Apache Cochise 24 Apachen toeten lautlos

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Frank Callahan

Apachen töten lautlos

Apache Cochise

Band Nr. 24

Version 1.0

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Prolog

Man nannte die Apachen Barbaren, Wilde und Massenmörder.
Waren sie das? Über alles, was in dieser Welt geschieht oder
früher einmal geschah, kann man so oder so urteilen.

Um objektiv zu sein, kann an dieser Stelle nur von

Unbefangenen ein Widerruf dieser Meinung über die Apachen
erfolgen. Unser Nachruf, sozusagen eine verspätete
Ehrenrettung dieses großen, stolzen und kämpferisch
veranlagten Volkes, das von der Steinzeit »über Nacht« in eine
erbarmungslose Zivilisation versetzt wurde, die sie nicht
begriff, wie auch die Umstände, die zum Untergang der roten
Rasse führten.

Man kann sagen, die damaligen Weißen und Mexikaner

waren alles andere als weitblickend, eher nur von einer
hyperhumanen Art, die dem Prankenschlag eines Panthers
glich. Bei den meisten Weißen war die Ausrottung der Indianer
eine beschlossene Sache, honoriert durch Prämien für einen
Apachen-Skalp.

Dachten und handelten die weißen Einwanderer mit ihrer

mitgebrachten zweitausendjährigen Kultur alle richtig, Kultur
und Zivilisation, gemessen an der der Apachen? Oder
bewegten sie sich in der klischeehaften Vorstellung des
Militärs vom »toten Indianer, der ein guter ist«?

Mitnichten. Zum Teil gab es vorausschauende und

mitfühlende Männer in der Army, die aber wegen ihrer
»Humanitätsduselei« nicht zu Wort gelangten, aber den
Untergang der roten Rasse voraussagten und mit den
Indianern fühlten.

Nicht alle waren sie ein Colonel Chivington, ein abenteuer-

und beförderungssüchtiger George Armstrong Custer. Fest
steht aber, daß der Massenmord an der indianischen Rasse von

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vielen Amerikanern heutzutage bagatellisiert und, wenn die
Sprache darauf kommt, mit einer lässigen Handbewegung
abgetan wird.

Auch die in wissenschaftlichen Disziplinen denkenden

Amerikaner können einen Rückblick auf die Zeit nach 1850 nur
schwer vertragen. Man sieht die in den Wüsten und Gebirgen
vegetierenden Stämme Arizonas nicht, und das beruhigt den
Durchschnittsamerikaner ungemein, weil er das ökologische
Harakiri, das man mit dem Land und seiner Urbevölkerung
trieb, nicht mit ansehen muß.

Zugegeben, die Stämme der Indianer, besonders die

Apachen, betrieben zu keiner Zeit Vorratswirtschaft,
ausgenommen die seßhaften und Ackerbau treibenden Pueblos
im Westen von Neumexiko und in den nordöstlichen Bereichen
Arizonas.

Lag hier der Untergang der roten Rasse begründet?
Sicherlich nicht, denn kein nomadisierendes Volk in Europa,

Asien oder Afrika konnte sich mit Vorratshaltung befreunden.
Gingen sie unter? Nein, sie gingen auf in den Völkern, deren
Gebiete sie okkupierten. Auch andere negative Aspekte – in den
Augen der Weißen – kann den Apachen nicht abgesprochen
werden. Sie waren nun einmal Naturkinder, einfache Nomaden
in einem riesigen Kontinent, der ihnen alles bot, was sie zum
Leben brauchten. Zu allen Zeiten war daher für die Apachen
die Welt noch in Ordnung. Erst als der weiße Mann mit seinen
überlegenen Waffen, mit Schnaps und seiner verfeinerten
Kultur und seinen ansteckenden Krankheiten kam, legte sich
das große graue Leichentuch über die Stämme und
Sippenverbände.

Ganz bestimmt wäre vor 100 und mehr Jahren

möglicherweise vieles ganz anders gekommen, wenn unter den
Militärs und in der Regierung in Washington nur ein einziger
Mann mit entsprechendem Weitblick und ohne Ressentiments
gegen die rote Rasse gewesen wäre.

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Es hat nicht an klardenkenden und verantwortungsbewußten

Leuten gemangelt, aber sie hatten nicht die Stimmengewalt im
Kongreß, die dazu notwendig gewesen wäre, den Indianern zu
ihrem Recht zu verhelfen.

Es ist nicht Aufgabe dieser Einleitung, anzuklagen und zu

richten, denn niemand von uns kann sagen, daß er es
womöglich hätte besser machen können. Sie alle in der
damaligen Zeit – Rote wie Weiße – waren Kinder einer harten
und erbarmungslosen Epoche, und sie waren Bewohner einer
rauhen Umwelt.

Die Serie APACHE COCHISE mit ihrem wahrhaft großen

Häuptling Cochise als Held ist die im Wesen und Charakter
authentische Aufzeichnung amerikanischer Geschichte, die in
Romanform für den deutschen Sprachraum noch nicht oder nur
in Kurzform gebracht wurde.

Die guten und schlechten Weißen, die anständigen Apachen

und die grausamen, tauchen namentlich in der Story auf und
geben der Geschichte einen dramatischen, wenn auch
makabren Hintergrund.

Ihr Martin Kelter Verlag.

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***

Eine Kerosinlampe erhellte notdürftig den Zellentrakt des
Gefängnisses von Tombstone. Der Lichtschein gaukelte bizarre
Schatten auf die schmutzigen Wände.

Glenn Morgan, der nach einer Schießerei mit Wyatt Earp

leicht verwundet im Jail gelandet war, erhob sich von der
stinkenden Pritsche, als er schlurfende Schritte vernahm.

Der großgewachsene und schlanke Bandit strich sich eine

Strähne seines dunklen Haares aus der Stirn. Ein düsteres
Lächeln spielte um seine Mundwinkel.

Aus zusammengekniffenen Augen starrte er auf die Tür, die

zum Zellentrakt führte. Sie wurde geöffnet. Ein schon älterer
Mann schob sich herein. Er balancierte ein Tablett auf beiden
Händen. Der Duft von Kaffee und gebratenem Fleisch breitete
sich aus. Glenn Morgan lief das Wasser im Mund zusammen.

Erst jetzt spürte er den nagenden Hunger in seinen

Eingeweiden. Er nickte dem Oldman zu, der sich näherte und
seinen linken Fuß nachzog.

Hank William, der Deputy Marshal, blieb stehen.

Unfreundlich musterte er Morgan.

»Geh zurück zur Pritsche«, krächzte er dann. »Dir traue ich

keinen Augenblick, Morgan. Ich weiß zu genau, daß du mir am
liebsten ein Ding überbraten würdest, nur um hier
rauszukommen. Da läuft nichts, Bandit. Also verzieh dich,
sonst nehme ich dein Abendessen wieder mit. Es ist viel zu
schade für einen Dreckskerl wie du einer bist.«

Glenn Morgans Lippen preßten sich hart aufeinander. Die

Wangenknochen traten hervor. Man sah dem Outlaw an, daß er
sich nur mit großer Mühe beherrschen konnte, als er zur
Pritsche zurücktrat.

»Hör zu, Alter«, sagte er dann. »Ich weiß nicht, warum du

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dir vor wir die Hose vollmachst. Ich bin unschuldig. Dieser
Hurensohn von Wyatt Earp hat mich hereingelegt, nur weil ich
ihm nichts von meinem Gold abgeben wollte. Okay, schieb das
Tablett unten durch die Öffnung. Ich habe Hunger wie ein Bär
nach dem Winterschlaf.«

Hank William trat zögernd näher. Mißtrauisch sah er zu dem

Banditen, ehe er das Tablett in den Zellenkäfig schob und
schnell zurückwich.

Glenn Morgan trat grinsend näher, holte sich sein

Abendessen und setzte sich auf die Pritsche.

Kauend sagte er: »Das schmeckt ausgezeichnet, Alter. Wo ist

übrigens Sheriff Marley? Er hat sich schon lange nicht mehr
blicken lassen. Ich muß ihn unbedingt sprechen. Danach wird
auch er überzeugt sein, daß ich unschuldig bin. Wenn ich ihm
erst das Gold zeige, das ich einige Meilen von Tombstone
entfernt versteckt habe, bleibt ihm überhaupt keine andere
Wahl. Dieser verdammte Wyatt Earp ist doch nur sauer, weil
ich keine Unze von dem gelben Metall herausgerückt habe.«

»Gold?« fragte der Oldtimer. »Das glaube ich dir nicht. Du

bluffst doch nur und willst dich interessant machen, Morgan.«

Der Bandit winkte ab.
»Was verstehst du schon davon, William? Du könntest doch

mit dem gelben Zeugs überhaupt nichts anfangen.«

Glenn Morgan grub seine Zähne in das Steak, kaute

schmatzend und schlürfte an dem Becher mit der heißen und
schwarzen Kaffeebrühe.

Unter gesenkten Augenlidern beobachtete er den

kriegsinvaliden Wächter und fragte sich, ob er ihn bereits am
Angelhaken hatte.

»Wo ist Sheriff Marley?« wiederholte der Outlaw seine

Frage.

»Unterwegs«, antwortete der Deputy mürrisch. »Er ist hinter

einigen Banditen her, die der Bank einen Besuch abgestattet
haben und einige tausend Dollar mitgehen ließen. Der Marshal

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wird so schnell nicht zurückkommen.«

»Schade«, murmelte Glenn Morgan. »Dann werden meine

Freunde das Gold aus dem Versteck holen. Ich habe das
Nachsehen.«

Diesen Worten folgten einige lästerliche Flüche, bei denen

jede Lady in Schreikrämpfe ausgebrochen wäre.

Hank William stand noch immer vor dem Gitterkäfig. In

seinem faltigen Gesicht zuckte es. Unverhohlene Gier stand in
seinen tief in den Höhlen liegenden Augen.

»Gold«, flüsterte er. »Yeah, davon müßte man einen Haufen

voll haben, dann hätte man für den Rest der Tage ausgesorgt.«

Nach diesen Worten wandte sich Hank William um und

schlurfte müde davon. Er sah nicht die spöttischen Blicke von
Glenn Morgan, der ahnte, daß der alte Hilfsmarshal bereits
angebissen hatte.

