ein hohes Maß an Intelligenz.

»Warum möchte Keeta uns gerade auf diesem Streifzug

begleiten?« wollte der Jefe wissen. »Es gibt keine Skalps zu
holen. Wir werden nur die Reichen mit unserm Besuch
beglücken«, antwortete Cochise lächelnd.

Keeta blickte verlegen.
»Mein Vater hat mir erzählt, drüben gäbe es schöne

Mädchen«, sagte er schüchtern. »Der Häuptling weiß, daß
Keeta nicht leicht eine junge Squaw bekommt. Die Mädchen
wollen starke, mutige Männer, Krieger, die ihnen reiche Beute
heimbringen. Mein Vetter sagt, die Mexikanerinnen seien nicht
wählerisch, sie nähmen jeden Mann. Deshalb möchte ich dabei
sein, Häuptling, um mir ein Mexikanermädchen
mitzubringen.«

»Eines rauben wäre wohl richtiger gesagt«, entgegnete

Cochise. »Höre, Keeta. Wir wollen zwar reiche Beute machen,

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ob wir aber Frauen und Mädchen entführen, das steht nicht
fest. Wir werden sehen, wenn wir dort sind. Dazu brauchst du
aber nicht mitzureiten, Keeta. Bringen wir Mexikanerinnen
mit, werden sie erst hier zugewiesen, das weißt du. Es wird
alles seine Ordnung haben. Wenn sich Keeta endlich eine junge
Squaw wünscht, wird er sich eine aussuchen dürfen. Cochise
möchte lieber, daß Keeta dem Schamanen hilft.«

Letzteres war kein Befehl, nicht mal eine Bitte, sondern nur

ein diplomatisch formulierter Vorschlag. Es war nicht Cochises
Art, seinen Leuten zu befehlen. Der von den Weißen so
gefürchtete Apache war im Umgang mit seinen
Stammesbrüdern eher sanft als herrisch. Der junge Keeta sah
seinen Häuptling aus traurigen Augen an.

»Es wird keinen guten Eindruck auf ein Mädchen machen,

wenn es erfährt, daß sein zukünftiger Ehemann dem Kampf
ausweicht.«

Väterlich legte Cochise dem Jungen eine Hand auf die

Schulter, sah ihn ermutigend an.

»Keeta sollte nicht so viel grübeln. Mexikanerinnen denken

anders als Apachinnen. Mexikanische Männer sind meistens
herrschsüchtig und launenhaft. Ich denke, ein Mädchen würde
froh sein, einen ruhigen Ehemann zu bekommen. Ich würde
mir Sorgen um dich machen. Denn wir werden schnell reiten
müssen, Keeta.«

Der Jungkrieger nickte.
»Enju, Nantan, Keeta wird zum Schamanen gehen. Vielleicht

habe ich heute Glück, und es kommt eine junge Squaw in die
Apacheria, der ich gefalle.«

Besorgt blickte der Jefe dem Jungen nach. Er mochte diesen

stillen Menschen. Cochise war ein Mann, dem das Wohl seiner
Leute am Herzen lag. Doch es war nicht die Zeit, zu grübeln.

Der Jefe schritt zu seinem Pferd, das ihm seine Squaw

gebracht hatte, saß auf und nickte Keeta noch einmal
aufmunternd zu.

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Dessen Vetter ritt neben ihm, beugte sich aus dem Fellsattel.
»Ich werde das schönste Mexikanermädchen für dich

rauben«, flüsterte er. Dann trieb er seinen Mustang an, folgte
den Gefährten.

*

Cochise setzte sich an die Spitze seiner Krieger. Noch
brauchten sie nicht besonders vorsichtig zu sein, weil sie sich
auf Apachenland befanden. Trotzdem schickte Cochise Späher
voraus. Er wollte sicher sein, daß sich kein Militär in der
Apacheria aufhielt.

Gut gelaunt ritten die Chiricahuas der mexikanischen Grenze

entgegen. Sie freuten sich auf diesen Raubzug, der ihnen
endlich wieder reiche Beute bringen sollte, denn es lagen
einige große Haziendas auf ihrer Strecke.

Niemand bemerkte den Kriegertrupp, als die Chiricahuas die

Grenze überschritten. Cochise nahm einen andern Weg als
gewöhnlich. Seine Späher hatten ihm von einer riesigen,
neuerbauten Hazienda berichtet. Daß viele Vaqueros dort
arbeiteten, störte den Häuptling nicht. Seine Männer waren
tapfere Krieger und gewohnt, gegen eine zahlenmäßige
Übermacht zu kämpfen. Die List der Chiricahuas machte das
wett.

Bald schon lag der herrliche Besitz vor ihnen. Die Apachen

verhielten hinter einem Hügel, von dessen Kuppe aus Cochise
das Anwesen beobachtete. Neben ihm standen nur sein Sohn
Naiche und Juan, ein muskulöser Krieger, der eine gute
Kombinationsgabe besaß. Als Weißer hätte er es in der Armee
bestimmt bis zum höheren Offizier gebracht.

»Die Vaqueros sind fast alle auf der Weide«, kommentierte

Juan nach einiger Zeit seine Beobachtungen. »Ich werde mich
mit ›Schneller Fuß‹ näher an die Hazienda heranschleichen, um
festzustellen, wie viele Männer in der Nähe sind.«

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Der Häuptling nickte. Er blieb mit Naiche auf dem Hügel,

wollte die Hazienda im Auge behalten, bis Juan das
verabredete Zeichen gab.

Als der Ruf eines Bussards erscholl, wandte sich Cochise

seinen Kriegern zu, die in der Talsenke warteten. Er stieß den
rechten Arm vor, und die Indianer preschten aus der Deckung.
Die Hufe ihrer kleinen, wendigen Ponys hämmerten den
Boden.

Als die Haziendabewohner auf den heranstürmenden

Reiterpulk aufmerksam wurden, war es schon zu spät. Die
Chiricahuas waren bereits im Hof, während die anwesenden
Männer ins Haus rannten, um ihre Waffen zu holen. Johlend
und schreiend folgten ihnen die Apachen.

Ein erbarmungsloser Kampf begann.
In einem der hinteren Räume des Hauses hörte Cochise eine

Frau schreien. Eine andere fluchte. Der Häuptling drang in den
Raum ein. Fast hätte er beim Anblick, der sich ihm bot, laut
gelacht. Juan war in ein Handgemenge mit einer wohlbeleibten,
ältlichen Mexikanerin verwickelt. Sie keifte und schimpfte mit
Stentorstimme, fluchte wie ein Mississippiskipper.

Der muskulöse Juan versuchte vergeblich, ihre Handgelenke

zu umklammern. Gelang es ihm, ihre Rechte zu fassen, knallte
sie ihm die Linke um die Ohren oder umgekehrt. Sie trat und
biß nach ihm. Dem Indianer brach trotz seiner Kraft der
Schweiß aus.

Hinter der Frau, an die Wand gepreßt, stand ein junges

Mädchen von unbeschreiblicher Schönheit.

Sanfte dunkle Augen starrten den Häuptling voll Angst und

Schrecken an.

Mit einem langen Schritt war Cochise neben der Alten,

drängte sie zur Seite. »Pack sie«, forderte er Juan auf. »Pack
sie an den Haaren, dann gibt sie hoffentlich auf. Ich nehme das
Mädchen.«

Blitzschnell drückte der Häuptling dem Mädchen eine Hand

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auf den Mund, bevor es erneut schreien konnte. Juan rang noch
immer mit der Alten.

»Sei still«, zischelte der Jefe dem Mädchen zu, »es geschieht

dir nichts, wenn du nicht schreist. Ich nehme dich mit in mein
Dorf. Kein Mensch wird dir ein Haar krümmen. Wir brauchen
junge, gesunde Frauen für unsere jungen Männer.«

Keeta fiel ihm ein. Dieses bildschöne Wesen würde dem

Jungen gefallen.

Cochise zerrte die Senorita aus dem Haus, lief mit ihr zu den

wartenden Pferden. Merkwürdigerweise leistete sie nicht den
geringsten Widerstand. Cochise hob sie auf sein Pferd, sah
grinsend zu, wie Juan die zeternde, dicke Mexikanerin
anschleppte.

»Schön ist sie ja nicht«, sagte der Krieger lächelnd, »doch

ich denke, daß sie gut kochen kann. Und kräftig ist sie auch.
Sie wird gut arbeiten können.«

Pilar, die dicke Mexikanerin, gab ihm als Antwort eine

schallende Ohrfeige. Juan gluckste vor Lachen, kniff sie in das
wohlgerundete Hinterteil, was ihm einen Tritt und einen
ellenlangen Fluch einbrachte. Juan lachte Tränen.

Aus dem Wohnhaus brachten die Krieger große Mengen an

Lebensmitteln, Kleidern, Geld und Wertsachen. Aus den
Ställen und von der Koppel wurden wertvolle Zuchtpferde
getrieben.

Die Chiricahuas schleppten zwei junge Mädchen herbei.

Beide waren schön. Doch ihre Anmut konnte dem Vergleich
mit der Gefangenen von Cochise nicht standhalten.

In aller Eile verstauten die Apachen ihre Beute, dann

preschten sie in gestrecktem Galopp davon, der Grenze zu.

Als sich der Kriegertrupp jenseits der amerikanischen Grenze

befand und eine Verfolgung nicht mehr zu befürchten brauchte,
zügelte der Jefe das Tempo.

»Wie heißt du?« fragte er das Mädchen, das reglos und

stumm vor ihm im Fellsattel hockte, während die beiden

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andern mexikanischen Mädchen leise weinten, die dicke
Matrone noch immer zeterte.

»Ich bin Maria del Soccora, die Nichte des Hazienderos,

dessen Besitz ihr überfallen habt«, erwiderte sie. »Die dicke
Senora ist Pilar, unsere Köchin. Die beiden Senoritas sind
Carmen und Maddalena. Sie arbeiten für meinen Onkel.«

»Du scheinst keine Angst mehr zu haben, das wundert

mich.« Cochise sah das Mädchen fragend an. »Warum hast du
geschrien, als wir in das Haus eindrangen? Und jetzt sieht es so
aus, als kämest du gern mit.«

Marias Mund verzog sich. Ihre Augen wurden hart.
»Ich weiß nun, was ihr mit uns vorhabt. Du selbst hast

gesagt, eure jungen Männer brauchten Frauen. Wenn du
wüßtest, was mein Onkel mit mir plante, würdest du verstehen,
daß ich das Leben in einem Jacale vorziehe. Vielleicht gefällt
mir einer deiner Krieger. Zuerst hatte ich furchtbare Angst,
weil ich glaubte, der große, muskulöse Indianer wolle Pilar und
mich töten.«

Der Chiricahuahäuptling stellte keine weiteren Fragen. Er

versuchte nicht, von Maria zu erfahren, welche Pläne ihr Onkel
gehabt hatte. Cochise war befriedigt zu hören, daß das
Mädchen bereit war, sich in sein neues Leben zu fügen. Er
hoffte, daß der junge Keeta auf diese Weise sein Glück fand.

Nur wenige Weiße hielten die Rothäute für fähig,

menschliche Regungen zu empfinden. Und wohl kaum jemand
hätte den gefürchteten Cochise für einen um das Wohl seiner
Stammesbrüder besorgten Häuptling gehalten.

Die Beute der Chiricahuas war beachtlich. Außer den Waren

und Waffen brachten sie drei junge, schöne Frauen mit, die den
Chiricahuas Söhne und Töchter gebären sollten. Nicht zu
vergessen, die dicke Pilar, die eine gute Arbeitskraft abzugeben
versprach.

Cochise war zufrieden. Die Alten und Kinder brauchten nicht

mehr zu hungern, die jungen Frauen konnten neue Kleider

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tragen. Und Schmuck. Kostbare Juwelen, wie sie die reichen
weißen Ladies trugen. Nicht solch wertlosen Kram, wie ihn die
Händler zum Tausch boten.

*

Thomas Jeffords fand Ron Ballard, den derzeitigen
Postmeister, in seinem Office vor. Mißmutig starrte Ballard auf
seinen Besucher.

»Was gibt's, Jeffords? Schießen Sie los, die Zeit drängt. Ich

habe Kohldampf und wollte gerade ins Speisehaus.«

»Ich habe nicht nur Hunger«, entgegnete Jeffords grimmig,

»ich bin auch müde, verstaubt, dreckig. Ich möchte nicht nur
ein tellergroßes Steak mit Bohnen, Bratkartoffeln, einen halben
Apfelkuchen und Kaffee, so schwarz wie die Sünde. Ich
möchte vorher ein heißes Bad, duftende Seife, frische Wäsche
und Kleider. Und meine geschundenen Knochen in einem
weichen Bett ausstrecken. Zuerst aber ist es meine Pflicht,
Ihnen Bericht zu erstatten über die Ereignisse am Paß, über die
Kutschen Ihrer Overland Mail. Und Sie werden mir zuhören,
Mr. Ballard. Danach können Sie sich meinetwegen stundenlang
Ihren Bauch vollschlagen. Aber zuerst werden Sie mich
anhören.«

Ron Ballard japste vor Empörung. Seine Froschaugen

schienen ihm aus den Höhlen zu fallen.

»Sie haben wenig Respekt vor einem alten Mann«, raunzte

er. »Ich bin immerhin sechzig. Sie sind im Vergleich zu mir ein
grüner Junge. Ich habe Sie als wohlerzogenen Menschen
kennengelernt. Was ist mit Ihnen los, Jeffords?«

»Ich bin hundemüde. Und noch eins: für mich ist nicht das

Alter eines Mannes ausschlaggebend.« Es kam ziemlich bissig.
»Ich respektiere jeden Mann jeden Alters, falls er es verdient.«

Ballard schluckte. Thomas Jeffords war an diesem Tag

mürrisch und gereizt, in seiner Eitelkeit tief gekränkt. Wie

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konnte ein Mann es wagen, ihm – Ron Ballard – zu
widersprechen? Trotz allem wollte es sich der Postmeister
nicht mit Jeffords verderben. Der war ein für die Butterfield
Line wichtiger Mann. Ballard nahm sich vor, seinen Unmut zu
dämpfen.

Der Postmeister räusperte sich.
»Mr. Jeffords, trinken wir ein Glas Whisky zusammen.

Dabei können wir alles in Ruhe besprechen. Vergessen wir
unsere Eile.«

Jeffords nickte. Ballard war kein übler Kerl, nur etwas

überheblich. Vielleicht war sein Benehmen unbewußte Abwehr
gegen seine Umwelt. Wahrscheinlich wußte Ron Ballard, daß
man ihn in Tombstone Fatty nannte, Karpfen oder
Mondgesicht. Und dieses Wissen machte ihn aggressiv gegen
jeden nur irgendwie gutaussehenden Mann.

»Wir dienen der Butterfield mehr, wenn wir uns vertragen,

Mr. Ballard«, sagte Jeffords lächelnd. »Well, trinken wir ein
Glas. Währenddessen berichte ich Ihnen von den letzten
Ereignissen. Danach steht Ihrem Abendessen und meinem
heißersehnten Bad wohl nichts mehr im Weg.«

Ein wirklich sauberer, adretter Mensch, dachte Ballard. Mein

erster Eindruck damals beim Kennenlernen hat mich nicht
getäuscht. Dann sagte er:

»Daß die Stallungen am Paß niedergebrannt sind, habe ich

bereits erfahren, Jeffords. Doch auch hier in der Town hat sich
einiges getan.«

»Sie meinen das Frontier Bataillon, Sir?«
»Genau. Ah, Sie haben sicher davon im Armee-Camp gehört,

oder?«

»Nein, Sir. Ich ritt direkt hierher. Aber, ich habe gute Ohren.

Die Tombstoner verstehen es, lauthals mit ihren Taten zu
prahlen. Jemand, der nur halbwegs gute Ohren hat, muß einiges
mitbekommen, wenn er über die Main Street reitet.«

»Ich weiß nicht, ob dieser ›Lion‹ Bill Freeman mit der

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Gründung der Miliztruppe eine gute Idee hatte, Jeffords. Mit
dieser Bürgerwehr fordern die Leute den Zorn der Apachen
noch mehr heraus. Und schließlich wird die Butterfield
darunter leiden.«

Wieder einmal dachte Tom Jeffords, daß Ron Ballard

sozusagen mit der Butterfield verheiratet war. Er kämpfte um
die Rechte der Gesellschaft, feilschte um jeden Cent in einer
Weise, als wäre es um seine persönlichen Interessen gegangen.

Als Thomas den Bericht über sein Abkommen mit Cochise

beendet hatte, rieb sich Ron Ballard die Hände.

»Das haben Sie großartig hingekriegt, Jeffords. Es ist Ihnen

gelungen, dem roten Gauner ein Versprechen abzuringen.
Hoffentlich hält der Schurke sein Wort.«

»Cochise ist nicht der Typ, der ein gegebenes Wort bricht«,

entgegnete Jeffords überzeugt, wütend über Ballards Art.

»Warten wir's ab«, kam es skeptisch von Ballard. »Ich kann

nur hoffen, daß der rote Vetter dem edlen Bild entspricht, das
Sie ständig beschreiben.«

Dies klang spöttisch. Ballards Froschaugen musterten

Jeffords, doch der Stationsagent beherrschte sich.

»Nun«, fuhr Ballard fort, »mich werden die Sorgen um die

Zustände hier bald nicht mehr drücken, Jeffords. Ich hoffe für
meinen Nachfolger, daß alles glattgeht.«

»Ja, Sir.«
Bald darauf verließen beide Männer das Office.
Ron Ballard ging ins Restaurant, während Tom Jeffords sich

zum Hotel begab und endlich zu seinem Bad kam.

Bald darauf ließ er sich ein Riesensteak servieren und

brachte es fertig, drei Portionen Apfelkuchen zu verspeisen.

Und nach dieser reichlichen und genüßlichen Mahlzeit fand

Thomas Jeffords die Welt trotz aller Probleme doch irgendwie
in Ordnung und das Leben noch immer lebenswert, wenn auch
oft voller Gefahren. Doch für einen Mann wie ihn bestand
gerade darin der Reiz, dieses Leben zu lieben und ihm die

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besten Seiten abzugewinnen.

*

Buck Tinatra befand sich im Zwiespalt mit sich selbst. Er
wußte, daß Jeffords es nicht gern sah, wenn einer seiner Helfer
während seiner Abwesenheit die Station verließ. Bei einem
Indianerangriff wurde jede Hand gebraucht. Und Buck Tinatra
war der schnellste und sicherste Schütze in der Poststation.