*

»Hör zu, Hank«, sagte Glenn Morgan eine halbe Stunde später,
als William das Tablett mit dem leeren Geschirr wieder
abholen wollte. »Ich habe mir etwas einfallen lassen.«

Er lächelte gewinnend, als er den mißtrauischen Blick des

Oldtimers sah.

»Was hältst du davon, wenn wir uns gemeinsam das Gold

holen, Hank? Wir teilen brüderlich und trennen uns dann
wieder. Ich erhalte meine Freiheit und verschwinde über alle
Berge. Und du hast für den Rest deines Lebens ausgesorgt.
Niemand wird uns finden. Überleg dir meinen Vorschlag gut,
denn er bedeutet für dich die große Chance, auf die du
vielleicht schon seit vielen Jahren gewartet hast.«

Hank William reagierte nicht, stand regungslos vor dem

Gitterkäfig, als habe er überhaupt nicht verstanden, was der
Bandit gesagt hatte.

Glenn Morgan fuhr schnell fort: »Natürlich denkst du jetzt,

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daß ich dich reinlegen will. So ist es wirklich nicht. Hank. Es
ist genügend Gold für uns beide vorhanden. Ich hätte auf jeden
Fall mit zwei Partnern teilen müssen. Es ist Apachengold. Ich
erhielt es, als ich den Indianern Waffen lieferte«, bluffte
Morgan weiter. »Ich will nur, daß du diese verdammte
Zellentür aufschließt. Vorher besorgst du mir ein Pferd und
meinen Revolver. Die Waffe brauchst du mir erst zu geben,
wenn du das Gold in den Händen hältst. Wir dürfen natürlich
keine Zeit verlieren, sonst räumen meine beiden Partner das
Versteck aus.«

Hank William antwortete noch immer nicht. Auf Glenn

Morgans Stirn bildeten sich feine Schweißperlen. Am liebsten
hätte er losgeflucht, oder wäre dem Alten an die Kehle
gesprungen, wenn nicht die zolldicken Gitterstäbe dazwischen
gewesen wären.

Der Deputy Marshal wandte sich wortlos ab und verließ den

Zellentrakt. Morgan starrte ihm sprachlos nach und setzte sich
auf die Pritsche.

Schwer stützte er seinen Kopf in beide Hände. In seinem

Gesicht zuckte es.

Ich muß hier raus, koste es was es wolle, dachte der Bandit.

Es geht um meinen Kopf. Der Marshal wird mich aufhängen,
wenn es mir nicht gelingt, zu fliehen. Warum nur stellt sich
dieser alte Narr so dämlich an?

Eine halbe Stunde verging.
Stimmenlärm erscholl von der Main Street her. Irgendwo

peitschten Schüsse. Tombstone war eine wilde und rauhe Stadt,
die von Tag zu Tag gewalttätiger wurde.

Längst hatte sich die Dunkelheit wie ein samtener Schleier

über Stadt und Land gelegt. Fern funkelten die Sterne in
majestätischer Pracht am Firmament, glichen glitzernden
Diamanten.

Glenn Morgan trat von dem kleinen, vergitterten Fenster

zurück und ließ sich wieder auf die übelriechende Pritsche

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fallen. Angst und Wut entstellten sein Gesicht.

Die Tür zum Zellentrakt öffnete sich knarrend. Hank

William trat zögernd ein. Der Schlüsselbund in seinen Händen
klirrte.

Glenn Morgan wußte von einer Sekunde zur anderen, daß

sein Plan klappen wurde.

Der Hilfsmarshal hatte sich umgezogen, trug nun

Reitkleidung. Außerdem schleppte er ein Bündel mit sich, wie
man es nur für einen längeren Ritt benötigt.

»Okay, Morgan«, sagte er schniefend. »Wir holen das Gold.

Ich bin mit deinem Vorschlag einverstanden. Dein Pferd wartet
am Hinterausgang. In den Satteltaschen befindet sich dein
Revolver und auch Proviant für einen längeren Trail. Nun
solltest du deine Hände durch die Gitterstäbe strecken. Ich
werde dir stählerne Armbänder anlegen, um kein Risiko
einzugehen.«

Glenn Morgans Gesicht verzog sich, als habe er in eine

Zitrone gebissen. Er sah den entschlossenen Blick des
Oldtimers und nickte verärgert.

»Okay, Hank, ich verstehe, daß du mir nicht über den Weg

traust. An deiner Stelle würde ich bestimmt auch nicht anders
handeln. Los, leg mir schon die Handschellen an. Dann aber
sollten wir schnellstens verschwinden.«

Einige Minuten später verließen Glenn Morgan und Hank

William das Gefängnis. Der Hilfsmarshal hielt seinen Revolver
in der Faust, als er den Banditen in den Sattel dirigierte.

Und Glenn Morgan ahnte plötzlich, daß es gar nicht so

einfach sein würde, den Alten zu übertölpeln.

*

Der Mann war ungefähr 22 oder 23 Jahre alt. Er war
großgewachsen, hatte ein schmales Gesicht, einen Dragoner-
Schnurrbart und zurückgekämmtes Haar.

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Ein lässiges Grinsen teilte seine Lippen. Er war wie ein

Cowboy gekleidet. Nur der sehr tief sitzende Revolver deutete
darauf hin, daß Wyatt Earp noch niemals in seinem Leben
hinter halbwilden Longhorns hergejagt war.

»Das also ist San Manuel am San Pedro River«, sagte der

junge Mann, der in späteren Jahren zu einem der legendärsten
Revolvermänner des Westens werden sollte.

Hier werde ich meinen Bruder Virgil treffen, dachte Earp

und stützte beide Hände auf das Sattelhorn. Vor sich sah er die
Lichter der kleinen Stadt, die Wärme und Geborgenheit
versprachen.

Wyatt Earp wußte aber zu gut, wie sehr dies täuschte. Hier

im Westen galt das Recht des Stärkeren. Und wer sich nicht
behaupten konnte, ging meistens sang- und klanglos unter.

Earp trieb sein Pferd an. Vor einem Saloon zügelte er den

Rapphengst und sprang aus dem Sattel. Er dehnte seinen
jugendlichen Körper und betrat die Schenke.

Viele Augenpaare richteten sich auf den Eintretenden, der

freundlich grüßte und den Tresen ansteuerte. Von seinem
Bruder Virgil war nichts zu sehen.

Er ist noch nicht da, dachte Wyatt. Er wird aber bald

eintreffen. Ihn wird die Goldmine genauso interessieren wie
mich. Gemeinsam wird es uns schon gelingen, an das Gold
heranzukommen.

Wyatt Earp bestellte sich einen Whisky, leerte das Glas und

nickte, als er den fragenden Blick des Keepers sah. Mit dem
gefüllten Glas in der Rechten drehte er dem Tresen den Rücken
zu und sah sich um.

An einigen Tischen wurde gepokert. Wyatt leckte sich über

die Lippen. Ein Spielchen war so ganz nach seinem
Geschmack, um sich die Zeit bis zur Ankunft seines Bruders zu
vertreiben.

Außerdem war er mit Bargeld nicht besonders reich

gesegnet. Ein kleiner Spielgewinn könnte nicht schaden, dachte

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Wyatt Earp und steuerte einen Tisch an, als sich einer der
Spieler erhob.

»Ich habe genug, Jungs«, sagte der breitschultrige Mann mit

der Figur eines Preiskämpfers. »Diese verdammte Pechsträhne
will und will einfach nicht aufhören. Und das Glück läßt sich
nun einmal nicht zwingen, wie wir alle wissen.«

Die vier anderen Männer am Tisch nickten. Sie alle wirkten

sehr verwegen und grinsten hinter dem Bulligen her, der wie
ein wütender Bär davonstampfte.

»Ist es gestattet, Gentlemen?« fragte Wyatt Earp höflich.

»Ich würde gern für den Gent einspringen. Natürlich nur, wenn
sie alle nichts dagegen einzuwenden haben.«

Earp wurde forschend gemustert. Er hielt den prüfenden

Blicken stand und nahm Platz, als die vier Männer wie auf ein
geheimes Kommando hin nickten.

Ein bärtiger Mitspieler, dessen stahlgraue Augen ein

verwegenes Gesicht beherrschten, sagte: »Wir hoffen nur, daß
du genügend Bucks dabei hast, Mister. Das hier ist ein Spiel
unter rauhen Männern, die alle ausgezeichnet pokern können.
Ich möchte vorbeugen, damit du später nicht behauptest, unter
die Räuber gefallen zu sein.«

Er grinste, wie auch die drei anderen Mitspieler. Auch Wyatt

Earp zeigte lächelnd seine Zähne.

»Haltet mich nur nicht für ein Greenhorn, Leute«, sagte er

bedächtig. »Von mir aus kann es losgehen. Ich freue mich
immer, wenn es beim Pokern nicht langweilig zugeht.«

*

Die wilde Frontiertown Tombstone lag hinter Glenn Morgan
und dem Hilfsmarshal Hank William. Bleiches Mondlicht
sickerte vom wolkenlosen Himmel. Der Schrei eines jagenden
Falkens zerriß die nächtliche Stille.

»Wie weit ist es noch?« fragte William heiser. Er ritt seitlich

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versetzt hinter Morgan und hielt nach wie vor seinen Revolver
auf den Gefangenen gerichtet.

Glenn Morgans Handschellen klirrten, als er sich im Sattel

umwandte und den Oldtimer ansah.

»Wir haben die Stelle in wenigen Minuten erreicht, wo ich

die Goldbeute vergraben habe. Du solltest endlich dein Eisen
wegstecken, Hank. Es könnte sich ein Schuß lösen. Dann
würdest du keinen Krümel Gold in die Finger kriegen.«

Auf Hank Williams Gesicht legte sich ein Lächeln. Er

schüttelte den Kopf.

»Dir traue ich nicht, Morgan. Du bist ein ganz gerissener

Hundesohn. Du würdest sogar deine eigene Großmutter für ein
paar lausige Cents verkaufen. Und nun willst du einen
Goldschatz mit mir teilen? Wenn ich nicht höllisch aufpasse,
werde ich nicht nur kein Gold erhalten, sondern auch noch
mein Leben verlieren.«

Glenn Morgan schüttelte sich vor Lachen, was den Oldman

sichtlich irritierte. Noch immer grinsend antwortete Morgan:
»Du spinnst ja, Hank. Mein Leben bedeutet mir mehr, als ein
paar Unzen Gold. Du bist meine einzige Chance, um dem
Galgen zu entgehen. Okay, dann behalte den Colt. Bevor wir
uns aber trennen, mußt du mir wenigstens die Handschellen
lösen, sonst komme ich nicht weit. Versprichst du mir das,
Alter?«

Der Hilfsmarshal zögerte, ehe er nickte. Die Gier nach dem

Gold war nun einmal stärker als die heiße Angst, die seit der
Flucht aus Tombstone durch seinen Körper pulsierte.

Glenn Morgan blickte wieder geradeaus und grinste

spöttisch. Mit dir werde ich schon fertig, Alter, dachte er. Du
bist einige Nummern zu klein für mich.

Die beiden so ungleichen Männer setzten ihren Ritt fort.

Morgan hielt auf eine Waldinsel zu. Vor den ersten Büschen
und Bäumen sprang der Outlaw aus dem Sattel.

»Wir sind da«, verkündete er. »Hier zwischen den Bäumen

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habe ich das Gold vergraben. Willst du mitkommen, oder
lieber hier auf mich warten, Hank?«

William rutschte aus dem Sattel. Er sah sich nach allen

Seiten um und fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Der
Revolver in seiner Rechten bewegte sich unruhig.

Ohne eine Antwort abzuwarten, stiefelte der Bandit los und

zwängte sich zwischen Salbeibüschen hindurch. Hank William
folgte ihm mit zögernden Schritten.

Und dann geschah es auch schon.
Glenn Morgan wollte nicht länger herumtändeln. Er blieb

plötzlich stehen und hatte alles so berechnet, daß Hank William
gegen seinen Körper prallen mußte.

»Paß doch auf, Alter«, schimpfte Morgan. Hank William

fluchte und wollte zurückweichen, doch es war bereits zu spät.

Der Outlaw wirbelte herum. Er schlug den Revolverarm

seines Gegners zur Seite. Der Colt fiel aus Williams Hand. Der
Hilfsmarshal schrie gellend auf.

Er wollte davonlaufen, schaffte es aber nicht, denn Glenn

Morgan war schneller. Er schlug zu. Seine Hände, die zu einer
Faust zusammengeballt waren, schmetterten gegen Hank
Williams Schädel.

Der Oldtimer schrie auf, verdrehte die Augen und fiel zur

Seite, wo er regungslos liegenblieb.

»Na also«, murmelte der Bandit. »Ich habe doch gewußt, mit

dir halber Portion werde ich schnell fertig.«

Zuerst suchte er den Revolver, den er zwischen zwei Steinen

fand und schob sich die Waffe in den Hosenbund. Dann beugte
sich Glenn Morgan über den Bewußtlosen und durchsuchte
seine Taschen.

Er stieß ein zufriedenes Brummen aus, als er den Schlüssel

fand, der zu den Handschellen paßte. Sekunden später klickten
die stählernen Armreife um Williams Gelenke.

Glenn Morgan blieb vor dem noch immer bewußtlosen

Oldtimer stehen und blickte ihn finster an. Seine Hand lag auf

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dem Griff des Revolvers. Morgan überlegte, ob er den Alten
umlegen sollte, ließ es dann aber bleiben.

»Du wirst dich nicht mehr in Tombstone blicken lassen

können«, sagte er leise. »Du mußt verschwinden. Okay, ohne
deine Hilfe würde ich noch immer in der stinkenden Zelle
sitzen. Ich rate dir aber, mir nicht nochmals unter die Augen zu
treten.«

Glenn Morgan verließ die Waldinsel und holte aus seiner

Satteltasche den Revolvergurt hervor. Er band sich ihn um und
überzeugte sich von der Funktionsfähigkeit der Waffe.

Zufrieden kletterte der Bandit in den Sattel, scheuchte Hank

Williams Pferd davon und ritt los. Er wußte auch schon, wohin
er reiten wollte.

Dort würde er vor dem Marshal von Tombstone in Sicherheit

sein.

*

Tabakqualm hing über den Köpfen der fünf Pokerspieler, die
mit unbewegten Gesichtern auf ihre Karten starrten. Nichts
verriet den anderen Spielern, welches Blatt jeder von ihnen in
den Händen hielt.

Mitternacht war vorüber. Im Saloon war es ruhiger

geworden. Die meisten Gäste hatten längst die Schenke
verlassen.

Vor Wyatt Earp häuften sich Dollarmünzen und Scheine. Er

hatte in den vergangenen Stunden Spiel um Spiel gewonnen
und kräftig abgesahnt.

Die Gesichter seiner Mitspieler wurden immer mürrischer.

Schon längst mußten sie sich eingestehen, daß sie den
schlanken, jungen Mann mit dem Dragoner-Schnurrbart
gewaltig unterschätzt hatten.

Das Spiel ging weiter.
Wyatt Earp bluffte einen der Mitspieler nach dem anderen

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aus dem Spiel. Nur noch der bärtige Bursche hielt mit. Und es
schien, als wollte er es diesmal wissen.

Die Dollarnoten in der Tischmitte häuften sich immer mehr.

Einige Gäste versammelten sich um die Spieler. Gespanntes
Schweigen legte sich über den Saloon.

Wyatt Earps Gesicht wirkte wie versteinert, als er einen

kurzen Blick auf seine Karten warf. Seine Lippen verzogen
sich plötzlich zu einem spöttischen Lächeln, das seinem
Gegenspieler gewaltig an die Nieren zu gehen schien.

Der Bärtige preßte seine Lippen so hart zusammen, daß sie

an eine schlecht verheilte Narbe erinnerten.

»Deine fünfzig Dollar, Mister, und nochmals fünfzig Bucks.

Dann möchte ich die Karten sehen.«

Der bärtige Mitspieler war nervös. Wyatt erkannte dies. Sein

Lächeln verstärkte sich.

»Okay«, antwortete er. »Hier sind meine Dollars, Mister.

Und nun wollen wir uns die Karten ansehen.«

Dumpf klangen Wyatt Earps Worte in die eingetretene Stille.

Die Spannung unter den Spielern und den Gästen erreichte
ihren Höhepunkt.

Der Bärtige lächelte nun ebenfalls siegessicher und deckte

seine Karten auf. Er hielt einen Flush, fünf beliebige Karte
einer Farbe, in der Hand.

Sein Blick traf Wyatt Earp, dessen rechte Augenbraue

unmerklich zuckte.

»Du hast verloren, Mister«, sagte der Gambler ruhig und

legte seine Karten offen auf den Tisch.

»Fullhouse, Mister!«
Der Bärtige fluchte tonlos und blickte auf die drei Damen

und die beiden Sechsen, die Wyatt Earp hingeblättert hatte.
Dagegen kam er mit seinem Flush nicht an.

Er zuckte resignierend mit den Achseln. Wyatt Earp strich

den Dollarbetrag von der Tischmitte zu sich herüber. Er
schätzte, mindestens 300 Dollar, vielleicht auch mehr,

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gewonnen zu haben.

»Wollen wir aufhören, Gentlemen?«
Wyatt Earps vier Mitspieler starrten sich an. Und es schienen

Burschen zu sein, die bisher selten am Pokertisch verloren
hatten. Trotzig sahen sie den schlanken Mann an, ehe sie die
Köpfe schüttelten.

»Jetzt geht es erst richtig los, Mister«, ließ sich der bärtige

Mann vernehmen. »Noch sind wir nicht pleite. Wir werden dir
die gewonnenen Bucks wieder abnehmen. Darauf kannst du
dich verlassen.«

»Wir werden sehen«, erwiderte Earp und mischte die Karten.
Die umstehenden Saloongäste stiefelten laut diskutierend zu

ihren Plätzen zurück. Einige von ihnen starrten zu den
halbhohen Schwingtüren hinüber, die nun zurückwichen.

Ein großgewachsener und schlanker Mann, dem dunkles

Haar unter dem staubigen Stetson hervorkam, blieb hinter den
ausschwingenden Pendeltüren stehen.

Ein längerer Ritt schien hinter dem Fremden zu liegen. Etwas

gehetztes lag in seinen Augen, als er die wenigen Gäste
forschend musterte.

Sein Blick blieb am Pokertisch hängen.
Es war kein geringerer als Glenn Morgan nach seiner Flucht

aus dem Gefängnis von Tombstone, der dort am Salooneingang
stand. Er war nach San Manuel geritten, um hier Unterschlupf
zu finden.

Außerdem wußte er von einigen rauhen Burschen, die in den

Galiuro Mountains ihrem blutigen Handwerk nachgingen.
Morgan wollte hier in San Manuel eine Pause einlegen und
sich dann diesen Banditen anschließen.

Um so erstaunter war Glenn Morgan, als er Wyatt Earp am

Pokertisch sitzen sah. Das Erstaunen, das sein Gesicht
beherrschte, wandelte sich innerhalb von Bruchteilen von
Sekunden in Entsetzen.

Zu genau wußte Morgan, daß er dem großgewachsenen

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Wyatt Earp nicht das Wasser reichen konnte. Der
Revolvermann und Spieler würde wieder alles daransetzen, um
ihn die gesiebte Luft einer Zelle in Tombstone atmen zu lassen.

Glenn Morgan übersah den neugierigen Gesichtsausdruck

des Wirtes, drehte sich auf den Absätzen um und verließ
überhastet die Schenke. Er war sicher, von Wyatt Earp nicht
bemerkt worden zu sein.

Der dürre Salooner runzelte die Stirn und zuckte dann mit

den Achseln. Draußen vor dem Saloon hämmerten Hufschläge
durch die nächtliche Stille.

Der Fremde verließ in wilder Panik die Stadt.

*

»Schon wieder verloren«, sagte der Bärtige und warf seine
Karten auf die Tischplatte. »Zum Henker, Mister, du bist
wirklich nicht zu schlagen. Wenn ich dir in der letzten Stunde
nicht sehr genau auf die Finger gesehen hätte, würde ich
behaupten, du hast deinem unverschämten Glück ein wenig
nachgeholfen.«

Wyatt Earps zufriedenes Lächeln erstarrte.
Rasch fuhr der bärtige Mitspieler fort: »Es ist alles mit

rechten Dingen zugegangen. Das können auch die drei anderen
Gents bezeugen. Okay, wir haben verloren. Du bist der große
Sieger dieser Pokerrunde. Ich höre auf, denn sonst kann ich mir
morgen nicht mehr einmal einen Whisky leisten.«

Bitter lächelnd erhoben sich die vier Männer, nickten Wyatt

Earp kurz zu und stiefelten davon. Gleich darauf verließen sie
den Saloon, nachdem sie ihre Zeche am Tresen bezahlt hatten.