Doch gerade diese Tatsache war es, die Sergeant Geoffrey

veranlaßt hatte, den Revolvermann um seine Begleitung zu
bitten.

»Bis nach Fort Bliss ist es nicht mehr weit, Mr. Tinatra«,

sagte Geoffrey. »Im Falle eines Angriffs wären Sie eine
wertvolle Hilfe. Zumal ich die beiden Verwundeten wohl oder
übel hierlassen muß. Die brauchen einen Wagen. Es wäre
unmöglich, die Männer reiten zu lassen. Und
unverantwortlich.«

»Warum kommt dieser Captain nicht mit einer starken

Patrouille her und holt seine Braut ab?« warf Tinatra ein.
»Mann, ich an seiner Stelle hätte keine ruhige Minute mehr,
wüßte ich das Mädchen hier am Paß.«

»Er ist nicht der Kommandeur des Forts«, sagte Geoffrey.

»Wenn der Reiter, den ich losschickte, um von dem Überfall zu
berichten, durchkam, wird man von Fort Bliss aus eine
Patrouille in Marsch setzen, nehme ich an.«

»Und wenn dieser Bote nicht durchkam, eh?« Buck Tinatra

fühlte, wie ihn die Sorge um Hester Hattings quälte. Er fragte
sich, wie wohl Thomas Jeffords gehandelt hätte, wäre er hier
gewesen.

Er ist aber nicht hier, dachte der Revolvermann, und diesmal

mußt du allein entscheiden, Buck Tinatra.

Der Wunsch, dem Mädchen in Gefahr nahe zu sein, es zu

beschützen, siegte über das Pflichtgefühl als Posthelfer.

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»Wann gedenken Sie loszureiten?« fragte Tinatra den

Sergeant.

»Morgen in aller Frühe, wenn sich alle ausgeruht haben.«
»Ich werde Sie begleiten.« Tinatra hatte sich entschieden.

»Wenigstens so weit, bis wir auf Soldaten aus Fort Bliss
stoßen.«

»Mann, Buck, du bist verrückt«, schimpfte Larry Osborne.

»Tom wird nicht von deiner Eigenmächtigkeit begeistert sein.«

»Bin ich selbst nicht«, brummte Tinatra, »aber der Gedanke,

die Blaubäuche allein mit der Lady losziehen zu lassen, Larry,
der läßt mich nicht zur Ruhe kommen.«

Osborne starrte den Freund durchdringend an, dann pfiff er

durch die Zähne.

»Verstehe«, sagte er grinsend.
»Nichts verstehst du«, fauchte Tinatra. »Du bist ein

Strohkopf, Larry.«

»Ich glaube, du hast bereits einen anderen Mann so tituliert.«

Osborne lachte und brachte sich vor Tinatras zupackender
Faust in Sicherheit.

*

Am nächsten Morgen brachen sie auf. Fast zur gleichen Zeit
preschte eine Patrouille unter Führung des blutjungen
Hauptmanns Markus Lane aus Fort Bliss.

Nebel hüllte das Land ein, ließ die Konturen der Berge und

Felsmassive nur schemenhaft erscheinen.

Es war lausig kalt, die Soldaten froren. Die Vorstellung, daß

irgendwo Apachen lauerten, trug nicht dazu bei, die Stimmung
zu heben.

Captain Markus Lane war sichtlich nervös, unsicher. Ihm

fehlte die Erfahrung, die ein Mann nun einmal in einer solchen
Situation brauchte.

Nur ungern hatte der Kommandeur dem jungen Offizier die

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Führung der Patrouille übertragen. Lane jedoch hätte sich in
seiner Ehre gekränkt gefühlt, wäre die Wahl des Majors auf
einen anderen Offizier gefallen, der Lanes Braut vom Apachen
Paß abholen sollte. So konnte der Kommandant von Fort Bliss
nichts weiter tun, als dem unerfahrenen Offizier wenigstens
einen seiner alten Haudegen mitzugeben: Sergeant Namarra.
Der war klug genug, seine Ratschläge dem Captain so
beizubringen, daß es nachher aussah, als stammte die
Entscheidung von Lane.

Und Markus Lane war unerfahren genug, Namarras Manöver

nicht zu durchschauen.

Lane und Namarra ritten an der Spitze der Patrouille, ihnen

eine Meile voraus der Scout. Namarra hatte darauf bestanden,
einen der Pfadfinder mitzunehmen, obwohl Lane eingewandt
hatte, es gäbe ja nichts auszukundschaften, er wolle lediglich
seiner Braut entgegenreiten.

Namarra hatte dem Offizier erklärt, eine Patrouille ohne

Scout gliche einer Herde ohne Leittier. Und er wolle doch
gewiß einen guten Eindruck auf seine Braut machen.

Während des Rittes blickte Sergeant Namarra verstohlen auf

seinen jungen Vorgesetzten. Sorge drückte die Miene des
Offiziers aus, aber auch eiserne Entschlossenheit.

»Da ich Sie für einen einsichtigen Mann halte, werden Sie

wahrscheinlich anordnen, die Pferde einige Meilen in Trab
fallen zu lassen und dann eine Pause einzulegen«, sagte der
Sergeant. »Wir müssen jeden Moment mit einem Überfall
rechnen, Sir. Und müde Pferde taugen in Augenblicken der
Gefahr nichts. Und Apachenponys sind flinke Renner. Aber
das wissen Sie wohl besser als ich.« Der Sergeant war ein guter
Diplomat. »Sagen Sie mir, wann Sie eine Rast einzulegen
gedenken, Sir. Ich gebe Ihren Befehl dann an die Männer
weiter.«

Namarra, sah, wie Markus Lane schluckte. Sein glattes

Gesicht drückte Verwunderung aus. Sekundenlang schien er

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verwirrt zu sein und zu überlegen. Dann hatte er sich gefangen.

»Ah ja, natürlich, Sergeant. Ich war in Gedanken und vergaß

die Zeit. Nach zwei Meilen sind wir bei dem kleinen
Cottonwood-Wald. Dort lassen Sie die Leute absitzen.«

Lane hatte kaum ausgesprochen, als er den Scout entdeckte,

der in voller Karriere zurückgeprescht kam. Vor dem Captain
parierte er sein Pferd.

»Sir, Mimbrenjos!« kam es keuchend über die Lippen des

Kundschafters. »Sie liegen auf den Canyonrändern über der
Schlucht und warten sicherlich darauf, daß wir erscheinen.«

»Sie können doch unmöglich schon bis zum Canyon geritten

sein, Scout. Kennen Sie die Gegend nicht mehr, oder wollen
Sie uns auf den Arm nehmen?« fauchte Lane.

»Ist doch klar, daß ich nicht so weit kam«, verteidigte sich

der Scout, ein ledergesichtiger Typ mittleren Alters, erfahren
geworden auf unzähligen Patrouillenritten. »Genau dort hinten,
wo die Straße eine Biegung macht, kam mir ein Reiter im
Galopp entgegen, Sir. Eben dieser Mann machte mir die wenig
erfreuliche Mitteilung. Er verstand übrigens nicht, wieso ihn
die Mimbrenjos ungeschoren hatten passieren lassen. Zumal er
sie erst sah, als …«

»Was genau erzählte Ihnen der Mann?« unterbrach Lane ihn.

»Es könnte ebensogut eine Falle sein. Wiederholen Sie seine
Worte, Scout! Und zwar exakt, wenn ich bitten darf.«

»Er kam wie der Leibhaftige angesaust«, berichtete der

Scout, »zügelte seinen abgehetzten Gaul erst, als er mich sah.
Wortwörtlich sagte er: ›Sie sind Armeescout, Mister, eh? Das
sehe ich an Ihrer Kleidung. Reiten Sie so schnell wie möglich
zu Ihren Leuten zurück, und berichten Sie Ihrem
Patrouillenführer, daß auf den Canyonrändern fünf Meilen
hinter mir Mimbrenjos lauern. Warum sie mich durchließen, ist
mir schleierhaft, zumal ich sie erst bemerkte, als ich mitten im
Canyon steckte, und sie mich wie einen Hasen hätten abknallen
können. Die müssen auf irgend jemand warten!‹ So sagte der

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Mann, Sir, Captain. Dann ritt er wie von Furien gehetzt nach
Westen.«

Markus Lane war blaß geworden.
»Hester«, flüsterte er erstickt, »mein Gott! Die Soldaten sind

sicher schon mit meiner Braut vom Apachen-Paß
aufgebrochen. Großer Lord im Himmel. Was sollen wir jetzt
machen, Sergeant Namarra?«

Um dessen Lippen spielte ein vages Lächeln. Es war zum

erstenmal, seit er den jungen Lane kannte, daß der Offizier ihn
direkt um einen Rat fragte. Nach kurzem Nachdenken schlug er
vor:

»Wir reiten wie vorgesehen bis zum Cottonwood-Wald. Dort

können uns die Mimbrenjos noch nicht entdecken. Danach
müssen wir uns möglichst unbemerkt und leise an den Feind
heranschleichen. Wenn ich sage leise, Captain, dann meine ich
so leise wie ein liebeskranker Kater, der das angebetete
Katzenfräulein anschleicht. Und nicht wie eine Herde
Elefanten im Busch. Die Pferde werden natürlich am Zügel
geführt. Und jeder sorgt dafür, daß sein Pferd die Futterluke
nicht aufreißt und nach Artgenossen schreit, die keine Eisen
tragen. Das Heranrollen der Kutsche werden wir hören, wenn
wir nahe genug heran sind. Wagen die Roten den Überfall auf
die Concord, woran ich nicht zweifle, werden wir wie die
Rachegötter der alten Griechen unter sie fahren.«

Markus Lane wurde noch um einen Schein bleicher. Die

Vorstellung, vielleicht mit ansehen zu müssen, wie die Indianer
die Kutsche verfolgten, in der Hester saß, war ihm so
unerträglich, daß er zu zittern begann.

»Ruhig Blut, Captain, Sir«, flüsterte Namarra dem Offizier

zu. »Ich kann mir denken, wie Ihnen zumute ist, was Sie
empfinden. Aber unsere Leute dürfen nicht merken, daß Ihnen
das an den Nerv geht. Sie führen diese Patrouille. Vergessen
Sie das keinen Augenblick. Geben Sie einen Befehl, sagen Sie
ein Wort, aber reißen Sie sich zusammen, Captain.«

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Lane schluckte. Heftig stieß er den Atem aus. Seine Stimme

klang rauh und unnatürlich, als er sagte:

»Also, Männer, befolgen wir Namarras Rat. Wir werden es

schon überleben.«

Vorsichtig, angeführt von ihrem Kundschafter, ritten die

Soldaten im Schritt bis zum Cottonwood-Wald. Dort saßen sie
ab, gönnten sich und den Tieren eine kurze Rast.

Captain Lane trieb bald zum Aufbruch. Wieder setzte sich

der Scout an die Spitze des kleinen Trupps. Sergeant Namarra
sicherte am Schluß, bis der Scout eine Hand hob. Die Männer
gingen in Deckung. Der Sergeant nahm seinen Platz wieder
neben dem Captain ein, denn der erfahrene Kämpfer spürte die
Nervosität, die Unsicherheit des jungen Offiziers.

Im Gänsemarsch, die Pferde am Zügel führend, bewegten

sich die Soldaten auf den Eingang des Canyons zu. Für die
Patrouille aus Fort Bliss bedeutete es ein großes Glück, daß die
Mimbrenjos ihre ganze Aufmerksamkeit auf die
entgegengesetzte Richtung konzentrierten.

Doch auch an der rechten Seite hatten sie bestimmt Wachen

postiert, davon war Namarra überzeugt. Dem Kundschafter
brauchte er jedoch keine Vorsicht einzuschärfen. Ned Palmer
war so schlau, so wieselflink und so gerissen wie ein
Vollblutapache. Er stand einem Indianer in nichts nach und war
ein von allen Apachenstämmen gefürchteter Scout.

Sekunden dehnten sich zu Minuten. Aus denen wurde eine

halbe Stunde. Die ungeheure Spannung zerrte an den Nerven
der wartenden Männer. Nach einer endlos scheinenden Zeit
vernahmen die angestrengt lauschenden Soldaten fernes
Räderrollen.

Die Kutsche!
Captain Lane wollte sich auf sein Pferd schwingen und

lospreschen.

Im letzten Augenblick gelang es Sergeant Namarra, den

Offizier in seinem Eifer zu stoppen.

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»Ich muß zu Hester«, krächzte Lane mit versagender

Stimme. »Und wenn ich allein reite.«

»Sie Narr!« zischelte der Haudegen Namarra. »Was würde es

Ihrer Braut nützen, wenn wir alle getötet werden? Die
Mimbrenjos stoppen die Concord, greifen die
Begleitmannschaft an, krümmen dem Mädchen aber kein Haar.
Wir müssen in dem Moment losschlagen, wo die Rothäute ihre
ganze Aufmerksamkeit auf die Kutsche richten. Wir müssen
die böse Überraschung für sie sein, wenn wir das Mädchen und
möglichst auch die Männer retten wollen.«

Captain Lane preßte die Lippen zusammen. Die

Zurechtweisung durch seinen Untergebenen war berechtigt, das
sah er ein.

Als der schrille, markerschütternde Kriegsschrei der

Apachen die lastende Stille durchbrach, gab Namarra das
Zeichen.

Die Soldaten saßen auf, entsicherten die Gewehre. Dann

brachen sie aus der Deckung hervor, bogen in den Canyon ein.

Eine halbe Meile vor ihnen ritten die Apachen der schweren

Concord entgegen.

*

»Sie kommen, sie kommen!«

Eine Frau schrie die Worte voller Freude und lief auf die

Heimkehrenden zu.

Der Ruf setzte sich fort, erreichte die letzte Hütte in der

Apacheria. Frauen und Kinder kamen herbei, Greise trippelten
zum Dorfeingang.

Die vom Beutezug zurückkehrenden Krieger wurden von den

Daheimgebliebenen mit Jubel begrüßt.

»Cochise! Cochise! Sein Name ist gerufen!«
So begannen einige Squaws zu singen, bildeten einen Kreis

und tanzten. »Cochise, Cochise! Er reitet allen voran. Sein

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Name ist gerufen!«

Der Gesang wurde lauter, schwoll an und erfüllte das

Felsenrund der Bergfeste. Das Echo wurde von den Wänden
hundertfach zurückgeworfen.

Die Tänzerinnen bildeten einen weiteren Kreis rings um ein

helloderndes Feuer, immer wieder Cochises Ruhm besingend,
bis sie sich in Ekstase gebracht hatten.

Neben dem Häuptling ritt die blutjunge Maria del Soccora.

Ihre erstaunt blickenden Augen nahmen das fremdartige,
heidnisch anmutende Bild, das sich ihr bot, wahr, ohne es
unheimlich zu finden, oder Angst zu verspüren.

Cochise suchte Keeta. Nach einer Weile sah er den jungen

Mann neben einer älteren Squaw, seiner Mutter, stehen.

Ihre Blicke trafen sich. Um den harten, schmallippigen Mund

des Jefe spielte ein Lächeln. Die Augen des jungen Mannes
weiteten sich. Er starrte Maria an, als wäre sie das erste
weibliche Wesen, das er zu Gesicht bekam.

Cochise nickte Keeta zu, und musterte ihn scharf.
Keeta verstand. Der Jefe hatte dieses Mädchen für ihn

bestimmt. Später, wenn die Feuer brannten und der Häuptling
die Beute unter seinen Leuten verteilte, wollte er Keeta dieses
bildhübsche Mädchen zusprechen.

Der Junge freute sich unbändig. Seine schwarzen Augen

leuchteten. Bald sollte die fremde Schönheit ihm gehören und
seine Squaw werden. Zum erstenmal, seit er Mann geworden
war, fühlte sich Keeta den andern Jungkriegern gleichwertig.
Daß der Häuptling ihm, dem Kränklichen, dieses wunderbare
Geschöpf zugedacht hatte, bewies, daß der Jefe ihn achtete.

Cochise war seinem Stamm ein gerechtes Oberhaupt. Er

verteilte die Beute zuerst unter die Armen, an die Witwen oder
Familien mit zahlreichen Kindern. Die beiden Mädchen
Maddalena und Carmen wurden jungen Kriegern zugeteilt, die
sich im Kampf stets besonders hervortaten.

Juan beanspruchte die dicke Pilar für sich. Sie sollte als

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Sklavin für ihn arbeiten. Da Cochise fand, daß Juan mit drei
Squaws mehr als genug Arbeitskräfte in seinem Jacale hatte,
sprach der Jefe die Mexikanerin einer Familie zu, die eine gute
Kraft nötig brauchte.

Maria del Soccora blieb als letzte Zuzuweisende übrig.
Cochise winkte Keeta zu sich.
»Mein junger Vetter hatte schon lange den Wunsch, sich eine

Squaw unter den Gelbhäutigen zu suchen. Als wir loszogen,
um in Mexiko reiche Beute zu machen, gab Cochise seinem
Vetter einen Auftrag, der ihn in der Apacheria festhielt.
Deshalb hat Cochise anstelle von Keeta eine junge Squaw
mitgebracht. Keeta möge sie in sein Jacale führen und sie zu
seiner Ehefrau machen.«

Der Häuptling ergriff Marias Hand, schob sie dem jungen

Krieger zu.

Maria del Soccora war trotz ihrer Jugend sehr klug. Daß der

Mann, dem sie gehören sollte, kein starker, gesunder Krieger
war, sah sie auf den ersten Blick.

Sie konnte sich ausmalen, daß Apachenväter den kränklichen

Keeta wohl bei der Werbung um ihre Töchter abgewiesen
hätten. Impulsiv fühlte sie sich dem Jungen verbunden.

»Sprichst du spanisch?« fragte sie, als Keeta zögernd ihre

Hand ergriff und sie mit sich zog.

»Si.« Er nickte beklommen. Die unwahrscheinliche

Schönheit des Mädchens raubte ihm den Atem.

»Ich denke, wir werden uns verstehen«, sagte Maria leise.

»Das Schicksal hat es gewollt, daß wir zusammenkommen.
Mein geldgieriger Onkel wollte mich an seinen alten,
hartherzigen aber reichen Freund verkuppeln. Der Überfall
durch eure Krieger auf die Hazienda war sozusagen meine
Rettung. Denn ich hätte dem Onkel gehorchen müssen.«

»Auch mich zwingt man dir als Ehemann auf«, gab Keeta ihr

zu verstehen. Er war ein sanfter Typ, und das Mädchen tat ihm
leid.