Earp grinste und verstaute den Spielgewinn in seinen

Taschen. Er war äußerst zufrieden mit sich. Er blickte auf, als
der schlaksige Wirt an den Tisch trat.

»Da haben Sie aber mächtig abgesahnt, Mister«, sagte er.

»Diese vier Burschen gehören zusammen. Sie haben in den

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letzten Tagen schon manchen meiner Gäste wie eine
Weihnachtsgans ausgenommen. Diesmal sind sie an den
Falschen geraten.«

Der Keeper zog sich einen Stuhl herbei und setzte sich.

Nachdenklich blickte er seinen Gast an.

»Ich kenne Sie zwar nicht, doch ich will Ihnen einen Tip

geben. Vor etwa einer halben Stunde betrat ein Fremder den
Saloon. Als er Sie sah, verließ er wieder fluchtartig die
Schenke. Er wollte von Ihnen nicht erkannt werden.«

Wyatt Earp blickte den dürren Wirt interessiert an, der ihm

eine genaue Beschreibung des Fremden gab. Und der junge
Revolvermann wußte sofort, daß es nur Glenn Morgan
gewesen sein konnte, der hier in San Manuel aufgetaucht und
sofort wieder verschwunden war, als er ihn hier gesehen hatte.

»Danke für den Tip«, sagte Earp und schob dem Salooner

einen Geldschein zu.

Der Salooner sah ihn fragend an. Er erwartete eine

Erklärung.

»Ich habe mit diesem Burschen eine alte Rechnung zu

begleichen«, entgegnete Wyatt Earp ausweichend. »Der
Hombre tut wirklich gut daran, mir aus dem Weg zu gehen.«

Nun lächelte der dürre Wirt verstehend und spendierte noch

einen Drink, ehe der junge Revolvermann den Saloon verließ.

*

Wyatt Earp sog die frische Nachtluft in seine Lungen und
blickte in die Dunkelheit. Nur langsam gewöhnten sich seine
Augen an das Dämmerlicht von Mond und Sterne.

Wyatt stiefelte los und näherte sich einem weiteren Saloon.

Obwohl er damit rechnete, daß Glenn Morgan die Stadt
verlassen hatte, wollte er doch sichergehen, von dem Banditen
nicht eine Kugel aus dem Hinterhalt zu erwischen.

Weder in diesem Saloon noch im Restaurant war Glenn

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Morgan zu finden. Ein wenig enttäuscht ging der junge
Revolvermann und Spieler auf das einzige Hotel zu, in dem er
die Nacht verbringen wollte.

Er dachte an seinen Bruder Virgil, der noch immer nicht

eingetroffen war. Und er nahm sich vor, Morgan zu folgen, der
wohl noch immer auf der Suche nach der Goldmine war. Sein
Bruder Virgil würde bestimmt damit einverstanden sein.

Wyatt Earp hatte sich dem Hotel bis auf wenige Schritte

genähert und kam an einer dunklen Gasseneinmündung vorbei,
als er ein Geräusch vernahm. Ehe er herumwirbeln konnte,
spürte er den harten Lauf eines Revolvers in seinem Rücken.

Eine rauhe Stimme sagte: »Keine Bewegung, Mister, sonst

bist du schneller in der Hölle, als du Luft holen kannst!«

Wyatt Earp erstarrte.
Heißer Atem traf seinen Nacken. Rauhe Hände zerrten ihn in

die dunkle Gasse hinein.

»Okay, Mister, nun rück die Dollars raus, die sich in deinen

Taschen befinden!«

Earp erkannte die Stimme des Bärtigen, mit dem er noch vor

einer halben Stunde gepokert hatte. Und den Geräuschen nach
zu urteilen, hielten sich die drei anderen Mitspieler ebenfalls in
der dunklen Gasse auf.

»Ihr seid verdammt schlechte Verlierer, Jungs«, sagte Earp

mit spöttischer Stimme. »Okay, ich rücke die Bucks wieder
raus. Wie gewonnen, so zerronnen.«

Der junge Gambler lachte leise. Er fühlte, wie der

Revolverdruck nachließ und dann gänzlich verschwand.
Langsam drehte er sich um und blickte auf die vier Burschen,
deren Konturen nur sehr undeutlich zu erkennen waren.

Trotzdem sah Earp, daß sie sich Halstücher über Mund und

Nase geschoben hatten. Zwei der Männer hielten Revolver in
den Händen, die auf ihn zielten.

»Wir wollen nur das Geld, Mister«, zischte der Bärtige. »Du

interessierst uns nicht die Bohne. Du solltest uns auch nicht

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folgen, denn dann müssen wir dich umlegen. Ich hoffe, du hast
das kapiert?«

Wyatt nickte.
Die vier Halunken sahen nicht das geringschätzige Lächeln,

das seine Mundwinkel teilte. Wie sollten sie auch wissen, daß
ein Mann wie Wyatt Earp nicht so schnell aufgab.

Er war gefährlicher als eine Klapperschlange. Außerdem war

den vier Outlaws ein Fehler unterlaufen: Sie hatten dem
Revolverkämpfer den Colt nicht aus dem Halfter gezogen.

Das aber sollte sich in den folgenden Sekunden bitter rächen,

denn Earp war nun einmal ein Bursche, der sich nicht
ungestraft einen Hosenknopf wegnehmen ließ.

»Okay, Leute, ich greife nun in meine Jackentasche und hole

den Zaster hervor. Ich werde die Bucks auf den Boden legen.
Seid ihr damit einverstanden?«

Der Bärtige nickte und sagte: »Einverstanden, Mister. Du

solltest aber keine üblen Tricks versuchen. Du mußt wissen,
ich habe einen verdammt nervösen Zeigefinger!«

Wyatt Earps Lächeln verstärkte sich. Er griff mit der linken

Hand in seine Tasche. Geldmünzen klimperten, als sie
gegeneinander stießen. Earp zog seine Hand hervor und bückte
sich.

Er legte die Dollarmünzen auf den Boden. Die Blicke der

Banditen folgten jeder seiner Bewegungen. Sie erwarteten
wohl alle, daß sich ihr Gegner wieder aufrichten würde, doch
Earp schnellte sich nun wie ein Panther nach vorn.

Er riß die beiden Burschen von den Beinen, die aufschrien

und ihre Revolver fallen ließen. Wyatts Überraschungsangriff
war geglückt. Es zeigte sich, daß der junge Mann nicht nur mit
seinem Revolver ein As war, sondern auch mächtig hart mit
den Fäusten zuschlagen konnte.

Er ließ sie wirbeln, landete immer wieder Treffer, die den

Halunken schwer zusetzten. Schließlich gaben die Banditen auf
und ergriffen die Flucht.

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Sie hetzten wie Hasen davon und verschwanden in der

Dunkelheit. Die dröhnenden Schritte verklangen.

Wyatt Earp fuhr sich über sein Gesicht. Er blutete an der

Wange. Der Kampf war nicht spurlos an ihm vorübergegangen.
Wyatt klopfte sich den Staub und Schmutz aus den Kleidern
und suchte die Geldmünzen zusammen, die verstreut in der
dunklen Gasse lagen.

»Hoffentlich habt ihr genug, ihr Bastarde«, murmelte Wyatt

Earp. »Sollten wir uns nochmals begegnen, dann lasse ich die
Luft aus euren dummen Schädeln.«

Nach diesen Worten stiefelte er auf das Hotel zu, in dem er

Sekunden später verschwand.

*

Der einsame Reiter zügelte seinen struppigen Mustang und
richtete den Oberkörper kerzengerade auf. Nur der mächtige
Brustkorb des großgewachsenen und breitschultrigen Indianers
bewegte sich.

Bekleidet war er mit einem grauen Calicohemd, einer

wollenen Hose und kniehohen Wüstenmokassins. Um die Stirn
wand sich ein farbiges Schweißtuch wie ein dünngewickelter
Turban.

Wie versteinert wirkte Cochises Gesicht mit der großen

Adlernase. Die dunklen Augen blickten über das vor ihm
liegende Land.

Wild, einsam und zerklüftet lagen die Galiuro Mountains vor

dem Apachen-Chief. Er verfolgte den Flug eines Adlers, der
auf lautlosen Schwingen immer höher kreiste und sich bald als
kleiner Punkt in der Bläue des Himmels verlor.

Der Häuptling der Chiricahuas ließ sein Pferd wieder

angehen, folgte einem schmalen Pfad, der sich zwischen
grauen Felsschroffen hindurchzog.

Mesquitebüsche, Kakteen und verkrüppelte Bäume glichen

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grünen Tupfern in der wüstenähnlichen Einöde. Eine
Klapperschlange sonnte sich auf einem Felsbrocken und stieß
ein warnendes Rasseln aus, als sie die Hufschläge registrierte.

Cochise reagierte nicht, sondern ritt weiter. Er durchkämmte

seit Tagen rastlos das Land, um Geronimo und fremde Indianer
von Taten abzuhalten, die unweigerlich den Chiricahuas
angekreidet würden.

Der Apachen-Häuptling war nach wie vor bestrebt, den mit

General Howard geschlossenen Friedensvertrag einzuhalten.
Und gerade Geronimo war es, der alles daransetzte, Haß und
Zwietracht zu säen, nur um sich selbst einen Namen unter den
Apachen zu machen.

So weit Cochises Blicke reichten, er konnte kein

menschliches Wesen entdecken. Heiß sengte die Sonne
hernieder, glich einem gefräßigen Ungeheuer, die dem
einsamen Reiter das Mark richtig aus den Knochen zu ziehen
schien.

Die Berge schimmerten messingfarben bei der Hitze.

Cochises Gesicht blieb unbewegt. Er war ein Kind dieses
Landes, mit Wind und Wetter vertraut und litt nicht so sehr
darunter wie die weißen Eindringlinge, die in immer größeren
Scharen in das Apachenland eindrangen.

Erneut zügelte Cochise seinen Mustang. Er legte eine Hand

über die Augen. Er sah eine Staubwolke einige Meilen von sich
entfernt.

Die Entfernung war aber zu groß, um nähere Einzelheiten

erkennen zu können. Entschlossen trieb Cochise seinen Pinto
an. Das gefleckte Pferd setzte sich willig in Bewegung.

Der Chiricahua-Chief ließ die Staubwolke nicht aus den

Augen, hielt auf sie zu, achtete aber immer darauf, in guter
Deckung zu bleiben, um nicht gesehen zu werden.