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»Du bist jung und hübsch und gefällst mir.« Maria sah ihn

offen an. »Und ich glaube, du bist ein guter Mensch.«

»Vielleicht hast du recht, aber ich bin krank und kein starker,

mutiger Krieger«, kam es leise von seinen Lippen. »Keine
Apachin hätte mich genommen. Ich bin kein guter Jäger,
jedoch könnte sich keine Squaw meiner Tapferkeit rühmen.«

»Ich will einen Ehemann, keinen Helden«, sagte Maria mit

Nachdruck. »Männer, die mit der Kraft ihres Körpers protzen
oder mit ihren Reichtümern prahlen, sind mir zuwider. Ich
schätze mehr die Weisheit und Güte eines Mannes.«

Das Lächeln, mit dem Keeta ihre Worte quittierte, war voller

Wärme und Zuneigung.

Das Zusammenfinden der beiden jungen Menschen so

verschiedener Herkunft war für Cochise ein erneuter Beweis
dafür, daß zwischen beiden Rassen die Möglichkeit bestand,
neben- und miteinander zu leben, wenn beide Seiten es
wollten.

Daß es der Mehrzahl der Weißen an gutem Willen dazu

fehlte, davon war der Häuptling überzeugt.

Keeta und Maria aber besaßen diesen guten Willen und

durften glücklich sein.

*

Während John Haggerty sich auf den Weg nach Tombstone
machte und Cochise von seinem Beutezug nach Mexiko
zurückgekehrt war, rollte ein Wagenzug durch die Gila-Wüste.

Es war eine beschwerliche Fahrt. Denn die sechs Murphy-

Fahrzeuge waren hoch beladen mit Waren, die aus Santa Fe
nach Tombstone gebracht wurden. Dort warteten die
Storekeeper bereits ungeduldig auf die kostbare Ladung.

Die schwerfälligen Wagen, von je vier Ochsen gezogen,

kamen nur langsam voran. Sie waren viel langsamer als die
leichteren Conestogas, die Planwagen, die von Pferden

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gezogen wurden und wegen ihrer Schnelligkeit Prärieschoner
genannt wurden. Weil man sie mit den wendigen Seglern, den
Schonern, verglich.

Mark Billings, der Treckführer, war ein erfahrener Mann.

Schon viele Wagenzüge hatte er durch das Land geführt. Schon
manchen Kampf mit Indianern und Desperados hatte er
durchgestanden. Seiner Kaltblütigkeit und Erfahrung
verdankten viele, daß sie noch am Leben waren.

Die Ochsen stampften durch den trockenen Wüstensand und

prusteten. Die Fahrer fluchten, knallten mit den Peitschen. Die
Tiere blieben stupid. Zu mühselig war das Stapfen durch den
Sand, zu schwer die Ladung der Murphys.

Die Männer fieberten dem Ende der Fahrt entgegen. Denn in

Tombstone wartete nicht nur das Vergnügen auf sie, sondern
eine Menge harter Dollars, wenn sie ihre Waren verkauft
hatten.

Sie wußten aber auch um die Gefahr, die stets gegenwärtig

war: Indianer und weiße Banditen.

Allein, die Männer vertrauten ihrem Treckführer, seiner

Erfahrung, seiner Unerschrockenheit.

Mark Billings ritt neben dem vordersten Murphy. Von Zeit

zu Zeit trieb er sein Pferd zum Galopp an, preschte los und
erkundete die vor ihnen liegende Strecke.

Bis Tombstone waren es noch genau 25 Meilen.
»Bald haben wir es geschafft«, rief Billings dem Fahrer des

vordersten Murphy zu. »Dies ist die letzte Etappe, Leute.«

»Aber auch die gefährlichste«, gab der Mann auf dem

Wagenbock zurück. »Mr. Billings, mein Skalp juckt, und ich
habe ein flaues Gefühl im Magen. Das ist kein gutes Zeichen.«

»Schlechte Medizin«, feixte Billings. »Das gibt sich bei

einem Doppelstöckigen, sobald wir in Tombstone sind.«

»Wenn dieses verdammte Nest nur einen andern Namen

hätte«, rief der Fahrer. »Wie kann man eine Stadt ›Grabstein‹
nennen. Einfach makaber, so was.«

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Billings zeigte beim Lachen zwei Reihen prachtvoller Zähne.

Er jagte erneut dem Wagenzug voraus.

Seine Blicke gingen rundum, suchten die Umgebung ab.

Trotz seiner Aufmerksamkeit sah er nicht die dunklen
Augenpaare, die ihn beobachteten, den Wagenzug längst
ausgemacht hatten und ihm wie unsichtbare Schatten gefolgt
waren.

Mark Billings ritt zum Treck zurück.
»Noch fünf Meilen, dann legen wir eine Rast ein«, rief er

John Bourke zu. »Schätze, wir können sie alle brauchen.«

Die Männer trieben die Gespanne zu größerer Eile an. Eine

Rast war allen willkommen. Daß das Unheil sich über ihnen
zusammenbraute, ahnten sie nicht.

In einiger Entfernung spielte der unsichtbare Wüstentelegraf

der Apachen.

Spiegel reflektierten in der Sonne, gaben den entfernter

wohnenden Stammesbrüdern Zeichen, kündeten das
Herannahen des Wagentrecks.

Tamtams gaben die Nachricht weiter, bis sie zu Cochise in

die Bergfeste vordrang.

Buck Tinatra ritt neben der Kutsche. Er wollte, wenn sie in

Gefahr gerieten, in der Nähe des Mädchens sein.

Neben ihm ritt Sergeant Geoffrey. Die übrigen Soldaten

hielten sich links, vor und hinter der Concord.

Tinatras Augen blickten wachsam wie die eines alten,

erfahrenen Wolfes. Und er kannte die Gegend, wußte, wo die
günstigste Stelle für einen Überfall war.

Bereits zwei solcher Stellen hatten sie passiert, ohne daß

etwas geschehen war.

Buck Tinatra traute dem Frieden jedoch nicht, weil er den

Mimbrenjos nicht traute. Schon gar nicht ihrem Häuptling
Victorio.

»Der Canyon«, murmelte er vor sich hin, »ist der ideale Platz

für eine Falle. Oben auf den Rändern können Wachtposten

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liegen. Und das tief eingeschnittene Tal ist dicht genug
bewachsen, um einer Horde Krieger Deckung zu bieten.
Verdammt!«

»Lassen wir die Tiere etwas verschnaufen«, rief Tinatra dem

Sergeant zu, »damit sie Kraft sammeln und nachher besser
laufen, wenn's drauf ankommt, wenn's um unsere Skalps geht.«

»Sie denken an einen Überfall?« Geoffrey wußte die

Antwort, bevor Tinatra nickte.

»Dort vorn, der Canyon«, erwiderte Buck, »eine wahre

Mausefalle. Schade nur, daß wir nicht die Katzen sind, sondern
die Mäuse.«

Sie ritten zwei Meilen leichten Trab. Auch die Kutschpferde

liefen verhaltener. Denn gerade auf die Schnelligkeit des
Gespanns kam es bei einer Verfolgung an.

»Karabiner schußbereit machen! Säbel raus!« befahl

Geoffrey seinen Leuten. »Richtet euch auf einen Überfall ein!
Wenn's passiert, dann ab durch die Mitte. Wir brechen durch.«

Eine halbe Meile noch, dann hatten sie den Canyon erreicht.
In diesem Augenblick erscholl der Kriegsschrei der

Mimbrenjos. In der Kutsche kreischte Hester gellend vor
Angst.

»Wenden, Mann!« brüllte Tinatra gegen den Fahrtwind dem

Fahrer auf dem Kutschbock zu. »Wenden, noch können Sie
es!«

Der Fahrer war ein geschickter Lenker. Es gelang ihm

tatsächlich, die schwere Concord in einer gekonnten
Rechtswendung herumzuschwenken und zu wenden.

Heulend preschten die Mimbrenjos heran.
Es war jener Moment, da die Patrouille aus Fort Bliss die

Apachen in einer Biegung des Canyons verschwinden sahen.

»Ihnen nach! Säbel raus!« schrie Markus Lane mit

überschnappender Stimme. »Kein Pardon, Leute! Keine
Gefangenen!«

Im Galopp folgte die Patrouille den Mimbrenjos. Die

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blickten nicht zurück. Sie kannten nur ein Ziel: die Kutsche,
die eine knappe halbe Meile vor ihnen dahinraste.

»Diese Narren«, schrie Lane, »sie haben gewendet. Jetzt

können wir hinter den roten Pavianen herreiten. Hätte der
Fahrer die Richtung beibehalten, hätten wir die Kerle in der
Zange gehabt.«

»Wir kriegen sie auch so«, beruhigte Sergeant Namarra

seinen jungen Vorgesetzten. »Noch eine Viertelmeile, und wir
sind aus dem Canyon raus. Er ist nicht lang. Dann schwärmen
wir aus, umzingeln die Mimbrenjos.«

»Und wenn ihre Mustangs schneller sind?« wandte der

Captain ein.

»Wenn sie die Kutsche einholen, müssen sie ihren schnellen

Ritt stoppen. Schade nur um die Soldaten der Eskorte, die
vielleicht dran glauben müssen. Das aber werden die Halunken
dann teuer bezahlen, Sir. Und nun sparen wir unseren Atem,
ich bin schon heiser vom Brüllen.«

Namarra hielt den Kavalleriesäbel, das gefürchtete

Langmesser, in der Rechten, trieb sein Pferd noch mehr an.

In wildem Galopp folgten die Soldaten der Patrouille

dichtauf.

*

Buck Tinatra hatte sich im Sattel umgewandt und jagte Kugel
um Kugel aus dem Lauf seiner Winchester. Jede fand ein Ziel.

»Auch ein Revolvermann ist manchmal zu etwas nütze«,

brummte Tinatra grimmig. »Da, da und da. Da habt ihr es, ihr
Hundesöhne.«

Als Tinatra einmal rückwärts blickte, sah er, wie die hinterste

Reihe der Minbrenjos ihre Mustangs herumrissen und sich
einem neuen Gegner zuwandten.

Tinatras scharfe Augen erkannten das Blau von Uniformen.
»Die Army!« brüllte er. »Wir kriegen Verstärkung, Leute!

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Glory hallelujah! So sympathisch waren mir die Blaujacken
noch nie.«

Von den Canyonwänden prallte das Echo des Angriffsignals

vielfach ab. Für Tinatra und dessen Begleiter klang dieses
Signal wie die Musik aus himmlischen Sphären.

Captain Markus Lane ritt mit seinen Kavalleristen einen

schnellen Angriff.

Die überraschten Mimbrenjo-Apachen hatten alle Hände voll

zu tun, den Gegner, der so unverhofft in ihrem Rücken
aufgetaucht war, abzuwehren. Nur wenige folgten weiter der
Kutsche.

Wie besessen kämpften Lane und seine Männer. Der junge

Offizier kannte keine Gnade. Er war ein geschickter
Säbelfechter und ließ die Waffe kreisen. Die Soldaten standen
ihm in nichts nach.

Ned Palmer, der Scout, focht mit Jagdmesser und

Tomahawk, Waffen, die er genausogut wie eine Rothaut
handhabte.

Die Soldaten bei der Kutsche kämpften vereinzelt, Mann

gegen Mann, mit einigen Indianern.

Buck Tinatra hatte die Winchester in den Scabbard

geschoben und benutzte den Colt. Er machte seinem Namen als
Revolvermann alle Ehre. Er schoß beidhändig, und keine
Kugel ging fehl.

Während Soldaten und Indianer sich förmlich ineinander

verbissen, hatte sich der Anführer der Mimbrenjos bis zur
Concord durchgekämpft. Er riß den Schlag auf, sprang hinein.

Hesters gellender Schrei ließ Tinatra herumwirbeln.
»Geoffrey!« rief der dunkelhaarige Revolvermann.

»Kümmern Sie sich um diesen roten Gent hier, führen Sie den
Kampf mit ihm zu Ende! Ich muß zu dem Mädchen.«

Der Sergeant hatte gerade mit einem Fausthieb einen Gegner

zu Boden gestreckt. Sein Colt spuckte Blei. Getroffen sank der
Mimbrenjo der Tinatra bedrängt hatte, in den Staub.

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Mit einem Schenkeldruck hatte Buck sein Pferd seitwärts

getrieben. An der Kutsche war ein Mimbrenjo dabei, die
schreiende Hester aus dem Innenraum zu zerren.

Vom Sattel aus warf sich Tinatra auf den Indianer, schlug

ihm die Faust an den Kopf. Der Mann war nur leicht
benommen. Ein wilder, verzweifelter Kampf entbrannte. Wie
Titanen rangen die beiden Männer. In einer kurzen Atempause
rief Tinatra der wie gelähmt dastehenden Hester Hattings zu:

»Klettern Sie in die Coach und nehmen Sie mein Gewehr

mit! Feuern Sie auf alles, was Ihnen zu nahe kommt.«

Ras Mädchen schluckte.
»Ich – ich habe noch nie auf einen Menschen geschossen.«
»Dann tun Sie es jetzt«, rief Buck grimmig. »Verdammt,

Miß, der Gentleman hier kommt wieder zu Kräften, ich muß
mich um ihn kümmern. Los, worauf warten Sie?«

Hester gehorchte, wenn auch nur widerwillig.
Tinatra atmete befreit auf. Das Mädchen, das er liebte, war

vorerst in Sicherheit.

Es konnte nicht mehr lange dauern, bis sich die Patrouille aus

Fort Bliss zu ihnen durchgekämpft hatte.

Noch einmal ertönte das Angriffssignal. Tinatra sah den

Offizier, der an der Spitze von einem guten Dutzend
Blauröcken heranpreschte.

Hester hatte sich weit aus dem Kutschfenster gebeugt,

erkannte in dem vordersten Reiter ihren Verlobten.

»Markus!« rief das Mädchen, stieß den Schlag auf und

sprang aus dem Kasten, ehe Tinatra sie daran hindern konnte,
die sichere Deckung zu verlassen.

Lana erblickte Hester, trieb sein Pferd auf sie zu. Seiner

Umgebung schenkte er keinen Blick.

Das war sein Fehler.
Als seine Ohren das feine Sirren eines heranzischenden

Pfeils wahrnahmen, war es zu spät zum Ausweichen. Tief
drang das Geschoß in seine Schulter. Der höllische Schmerz

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zwang ihn, die Zügel freizugeben. Seitlich stürzte Markus Lane
vom Pferd.

»In die Kutsche mit Ihnen, verflucht!« herrschte Tinatra das

Mädchen an, dann preschte er los. Gerade noch rechtzeitig.
Denn wie aus dem Boden gewachsen stand plötzlich ein
Apache mit erhobenem Tomahawk über dem gestürzten
Captain.

Tinatras Kugel riß den Indianer von den Beinen.
Als der Revolvermann Lane erreichte, stellte er fest, daß der

Mimbrenjo tot war. Buck half dem Offizier auf die Beine und
in den Sattel.

»Danke«, flüsterte Lane mit heiserer Stimme. »Ist Hester

okay?«

»Schätze ja. Sie sind sicher Captain Lane, ihr Verlobter.

Nun, den Zahnstocher in Ihrer, Schulter hole ich Ihnen raus.
Vorwärts!«

Wenig später hielt Lane das schluchzende Mädchen im Arm.
»Beeilung, Herrschaften!« drängte Tinatra. »Es könnte sich

noch mehr von diesem Gesindel herumtreiben. So, Captain,
beißen Sie die Zähne zusammen! Ich hole Ihnen den Pfeil raus.
Und dann ab mit Ihnen in die Kutsche zu Ihrer Braut.«

Als sich das Gefährt eine Viertelstunde später in Bewegung

setzte, ritt Tinatra noch zwei Meilen weit mit. Von Dank wollte
er nichts hören. Er wurde grob, als Lane ihn immer wieder mit
Lob überschüttete.

»Hauen Sie schon ab, Mr. Blaurock!« rief Tinatra

schließlich. »Oder ich überlege es mir, ob nicht ich Ihnen
anstelle der Rothäute Ihre entzückende Braut ausspannen soll.
Machen Sie Miß Hester glücklich, oder ich zerlege Sie in Ihre
Bestandteile, sollte ich einmal nach Fort Bliss kommen.«

Sprach's, lenkte seinen Braunen herum und ritt in

halsbrecherischem Galopp zum Apachen-Paß zurück.

*

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Nicht nur bis zu Cochises Bergfeste drang die Nachricht vom
Herannahen des Wagentrecks, auch in Tombstone machte sie
die Runde.

Fieberhafte Erwartung hatte die Bürger erfaßt. Endlich neue

Waren. Männer und Frauen kannten kein anderes
Gesprächsthema als den lange ersehnten Treck.

Mehr als eine Saloonschöne gierte nach neuem Flitter und

Tand. Viele Hausfrauen freuten sich auf die neuen Stoffe, die
sicher unter den Ladungen waren. Während die Männer mehr
an den Getränkenachschub dachten. Storekeeper und Salooner
rieben sich die Hände beim Gedanken an die bald blühenden
Geschäfte.

Als »Lion« Bill Freeman die Nachricht zu Ohren kam, traf er

sofort seine Entscheidung.

»Ich werde die Männer des Frontier Bataillons

zusammentrommeln«, sagte er zu seinen Freunden und
Anhängern. »Einige von uns sollen dem Treck entgegenreiten.
Die letzten Meilen vor dem Ziel sind immer die gefährlichsten.
Das weiß ich aus meiner Zeit während des Bürgerkrieges.«

Die Männer stimmten »Lion« zu.
»Worauf warten wir noch?« rief einer. »Gehen wir los und

fragen, wer mitreitet.«

»Nicht alle«, wehrte Freeman ab, »auch wenn sich alle

melden. Wenigstens die Hälfte muß hierbleiben – für alle
Fälle.«

Es dauerte nicht lange, da hatte Freeman 20 Leute

zusammen. Und alle waren begeistert, fühlten sich als Helden,
als Retter der Stadt, die für den reibungslosen Verlauf des
Handels und somit für die Entwicklung Tombstones sorgten.