Deckungsmöglichkeiten gab es zahllose in diesem

unwegsamen Gelände, die den Apachen-Häuptling immer
wieder vor neugierigen Blicken schützten.

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Die Staubwolke wurde größer. Bald erkannte Cochise eine

Rinderherde von annähernd 100 Tieren und ein Dutzend
Reiter, die sich um die Longhorns verteilt hatten.

Cochise kletterte einen Hügel hoch und verbarg sich hinter

einem Manzanitas-Gebüsch. Wenige Schritte von ihm entfernt
leuchteten die gelben und roten Blüten eines Ocatillostrauches
in der tristen Einöde.

Der Apachen-Häuptling wartete geduldig in seinem

Versteck. Wenn die Rinderherde nicht urplötzlich die Richtung
wechselte, und danach sah es nicht aus, mußte sie nur einige
Steinwurfweiten entfernt unterhalb des Hügels vorbeiziehen.

Minuten vergingen.
Eine Eidechse schob sich zwischen zwei Felsbrocken hervor

und huschte schnell davon.

Die Herde näherte sich immer mehr. Bald konnte Cochise

das Muhen der Tiere hören und nun auch die Reiter deutlicher
erkennen, die Lassoenden und Bullpeitschen schwangen, um
besonders störrische Rinder wieder zur Herde zurückzutreiben.

Viehdiebe, dachte Cochise. Das sind Banditen, die eine

Herde gefleckter Tiere gestohlen haben und sie nun in
Sicherheit bringen.

Das alles erriet Cochise, denn er war ein erfahrener Mann. Er

sah auch, daß sich die Weißhäutigen immer wieder in den
Sätteln umwandten und in die Richtung blickten, aus der sie
gekommen waren. Sie schienen mit Verfolgern zu rechnen.

Cochise beschloß, die weißen Banditen und die Herde

vorerst nicht aus den Augen zu lassen. Einige Minuten später
folgte er ihnen.

*

Nach seiner überstürzten Flucht aus San Manuel war Glenn
Morgan in Richtung der Galiuro Mountains geritten. Er befand
sich nun auf der Ebene zwischen diesem Gebirge und den

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Pinaleno Mountains.

Die Nacht schlich sich wie ein Dieb davon. Im Osten

kündeten erste Lichtexplosionen das Nahen des neuen Tages.
Bodennebel waberten zwischen den Hufen des grauen
Wallachs, der den geflüchteten Outlaw einem Ungewissen Ziel
entgegentrug.

Immer wieder hatte Glenn Morgan auf seine Fährte

zurückgeblickt. Er atmete stets auf, wenn er keinen Verfolger
entdecken konnte. Irgendwie hatte er damit gerechnet, von
Wyatt Earp verfolgt zu werden.

Er wußte, daß Earp ein unerbittlicher Gegner war, der alles

daransetzten würde, um ihn wieder ins Gefängnis von
Tombstone zu bringen.

Glenn Morgan parierte sein Pferd unter einem Cottonwood

und sprang aus dem Sattel. Die morgendliche Kühle kroch
durch seine Kleidung und ließ den Banditen frösteln.

Er verfluchte seinen überstürzten Aufbruch. Zu gern hätte er

sich in San Manuel einen Whisky durch die Kehle gejagt.

Morgan tröstete sich aber mit dem Gedanken, bei Jeff

Cooper einen Drink zu erhalten. Er kannte Cooper von früher,
als sie gemeinsam geritten und mehrmals mit dem Gesetz in
Konflikt geraten waren.

Jeff Cooper mußte hier in der Gegend ein verborgenes Camp

unterhalten und lebte vom Viehdiebstahl und anderen
Überfällen. Glenn Morgan hoffte, in dem Outlaw einen Partner
zu finden, der ihm bei der Suche nach der legendären
Goldmine der Apachen helfen sollte.

Morgan lief auf und ab, dehnte und reckte seinen schlanken

Körper, um die verkrampften Muskeln zu lockern. Später
suchte er in seinen Satteltaschen nach Proviant, konnte aber
nichts finden.

Er verfluchte Hank William, den Hilfsmarshal von

Tombstone, und kletterte wieder auf den Rücken des Grauen.

Glenn Morgan setzte seinen Ritt fort. Leider wußte er nur die

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ungefähre Richtung, in der sich das Camp der Outlaws
befinden sollte. Das aber bedeutete in der grenzenlosen Weite
dieses Landes nicht allzuviel. Es konnte leicht passieren, am
Ziel vorbeizureiten.

Es wurde noch heller. Die Konturen nahmen an Schärfe zu.

Es dauerte nicht mehr lange, bis die ersten Sonnenstrahlen auf
das Land fielen. Tautropfen erinnerten an funkelnde
Diamanten.

Die nächtliche Frische wich. Schon bald zeigten sich die

ersten Schweißperlen auf Glenn Morgans Stirn. Es würde
wieder ein heißer Tag werden, der von Mensch und Tier alles
abverlangte.

Der Bandit zuckte zusammen, als er Hufschläge vernahm,

die sich schnell näherten. Er blickte aus zusammengekniffenen
Augen auf die beiden Reiter, die hinter einer Felsgruppe
auftauchten.

Die Fremden hielten auf ihn zu und parierten ihre Pferde sehr

rauh, als sie Morgan fast erreicht hatten. Träge senkte sich der
aufgewirbelte Staub zu Boden.

Morgan fluchte unterdrückt, als er die beiden auf ihn

gerichteten Revolver sah.

»Laß das Gewehr dort, wo es ist«, sagte einer der beiden

Reiter. Er war untersetzt, trug abgewetzte Cowboykleidung
und einen riesigen Lederhut.

Der andere Reiter nickte zu diesen Worten. Unfreundliche

Blicke musterten Glenn Morgan.

»Ein Überfall?«
Morgan schluckte und räusperte sich. Außerdem

verwünschte er seine Nachlässigkeit, diesen beiden Burschen
in die Hände gefallen zu sein.

»Bei mir gibt es nichts zu holen, Gents«, fuhr Morgan fort.

»Bitte nehmen Sie Ihre Revolver weg.«

Die beiden Männer lächelten.
»Wir sind keine Banditen, Mister«, ließ sich der untersetzte

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Fremde vernehmen. »Du stehst aber im Verdacht, einer zu
sein.«

»Ein Viehdieb«, sagte der andere Mann knurrend. »Rustler

haben uns eine hundertköpfige Herde gestohlen. Und nun wirst
du verstehen, daß wir uns jeden Fremden näher ansehen.«

Glenn Morgan lächelte und zuckte mit den Achseln.
»Okay, Leute, dann seht euch um. Vielleicht habe ich die

100 Rinder in meinen Satteltaschen versteckt. Seht nur nach.
Soll ich aus dem Sattel klettern?«

Seine Stimme klang spöttisch. Die Gesichter der beiden

Rindermänner verfinsterten sich noch mehr.

»Riskier nur nicht eine zu große Lippe«, sagte der untersetzte

Rancher und schob den riesigen Lederhut in den Nacken.
»Woher kommst du, und wohin willst du?«

»Ich bin in San Manuel gewesen, Gents, und will weiter nach

Fort Grant. Ich habe mit den Viehdieben nichts zu tun. Warum
folgt ihr nicht einfach den Fährten eurer Rinder? Das dürfte
euch doch nicht schwerfallen?«

»Das tun wir, Mister. Dort drüben hinter dem Hügel warten

noch einige unserer Leute. Natürlich wollten wir dich näher
unter die Lupe nehmen. Es hätte ja sein können, daß du zu
diesen verdammten Rustlern gehörst, die schon seit Wochen
hinter unseren Rindern her sind.«

Glenn Morgan nickte und lächelte zufrieden, als die beiden

Rancher ihre Revolver halfterten.

»Wir haben uns dein Gesicht gut gemerkt, Mister«, sagte der

untersetzte Rindermann. »Wenn wir dich jemals in der Nähe
eines Rinderschwanzes sehen, bist du dran!«

Die beiden Rancher zogen ihre Pferde herum und ritten

davon. Glenn Morgan blickte ihnen grinsend nach.

»Na also«, murmelte er. »Nun brauche ich nur euren Fährten

zu folgen und werde bestimmt auf Jeff Cooper treffen. Ich
wette jeden Betrag, daß er seine Hände in diesem Spiel hat.«

Glenn Morgan beschloß, eine längere Pause einzulegen, dann

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wollte er der Ranchmannschaft folgen.

*

»Schön Sie zu sehen, Mr. Haggerty«, sagte General Oliver O.
Howard und reichte dem Armee-Scout die Hand, der den
herzlichen Druck erwiderte.

Der einarmige Offizier deutete auf einen Stuhl vor seinem

Schreibtisch.

Der hochgewachsene Mann mit den breiten Schultern und

der schlanken Taille setzte sich. Braune, gewellte Haare
umsäumten ein schmales, bartloses Gesicht.

»Die Ruhepause der letzten Tage hat Ihnen gutgetan,

Haggerty«, sagte der General, nachdem er seinen fähigsten
Scout forschend gemustert hatte. »Zum Glück konnten wir das
Schlimmste von Fort Bowie abwenden. Ich hoffe nur, daß
dieser Geronimo mit seinem bunt zusammengewürfelten
Haufen endlich Ruhe gibt.«

John Haggerty lächelte kaum merklich.
»Dafür wird Cochise schon sorgen, Sir. Ihm bleibt überhaupt

keine andere Wahl, als diesen Emporkömmling in die
Schranken zu weisen. Der Chiricahua-Häuptling will unnötiges
Blutvergießen vermeiden, wo immer es möglich ist.«

»Das ist mir bekannt, Haggerty. Wir können von großem

Glück reden, daß Cochise so vernünftig ist. Trotzdem sorge ich
mich. Das Apachenland gleicht einem Pulverfaß. Nur der
zündende Funke fehlt noch, um unsere Bemühungen der
letzten Wochen und Monate zunichte werden zu lassen.«

Eine tiefe Falte grub sich über der Nasenwurzel in die Stirn

des Generals. Sein forschender Blick ruhte auf John Haggerty,
der die linke Augenbraue hochzog.