»Die Männer des Wagentrecks riskieren ihr Leben, um uns

mit dem Notwendigen zu versorgen«, rief Freeman pathetisch.
Er wußte, wie er auf die anderen am besten wirkte. »Es ist
unsere verdammte Pflicht, ihnen Hilfestellung zu geben. Wenn
mich mein sechster Sinn nicht täuscht, hat Cochise, der rote

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Oberhalunke, genau solchen Appetit auf den Wagentreck wie
wir. Wir werden ihm den Geschmack daran verderben und die
Suppe versalzen.«

Lauthals gaben die Männer ihre Zustimmung.
In kürzester Zeit saßen sie in den Sätteln. Auf schnellen

Hufen donnerte die Hälfte des Frontier Bataillons dem
Wagentreck entgegen.

*

In der Apacheria rüsteten sich zur gleichen Zeit Cochises
Krieger zum Beutezug. Ein Wagentreck, der mit Waren aus
einer entfernten Stadt kam, war eine höchst willkommene
Beute.

»Du hattest Hellauge versprochen, daß die rollenden Tipis

der Bleichgesichter ungehindert unser Land passieren
könnten«, gab Nahlekadeya, Cochises Squaw, zu bedenken.

»Cochise hat versprochen, die Kutschen der Butterfield

Overland passieren zu lassen«, gab der Jefe zurück.

»Diese rollenden Tipis, die durch die Gila fahren, werden

nicht von Pferden, sondern von gefleckten Büffeln gezogen.
Cochise hat Hellauge nicht versprochen, alle Weißen zu
schonen. Wenn der Häuptling der Chiricahuas sich zu
großmütig zeigt, werden uns die Bleichgesichter bald
überrennen und ausrotten. Sie wollen unser Land, Frau. Wenn
sie verlernen, die Apachen zu fürchten, wird es bald keinen
Menschen mehr geben, der von sich sagen kann, ein Apache zu
sein.«

Nahlekadeya senkte ergeben ihr Haupt.
Sie wußte, daß es keinen Zweck hatte, Cochise von seinem

Vorhaben abbringen zu wollen. Nahlekadeya ging auch davon
aus, daß der Häuptling sein Versprechen Jeffords gegenüber
zwar halten, er sich andererseits aber strikt an den Wortlaut
dieses Abkommens halten würde. Und danach hatte er sich

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lediglich verpflichtet, die Concordkutschen der Butterfield und
deren Passagiere durch seine Stammesbrüder nicht überfallen
zu lassen.

»Wird Naiche dich begleiten?« fragte sie zögernd.
»Ja.«
Die Squaw stellte keine weiteren Fragen mehr.
»Wenn mein Bruder Cochise die Bleichgesichter weiter so

bekämpft, wird Falke den Weg zur Bergfeste nicht mehr
wagen«, sagte Tla-ina, Cochises junge Schwester, mit leisem
Vorwurf in der Stimme. »Mein Bruder weiß, daß Tla-ina sich
nichts sehnlicher wünscht, als daß Falke wiederkommen
möge.«

»Wenn er es genauso sehnlich wünscht, warum kommt er

dann nicht, um für immer hierzubleiben?« fragte Cochise
unwirsch. »Er kann dich zum Eheweib nehmen und in den
Stamm aufgenommen werden.«

»Dann müßte er vielleicht gegen seine eigenen Brüder

kämpfen. Das will er bestimmt nicht. Falke ist kein Verräter.«

Leidenschaftlich klang die sonst sanfte Stimme des

Mädchens.

»Als dein Ehemann stünde ihm das Recht zu, für dein Volk

zu kämpfen«, sagte Cochise. »Niemand kann einen Mann des
Verrats bezichtigen, wenn er für das Volk kämpft, zu welchem
die Mutter seiner Kinder gehört.«

Tla-inas schmales Gesicht überzog bei den Worten des

Bruders dunkle Röte.

Nahlekadeya bedeutete ihr, zu schweigen. Sie befürchtete

einen Zornesausbruch ihres Mannes.

Tla-ina erhob sich und verließ das Wickiup. Nahlekadeya

begleitete Cochise zu seinem Pferd und reichte ihm seine
Waffen.

Voller Stolz lag der Blick des Häuptlings auf seinen

Männern. Es waren prächtige Krieger – mutig, tapfer,
unerschrocken und zäh.

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Als alle versammelt waren, gab Cochise das Zeichen.
Sie ritten aus der Bergfeste, ein bunter, heidnisch anmutender

Haufen, voller Erwartungen, voller Tatendrang und Vorfreude
auf die reiche Beute.

Nahlekadeya blickte ihnen mit verschleierten Augen nach.
»Er kennt nur noch den Kampf«, murmelte sie besorgt. »Hört

er nicht die Trauerklagen seines Volkes, das Weinen seiner
Frauen?«

Tla-ina war neben sie getreten.
»Nein, Schwester, er hört es nicht. Er hört nicht im Raunen

des Windes das Weinen der Squaws, das Jammern der Kinder
und Alten um die gefallenen Väter und Söhne. Mein Bruder
Cochise verschließt seine Ohren.«

Die beiden Frauen verrichteten mit den anderen Squaws

wieder ihre tägliche Arbeit. Das Leben in der Apacheria ging
weiter. Es waren nur wenige, die keinen Mann auf diesem
Beutezug dabei hatten.

Maria del Soccora war unter diesen wenigen. Und sie

schätzte sich glücklich, denn sie hatte gelernt, den jungen
Keeta zu lieben. Und seit das schöne Mexikanermädchen sein
Weib geworden war, schmerzte es Keeta nicht mehr so sehr,
von Kriegs- und Beutezügen wegen seiner schwachen
Gesundheit ausgeschlossen zu sein.

*

Cochise und die Krieger ritten den schmalen Bergpfad
hinunter, der aus der Feste in die Ebene führte.

An seiner Seite Naiche, sein Sohn. Ihnen folgten die übrigen

Apachen in langer Kette.

»Werden wir den Treck in der Nacht angreifen, Vater?«

wollte Naiche wissen.

»Wir greifen dann an, wenn wir auf die Wagen stoßen«,

erwiderte Cochise. »Wir können nicht warten, bis es hell oder

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dunkel ist. Der Angriff muß überraschend kommen. Wir
müssen zuschlagen, wenn sie es nicht erwarten.«

Der Jefe verhielt kurz das scheckige Pony. Seine Augen

blickten wachsam. Er lauschte angestrengt.

Nach kurzer Zeit sah er Naiche fragend an. Der Junge nickte.
»Ich sehe und höre es, Vater«, sagte der Sohn. »Die Zeichen

künden davon, daß der Treck nicht mehr weit von der Stadt
entfernt ist, die die Bleichgesichter ›Grabstein‹ nennen.«
Naiche lächelte. »Die dort draußen in der Wüste brauchen
keine Steine auf ihren Gräbern. Die Geier werden sie fressen,
ihre Gebeine im Wüstensand verbleichen. Die Weißaugen sind
verrückt. Wie können sie einer Stadt einen so gräßlichen
Namen geben. Grabstein! Man sollte diese Stadt in Schutt und
Asche legen, Jefe.« Sie ritten weiter. Immer wieder verhielt der
Häuptling, um nach den Zeichen zu sehen.

Da! Spiegelreflexe in der Sonne. Sie besagten den

braunhäutigen Reitern, daß die Männer des Wagentrecks
lagerten.

»Werden wir sie beim Biwakieren überfallen, Vater?«

Naiche war ungeduldig, jung und steckte voller Tatendrang.

Cochise sah den Sohn mit leichter Mißbilligung an.
»Naiche möge seine Ungeduld zügeln, dafür seine Gedanken

arbeiten lassen. Der Treck wird kaum biwakieren. Die Männer
werden begierig sein, die Stadt so bald wie möglich zu
erreichen. Cochise denkt, daß die Männer nur kurz rasten – die
letzte Rast vor dem Ziel. Ein Ziel, das sie nie erreichen
werden.«

Immer wieder leitete der für die Weißen so unheimliche

»Wüstentelegraf« mit Blinkzeichen den Kriegertrupp.

Als sich die Chiricahuas dem Treck bis auf wenige Meilen

genähert hatten, bat Naiche seinen Vater:

»Laß mich erkunden, Jefe – allein. Naiche möchte beweisen,

daß er zum Mann geworden ist.«

»Nein.« Die Stimme, des Häuptlings klang unnachgiebig.

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»Wenn du den Bleichgesichtern in die Hände fällst, bist du
verloren. Und die Pinda-lick-o-ye sind gewarnt.«

»Sprichst du als Vater oder als Häuptling zu mir?« Der junge

Mann sah Cochise mit stolzem Blick an. Vater und Sohn
ähnelten sich in diesem Augenblick noch stärker als
gewöhnlich. »Willst du Naiche nur zurückhalten, weil du den
Sohn schonen möchtest? Willst du Naiche beleidigen, Vater?
Ich bin kein Knabe mehr, sondern ein Mann, ein Krieger deines
Volkes und habe ein Recht darauf, wie jeder andere Mann für
meinen Stamm zu kämpfen.«

Cochises Blick wurde hart.
»Ich spreche als Häuptling zu dir, Naiche. Ich will nicht, daß

uns die Beute entgeht.« Mit kaum merklichem Lächeln fügte
der Jefe hinzu: »Daß Cochise sich als Vater um den Sohn sorgt,
wird er niemandem verraten. Der Häuptling der Chiricahuas
wollte seinen Sohn nicht beleidigen. Ich werde keine Späher
aussenden, weder Naiche noch sonst jemanden.«

Ein Spiegelsignal meldete den Chiricahuas, daß sich der

Wagenzug wieder in Bewegung gesetzt hatte.

Cochise trieb zur Eile an. Er wollte den Treck nicht zu nahe

bei der Town angreifen. Der Jefe hatte von der Bürgerwehr
gehört und rechnete sich aus, daß die sicherlich dem Treck
entgegenritt.

Die Chiricahuas nutzen jede Deckung, um für die Leute des

Trecks so lange wie möglich unsichtbar zu bleiben.

Und dann kamen sie urplötzlich aus einer Senke, ritten

geradewegs auf die sechs Murphys los.

Mark Billings, der Treckführer, der dem Wagenzug um eine

halbe Meile vorausritt, glaubte zuerst an eine Sinnestäuschung.
Er konnte es kaum fassen, was er da sah, obwohl er bereits
viele Überfälle erlebt hatte.

Konnte er seinen Augen nicht trauen? Es schien, als würden

die Chiricahuas aus dem Sand emporwachsen.

Billings vermochte nirgends eine Deckung wahrzunehmen,

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hinter der die Apachen gelauert haben konnten.

Sein verblüfftes Erschrecken dauerte nur Sekunden. Billings

lenkte den Braunen herum und jagte zum Treck zurück.

Dort hatten sie die Apachen ausgemacht, noch bevor der

Treckführer den vordersten Wagen erreicht hatte.

»Was tun wir?« schrie John Bourke Billings zu. »Sollen wir

wenden? Ist dazu noch Zeit?«

»Keinen Zweck!« brüllte Billings. »Die holen uns mit ihren

Mustangs, die schneller als wir sind, ein. Wir kämpfen. Macht
euch bereit, Leute. Runter von den Wagen! Geht in Deckung!
Es ist unsere einzige Chance.«

Sie konnten die Wagen nicht mehr zur Burg auffahren.
Die Apachen jagten heran. Zuerst wie eine stumme Phalanx

brauner Geisterreiter, dann erscholl ihr tremulierender
Kriegsschrei, der jedem Weißen bis ins Mark ging und auch
das Herz des tapfersten Mannes zum Rasen brachte.

Der hünenhafte Billings hatte unter Bourkes Wagen Deckung

gesucht. Einige hastig aus den Murphys gezerrte Gegenstände
spendeten den Männern nur spärlichen Schutz. Der Treckführer
lag hinter einem Stoffballen. Kugel um Kugel jagte er aus dem
Lauf seiner Mariin.

Die gesamte Mannschaft feuerte verzweifelt aus allen

Rohren.

Doch der dichte Hagel aus heißem Blei konnte den rasanten

Angriff der Indianer nicht stoppen.

*

Wie ein Heerführer aus mittelalterlicher Zeit ritt »Lion« Bill
Freeman an der Spitze seiner »Recken«.

Der ehemalige Bürgerkriegscaptain fühlte sich ganz als

Ritter ohne Furcht und Tadel.

Mit seinen 20 Mann Miliz wollte er es den Apachen, wenn

nötig, schon zeigen.

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Freeman kannte das Land, kannte auch die Kampfesweise

der Rothäute. Er war überzeugt davon, im Notfall den
Wagentreck mit seiner Bürgerwehr retten zu können.

»Ich glaube kaum, daß der Häuptling sich an uns heranwagen

wird«, sagte Freeman selbstgefällig zu Pete Hartford, der neben
ihm ritt. »Den Treck angreifen, das ja. Das traue ich Cochise
durchaus zu. Wahrscheinlich hat er das sogar vor. Deshalb ist
es wichtig, daß wir rechtzeitig auf den Wagenzug stoßen. Er
soll uns sehen, der rote Oberschuft, und das Fürchten lernen.«

Freeman hatte nicht mit der Schnelligkeit gerechnet, mit der

der »Wüstentelegraf« funktionierte. Er konnte nicht ahnen, wie
schnell die Nachricht in Cochises Bergfeste gelangt war.
Konnte nicht wissen, daß der Treck bereits seit Tagen von
Apachen begleitet worden war.

Seiner Meinung nach mußte das Frontier Bataillon den

Wagenzug vor den Indianern erreichen, falls die überhaupt
angriffen.

Hartford war ein schwergewichtiger Mann, mit der Waffe

genauso fix wie mit den Fäusten.

»Sie sollen nur kommen, die Paviane«, grollte sein tiefer

Baß. »Diesmal holen sie sich blutige Köpfe.«

Die Männer des Frontier Bataillons waren besessen auf den

Kampf mit den Apachen. Sie gierten förmlich danach. Zu tief
saß der Haß in ihren Seelen, zu groß war die Verbitterung. Sie
kannten kein Pardon. Die Vernunft war ausgeschaltet.

Mehr als einer war unter ihnen, der ein oder mehrere

Familienmitglieder durch Apachenhand verloren hatte. Die
Bürgerwehr bot diesen Männern die Gelegenheit, auf legalem
Weg, wie sie glaubten, Rache zu nehmen. So kam es, daß
»Lion« Bill Freemans Bataillon zu einer der gefürchteten
Miliztruppen an der Grenze wurde. Wenn nicht gar die
schlimmste überhaupt.

Und Freeman hatte seine Miliz fest im Griff. Sie bewunderte

ihn, ging mit ihm durch dick und dünn, bis in die Hölle und

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zurück, wenn es nur galt, gegen die Rothäute zu kämpfen.

Freeman trieb die Männer lauthals zu schärferem Galopp an.

Das ungute Gefühl, das sich seiner bemächtigt hatte, seit er
vom Eintreffen des Wagenzugs wußte, verstärkte sich immer
mehr.

Seine Begleiter wurden ebenfalls unruhig. Die Ahnung

drohenden Unheils erfaßte sie.

Wie die wilde Jagd preschten sie dahin.
Die Detonation eines Schusses, dem gleich darauf eine ganze

Gewehrsalve folgte, ließ Freemans Leute in den Sätteln
zusammenzucken.

»Schneller!« rief der ehemalige Captain mit

befehlsgewohnter Stimme. »Holt aus den Gäulen das Letzte
raus! Diese verdammten Apachen sind uns zuvorgekommen.«

Freemans lange braune Haare flatterten im Reitwind, seine

eisgrauen Augen funkelten gefährlich. Bart und
Texanerschnurrbart gaben ihm ein martialisches Aussehen,
verstärkten den Eindruck seiner Härte. Im Augenblick höchster
Gefahr zeigte Freeman, welch harter Brocken er war.

Die Hufe seines Braunen hämmerten ein wildes Stakkato,

das Pferd schien zu fliegen. Ohne auch nur einen einzigen
Blick zurückzuwerfen jagte der Captain allen voraus.

Beim Wagenzug wurde die Mannschaft auf das anstürmende

Bataillon aufmerksam, als Freeman den gellenden
Rebellenschrei ausstieß.

»Die Miliz!« entfuhr es jemandem erleichtert, der unter

einem Murphy lag. »Jungs, wir kriegen Verstärkung, wir sind
gerettet! Das war im letzten Moment.«

Freeman feuerte Kugel um Kugel auf die angreifenden

Apachen. Seine Männer waren inzwischen bei den Wagen
angelangt, griffen in den Kampf ein.

Der wurde unbarmherzig. Wie wilde Hornissen schwirrten

die Kugeln. Pfeile zogen ihre Bahn, trafen menschliche Körper
oder blieben wippend im Holz und den Planen der Wagen

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stecken.

»Die Hälfte unter die Murphys!« befahl Freeman seinen

Leuten. »Die andern bleiben in den Sätteln. So sind wir
beweglicher.«

Es war wie damals im Bürgerkrieg. Präzise und

befehlsgewohnt traf Bill Freeman seine Anordnungen. Wie
früher die Soldaten, so gehorchten ihm nun die Tombstoner.

»Lion« Bill Freeman machte seinem Zunamen alle Ehre. Er

kämpfte wie ein Löwe.

*

Auf dem Ritt von Tucson nach Tombstone dachte John
Haggerty ständig an das schlanke, rehäugige Indianermädhen
Tla-ina.

Trotzdem vergaß er nicht, seine Umgebung mit großer

Aufmerksamkeit im Auge zu behalten. Sein geübtes Ohr nahm
manche Geräusche wahr, die ein anderer, weniger erfahrener
Mann nicht vernommen hätte.

Haggerty lagerte an einer Tinaja, eine jener Wasserpfannen,

die von den Apachen oft unbrauchbar gemacht wurden. Damit
die Weißen, des Landes meist unkundig, ohne das kostbare
Naß bleiben und vor Durst umkamen.

Diese Tinaja, an der John Haggerty rastete, hatte klares,

gutes Wasser. Ein Mann wie Haggerty hätte eine
Verschmutzung oder Vergiftung des Wassers erkannt.
Bestimmt hätte ihn sein Instinkt gewarnt. Er war nicht umsonst
viele tausend Meilen als Scout geritten und hatte von den
Indianerscouts eine Menge gelernt.

John Haggerty kochte sich einen starken Kaffee. So stark,

daß die braune Brühe einen toten Apachen zum Leben erweckt
hätte, wie Haggerty zu sagen pflegte. Seine Kameraden
allerdings bezeichneten Johns Kaffee schlicht weg als Gift.