»Was soll ich tun, Sir?«
»Reiten Sie in Richtung Fort Bowie, und halten Sie die

nördliche Gegend im Auge, Haggerty. Ich werde das Gefühl

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nicht los, daß sich dort etwas zusammenbraut. Vielleicht
versucht dieser Geronimo nochmals Zwietracht zu säen. Sie
wissen, daß ich inzwischen meine Truppen von Fort Bowie
abgezogen habe?«

»Yes, Sir, das ist mir bekannt. Gut, ich reite sofort los.«
John Haggerty erhob sich.
»Soll ich Ihnen einen indianischen Scout mitgeben,

Haggerty? Sie können auch zwei oder drei meiner Blauröcke
mitnehmen. Diese Entscheidung überlasse ich aber Ihnen.«

»Das ist nicht nötig, Sir. Ich kenne mich in der Gegend um

Fort Bowie gut aus. Allein falle ich auch nicht so auf, als wenn
mich einige Männer begleiten.«

General Oliver O. Howard erhob sich und trat zu seinem

fähigsten Scout. Er legte ihm seine unversehrte Hand auf die
Schulter.

»Alles Glück dieser Welt, mein Junge.«
»Danke, Sir«, antwortete John Haggerty nach diesen

persönlich gemeinten Worten. »Ich werde Sie nicht
enttäuschen.«

»Das weiß ich, Haggerty. Achten Sie gut auf sich. Niemand

ist gegen eine Kugel aus dem Hinterhalt gefeit. Dort draußen in
der Wildnis treibt sich zweibeiniges Raubzeug herum. Es gibt
auch einige Indianer, die Ihnen nicht gerade wohlgesinnt sind.«

Er reichte dem Scout die Hand.
John Haggerty verließ die Kommandantur. Eine halbe Stunde

später ritt er auf seinem ausgeruhten Pferd los.

*

Cochise hatte es keinerlei Schwierigkeiten bereitet, den
Viehdieben und der Herde unbemerkt zu folgen. Er lag auf
einem Hügel in sicherer Deckung und sah zu, wie die Rustler
die Rinder in ein kleines Tal trieben.

Der Häuptling der Chiricahua-Apachen wollte schon seinen

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Beobachtungsplatz verlassen, als er eine Staubwolke bemerkte,
die auf der weiten Ebene sichtbar wurde.

Es mußte sich um einen Reitertrupp handeln, der den Fährten

der gestohlenen Rinder folgte.

Auf Cochises Lippen zeigte sich die Andeutung eines

Lächelns. Er ahnte, daß die Besitzer der gestohlenen
Rinderherde im Anmarsch waren, um sich die Rinder wieder
zurückzuholen.

Auch einige der Rustler hatten die Staubwolke bemerkt.

Warnende Rufe drangen hoch bis an Cochises Ohren. Die
Banditen beeilten sich noch mehr, auch den letzten
Rinderschwanz in das Tal zu treiben.

Der Apachen-Häuptling zählte fünfzehn Viehdiebe, die

Minuten später rechts und links am Taleingang hinter allen nur
erdenklichen Deckungen Schutz suchten.

Gewehre blitzten in der Sonne. Tödliches Schweigen breitete

sich aus. Die Verfolger ritten langsam näher. Es handelte sich
um sieben Reiter, die eine halbe Meile vor dem Taleingang
ihre erschöpften Pferde zügelten.

Sie schienen erkannt zu haben, daß der Taleingang zu einer

tödlichen Falle geworden war. Die sieben Männer
beratschlagten. Im ersten Moment sah es aus, als wollten sie
aufgeben, dann aber kletterten sie aus den Sätteln, zogen ihre
Gewehre aus den Scabbards und verteilten sich im kniehohen
Büffelgras.

Sie konnten von den Rustlern nicht mehr gesehen werden.

Natürlich fiel es Cochise aus seiner erhöhten Position nicht
schwer, die sieben Männer zu beobachten, die sich immer
näher an den Taleingang heranschlichen.

Es war Cochise klar, daß dort unten bald ein heißer Kampf

entbrennen würde. Und seiner Ansicht nach hatten die
Verfolger kaum Chancen, den Rustlern die Beute abzunehmen.

Minuten vergingen. Noch war kein Schuß gefallen. Die

fünfzehn Verteidiger spähten hinter ihren Deckungen hervor in

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die Ebene hinaus. Noch konnten sie die anschleichenden
Gegner nicht entdecken, die sich immer näher heranschoben.

Cochise saß wie auf dem Logenplatz eines Theaters und

wollte sich das bevorstehende Drama nicht entgehen lassen.
Um so verwunderter blickte der Apachen-Chief, als er in weiter
Ferne einen Reiter erkannte, der den sieben Männern gefolgt
sein mußte.

Der Fremde näherte sich, parierte sein Pferd einige Minuten

später hinter einer Dornenhecke und sprang aus dem Sattel.
Cochise erkannte sehr schnell, daß dieser Mann ebenfalls
heranschlich.

Bald hatte er die zurückgebliebenen Pferde der Verfolger

erreicht. Cochise sah, daß sich der Fremde an den Satteltaschen
zu schaffen machte und dann ebenfalls auf den Taleingang
zuschlich.

Der Apachen-Häuptling richtete seine gespannte

Aufmerksamkeit wieder auf die sich anschleichenden Männer
und auf die Rustler am Eingang des Valleys.

Die beiden feindlichen Gruppen waren nun nur noch

höchstens fünfzig Yards auseinander. Es konnten nur noch
Sekunden vergehen, ehe das Gefecht lostoben würde.

Cochises Augen verengten sich leicht, als er zwei der

Anschleicher sah, die indianische Kriegsbogen mit sich
führten. Sie banden längliche Gegenstände an die Pfeilschäfte.

Es mußten Dynamitpatronen sein, ahnte Cochise. Bald

flammten auch Zündhölzer auf. Funken sprühten und fraßen
sich die Lunten entlang.

Dann zogen auch schon die Pfeile ihre Bahn, flogen auf die

Deckungen rechts und links des Taleinganges zu.

Gleich darauf explodierten die Teufelsgeschosse. Die Hölle

brach auf. Die ohrenbetäubenden Detonationen jagten den
Verteidigern des Tales einen gehörigen Schrecken ein.

Zwei der Rustler blieben liegen, nachdem sich die Rauch-

und Staubwolke verzogen hatte. Neue Pfeile sirrten heran. Die

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anderen Männer feuerten einen Bleihagel auf die Banditen ab.

Wieder brüllten die Explosionen auf. Erneut breitete sich

eine große Rauch- und Staubwolke aus. Die Angreifer
huschten näher und feuerten aus allen Rohren.

Sie hatten nach wie vor den Überraschungseffekt auf ihrer

Seite. Die Rustler hätten sich niemals träumen lassen, derart in
Schwierigkeiten zu geraten.

Cochise sah von seinem erhöhten Beobachtungsplatz aus,

daß insgesamt vier der Viehdiebe den Dynamitpatronen zum
Opfer gefallen waren. Die anderen Rustler suchten sich andere
Deckungsmöglichkeiten und wehrten sich nun
erfolgversprechend ihrer Haut.

Drei der Verfolger brachen unter gut gezielten Schüssen

zusammen und blieben regungslos liegen. Die vier
übriggebliebenen Männer wehrten sich tapfer ihrer Haut, hatten
aber gegen die erdrückende Übermacht der Outlaws keine
Chance.

Bald ergriffen sie die Flucht. Einer der zur Ranchmannschaft

gehörenden Leute wurde von einer Kugel getroffen, stolperte
noch einige Schritte, ehe er zusammenbrach.

Die drei anderen Burschen hetzten auf die Pferde zu. In

diesem Augenblick brüllte vor den Fliehenden eine Winchester
auf. Die Flüchtenden hatten keine Chance.

Sie wurden gnadenlos von den Kugeln der heimtückischen

Schützen niedergemäht. Die Schüsse verstummten.

Eine fast unheimliche Stille breitete sich aus. Pulverdampf

zerfaserte. Der Kampf war vorbei.

Cochise richtete seinen Blick auf den Mann, der sich nun

hinter seiner Deckung erhob, das Gewehr über seinem Kopf
schwang und dann langsam auf die Rustler zumarschierte.

Der Chiricahua-Häuptling kannte diesen Burschen. Schon

einmal war er ihm entkommen.

Es war kein anderer als Glenn Morgan.

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*

»Da bist du ja endlich«, sagte Wyatt Earp und erhob sich, um
seinen Bruder Virgil zu begrüßen. Die beiden Brüder
schüttelten sich die Hände.

Während sich Virgil setzte, winkte Wyatt zum Keeper

hinüber und bestellte noch ein Frühstück.

Wyatt blickte seinen Bruder lächelnd an. Er sah ein volles

Gesicht, tiefliegende Augen und einen Schnurrbart, der Virgil
einen verwegenen Anstrich gab.

Virgil Earp war ungefähr zwei oder drei Jahre älter als

Wyatt, von starkem Körperbau und ein wenig träge in seinen
Bewegungen. Er lächelte ebenfalls und nickte zufrieden, als der
Wirt das Frühstück brachte.

Kauend sagte er: »Ich bin unterwegs aufgehalten worden,

Bruderherz. Nun bin ich aber da. Und ich frage mich seit
Tagen, was es so wichtiges gibt, daß wir uns unbedingt treffen
müssen.«

Wyatt Earps verwegenes Lächeln verstärkte sich. Er dämpfte

seine Stimme, als er antwortete: »Gold, Virgil. Es geht um eine
Goldmine. Ich kenne die ungefähre Lage. Dazu benötige ich
dich, denn allein ist es mir zu gefährlich, ins Apachengebiet zu
reiten. Ich bin zwar mit Cochise gut bekannt, trotzdem ist das
Risiko sehr groß. Es gibt da einige Outlaws, die ebenfalls
hinter der Goldmine her sind. Zu zweit können wir es scharfen.
Na, was sagst du jetzt?«

Virgil Earp hatte zu kauen aufgehört, als er seinen Bruder

von der Goldmine berichten hörte. Nun fuhr er lässig über
seinen Schnurrbart.

»Okay, das ist natürlich ein triftiger Grund, um mich

kommen zu lassen. Und du glaubst wirklich, daß du keinem
Hirngespinst hinterherjagst, Wyatt?«

Wyatt Earp berichtete von Glenn Morgan, der ebenfalls

hinter der Goldmine her war.