Und in den aromatischen Duft dieses »Giftes« mischte sich

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plötzlich ein anderer Geruch. John schnupperte wie ein Tier
gegen den Wind, sog die Luft tief ein.

Brandgeruch!
Der Chiefscout richtete sich auf, vergaß zu trinken. Lauernd

spähte er in die Runde.

Dann trat er das Feuer aus, packte seine Sachen, ging zu

seinem Pferd und schwang sich in den Sattel.

»Schätze, Brauner, man hält uns allmählich für die

Feuerwehr. Erst kürzlich mußten wir am Paß löschen. Und nun
hat es den Anschein, als würden wir wieder gebraucht. Nun ja,
es muß ja nicht gleich was Ernstes sein.«

Daß er zuvor auch nichts Ernsthaftes vermutet hatte, als er

zum Paß geritten war, schien Haggerty plötzlich wie ein böses
Omen.

Aus dem Stand trieb er den Braunen in einen gestreckten

Galopp. Er ritt dem Geruch nach, kam etwas von seiner Route
ab. Je mehr John sich dem Brandherd näherte, desto
penetranter stieg ihm der Rauch in die Nase.

Zum Kuckuck, möchte wissen, welchen Unrat dort jemand

verbrennt. Nun, jetzt sind wir auf halbem Weg und sehen nach.

Eine kleine Felsbarriere versperrte Haggerty die Sicht auf das

Feuer. Daß er nahe an der Brandstelle war, sah John an den
dichten dunklen Rauchschwaden, die über dem Fels in die
klare Luft wallten.

Bevor er um die Ecke bog, entsicherte er den Henrystutzen,

hielt das Gewehr schußbereit. In vielen ähnlichen Situationen
hatte die einsatzbereite Waffe ihm das Leben gerettet.

John ließ seinen Hengst im Schritt gehen, achtete darauf,

wohin das Pferd trat, um möglichst wenige Geräusche zu
erzeugen.

Als der Scout dann um die Felsnase ritt, zuckte er

unwillkürlich zusammen.

In einiger Entfernung brannte eine primitive Laubhütte

lichterloh, ebenso der armselige Hausrat und Felle.

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An den Fels gedrückt standen fünf Pueblo-Indianer,

friedliche Menschen, die nomadisierend das Land
durchstreiften.

Und vor diesen Unglücklichen hatten sich zwei Desperados

mit angeschlagenem Colt aufgebaut, bereit, zu schießen.

»Also los, wo habt ihr die Mädchen versteckt?« fauchte der

größere der beiden. »Gebt die roten Hexen heraus, oder ihr
krepiert alle! Habt ihr verstanden? Glotzt nicht so, redet!«

Starr blickten die Indios. Kein Wort kam über ihre Lippen.
»Wird's bald?« drängte der Mann. »Wenn sie in fünf

Minuten nicht auftauchen, schicke ich den ersten von euch zum
Großen Manitu. Dann folgen die andern. Ich lasse euch sogar
die Wahl, bei wem ich anfangen soll. Bin ein großmütiger
Mensch.«

»Das kann ich von mir nicht behaupten«, rief Haggergy

voller Zorn. »Mir läuft bei eurem Anblick die Galle über. Das
macht mich sauer.« Im gleichen Augenblick spuckte der
Henrystutzen Feuer.

Die Kugel traf den Revolverarm des rechts stehenden

Desperados. Eine blitzschnelle Linkswendung des
Gewehrlaufs, und auch dem zweiten Mann entfiel der Colt, ehe
er selbst zum Schuß kam.

Brüllend ließen die Banditen die Waffen fallen. Vor

Schmerzen heulend vollführten sie einen grotesken Tanz.

Urplötzlich kam Leben in die vorher reglos verharrenden

Pueblos. Schreiend fielen sie über die Weißen her. Mit bloßen
Fäusten gingen sie ihre Peiniger an: Erbarmungslos wurden die
Desperados zusammengeschlagen. John Haggerty hinderte sie
nicht daran:

Ein noch jugendlicher Indio rannte zu den abseits stehenden

Pferden der Banditen, riß ein Gewehr aus dem Scabbard. Ein
kurzer Zuruf an seine Gefährten, und die Indios spritzten
auseinander.

Zwei Schüsse klangen fast wie einer. Tot lagen die

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Desperados im Staub.

Der jugendliche Gewehrschütze warf die Waffe fort.

Langsam kamen die Pueblos auf Haggerty zu, die Außenseite
der Rechten zeigend – der alte, indianische Friedensgruß.

Haggerty tat es ihm gleich, ritt langsam auf die Gruppe zu,

dann glitt er aus dem Sattel.

Der älteste Pueblo trat vor, hob zum Zeichen des Respekts

die Hand an die Stirn.

»Wir danken dem weißen Vetter. Er hat nicht nur unser aller

Leben und die Ehre unserer beiden Schwestern gerettet. Die
Männer dort wollten sie mitnehmen und ihnen Leid antun. Die
Mädchen konnten in ein Versteck fliehen, das nur wir kennen.
Hab tausend Dank, weißer Mann.«

»Es war selbstverständlich, daß ich euch half«, sagte

Haggerty. »Doch tätet ihr besser daran, in euer Gebiet
zurückzukehren. Mimbrenjos, Chiricahuas und Blauröcke
bekämpfen sich. Ihr könntet in Schwierigkeiten geraten.«

»Wir wollten morgen weiterziehen«, erklärte der Sprecher

der Indios. »Wir haben einen Tauschhandel mit einem Rancher
vereinbart, dessen Weideland nicht weit von hier liegt. Seit
Jahren treiben wir Handel mit der Ranch. Morgen verlassen wir
die Gegend und kehren zu unserem Stamm zurück.«

»Es ist besser so«, sagte Haggerty. »Diese Gegend ist im

Augenblick unsicher. Dieses Land kennt keinen Frieden mehr.
Kehrt heim zu euren Leuten.«

John stieg in den Sattel. Weiteren Dank der Indios wehrte er

ab. Daß er Menschen in höchster Not helfen konnte, diese
Genugtuung war ihm Dank genug.

Nachdenklich setzte der Scout seinen Ritt fort.
Der Vorfall ließ ihn noch stärker als zuvor an Tla-ina

denken. Es beruhigte ihn zu wissen, daß die Chiricahuas nicht
als Hirten auf der Ebene herumzogen und Häuptling Cochise
seine Schwester nicht aus der Sicherheit der Bergfeste ließ.

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*

Cochise war nicht nur ein genialer Denker, er war auch ein
hervorragender Stratege. Mit weißer Haut geboren, hätte er es
bei der Armee gewiß bis zum General gebracht. So aber wurde
seine Klugheit von seinen Widersachern als Grausamkeit und
Heimtücke ausgelegt.

Nach der ersten halben Stunde erbitterten Kämpfens ließ der

Jefe seine Krieger sich außer Schußweite der Weißen
zurückziehen. Die Männer bei den Wagen atmeten auf. Wären
sie jedoch Hellseher gewesen … Freeman war wohl einer der
wenigen, die den Rückzug der Apachen richtig deutete.

»Die hauen nicht ab«, dämpfte er den vorzeitigen

Freudentaumel eines Fahrers. »Die ziehen sich nur zur
Beratung zurück. Laßt nur nicht in eurer Wachsamkeit nach,
Leute.«

Cochise war mit seinen Leuten hinter einer Sanddüne

verschwunden, um sich dort mit seinen besten Kriegern zu
besprechen.

»Die Pinda-lick-o-ye haben Verstärkung bekommen«, sagte

der Jefe. »Es sind jene Männer, die in Tombstone eine Miliz
gegründet haben, wie sie das nennen. Diese Truppe soll
Tombstone vor den Angriffen der Apachen schützen. Sie hat
aber auch schon rote Männer überfallen, die nichts Arges im
Sinn hatten. Greifen wir nur von einer Seite an, können unsere
Gegner sich ganz auf den Angriff konzentrieren. Wir müssen
dieselbe Taktik anwenden wie beim Sturm auf ein Fort. Wir
werden uns teilen und den Wagenzug einkreisen. Schießt
zuerst auf jene, die noch in den Sätteln sitzen. Sie sind am
gefährlichsten, weil sie beweglich sind.«

Schon als sie aus der Deckung brachen, hatten sich die

Chiricahuas so formiert, daß ihre Reihe einen Halbkreis
bildete.

Die Männer, die unter den schweren Murphywagen lagen,

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durchschauten diese Taktik der Apachen zu spät.

Als ihnen klarwurde, was die Indianer bezweckten, hatten die

längst die Verteidigungslinie der Weißen durchbrochen und
den Todeskreis rings um den Wagenzug geschlossen.

Mit den ersten Schüssen holten die Chiricahuas Freemans

Leute aus den Sätteln. Der ehemalige Captain fluchte in allen
Tonarten. In wilder Wut feuerte er seine Waffe leer, lud nach
und tötete mehrere Krieger.

Beide Seiten erlitten Verluste. Allein, die Redmen hatten die

größere Chance. Auf ihren flinken, wendigen Ponys boten sie
sehr schwer zu treffende Ziele.

Verzweifelt leisteten die Weißen Widerstand.
Cochise wollte die Beute. Aber er wollte auch das Leben

seiner Krieger möglichst schonen.

Er gab einen kurzen Befehl.
Vier Krieger scherten aus dem Kreis aus, stürmten in wildem

Galopp bis außer Reichweite der Gewehre.

Minuten später zogen vier Feuerbälle ihre glühende Bahn

durch die hitzeflirrende Luft. Die vier Chiricahuas schossen
mit Brandpfeilen.

Zischend bohrten die sich in die Wagenplanen. Das Feuer

fand schnell Nahrung, fraß sich weiter. Flammen loderten.

Über den Gedanken, die Ladungen zu retten, vergaßen die

Wagenbesitzer jede Vorsicht. Sie sprangen unter die
brennenden Planen der Murphys, versuchten zu löschen.

Seltsamerweise hinderten die Apachen sie nicht durch

Schüsse daran. Den ersten vier folgten keine weiteren
Brandpfeile.

Es war wieder einer jener genialen Schachzüge des

berühmten Häuptlings. Die Männer, die beim Löschen waren,
fielen als Verteidiger aus. Cochise wollte die Aufmerksamkeit
der Weißen vom Kampfgeschehen ablenken, wollte sie
verwirren. Die Ladungen sollten nicht verbrennen, wollte er sie
doch als Beute.

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Der Zweck war erreicht. Während etliche Männer das Feuer

bekämpften, wurden die übrigen fast alle von den immer
wieder angreifenden Apachen niedergemacht.

Einige noch Unverwundete ergriffen in wilder Panik die

Flucht.

Johlend ritten die Chiricahuas bis an die Murphys heran,

schwangen sich vom Pferderücken aus auf die Fahrzeuge.
Tomahawks und Jagdmesser erledigten das, was die Kugeln
verschont hatten.

»Flieht!« Freeman versuchte mit Stentorstimme den Lärm zu

übertönen. »Rettet euch, Leute! Wir haben den Kampf
verloren.«

Die letzten Weißen, die nach der Flucht ihrer Kameraden

noch weiter erbittert gefochten hatten, gaben bei Freemans
Zuruf auf. Diejenigen, die das Glück hatten, ein lediges Pferd
zu erwischen, sprangen in die Sättel und preschten kopflos
davon. Nur wenige entkamen dem furchtbaren Massaker.

Mark Billings und John Bourke kämpften gegen drei auf sie

einstürmende muskulös gebaute Apachen. Für beide Männer
war es ein Glück, daß sie den Rothäuten an Körperstärke in
nichts nachstanden.

Die Kämpfenden verbissen sich ineinander. Bei dem

erbitterten Ringen entglitten die Waffen ihren Händen.

Es wurde ein Titanenkampf. Die Geschicklichkeit der

Weißen im Faustkampf stand gegen die Schnelligkeit, die
Schläue der Chiricahuas.

Bourke und Billings verdankten ihr Leben nur dem Umstand,

daß sie genau wußten, wo man jemanden treffen mußte, um ihn
k. o. zu schlagen.

Als ihre Gegner betäubt am Boden lagen, ergriffen Billings

und Bourke als letzte die Flucht.

Es gelang ihnen, unbemerkt davonzuschleichen. Aber auch

das nur, weil die Apachen begonnen hatten, die Wagen zu
plündern. Ein wahrer Rausch hatte die Krieger erfaßt.

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Sie rissen die Sachen heraus, warfen alles zu Boden und

begannen auszusuchen, was ihnen wertvoll schien.

Aus der Ladung eines Textilienhändlers zog ein Krieger ein

rosa Frauenkorsett hervor, schlang es sich um die Hüften und
begann groteske Sprünge zu vollführen. Die Chiricahuas
brüllten und bogen sich vor Lachen.

Nur durch unnachgiebige Härte konnte Cochise verhindern,

daß seine Krieger den Alkoholproviant plünderten. Sie hätten
sich sonst unweigerlich bis zur Besinnungslosigkeit betrunken.
Das wußte der Häuptling.

Die wenigen Weißen, die dem Massaker entkamen,

verdankten dies nicht auch zuletzt dem Freudentaumel der
Apachen über die reiche Beute.

Was sie für brauchbar hielten, verstauten die Chiricahuas auf

den Pferderücken. Die Ochsen wurden ausgespannt und
weggetrieben. Die Krieger steckten die Murphys in Brand.

Alle Fahrzeuge standen lichterloh in Flammen.
Der zerstörte Treck bot ein Bild des Grauens.

*

Thomas Jeffords kam aus Ballards Postoffice. In seiner
Begleitung befand sich Richard Tichy, Ballards Buchhalter.

Jeffords hatte den blassen, ungewöhnlich großen Mann, der

in Tombstone kaum Freunde hatte, zu einem Drink eingeladen.

Der Saloon war gerammelt voll. Wie nicht anders zu

erwarten drehten sich die Gespräche um den Wagentreck.

Unter Freemans Milizmitgliedern gab es etliche

Unzufriedene, die lieber dem Wagenzug entgegengeritten
wären, statt in Tombstone zu hocken.

Burt Douglas, ein älterer bedächtiger Typ, versuchte die

allgemeine Erregung zu dämpfen.

»Wir tun unsere Pflicht auch hier«, sagte er beschwichtigend.

»Es ist möglich, daß die Apachen statt den Treck die Stadt

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angreifen. Dann werden wir hier nötiger gebraucht als in der
Gila. Ist doch klar, oder?«

Einige stimmten zu. Andere ertränkten ihre Unzufriedenheit

in Whisky. Daß gegen die Apachen gehetzt wurde, war nicht
verwunderlich.

In diese geladene Atmosphäre platzten Jeffords und Tichy

hinein.

Am Tresen wandten die Männer ihre Köpfe den Eintretenden

zu. Manch einer maß Jeffords mit feindseligen Blicken. Der
Stationsleiter tat, als merkte er es nicht.

Richard Tichy sah sich nervös im Saloon um. Dem dürren

Buchhalter war es irgendwie mulmig zumute.

Thomas Jeffords störte sich nicht an dem abweisenden

Benehmen der Anwesenden. Er steuerte, gefolgt von Tichy,
einen Tisch in der hintersten Ecke an. Da waren die einzigen
noch freien Plätze.

Ein vierschrötiger Kerl fixierte den Stationsleiter mit

haßerfüllten Blicken. Jeffords sah geradeaus, ignorierte den
Mann.

»He, Tichy«, attackierte der den Buchhalter, »bist du dir

nicht zu schade, mit einem lausigen Apachenfreund zu
trinken?«

Er kannte Tichys Schüchternheit, wußte, daß der Bankclerk

keine Kämpfernatur war. Indem er Tichy reizte, zwang er
Jeffords zum Eingreifen.

»Hörst du nicht, Bücherwurm?« stichelte der Stämmige

weiter, als Tichy keine Antwort gab. »Hast du eine
Ohrenentzündung?«

Im gleichen Augenblick streckte er ein Bein vor, so daß

Richard Tichy stolperte.

»Wenn du Streit suchst, Mister, dann wende dich gleich an

mich«, sagte Jeffords, wirbelte herum und riß den Mann vom
Stuhl hoch. »Ich kann es nicht leiden, wenn ein Muskelprotz
sich an Schwächeren ausläßt. Feiglinge sind mir zuwider.«

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»Hältst dich für den starken Mann, Kleiner, eh?« knurrte der

Vierschrötige. »Kannst eine Tracht Prügel haben, sogar
umsonst.«

Im selben Moment schoß seine behaarte Faust vor. Jeffords

warf sich zur Seite, der Schlag ging ins Leere.

Der bullige Kerl fauchte vor Wut wie ein gereizter Grisly.

Und gerade diese Wut war es, die ihn blindlings in Jeffords'
Gerade rennen ließ.

Mit ächzendem Stöhnen ging der Koloß zu Boden.
»Ist noch jemand da, dem unsere Nasen nicht gefallen?«

fauchte Thomas. »Er soll sich melden. Das wäre dann ein
Abwasch. Nun, wie ist's?«

Niemand schien Appetit auf einen Fight zu haben.
»Kommen Sie, Richard. Es gibt noch andere Saloons als

dieses ungastliche Lokal«, wandte sich Jeffords an seinen
Begleiter. »Trinken wir dort in Ruhe unseren Whisky.«

Er packte den völlig eingeschüchterten Tichy am Arm und

zog ihn ins Freie.

Donnernder Hufschlag ließ die Männer aufhorchen.
»Verdammt will ich sein, wenn das keine Unglücksboten

sind, die da auftauchen«, murmelte Jeffords, an Tichy gewandt.
»Los, Richard, kommen Sie! Beeilen wir uns, damit wir drüben
im ›Horsemen‹ einen Platz bekommen. Schätze, bald werden
alle Saloons brechend voll sein. Tichy, ich ahne was. Ich will
Ihnen sagen, was da angeprescht kommt. Das sind die
Überreste der glorreichen Miliz und des Wagentrecks.«

Jeffords sollte recht behalten.
Die Reiter, die in gestrecktem Galopp in die Main Street

einbogen, waren die Überlebenden des Massakers aus der Gila-
Wüste.

Minuten später war ganz Tombstone in Aufruhr. Die Saloons

barsten fast, so viele Gäste drängten sich hinein. Derbe Flüche
und wüste Verwünschungen der Männer mischten sich in das
Jammern und Wehklagen der Frauen jener Männer, die

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draußen in der Gila den Tod gefunden hatten.

Die Tombstoner forderten unverzüglich Rache, schrien ihren

Haß laut hinaus. »Lion« Bill Freeman tobte.

In dieser Stunde schwor er, nicht einen einzigen Apachen,

der ihm über den Weg lief, zu schonen.

*

Je näher John Haggerty Tombstone kam, um so unbehaglicher
fühlte er sich. Das ungute Gefühl verstärkte sich, als der
Chiefscout in die Town einritt.

Er vernahm die Schreie der rachelüsternen Menge.

Wortfetzen drangen an sein Ohr. Noch ehe er sich mitten in
Tombstone befand, wußte John so ungefähr, was sich in der
Gila-Wüste zugetragen hatte.

Er suchte Thomas Jeffords zuerst im Postoffice, dann im

Hotel.

Der Portier grinste Haggerty ah, als der sich nach Jeffords

erkundigte.

»Mr. Jeffords ist eben ins Speisehaus rübergegangen. Hat

gesagt, er wolle seinen Zorn mit einem Riesensteak
runterwürgen.«

Haggerty stakste aus dem Hotel. Er war müde, hungrig und

durstig. Am meisten plagte ihn der Hunger.

Tom Jeffords hatte der Tür den Rücken zugewandt, Tichy

saß ihm gegenüber. Der Buchhalter sah nicht auf, war mit einer
Riesenportion Apfeltorte beschäftigt. Auch der Stationsleiter
focht einen erbitterten Kampf mit dem vierten Stück Torte. Es
wollte und wollte nicht mehr so recht hinunter. Aber Jeffords
war nicht der Typ, der vor einem Stück

Kuchen kapituliert

hätte. Er hatte geprahlt, sechs Stück zu vertilgen. Nun wollte er
sich nicht den Spott der andern Gäste zuziehen.

Der Scout trat hinter Jeffords Stuhl, sah eine Weile

schweigend zu, klopfte Jeffords dann auf die Schulter. Der

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Stationsleiter fuhr herum.

»Mensch, Tom. Der Zweikampf mit dem süßen Zeug läßt

einem hungrigen Mann das Wasser im Mund
zusammenlaufen.« Haggerty lachte dröhnend. »Habe
Kohldampf wie ein ausgewachsener Grisly.« Er nickte Tichy
zu. »Freut mich, Sie zu sehen, Richard.«

Der Scout nahm Platz, gab der Bedienung seine Bestellung

auf.

»Waren Sie schon bei Ballard?« wollte Jeffords wissen.

»Dann haben Sie sicher gehört, was in der Gila passiert ist.«

John nickte.
»Zuerst suchte ich Sie im Postoffice. Um dann nicht alle

Saloons abzuklappern, fragte ich im Hotel nach. Der Portier
schickte mich hierher. Von ihm erfuhr ich, daß Sie im
›Cattlemen‹ einem vorlauten Kerl die Visage poliert haben.«

»Hören Sie auf, Mensch. Mich packt noch nachträglich die

kalte Wut. Schlagen Sie sich den Magen voll, John, dann
pilgern wir zurück ins Hotel. Morgen suche ich Ballard noch
einmal auf. Werden Sie mitkommen?«

Haggerty gab seine Zustimmung.
Sie brachten den von den Ereignissen des Tages völlig

eingeschüchterten Tichy nach Hause und steuerten das Hotel
an.

Es wurde eine lange Nacht für die Tombstoner. Ihre

Gespräche drehten sich nur noch um die Apachen.

*

Stolz ritt Naiche den Kriegern voran. Cochise hatte seinem
Sohn die Ehre überlassen, die vom Beutezug Heimkehrenden
in die Bergfeste zu führen.

Diese Geste sollte beweisen, daß der Jefe den jungen Naiche

allmählich in seine spätere Rolle als Häuptling einführen
wollte.

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Cochise war genauso stolz wie sein Sohn, vielleicht noch

mehr. Es war der berechtigte Stolz eines Vaters, dessen Sohn
wohlgeraten war – in jeder Hinsicht.

Hocherhobenen Hauptes zog Naiche an der Spitze des

Kriegertrupps in die Bergfeste ein. Sein junges Gesicht, seine
dunklen Augen strahlten. Naiche fühlte sich glücklich.

Ein schlankes Mädchen lief ihm entgegen, nahm die Zügel

seines Ponys, um es wegzuführen. Die Blicke der beiden
jungen Menschen tauchten ineinander. Ein liebliches Lächeln
umspielte den kirschroten Mund der Apachin. Naiches Blick
war voller Zärtlichkeit. Aber nur für Sekunden.

Dann sprang er vom Pferderücken. Das Mädchen entfernte

sich mit dem Tier, während Naiche sich in den Kreis der
Männer stellte, neben seinem Vater.

Der Jefe überließ seinem Sohn die Verteilung der Beute.

Naiche wußte dies zu schätzen. Es war ein großer
Vertrauensbeweis seines Vaters. Denn wie immer wollte der
Häuptling die erbeuteten Waren gerecht und den Bedürfnissen
entsprechend verteilen. Mit Genugtuung stellte der Jefe fest,
daß sein Sohn alles so machte, wie er – der Häuptling – sich
das vorgestellt hatte.

Als einer der ersten wurden Keeta und seine Frau Maria

beschenkt. Naiche zog dabei in Betracht, daß Keeta wegen
seiner schwachen Gesundheit nicht am Beutezug hatte
teilnehmen können.

Nahlekadeya nickte ihrem Mann zu.
Dieses Nicken war Anerkennung für den Sohn, dessen erste

Mutter Sho-shu-li, Cochises erste Frau, war. Cochise wußte die
Anerkennung zu schätzen. Seine Augen leuchteten.
Nahlekadeya lächelte still.

Die Frauen der beim Kampf Gefallenen stöhnten, kreischten

oder schluchzten, als die Namen ihrer Männer aufgerufen
wurden. Sie nahmen ihre Kinder bei der Hand und
verschwanden in ihren Wickiups. Dort warfen sie die

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buntbestickten Kleider ab, entfernten vor allem alles, was von
roter Farbe war, schnitten ihre Haare und die ihrer Kinder zum
Zeichen der Trauer ab.

Was ihren Männern gehört hatte, wurde zusammengetragen

und begraben. Danach banden die Squaws schwarze Tücher
um ihren Kopf und wanderten mit ihren Kindern zu einem
abseits gelegenen Platz. Hier setzten sich alle Witwen und
Halbwaisen zusammen und stimmten klagende Totenlieder an.

Die jungen, unverheirateten Krieger gingen stolz zwischen

den jungen Mädchen umher, sich ihrer Taten rühmend. Nur
Naiche stand bei den älteren Männern neben seinem Vater.

Während die Männer einen Kreis bildeten, begannen die

Frauen rund um diesen Kreis zu tanzen. Cochise rief mit lauter
Stimme die Namen seiner Tapferen auf, pries ihren Mut, ihre
Unerschrockenheit, ihre List im Kampf.

Die Frauen tanzten singend das Lob der Männer.
Cochise ließ für die trauernden Familien einen großen

Beuteanteil beiseite legen, auch für die Älteren und
Schwachen. Wie stets nach einem Beutezug gab er den
Ärmsten und Hilflosen am meisten.

In seinem Stamm sollte es niemanden geben, der Not litt.
Die geschiedenen Frauen und jene, die schon länger Witwen

waren, lachten und scherzten mit den jungen Männern. Die
jungen, unverheirateten Mädchen schmückten sich für den
später stattfindenden Tanz, bei dem die Männer den inneren
Kreis bildeten. Die Mädchen tanzten dabei um die Männer
herum, den Auserwählten auf die Schulter klopfend. Erriet der
so Aufgeforderte den Namen der Squaw, durfte er sich erheben
und sich mit seiner Partnerin dem Reigen der Paare
anschließen.

Es wurde eine lange, fröhliche Nacht. Man tanzte, lachte und

sang.

Nur eine stand abseits bei all dem Trubel: Tla-ina, Cochises

junge Schwester.

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Es war Nahlekadeya die ihren Mann auf das Fehlen von

»Sanfter Wind« aufmerksam machte.

Unauffällig entfernte sich der Jefe aus dem Kreis der

Feiernden, suchte nach der Schwester. Er fand sie an jener
Hütte lehnend, wo sie John Haggerty bei seinem letzten Besuch
getroffen hatte.

Tla-ina wirkte im fahlen Licht des Mondes noch schmaler,

noch zerbrechlicher. Und sie wirkte unendlich einsam.

Sanft berührte Cochise ihren Arm. Tla-ina blickte zu den

funkelnden Sternen hoch, wandte sich nicht einmal um.

»Meine Schwester möge mich begleiten«, begann der

Häuptling vorsichtig. »Man fragt an den Feuern nach Tla-ina
und wundert sich, daß sie dem Fest des Sieges fernbleibt.«

Eigenwillig schüttelte die schöne Apachin den Kopf, sah den

Bruder mit traurigen Augen an.

»Wer sollte Tla-ina vermissen? Der, nach dem das Herz von

›Sanfter Wind‹ verlangt, ist fern, Bruder. Vielleicht wird der
Weg zur Bergfeste für immer für ihn versperrt sein nach allem,
was geschah.«

Eine steile Falte stand zwischen Cochises Brauen.
»Macht mir Tla-ina Vorwürfe, weil wir den Wagentreck

überfielen? Es war notwendig, Schwester. Die Bleichgesichter
nehmen den Apachen das weg, was sie zum Leben brauchen.
Da ist es nur gerecht, wenn wir ihnen nehmen, was sie im
Überfluß besitzen.«

»Ich weiß. Doch Falke ist ein Weißer, ein Kundschafter der

Armee. Er wird nicht in die Apacheria zurückkehren, wenn er
von dem Überfall auf den Treck erfährt.«

Tla-inas Stimme brach. Tränen rannen aus ihren dunklen

Augen.

Cochise umfaßte ihre schmalen Schultern.
»Der Scout John Haggerty mag unser Handeln nicht

gutheißen. Aber er ist nicht nur Pfadfinder der Blauröcke,
sondern auch Falke, der Mann, dessen Herz meiner Schwester

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nahesteht. Kein Apache wird ihm den Weg in Cochises
Apacheria verweigern. Er wird uns stets willkommen sein. Und
er weiß es, Schwester.«

Als das Mädchen schwieg, griff Cochise um ihren Arm, zog

sie mit sich.

»Komm, Tla-ina, freue dich mit den anderen. Sieh, Keenas

junge Squaw und die Töchter der Gelbhäutigen fühlen sich
noch fremd. Geselle dich zu ihnen. Hilf ihnen, unsere Sitten
und Gebräuche zu verstehen. Um so schneller werden sie sich
als Apachinnen fühlen. Mir schien, du bringst Maria
schwesterliche Freundschaft entgegen. Kümmere dich um sie.
Du wirst deinen Kummer vergessen. Der Falke wird
wiederkommen. Er wird zurückkehren in die Bergfeste. Die
guten Gedanken von ›Sanfter Wind‹ werden ihn rufen,
herführen. Er wird den Ruf deines Herzens vernehmen.«

Ein zaghaftes Lächeln huschte um Tla-inas Mund.
Entschlossen wischte sie sich über die Augen und folgte

willig ihrem Bruder.

*

Der Tag begann regnerisch. Es schien, als hätte der Himmel
sein Innerstes nach außen gekehrt.

Thomas Jeffords und John Haggerty trafen sich im

Speisehaus beim Frühstück. Es wollte keine rechte Stimmung
unter den Gästen aufkommen. Zu sehr saß der Schrecken über
das Massaker den Leuten noch in den Knochen. Auch die
beiden Freunde sprachen kaum. Keiner schien großen Hunger
zu haben. Beide machten sich Sorgen.

»Ich frage mich, was sich seit unserer Abwesenheit am Paß

alles ereignet hat«, sagte Jeffords schließlich nach längerem
Schweigen. »John, ich glaube, dort hat sich was getan.«

»Kann sein, Tom. Hab' auch so 'nen komischen Druck im

Magen. Bedeutet selten was Gutes, dieses Gefühl. Entweder ist

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was passiert, oder es blüht uns was.«

»Warten wir's ab.« Jeffords trank den letzten Schluck Kaffee,

wartete, bis auch Haggerty sein Frühstück beendet hatte, dann
erhob er sich.

»Kommen Sie mit, John? Ich gehe jetzt zu Ballard rüber.

Möchte mich noch einmal mit ihm unterhalten, bevor er in den
Osten aufbricht. Bin neugierig wie ein altes Marktweib auf
seinen Nachfolger.«

»Hoffentlich ist's kein Indianerhasser«, sagte John Haggerty,

»sonst kriegen Sie dauernd Kummer, Tom. Nun, lassen wir uns
überraschen. Bleibt uns ja nichts anderes übrig, was?«

Die Männer verließen das Restaurant, stiefelten auf das

Postoffice zu. Mehr als ein feindseliger, abweisender Blick
folgte ihnen.

Das Wort »Indianerfreund« war eines der gelindesten

Schimpfworte, das mancher hinter ihnen herrief. Allerdings
nicht so laut, daß Jeffords oder Haggerty es hören konnten.
Dazu waren die Leute zu feige. Viele hatten Jeffords' Fight
vom vergangenen Abend noch allzugut in Erinnerung. Und der
Scout war auch nicht gerade als Schwächling bekannt.

Ballard schien an diesem miesen Morgen besserer Laune zu

sein als das Wetter. Sein feistes Gesicht drückte äußerste
Zufriedenheit aus. Er strahlte förmlich.

»Der hat 'ne Bombenstimmung«, raunte Thomas seinem

Begleiter zu. »Wahrscheinlich ist er in Gedanken bereits im
Osten.«

»Er freut sich bestimmt schon auf die Saloonhasen«, feixte

John. »Denen wird er mit Schauergeschichten aus dem Wilden
Westen imponieren. Dabei vergessen sie dann, daß er ein
Fettkloß ist.«

Sie traten näher, wurden von Ballard freundlich begrüßt.
»Nehmen Sie Platz; Gentlemen. Darf ich Ihnen einen

Whisky anbieten oder sonst einen Drink?«

Jeffords und Haggerty lehnten dankend ab. Ballard aber

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nötigte sie, wenigstens einen kleinen Whisky zu nehmen.

»Es wird vermutlich unser letzter, gemeinsamer Drink sein«,

sagte der Postmeister. »Wenn Sie bald wieder aufbrechen,
werde ich Sie wohl kaum noch sehen. Ich werde Tombstone
endgültig verlassen. Und ich bedaure es nicht.«

»Die Lage ist kritisch, spitzt sich immer mehr zu.« Jeffords

nahm einen Schluck, sah Ron Ballard an. Der Stationsleiter
wirkte müde und abgespannt. »Es wird immer schwieriger am
Paß. Wir stehen oben am Peak zwischen zwei Feuern, Mr.
Ballard. Sitzen sozusagen zwischen zwei Stühlen. So was geht
leicht ins Auge. Die Leute hier in der Town nennen mich einen
verdammten Apachenfreund. Die Indianer wiederum glauben
manchmal, Grund zum Mißtrauen zu haben. Auch wenn mich
manch roter Mann seinen Freund nennt, ich bin ein Weißer.
Die Hautfarbe genügt, um in manche Apachenseele Mißtrauen
zu säen.«

Ron Ballard leerte sein Glas in einem Zug, goß nach.
»Ich kann Sie verstehen, Mr. Jeffords. Die Lage ist alles

andere als erfreulich. Aber Sie sind jung, tatkräftig und
besitzen das Vertrauen eines der berühmtesten
Apachenhäuptlinge: Cochise. Das fällt schwer ins Gewicht,
Jeffords.«

»Auch mich nennt man einen Freund des Jefe«, warf John

Haggerty ein. »Deshalb besitze ich noch lange nicht das
Vertrauen eines jeden Apachen oder gar aller Stämme.«

»Sicher«, sagte Ballard etwas ungeduldig. Seine blassen

Froschaugen musterten den Scout eindringlich. »Es ist aber ein
bedeutender Unterschied, ob jemand die Freundschaft eines
Häuptlings besitzt oder eines einfachen Kriegers. Cochise hat
großen Einfluß auf seine Untergebenen.«

»Der mir herzlich wenig nützt, wenn mein Skalp einem

seiner Männer gefällt«, fügte Haggerty trocken hinzu.
»Vielleicht sollten Mr. Jeffords und ich es Ihnen gleichtun und
diese reichlich ungesunde Gegend verlassen.«

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»Einmal abgesehen von unserer sogenannten Freundschaft

mit Cochise, Mr. Ballard, es gibt auch andere Apachenstämme,
die uns weniger freundlich gesinnt sind. Vor allem Victorios
Mimbrenjos. Denen ist die Station am Apachen-Paß ein Dorn
im. Auge.« Thomas Jeffords sah seinen Vorgesetzten ernst an.
»Was gedenkt die Butterfield Overland zum Schutz ihrer
Station am Paß zu unternehmen?«

»Ich bin kein Postmeister mehr«, entgegnete Ron Ballard,

»und nicht mehr in der Lage, Ihnen irgendwelche Hilfe zu
leisten, Tom.«

Thomas Jeffords sah Ballard forschend an. Dessen

Froschaugen schienen ihn voller Belustigung zu mustern.

»Und wer ist Ihr Nachfolger, Mr. Ballard?«
Jeffords ärgerte sich insgeheim über Ballards anscheinende

Belustigung.

Ron Ballard erhob sich, ging zu seinem Schreibtisch. Aus der

Schublade entnahm er einen versiegelten Umschlag, reichte
Jeffords das Schreiben.

»Lesen Sie selbst.«
Etwas befremdet sah Jeffords Ballard an. Doch dann öffnete

er auf dessen erneute Aufforderung den Umschlag. Er enthielt
zwei Urkunden.

Thomas traute seinen Augen kaum, winkte Haggerty heran.
»Entweder kann ich nicht mehr richtig lesen, oder ich

träume. Sehen Sie nur, John.«

Die eine Urkunde enthielt die offizielle Trennung Jeffords'

zum Postmeister, die andere seine Bestellung zum U.S.
Postinspektor.

»Da bleibt einem die Spucke weg, eh?« fragte Haggerty.