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Der junge Revolvermann und Spieler endete mit den Worten:

»Wir müssen diesem Glenn Morgan folgen, Virgil. Es ist
verdammt schade, daß du erst heute eingetroffen bist. Der
Vorsprung des Höllenhundes ist nun sehr groß geworden. Wir
werden den Burschen aber irgendwie finden. Diese Chance
lassen wir uns nicht entgehen.«

Virgil Earp nickte, schob seinen leeren Teller zurück und

seufzte zufrieden.

»Wir schaffen das schon«, sagte er und winkte dem

Barkeeper zu. »Zwei Drinks«, rief er. »Whisky, Mister.«

Die Brüder prosteten sich zu und stürzten dann den

goldgelben Whisky in die Kehlen.

Virgil erhob sich.
»Ich sehe mich nach einem frischen Pferd um, Wyatt. In

zehn Minuten können wir losreiten. Übernimmst du die
Zeche?«

»Du bist noch immer der alte«, antwortete Wyatt lächelnd.

»Okay, ich zahle, Bruderherz. Besorge dir ein ausdauerndes
Pferd, denn vor uns liegt ein langer und harter Ritt.«

Virgil stülpte sich den staubigen Stetson auf den Schädel und

verließ den Saloon mit schnellen Schritten. Wyatt Earp blickte
ihm zufrieden nach, ehe er beim Salooner zahlte.

Eine halbe Stunde später verließen die beiden Earps San

Manuel. Die Sonne meinte es trotz der frühen Morgenstunde
schon gut und sengte heiß hernieder.

Wyatt hielt auf die Ebene zwischen den Galiuro und den

Pinaleno Mountains zu.

»Da ist die ungefähre Richtung, in der die Goldmine liegen

soll«, erklärte er seinem Bruder. »Wir werden schon
irgendwelche Hinweise auf Morgan finden. Natürlich müssen
wir darauf achten, daß uns dieser Hundesohn nicht aus dem
Hinterhalt abknallt. Dem Burschen wird dabei kein Auge
übergehen. Ich verstehe beim besten Willen nicht, wie er aus
dem Gefängnis von Tombstone fliehen konnte. Dieser Marshal

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dort ist wirklich ein erfahrener Bursche.«

Die beiden Männer schwiegen und ritten weiter. Bald

zeichneten sich auf den Oberschenkeln und unter den
Achselhöhlen dunkle Schweißflecken ab.

Die beiden Reiter näherten sich einem Hügel. Um sie herum

lagen Felsbrocken wahllos durcheinander, als hätte sie ein
Riese im Spiel verteilt.

Virgil Earp saß in sich zusammengesunken im Sattel und

hatte den Stetson tief in die Stirn gezogen. Ohne seine Haltung
zu verändern, stieß er plötzlich hervor: »Vorsicht, Wyatt. Ich
habe es auf dem Hügel vor uns aufblinken sehen. Es sah so aus,
als würde ein Gewehrlauf vom Sonnenlicht reflektiert. Wenn
mich nicht alles täuscht, dann lauern einige Burschen auf uns.«

Wyatt Earp war erfahren genug, sich nichts anmerken zu

lassen, obwohl ihn die Worte seines Bruders erschreckten.

»Das wird dieser Morgan sein«, fuhr Virgil fort.
»Das glaube ich nicht«, entgegnete Wyatt Earp. »Der

Bursche hat schon längst etliche Meilen zurückgelegt.
Vielleicht hofft er noch immer, daß ich von seinem Auftauchen
in San Manuel nichts erfahren habe.«

»Wer will uns dann ans Leder?«
Virgil fragte dies nervös. Er spähte unter der Krempe seines

Stetsons hervor und sah es erneut auf dem Hügel aufblitzen.
Die Distanz betrug noch eine halbe Meile. Vorerst befanden
sich die beiden Earps noch außer Gewehrschußweite.

»Vielleicht sind es diese vier Hundesöhne, mit denen ich

gestern abend gepokert habe«, sagte Wyatt Earp nach einigen
Sekunden des Nachdenkens. »Die Burschen haben noch immer
nicht aufgegeben, obwohl ich ihnen heute nacht eine
gründliche Abfuhr erteilte. Die wollen ihre Dollars wieder
zurück, die sie im Spiel an mich verloren haben.«

Virgil brummte etwas, was Wyatt nicht verstehen konnte.

Dann sagte er: »Die Story kannst du mir später erzählen. Siehst
du die Felsbrocken vor uns, Wyatt? Wir müssen sie erreichen

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und dort die Pferde verstecken. Weiter dürfen wir uns auf
keinen Fall vorwärts wagen, denn sonst knallen uns die Kerle
ab wie die Hasen. Wenn es wirklich diese vier Männer sind,
dann wird es nicht einfach werden, unsere Köpfe aus der
Schlinge zu ziehen.«

»Ach was, Virgil«, antwortete Wyatt Earp lässig. »Mit

diesen Kerlen werden wir leicht und locker fertig. Die fühlen
sich nur stark, wenn sie in der Übermacht sind. Wenn es uns
gelingt, einen von ihnen zu erwischen, dann laufen die anderen
wie die Hasen davon. Okay, wir reiten bis zu den Felsen. Dann
beträgt die Distanz zu den Halunken noch ungefähr 100 Yards.
Es gibt genügend Deckungsmöglichkeiten, um uns
anzuschleichen. Wir besorgen es diesen hinterhältigen
Bastarden.«

Damit war alles gesagt.
Die Earps ritten weiter, als hätten sie die im Hinterhalt

liegenden Gegner noch nicht entdeckt. Trotzdem war es ein
risikoreiches Spiel, das die beiden Männer trieben.

Sie atmeten beide auf, als sie sich dicht vor den Felsen

befanden. Sekunden später waren sie hinter den Steinen
verschwunden.

Grinsend glitten sie aus den Sätteln und griffen ihre Gewehre

fester.

»Okay, Virgil«, sagte Wyatt. »Du schleichst dich von rechts

auf den Hügel zu, während ich die linke Seite nehme. Halte die
Ohren steif, alter Junge.«

Die beiden Männer schlichen los. Es dauerte nicht lange,

dann wehte ihnen heißes Blei um die Ohren. Trotzdem
näherten sich die Earp-Brüder immer mehr dem Hügel, von
dem die Gegner pausenlos feuerten.

Sie vergeudeten aber nur Munition, denn Virgil und Wyatt

Earp nutzten jede Deckungsmöglichkeit aus. Sie waren
erfahren genug, um sich keine Blöße zu geben.

Es dauerte nicht lange, dann hatten sie sich dem Hügel bis

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auf etwa 50 Yards genähert. Nun schossen auch sie.

Wyatt Earp hatte den bärtigen Burschen deutlich erkannt, als

sich dieser zu weit hinter seiner Deckung hervorwagte.

»Na warte, Bürschchen«, murmelte der junge Spieler und

Revolvermann. »Dir werde ich es beibringen, anständig beim
Pokern zu verlieren.«

Wyatt feuerte. Die Kugel traf den Outlaw in die Brust, der

hinter dem Felsbrocken in die Höhe wuchs und dann zur Seite
kippte. Für einen Moment stellten die drei anderen Banditen
das Feuer ein.

Wyatt Earp nickte nur zufrieden und huschte noch näher an

das Versteck der Outlaws heran. Auch sein Bruder war bis auf
wenige Yards an den Hügel herangekommen.

Sie nahmen die Banditen erneut unter Beschuß. Einer der

Kerle schrie auf, als er von einer Kugel gestreift wurde. Es
dauerte nur noch wenige Sekunden, dann vernahmen Wyatt
und Virgil hämmernde Hufschläge.

Die Banditen ergriffen die Flucht, nachdem ihr

heimtückischer Plan nicht aufgegangen war. Kurze Zeit darauf
standen die beiden Earps vor dem Bärtigen, der am Boden lag
und stöhnte.

Der Verwundete preßte eine Hand auf seine linke Brustseite.

Blut quoll unter seinen zuckenden Fingern hervor. Sein Gesicht
schimmerte grau wie Holzasche. In seinen Augen lag bereits
die Starre des sich nahenden Todes.

Wyatt Earp kniete neben dem bärtigen Mann nieder, aus

dessen Mund ein Stöhnen brach. Der Revolvermann sah, daß
jede Hilfe zu spät kam.

Der Verwundete würde die Schußverletzung nicht überleben.
»Aus und vorbei«, murmelte Wyatt Earp. »Du bist ein

verdammter Narr gewesen, Mister. Man muß auch verlieren
können. Ich hatte dich in San Manuel gewarnt.«

Die Lippen des Sterbenden bewegten sich, aber die Earps

konnten keinen Laut verstehen. Ein letztes Aufbäumen lief

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durch den Körper des Bärtigen, ehe der Kopf zur Seite fiel.
Seelenlose Augen starrten in die Bläue des Himmels.

Wyatt drückte dem Toten die Augenlider zu und erhob sich.

Virgil trat auf seinen Bruder zu. Er war auf dem Hügel
gewesen, um nach den anderen Banditen zu sehen.

»Sie sind auf und davon«, sagte er. »Ich glaube nicht, daß sie

es nochmals mit uns aufnehmen werden.«

Wyatt nickte nur.
»Das glaube ich auch, Virgil. Ehe wir unseren Ritt fortsetzen,

sollten wir den Toten begraben und ihn nicht für die Geier
zurücklassen. Einverstanden?«

Virgil Earp nickte nur.

*

Glenn Morgan schwang seine Winchester über dem Kopf, als
er auf Jeff Cooper und dessen Leute zustiefelte.

»Nicht schießen, Jeff«, rief Morgan. »Sieh mich nur genau

an, dann wirst du mich erkennen. Außerdem habe ich euch
geholfen. Ich muß mit dir sprechen, Cooper.«

Furchtlos marschierte Glenn Morgan auf die Outlaws zu, die

sich um Jeff Cooper versammelt hatten.

Cooper war ein breitschultriger, untersetzt wirkender Mann

von undefinierbarem Alter. Ein wuchernder Vollbart bedeckte
Kinn und Wangen. Zwei Revolver im Kreuzgurt deuteten auf
die Gefährlichkeit des Viehdiebs hin.

Er musterte Morgan aus zusammengekniffenen Augen. Noch

schien er den Outlaw nicht erkannt zu haben.

Glenn Morgan sah ein halbes Dutzend Gewehrläufe auf sich

gerichtet und fühlte sich plötzlich nicht mehr wohl in seiner
Haut. Fast sah es aus, als wollte der Bandit stehenbleiben, doch
dann ging er furchtlos weiter.