»Mann, Tom, gratuliere.«

»Ich schließe mich den Glückwünschen von Mr. Haggerty

an.« Ballard reichte Jeffords die Hand. »Schätze, da wäre ein
Glas Wein fällig. Hab' 'nen guten Tropfen im Haus. Wie ist's
damit, Leute?«

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»Wollen Sie den neuen Postmeister noch vor seiner ersten

Amtshandlung besoffen machen?« frotzelte Jeffords lachend.
»Für gewöhnlich kann ich schon einen Stiefel voll vertragen,
aber doch nicht kurz nach dem Frühstück. Verschieben wir das
bis nach dem Mittagessen, Mr. Ballard, okay? John und ich
gehen inzwischen ins Hotel und packen unsere Sachen. Heute
nachmittag reiten wir zum Paß zurück.«.

Richard Tichy kam aus dem Nebenraum.
»Und wer kümmert sich dann hier um den Betrieb, Mr.

Jeffords, wenn Mr. Ballard abreist und Sie zum Paß
zurückreiten?« wollte der Buchhalter wissen.

Lächelnd blickte Thomas den dürren Langen an. Sein

Zeigefinger tippte auf Tichys Brust.

»Sie, Richard. Sie sind genau der richtige Mann. Ich

übergebe Ihnen hiermit die Posthalterei samt Kutschenstation.
Suchen Sie sich einen Buchhalter, wenn Sie's für nötig halten.«

Tichy schnappte nach Luft. Sekundenlang blieb sein Mund

offen. Sein sonst farbloses Gesicht rötete sich. Seine blassen
Augen bekamen einen ungewöhnlichen Glanz.

Seine Dankesworte waren ein freudiges Gestammel. Richard

Tichy war unfähig, ein vernünftiges Wort, geschweige denn
einen vollständigen Satz zu sprechen. Er konnte sein Glück
kaum fassen.

Er, der unscheinbare Buchhalter, der von vielen nicht

ernstgenommen wurde, war plötzlich jemand. Mit diesem
Vertrauensposten konnte er zu einer völlig neuen
Persönlichkeit werden. Das fühlte Tichy in diesem Moment.

Thomas Jeffords aber war davon überzeugt, daß die

Verantwortung Tichys Persönlichkeit entwickeln, daß er
selbstbewußter werden, kurz, ein völlig neuer Mensch würde.

Tichy, Jeffords und Haggerty trafen sich später noch einmal

bei Ballard und tranken erstklassigen Wein.

Sie trennten sich mit den besten gegenseitigen Wünschen für

die Zukunft.

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*

Es war später Nachmittag, als Jeffords und Haggerty
Tombstone verließen. Es hatte aufgehört zu regnen. Nebeldunst
hing über dem Land. Man hatte den Eindruck, als wäre alles in
Watte getaucht.

»Vielleicht hätten wir die Nacht doch noch in Tombstone

verbringen sollen«, gab Haggerty zu bedenken. »Ganz
angenehm wird das Schlafen hier draußen nicht sein.«

»Dachte, sie hätten schon schlechtere Nächte verbracht«,

bemerkte Jeffords grinsend. »Ein Kundschafter macht doch
normalerweise keinen Anspruch auf ein Himmelbett geltend.«

John blieb ernst, ging nicht auf den Spaß ein.
»Ich sah Freeman mit einer Gruppe seiner Miliz losziehen«,

sagte der Scout nachdenklich. »Falls die in dieselbe Richtung
reiten wie wir und Kummer mit den Indsmen bekommen,
Freund Tom, dann sind wir mittendrin, ob wir wollen oder
nicht.«

»Wir werden eben versuchen, jedem Kummer

auszuweichen«, sagte Jeffords seelenruhig.

»Wir könnten auf Shaws Farm übernachten«, schlug

Haggerty vor. »Dort findet man zwar kein Himmelbett, aber in
seinem Pferdestall ist es wärmer als draußen.«

»Sie scheinen heute eine wahre Abneigung gegen das

Verweilen in freier Natur zu haben.« Jeffords lachte. »Für
einen Scout ziemlich außergewöhnlich.«

»Hören Sie, Tom, da gibt es nichts zu lachen. Ich werde

einfach das verdammte Gefühl nicht los, daß wir nicht allein
durch die Gegend reiten. Und bei diesem undurchsichtigen
Nebelbrei ist mir das verdammt unangenehm. Man sieht ja
kaum die Hand vor den Augen. Wie soll man da einen
Menschen sehen können.«

»Sieht man keinen, fürchtet man auch keinen«, frotzelte

Jeffords noch immer gutgelaunt. Er freute sich, zum Paß

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zurückzukehren. »Was haben Sie nur, John? So kenne ich Sie
gar nicht.«

»Ich mich auch nicht«, kam es trocken über Haggertys

Lippen. »Doch wie ist das nun, Tom? Biegen wir nach rechts
ab und fragen bei Shaw, ob wir bei ihm übernachten können?«

»Wenn es Sie unbedingt nach einem Pferdestall als Hotel

und einer Box als Bett gelüstet, dann ja, verdammt noch mal.«

Jeffords war etwas ungehalten. »Obwohl ich Sie nicht

verstehe«, fügte er mürrisch hinzu.

Haggerty blieb die Antwort schuldig. Seine Erfahrung als

Scout hatte ihn gelehrt, dem Unterbewußtsein mindestens
genausoviel Beachtung zu schenken wie dem nüchternen
Verstand. Und er war in all den Jahren auf vielen gefahrvollen
Ritten gut dabei gefahren.

Jeffords bog von der Poststraße ab. Ohne Kommentar

wendete Haggerty seinen Braunen und folgte Thomas.

Der Nebel wurde dichter. Die Männer konnten keinen Yard

weit mehr sehen. Sie mußten sich auf den Instinkt ihrer Pferde
verlassen und darauf hoffen, daß die durch den breiigen Nebel
fänden.

*

Shaws Farm war ein bescheidenes Anwesen, die Heimstätte
eines Kleinsiedlers. Für die Männer war es ein Glück, daß
Haggertys brauner Hengst den Weg nicht zum erstenmal ging.

Nach zwei Meilen verhielt der Scout das Pferd, lauschte

angespannt.

»Damned, Tom. Meine Kundschafternase riecht noch etwas

anderes als die Nebelfeuchtigkeit. Wir geistern nicht allein in
der Gegend herum. Ich habe es von Anfang an gewußt.«

»Wer?« fragte Jeffords nur kurz.
»Mimbrenjos«, kam es ebenso knapp zurück.
»Gepriesen sei Ihr Riechorgan«, sagte Jeffords grimmig.

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»Aber Ihr Geruchssinn hilft uns in diesem Wetter nicht weiter.
Wir können nicht mal Trab reiten, geschweige denn Galopp.
Die Gäule haben schon Schwierigkeiten, im Schritt den Weg
nicht zu verfehlen.«

»Ein Gutes hat die Nebelwatte doch.« Haggerty unterdrückte

ein Lachen. »Die roten Vettern können uns ebensowenig sehen
wie wir sie. Wir müssen die Farm vor ihnen erreichen. Das sagt
mir mein Instinkt.«

Nach einer weiteren Meile hatten sie es geschafft. Aus den

Nebelschwaden schälten sich die Konturen niedriger Gebäude.
Das Farmhaus und die Ställe.

Die schweren Fensterläden waren geschlossen. Kein

Lichtschein drang durch die Ritzen nach draußen. Nichts rührte
sich.

Das stille Haus, der dichte Nebel, die Lautlosigkeit ringsum

– das alles wirkte beklemmend, gespenstisch.

»Hallo, Shaw!« rief John Haggerty verhalten. »Hören Sie

mich? Ich bin's, Haggerty, der Armyscout.«

»Sind Sie allein?« kam es nach sekundenlangem Zögern

zurück.

»Mr. Jeffords von der Poststation am Apachen-Paß ist bei

mir«, rief Haggerty.

»Bringen Sie Ihre Pferde in den Stall, dann kommen Sie an

die Tür. Ich werde öffnen, wenn ihr davorsteht. Das ist
sicherer.«

Wenig später betraten Thomas Jeffords und John Haggerty

den Wohnraum der Shaw-Farm. Shaw schob den schweren
Querbalken, der die Tür sicherte, zurück. Er schien in großer
Sorge zu sein.

»Ist euch jemand gefolgt?« fragte der Mann nach kurzer

Begrüßung. »Es trieben sich den ganzen Tag Apachen in der
Gegend herum. Wenn mich nicht alles täuscht, dann waren es
Mimbrenjos.«

»Wir hatten den Eindruck, daß wir nicht allein unterwegs

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waren«, erwiderte Jeffords. »Sagen Sie, Mister, versuchten die
Indsmen, die Farm anzugreifen?«

»Nein.« Das Gesicht des Farmers drückte Angst aus. Er warf

verstohlene Blicke auf seine Familie, die sich ängstlich in den
hintersten Winkel verkrochen hatte. »Anzugreifen versuchten
sie nicht. Aber ich sah sie wie Schatten umherhuschen, wie
lautlose Schemen. Mal hier, mal dort. Unheimlich, sage ich
euch.«

»Irgend etwas werden sie vorhaben.« Haggerty lehnte den

Henry stutzen an die Wand. »Wir sollten die Nacht
durchwachen, Mr. Shaw. Eigentlich wollten wir um ein
Nachtquartier bitten, doch an Schlaf wird wohl kaum zu
denken sein. Wir tun besser daran, uns im Wachen abzulösen.«

Der Scout sah zu der Farmersfrau und den Kindern hinüber.
»Ängstigen Sie sich nicht unnötig, Ma'am. Schätze, die

Redmen sind hinter jemanden her. Denke, die Farm interessiert
sie nicht so sehr. Vielleicht aber sollten Sie lieber die
Sicherheit eines Forts aufsuchen. Freemans Miliz hat am
Nachmittag Tombstone verlassen. Mit denen haben die
Indianer wohl ein Hühnchen zu rupfen. Und sollte es den
Apachen trotzdem einfallen, hier aufzukreuzen, so werden die
sich blutige Köpfe holen, darauf können Sie sich verlassen.
Dieser Victorio mit seinen Mimbres trampelt mir schon lange
genug auf meinen Nerven herum.«

Trotz aller Befürchtungen verlief die Nacht ohne

Zwischenfall.

In der Frühe des nächsten Morgens brachen Jeffords und

Haggerty auf.

Von den Apachen war nichts mehr zu sehen.

*

An diesem Morgen war das Wetter weniger mies als am
vergangenen. Die Sonne versuchte die Wolken zu

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durchbrechen, die Landschaft bot ein freundliches Bild. Nichts
in dieser erwachenden Natur deutete auf eine Gefahr hin. Kein
fremder Laut störte die morgendliche Stille. Nur die
gewohnten, von Tieren verursachten Geräusche ließen
erkennen, daß Leben hier draußen war.

In dieser morgendlichen Frische wäre der Ritt ein Vergnügen

für Jeffords und Haggerty gewesen, hätten sie nicht Unheil
geahnt. Denn beiden Männern war längst klar, daß dieser
Friede trügerisch war.

Als sie auf der Poststraße ritten, rief Thomas Jeffords seinem

Begleiter zu:

»He, John, was sagt Ihr Kundschafterrüssel heute morgen?

Sind unsere lieben Vettern in der Nähe?«

»Noch nicht«, antwortete der Scout. »Sitzen noch beim

Lunch.«

Obwohl er Spaß machte und sorglos schien, war John

Haggerty ganz gespannte Aufmerksamkeit. Das jedoch konnte
nur jemand erkennen, der ihn so gut kannte wie Jeffords.

Sie hatten etwa fünf Meilen zurückgelegt, als Haggerty dem

Postinspektor zurief:

»Verdammt, Tom, ich glaube, unsere Freunde haben ihren

Lunch beendet und sind uns auf der Spur. Sputen wir uns,
Amigo.«

»Habe den gleichen Eindruck«, entgegnete Jeffords. »Ist

alles zu still. Man hört und sieht keine Tiere mehr, nicht einmal
Vögel. Wurden wohl alle von den Rothäuten aufgeschreckt.«

»Was tun wir, Tom? Sollen wir irgendwo Deckung suchen

und abwarten, ob sie uns angreifen? Was schlagen Sie vor?«

»Hm, wir sollten an einer Stelle lagern, an der wir den

Rücken frei haben, an einer Felswand vielleicht. Von dort aus
können wir die Umgebung beobachten. Na ja, dann müssen wir
wohl abwarten, was geschieht.«

»Das wäre auch mein Vorschlag gewesen«, sagte Haggerty.
Die Felswand, an der sie wenig später aus den Sätteln glitten,

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ging eine halbe Meile weiter in einen Canyon über. Eigentlich
war es ein idealer Platz.

Haggertys Blicke schweiften über die Schroffen und Hänge.

Nichts rührte sich, nichts zeigte sich.

»Ich weiß, daß sie trotzdem da sind«, sagte der Scout aus

seinen Gedanken heraus. »Ich fühle es einfach. Haben wohl die
Absicht, uns auf freiem Gelände zu jagen. Well, Tom, ewig
können wir nicht hier hocken bleiben. Riskieren wir es also.«

Sie saßen kaum auf ihren Pferden, als aus einer Bodensenke

ein Schwarm Mimbrenjos auftauchte.

Jeffords und Haggerty preschten in den Canyon. Hinter ihnen

heulten die Mimbrenjokrieger triumphierend.

»Die Halunken sollen erst brüllen, wenn sie unsere Felle

haben«, rief John Haggerty grimmig. »Die freuen sich zu
früh.«

Er klopfte auf den Schaft des Henrystutzens. Auf diese

Waffe konnte er sich in allen Situationen verlassen.

Die Hufe ihrer Pferde hämmerten ein donnerndes Stakkato,

dessen Echo von den Felswänden widerhallte.

»Tempo, John!« drängte Jeffords. »Kann Ihr Brauner nicht

schneller laufen? Mann, spornen Sie ihn an!«

John drückte dem Hengst die Absätze in die Flanken. Er

merkte, daß das Tier erschöpft war. Sonst war sein treuer,
vierbeiniger Gefährte ein guter Renner. Und gerade jetzt, wo es
auf Sekunden ankam, schien mit dem Braunen etwas nicht in
Ordnung zu sein.

»Er kann nicht«, brüllte John gegen den Wind. »Reiten Sie

nur los, Tom! Ich werde mir Deckung suchen und die
Gentlemen unter Feuer nehmen. Hauen Sie ab, Mann!«

»Wohl nicht ganz dicht, he?« fauchte Jeffords. »Glauben Sie

vielleicht, ich ließe Sie im Stich?«

»Sie Narr!« keuchte John. »Dann gehen wir beide drauf.«
»Oder auch nicht«, kam es verbittert zurück. »Und, seien Sie

ehrlich, John, Sie würden auch nicht anders als ich handeln.«

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»Wenn wir es bis zum Ausgang des Canyons schaffen,

können wir die Mimbrenjos vielleicht abschütteln«, rief
Haggerty dem Postmeister zu. »Vielleicht gibt's hinter dem
Canyon eine Stelle, von wo aus wir nach oben kommen. Dann
hätten wir die Mimbrenjos prima im Visier.«

»Gott bewahre Ihren Kinderglauben«, sagte Jeffords, riß im

gleichen Atemzug das Gewehr aus dem Scabbard, drehte sich
im Sattel und feuerte.

Seine Kugel schleuderte einen Krieger vom Ponyrücken.

Haggerty und Jeffords mußten ihre Pferde parieren. Sie mußten
schießen, wollten sie nicht selbst getötet werden.

Die Pferde liefen langsamer, John und Thomas konnten

besser zielen. Allerdings rückten dadurch die Mimbrenjos
näher.

Haggertys Henrystutzen spie tödliches Blei. Das verschaffte

ihnen einen kleinen Vorsprung. Denn die schnell
hintereinander abgefeuerten Schüsse richteten unter den
Indianern einige Verwirrung an. Auch hatten sie bereits
mehrere Tote und Verwundete zu beklagen. Sie zögerten
jedoch nur kurz.

Ein scharfer Befehl ihres Anführers, und die Hetzjagd ging

weiter.

Es war ein höllisches Rennen ums nackte Leben. Staub

wirbelte unter den Hufen der Pferde auf, Erdbrocken flogen
hoch. In das Peitschen der Schüsse mischten sich das
infernalische Heulen der Mimbrenjos und die Flüche der
beiden Weißen.

»Da!« rief Haggerty und wies mit der Rechten nach links.

»Da ist eine Biegung. Wir gehen dort in Deckung und
empfangen die Mimbrenjos mit Blei. Wegreiten hilft uns nichts
mehr, Tom.«

Als Jeffords und Haggerty gerade um die Biegung galoppiert

waren, sträubten sich ihnen förmlich die Haare.

Der Weg durch den Canyon führte nicht weiter. Als sie ihre

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Flucht begannen, hatten sie nicht darauf geachtet, in welchen
Canyon sie ritten. Mit Entsetzen stellten sie nun fest, daß sie in
einen Sackcanyon geraten waren.

Es gab keinen Ausgang. Sie saßen in der Falle.
In dem Moment, als ihnen ihre mißliche Lage klarwurde,

sprangen sie auch schon ab, zogen die Pferde hinter einen
mannshohen Felsblock, hinter dem sie, selbst ebenfalls
Deckung fanden. Die Pferde wurden dazu gebracht, sich
niederzulegen.

Immer lauter klang der Hufschlag der Mustangs, immer

ohrenbetäubender das Kriegsgeschrei.

Haggerty und Jeffords sahen sich an, nickten sich zu.
»Wenn's unser letzter Kampf sein sollte, John, dürfen wir

keine Kugel vergeuden. Wir nehmen so viele Rothäute wie
möglich mit auf den langen Trail.«

Jeffords sagte es voll grimmiger Entschlossenheit.
Es blieb ihnen keine Zeit zum Nachdenken. Die Mimbrenjos

jagten heran, passierten den Felsblock wie die Palisaden eines
Forts.

»Verdammt«, fluchte John Haggerty, »warum hat der Stein

keine Schießscharten? Man kann nur treffen, wenn man die
Nase um den Block steckt. Und dabei riskiert man eine Kugel
oder einen Pfeil.«

»Der Satan hole diese Brut«, brummte Jeffords und zog den

Stecher durch.

Ein Mimbrenjo, der gerade versuchte, hinter den Felsbrocken

zu gelangen, sackte im Fellsattel zusammen, fiel in den Staub.
Wutgeheul brandete auf.

John und Thomas zuckten zusammen. Das Geheul war dicht

vor ihnen. Die Mimbrenjos mußten auf der anderen Seite des
Felsens sein.

»Denke, wir sprechen unser letztes Vaterunser«, murmelte

Haggerty. »Ich wünsche mir bloß eines: Cochise möge
erfahren, daß seine Mimbrenjo-Vettern uns umgebracht

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haben.«

»Noch leben wir«, knirschte Jeffords. »Ich gebe zu, die

Rothäute haben die besseren Karten in diesem Blackjack. Doch
wir sitzen sicherer. Und Proviant und Wasser haben wir
vorläufig genug. Könnte ja sein, daß die Knallerei gehört wird.
Vielleicht sogar von Cochise. Wäre mir ein Vergnügen, zu
beobachten, wie seine Krieger ihre eigenen Vettern in die
Ewigen Jagdgründe schicken.«

Haggerty blickte die Felsen hoch. Aber er sah keine

Möglichkeit, die steil aufragenden Wände zu erklimmen. Nicht
mal zu Fuß, geschweige denn mit den Pferden.

Jeffords bemerkte Haggertys Blicke, schüttelte grimmig den

Kopf.

»Hat keinen Zweck, John, sich nach einem Fluchtweg

umzusehen. Es gibt keinen. Wir sitzen fest, wie der Bär im
Zwinger.«

Sie verspürten einen bitteren Geschmack im Mund.
Sollte dies wirklich das Ende sein?

*

In »Lion« Bill Freeman breitete sich prickelnde Unruhe aus.
Mit der Erfahrung des alten Kämpen wußte er diese Unruhe
richtig zu deuten. Sie signalisierte Gefahr.

Er schickte einen seiner Männer, der Kundschafter im

vergangenen Bürgerkrieg gewesen, um die Gegend zu
erkunden. Nach einer halben Stunde kam der Mann zurück.

»Spuren von Indianerponys, Sir«, meldete er. »Sie führen

zum Apachen-Paß. Sind schnell geritten, die Vettern. Entweder
wurden sie verfolgt oder aber sie waren selbst die Verfolger.«

»Nachsehen«, war alles, was Freeman erwiderte.
Er war als erster wieder im Sattel, folgte dem Kundschafter.

Furcht kannte der ehemalige Captain nicht. Er liebte den
Kampf, fühlte sich noch immer als Soldat.

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Erst als der Vorausreitende sein Pferd zügelte und die

Fährten betrachtete, verlangsamte auch Freeman das Tempo.

»Hier sind nicht nur Spuren von Indianerponys«, meldete der

ehemalige Armeescout, »sondern ebenfalls solche von zwei
beschlagenen Pferden. Woraus zu schließen ist, daß die
Indianer zwei Weiße verfolgten.«

»Dann werden die Verfolger bald selbst die Gejagten sein«,

brummte Bill Freeman zornig. »Diese roten Bastarde werden
immer dreister. Wir müssen ihnen die Krallen beschneiden.
Los, Leute! Wir sind den Kerlen Revanche schuldig für das
Massaker in der Gila-Wüste. Sie sollen die Beute nicht
umsonst bekommen haben. Jetzt wird ihnen die Rechnung
präsentiert.«

»Das waren Cochises Chiricahuas«, sagte der Scout.

»Vielleicht gehören diese zu einem anderen Stamm.«

»Na und? Apache ist Apache«, knurrte Freeman. »Sind alle

gleich. Pack ist Pack, Mann. Sie sollen mir nur vor die Flinte
kommen.«

Der ehemalige Scout verstand sich noch immer blendend

aufs Spurenlesen. Er verlor die Fährte nicht aus den Augen.
Auch auf steinigem Boden fand er immer wieder Hinweise
dafür, daß die Indianer diesen Weg geritten waren.

Eine Hügelkette tauchte auf, der Einschnitt eines Canyons

wurde sichtbar. Weiter entfernt schob sich eine Felswand vor
einer Canyonmündung.

Freeman schickte den Scout zur Erkundung los.
Scharf beobachtete »Lion« Bill Freeman den Mann, achtete

auf jedes Zeichen, das er gab. Und als er wie wild zu winken
begann, die Hand dabei kreisen ließ, wußte Freeman, daß der
Mann etwas entdeckt hatte. Er preschte los, holte den Scout
ein.

Von einer Anhöhe aus sahen sie, wie eine Gruppe

Mimbrenjos zwei Reiter verfolgte. Und wie diese Reiter
geradewegs in einen Sackcanyon einbogen.

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Freeman fluchte fürchterlich.
»Diese Hohlköpfe! Dort sitzen sie in der Falle. Müssen

fremd in der Gegend sein. Na, egal, wir hauen sie
selbstverständlich heraus. Reiten Sie zu unsern Leuten zurück,
Manners. Sie sollen sich vorsichtig bewegen, möglichst keinen
Lärm machen. Ich werde versuchen, noch näher ranzukommen.
Sobald Sie mit unseren Leuten hier sind, greifen wir ein. Alles
okay?«

»Okay.« Manners nickte und jagte den Hügel hinab, den

Männern des Frontier Bataillons entgegen.

Wenig später ritten sie so geräuschlos wie möglich dem

Canyon zu. Hier, am Eingang, waren die Felsen noch
erklimmbar.

»Die Scharfschützen unter euch dort hinauf!« befahl

Freeman.

»Die andern zu Pferde hinter den roten Halunken her!«
Freeman kletterte mit sechs Männern den Fels hoch. Oben

blickte er zunächst durch das Fernglas.

»Möchte doch zu gern wissen, welche zwei Tölpel in den

Sackcanyon geritten sind«, murmelte er, um dann gleich drauf
loszubrüllen: »Da schlag einer lang hin! Leute, diese
Dummköpfe, die dort in der Klemme sitzen, sind Jeffords und
Haggerty. Es ist nicht zu fassen. Zwei erfahrene Männer. Die
Roten müssen sie direkt da hineingejagt haben. Anders kann
ich es mir nicht vorstellen.«

Freeman ließ das Glas sinken, griff zur Waffe.
Das Frontier Bataillon hatte in den Kampf eingegriffen.
Zu spät bemerkten die Mimbrenjos den neuen Feind.

*

Schweiß rann John und Thomas in die Augen. Sie merkten, daß
ihre Kräfte mehr und mehr erlahmten.

»Schätze, es geht doch zu Ende«, murmelte Haggerty mit

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blassen Lippen. »Schade, Freund Tom. Hätte mir noch einige
Jahre gewünscht.«

»Einige ist gut«, knirschte, Jeffords. »Ich hatte mal vor, ein

Tattergreis zu werden. Na, dann eben nicht. Hoffe nur, die
roten Hunde kommen in die Hölle statt in die Ewigen
Jagdgründe.«

Plötzlich griff Jeffords erregt nach Haggertys Arm.
»Hören Sie, John? Schüsse! Die stammen nicht aus den alten

Karabinern der roten Vettern, sondern aus modernen
Gewehren. Das sind Weiße. Wir kriegen Verstärkung, John.«

Immer näher klang das Echo der Schüsse. Das Hufgetrappel

beschlagener Pferde wurde laut.

»Hoffentlich sind es keine Desperados, die dort angesaust

kommen«, sagte John Haggerty besorgt. »Die würden zuerst
den Indianern den Garaus machen und danach uns.«

»So was nennt man dann doppeltes Pech«, bemerkte Jeffords

mit schiefem Grinsen.

Eine befehlsgewohnte Stimme ließ die beiden Männer

plötzlich hoffnungsvoll aufhorchen. Es war eine Stimme, die
den Kampfeslärm übertönte.

»Freeman!« riefen Jeffords und Haggerty gleichzeitig.
Und »Lion« Bill Freeman machte seinem Zunamen wieder

einmal alle Ehre. Er brüllte wie ein Löwe, stachelte seine
Männer an.

Der Ex-Captain hockte auf einem Hügel, gedeckt durch

einen Mesquitestrauch, und feuerte pausenlos auf die
Mimbrenjos.

Seit dem Massaker in der Gila-Desert war Freeman zum

unerbittlichen Indianerhasser geworden. Es gab keine Rothaut
mehr, die vor seinen Kugeln sicher war. Fiel nur irgendwo das
Wort »Apache«, so schaltete Freemans Hirn sofort auf Töten.

Und dort unten auf der Canyonsohle boten sich ihm die

Mimbrenjos gleichsam wie auf dem Präsentierteller dar.

Als das Frontier Batallion in den Canyon eindrang, war das

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Inferno vollkommen.

Schießend und brüllend griffen sie die Indianer an.

Unerbittlich tobte der Kampf. Bald fiel kein Schuß mehr.
Weiße und Apachen kämpften Mann gegen Mann. Colts,
Tomahawks und Jagdmesser taten ihr grausiges Werk.

Als sie die Miliz sahen, zogen Jeffords und Haggerty ihre

Pferde hoch, schwangen sich in die Sättel und preschten mitten
unter die Kämpfenden.

Johns Henrystutzen entlud sich ein paarmal krachend. Einige

Mimbrenjos rollten in den Staub.

Ein muskulöser Krieger sprang den Scout an, riß ihn aus dem

Sattel. Im Fallen erkannte John den Mann. Es war einer von
Victorios Kriegern, mit dem Haggerty schon mehrmals
aneinandergeraten war. Sie waren Feinde und wußten, daß sie
keine Gnade zu erwarten hatten. In diesem unerbittlichen
Kampf konnte es nur einen Überlebenden geben.

Der Mimbrenjo hielt das schwere Jagdmesser in der Rechten.

Eine gefährliche Waffe. John Haggerty besaß nur seine Fäuste,
sich gegen den Krieger zu verteidigen. Beim Sturz vom Pferd
war ihm der Colt entfallen. Das Scoutmesser steckte zwar in
seinem Gürtel, er konnte es jedoch nicht fassen, denn er
brauchte beide Hände, den Messerarm des Mimbrenjos
abzuwehren.

John fühlte seine Kräfte schwinden, die Arme wurden ihm

taub von der unmenschlichen Anstrengung.

Einige Yards weiter rang Jeffords mit einem Krieger. Dem

Postmeister gelang es, den Gegner zu erledigen. Bevor er John
zu Hilfe eilen konnte, sprang ihn ein anderer Apache an.

In ohnmächtiger Wut beobachtete Freeman den ungleichen

Kampf. Einen Schuß wagte er nicht anzubringen, aus Angst,
dabei Haggerty zu treffen. Der jähzornige Mann ließ einen
Stapel greulicher Flüche hören. Seine Kiefer mahlten, seine
eisgrauen Augen wurden steinhart. Sein Texanerschnurrbart
zitterte, so erregt war Freeman. Seine Hände umkrallten den

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Schaft des Gewehrs.

»Teufel, ich werde doch wohl nicht mit ansehen müssen, wie

der rote Kerl den Scout zur Hölle schickt.« Freemans Stimme
vibrierte. »Wäre ich nur da unten, verdammt. Sieht denn
keiner, was sich da abspielt?«

John Haggertys Kräfte waren am Ende. Er mußte den Arm

des Indianers loslassen. Der Gegner trat gegen Johns
Schienbein. Der Scout stolperte, ging zu Boden.

Darauf hatte der Apache gewartet. Sofort war er über

Haggerty, hob die messerbewehrte Hand.

Ein Schuß peitschte. Der Mimbrenjo riß die Arme hoch,

stand sekundenlang wie zu Stein erstarrt, dann sackte er
vornüber, fiel fast auf Haggerty, der sich im letzten Augenblick
zur Seite warf.

Einer der Milizmänner half dem erschöpften Scout hoch, der

sich sofort nach Jeffords umsah. Der Postmeister hatte seinen
Gegner mit einem wuchtigen Fausthieb außer Gefecht gesetzt.

Haggerty griff nach seinem Stutzen, schickte einige Kugeln

hinter den Mimbrenjos her, die dem Canyonausgang
zustrebten.

Die Klügeren unter ihnen hatten eingesehen, daß die Flucht

die einzige Möglichkeit war, am Leben zu bleiben.

Bill Freeman war mit dem Rest seiner Leute den Hügel

herabgeschlittert. Sie rannten zu ihren Pferden, nahmen die
Verfolgung der Flüchtenden auf.

Im Canyon war der Kampf beendet.
Thomas Jeffords fiel einem der Milizmänner in den Arm, der

einen verwundeten Mimbrenjo einfach abknallen wollte.

»Ist das der Dank, daß wir Sie aus der Patsche geholt

haben?« fauchte der Mann aus Tombstone. »Glauben Sie, die
ließen einen verwundeten Weißen am Leben, eh? Und wenn,
dann nur, um ihn später zu martern.«

»Kann sein«, konterte der Postmeister, »aber in meiner

Gegenwart wird kein Verwundeter ermordet. Ein Mann, der

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sich nicht mehr wehren kann, ist kein Feind mehr. Ihn zu töten,
käme einem Mord gleich.«

»Möge der Gehörnte Ihre noble Seele holen«, höhnte der

Mann.

»Ein wahrhaft liebenswürdiger Wunsch, Mister.« Jeffords

blieb ruhig. Er wollte keinen der Männer, die ihn und Haggerty
gerettet hatten, angreifen, sonst hätte er dem Aufgebrachten aus
Tombstone die Faust aufs Kinn gepflanzt.

Jeffords trat zu einem noch jugendlichen Mimbrenjo, den

zwei von der Miliz festhielten. Er blickte den Apachen an.

»Du bist fast noch ein Knabe, Krieger. Nimm die

Verwundeten deines Stammes und verlasse diesen Ort. Sage
Victorio, dem Oberhalunken, daß ich ihm sämtliche Knochen
breche, wenn er mir über den Weg läuft. Und wenn er ein
Mann und kein altes Weib ist, soll er kommen und versuchen,
mich im Zweikampf zu besiegen, statt mir dauernd seine
Krieger auf den Hals zu schicken. Der Häuptling ist eine alte,
zahnlose Memme, sonst käme er selbst. Sage ihm, daß er ein
feiger Kojote ist, nicht wert, daß ihn die Sonne bescheint. Nie
wird er dem großen Cochise ähnlich sein.«

Diese Worte waren eine schlimme Beleidigung für einen

Apachen. Die Augen des Jungkriegers glühten wie Kohlen.

»Laßt ihn los!« befahl Jeffords den beiden Männern. »Er soll

seine Vettern einsammeln, auf ihre Ponys verfrachten und
verschwinden, ehe ich meine Gutmütigkeit bedaure.«

Minuten später jagte der junge Mimbrenjo mit vier

Verletzten aus dem Sackcanyon.

Von der Ebene her waren Schüsse zu hören. Dort holte

»Lion« Bill Freeman mit seiner Bürgerwehr noch einige
Mimbrenjos aus den Fellsätteln. Er wirkte höchst befriedigt, als
er mit seiner Gruppe in den Canyon zurückkehrte, wo sich die
Unverletzten um die Verwundeten kümmerten.

Freemans langes braunes Haar flatterte im Reitwind. Er

sprang aus dem Sattel, ging auf Jeffords und Haggerty zu.

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»Freut mich, daß es mir vergönnt war, euch da

herauszuholen. Allerdings fragte ich mich am Anfang, welche
beiden Greenhörner in diese Sackgasse geritten seien.«
Freeman zeigte ein Lächeln, das seine eisgrauen Augen nicht
erreichte. »Daß es ausgerechnet zwei erfahrene Männer sind,
hätte ich mir nicht träumen lassen.«

»Wir schulden Ihnen und Ihren Leuten Dank«, sagte John

Haggerty. Er reichte dem ehemaligen Captain die Hand. »Tom
und ich dachten schon daran, uns eine Fahrkarte zur Hölle zu
besorgen. Lange hätten wir's nicht mehr geschafft.«

Auch Tom Jeffords dankte Freeman.
»In den Sackcanyon ritten wir, weil wir von den Mimbrenjos

vom Weg abgedrängt wurden. Ich kenne die Gegend zwar,
doch könnte ich nicht behaupten, jeden Canyon bereits
durchritten zu haben«, sagte der Postmeister. »Außerdem
rechneten wir uns hier eine bessere Chance aus. Wenigstens
waren wir in Deckung. Auf freier Ebene hätten uns die
Indianer bald eingeholt. Johns Brauner ließ an Schnelligkeit
nach, wir mußten uns verschanzen.«

»War mir ein Vergnügen, euch herauszuhauen«, beteuerte

Freeman noch einmal. »Schade nur, daß einige der Rotpelze
entwischen konnten. Na ja, die holen wir uns bei anderer
Gelegenheit.«

Jeffords und Haggerty sagten nichts dazu. Obwohl sie dem

Frontier Bataillon ihr Leben verdankten, war ihnen Freemans
blindwütiger Haß, seine Lust am Töten, unverständlich und
zuwider.

»Sie reiten zum Apachen-Paß?« wollte der Ex-Captain

wissen.

»Ja. Ich habe Richard Tichy die Posthalterei in Tombstone

übergeben«, erwiderte Jeffords. »John und ich reiten zum Peak.
Denke, ich war lange genug abwesend. Viel zu lange.«

»Sollen wir euch begleiten?« fragte Freeman. »Vielleicht

kommen die Mimbrenjos mit Verstärkung zurück.«

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John, dessen Blick in die Ferne geschweift war, lächelte.
»Wird kaum nötig sein, Mr. Freeman. Ich denke, bis zum

Paß schaffen Tom und ich es allein. Bevor sich die Mimbrenjos
ihre Wunden geleckt haben und zurückkommen, sind wir oben.
Und da wissen wir uns zu verteidigen.«

Thomas Jeffords folgte Haggertys Blick. Ein Lächeln

umspielte den Mund des Postmeisters.

Weitab auf einem Bergkamm, mit dem bloßen Auge kaum zu

erkennen, stand eine einsame Gestalt. Da wußte Jeffords,
warum Haggerty so sicher war, ungehindert den Apachen-Paß
zu erreichen.

Der dort stand, war kein anderer als der ebenso gefürchtete

wie berühmte Häuptling Cochise – unverkennbar an seiner
stolzen Haltung.

Cochise, der große Anführer der Chiricahuas.
Sie trennten sich von Freeman und dessen Leuten.
Thomas Jeffords und John Haggerty konnten nun den

Apachen Peak ohne Zwischenfall erreichen. Unsichtbar, aber
doch gegenwärtig, würde Cochise, ihr roter Freund, sie
begleiten.

ENDE


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