Erst wenige Pferdelängen vor Jeff Cooper und dessen

Rustlern verhielt Glenn Morgan. »Erkennst du mich wirklich

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nicht wieder?« fragte er. »Denk mal nach, Jeff. Ich bin es,
Glenn Morgan. Wir sind uns vor einiger Zeit in Tucson
begegnet. Und dann steckte mir ein Hombre, daß du dich hier
in dieser Gegend aufhalten sollst.«

Jeff Cooper nickte plötzlich. Noch immer lag Mißtrauen auf

seinem harten Gesicht.

»Yeah, nun erinnere ich mich, Morgan«, sagte er. »Mit dir

habe ich längst nicht mehr gerechnet. Was willst du von mir?«

Glenn Morgan biß sich auf die Unterlippe. Er hatte mit

einem freundlicheren Empfang gerechnet. Ein gewinnendes
Lächeln legte sich um Morgans Mundwinkel.

»Das erzähle ich dir später, Cooper. Du kannst dich aber

darauf verlassen, daß ich nicht mit leeren Händen vor dir stehe.
Ich brauche deine Hilfe. Dem Marshal von Tombstone konnte
ich entkommen, denn der wollte mich doch glatt aufhängen.«

Glenn Morgen grinste.
Die Gesichter der Viehdiebe blieben ausdruckslos. Morgan

erkannte, daß er es mit einem harten Rudel zu tun hatte. Es
waren Burschen, denen ein Menschenleben nichts bedeutete.

»Okay, Morgan«, sagte Jeff Cooper und fuhr sich mit dem

Handrücken über die schweißbedeckte Stirn. »Wir sprechen
später miteinander. Zuerst müssen wir nach den Toten und
Verwundeten sehen. Einer meiner Leute wird dich in das Tal
bringen. Zuvor wirst du ihm deine Waffen übergeben. Du
kriegst sie später wieder zurück, wenn wir uns unterhalten
haben.«

Das schmeckte Glenn Morgan überhaupt nicht. Er hatte aber

keine andere Wahl, als Jeff Coopers Befehl zu befolgen.

Einer der Rustler brachte ihn in das Tal. Ein Bach

schlängelte sich silbern durch das Gras. Die gestohlenen
Rinder weideten in der Nähe des Wassers.

Unter einigen Cottonwoods stand eine Blockhütte. In einem

Corral tummelte sich über ein Dutzend Pferde.

»Das ist also euer Camp«, sagte Morgan zu seinem Begleiter,

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der seitlich versetzt hinter ihm ging und seinen Revolver in der
Faust hielt.

»So ist es, Morgan. Und wenn du ein Spitzel sein solltest,

dann wirst du keine Gelegenheit mehr haben, dieses Geheimnis
auszuplaudern. Das verspreche ich dir.«

Morgan wandte den Kopf und sah den Outlaw an, der

gemein grinste und ihn spöttisch ansah.

»Euer Mißtrauen ist unbegründet«, erwiderte Glenn Morgan.

»Ich habe eine größere Sache vor, und dazu benötige ich die
Hilfe einiger rauher Jungs. Es springt mehr dabei raus, als ein
paar gehörnte Tanten zu stehlen. Das hier ist billiger
Krimskram. Ich verstehe nicht, daß sich Cooper überhaupt mit
solchen Dingen abgibt.«

»Die Rinder werden gut bezahlt, Morgan«, antwortete der

Bandit unfreundlich. »Das alles ist nur vorübergehend. Und wir
werden…«

Der hagere Bursche, der an einen Wüstenwolf erinnerte,

winkte ab. »Was geht es dich an?« fragte er. »Cooper wird
entscheiden, was mit dir geschieht.«

Sie erreichten die Blockhütte.
»Hinein mit dir, Morgan«, stieß der Rustler hervor.
Glenn Morgan befand sich gleich darauf in der Blockhütte.

Die Tür schloß sich knarrend hinter ihm. Ein schwerer Riegel
wurde vorgeschoben. Morgan hörte die Schritte des Outlaws,
die sich entfernten. Er nahm aber an, daß sich der hagere Kerl
irgendwo in den Schatten setzte und die Blockhütte nicht aus
den Augen lassen würde.

Morgan warf sich auf die harte Pritsche und schloß die

Augen. Er fühlte die Müdigkeit, die durch seinen Körper
pulsierte. Seit vielen Stunden hatte er nicht mehr schlafen
können.

Es wird schon alles klappen, dachte Glenn Morgan. Wenn

Cooper erst von der legendären Goldmine erfährt, wird er
begeistert sein.

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Mit diesem Gedanken schlief Glenn Morgan ein.

*

Cochise hatte genug gesehen. Er schlich zu seinem Pinto,
hechtete auf den Pferderücken und ritt davon.

Sein Plan war längst gefaßt. Er wollte die weißen Banditen

aus seinem Land vertreiben. Dazu benötigte er aber die Hilfe
seiner Blutsbrüder. Obwohl der Chiricahua-Häuptling ein
mutiger Krieger war, wollte er nicht allein gegen die weißen
Viehdiebe kämpfen.

Cochise war nicht so verblendet, zu glauben, daß er es allein

gegen ein Dutzend Banditen schaffen könnte.

Außerdem ahnte er, daß sich Geronimo mit seiner bunt

zusammengewürfelten Schar Krieger in der Nähe aufhielt. Er
traute Geronimo zu, daß sich dieser mit den weißen Banditen
verbünden würde, nur um ihm zu schaden.

Der Häuptling der Chiricahua-Apachen aber mußte alles

dransetzen, daß Geronimos zunehmende Macht eingedämmt
wurde. Cochise mußte ihm zeigen, daß er der Anführer aller
Apachen war und sich nicht von einem Burschen wie
Geronimo einschüchtern ließ.

Cochise ritt mehr als eine Stunde und hielt auf eine Stelle der

Galiuro Mountains zu, wo er vermutete, daß Geronimo dort
sein Lager aufgeschlagen hatte.

Schüsse schreckten Cochise aus seinen Gedanken. Sie fielen

hinter einem Hügel und zerrissen die Stille des Tages.

Der Chiricahua zügelte sein Pferd, sah sich um und ritt dann

auf ein Dickicht zu. Schon bald eilte er auf den Hügel zu,
kletterte hoch und legte sich bäuchlings in eine Bodenmulde,
von wo aus er das vor ihm liegende Gelände gut überblicken
konnte.

Er sah eine Postkutsche, die von Indianern angegriffen

wurde. Berittene Indianer mit Federhauben näherten sich von

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unten auf einem Hang der Stage Coach. Cochise erkannte auch
einige Krieger ohne Federschmuck.

Die Angreifer feuerten mit Pfeil und Bogen und auch mit

Gewehren auf die Postkutsche. Heißes Blei schlug ihnen
entgegen, denn nicht nur Fahrer und Beifahrer erwiderten das
Feuer. Auch einige der Passagiere schossen.

Cochise erkannte Geronimo, der den Angriff leitete. Mit

ernstem Gesicht verfolgte der Chiricahua-Häuptling das
weitere Geschehen. Er erkannte aber rasch, daß der Angriff der
abtrünnigen Apachenhorde nichts einbringen würde.

Geronimo hatte seine Krieger schlecht geführt und die Stelle

des Überfalls nicht richtig gewählt. Zwei der Angreifer stürzten
von den Pferderücken.

Die Stage Coach jagte dahin und zog eine riesige Staubwolke

hinter sich her. Die Männer auf dem Kutschbock und in der
Kutsche verstanden es ausgezeichnet, mit ihren Gewehren
umzugehen.

Den Angreifern blieb letztlich keine andere Wahl, als den

Angriff abzubrechen. Sie sammelten sich, holten ihre Toten
und Verwundeten und ritten auf die Berge zu.

Cochise aber fragte sich, um was für eine Stage Coach es

sich gehandelt hatte. Er wußte zu genau, daß es hier keine
Postkutschenverbindung gab. Es konnte nur eine
Sonderkutsche gewesen sein.

Durch den Körper des Apachen-Häuptlings ging ein Beben.

Er fühlte heißen Zorn in sich aufsteigen, als er zu seinem Pinto
lief. Ungestüm schwang er sich auf den Rücken des gefleckten
Pferdes und trieb das Tier hart an.

Cochise ließ den Mustang tüchtig ausgreifen, ritt eine

Abkürzung und wollte so Geronimo und dessen
zusammengewürfelten Haufen überholen.

Er schonte weder sich noch sein Pferd. Eine halbe Stunde

später zügelte Cochise den Pinto im Schutze eines Felsens, der
wie ein erhobener Zeigefinger in den blauen Himmel ragte.

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Der Chiricahua-Häuptling wußte, daß Geronimo hier an

dieser Stelle vorbeireiten würde. Minuten vergingen, ehe die
ersten Hufschläge zu vernehmen waren.

Cochises muskulöser Körper richtete sich auf. Stolz saß er

auf dem Pferderücken, als er den Pinto antrieb und Geronimo
und dessen Rotte aus Mimbrenjos und White Mountain
Apachen entgegenritt.

Der Trupp geriet ins Stocken. Überraschung zeigte sich auf

den Gesichtern der Krieger. Geronimos breitflächiges Gesicht
wirkte wie versteinert. Seine schwarzen, langen Haare, die von
einem Stirnband gehalten wurden, wehten im leichten Wind.

Waffen richteten sich auf Cochise, der dies mit einem

verächtlichen Lächeln ignorierte. Er zügelte eine
Steinwurfweite von dem Indianerrudel sein Pferd.

Sein fester Blick ruhte auf Geronimo, der plötzlich den Kopf

senkte, dann aber sein Pferd antrieb und sich dem Häuptling
der Chiricahuas näherte.

Die beiden Apachen starrten sich an. Haß lag in Geronimos

dunklen Augen. Wieder verzogen sich Cochises Mundwinkel
zu einem überlegenen Lächeln.

Das Schweigen behagte Geronimo in keinster Weise. Nervös

rutschte er auf dem Pferderücken hin und her. Er wartete
darauf, daß Cochise das Wort an ihn richtete, so wie es diesem
als oberster Häuptling der Apachen geziemte.

Cochise hob seine rechte Hand.
»Dies ist meine letzte Warnung, Geronimo«, sagte der

Apachen-Chief mit vibrierender Stimme. »Ich habe den
Überfall auf die Postkutsche der Weißhäutigen gesehen und
auch, wie ihr kläglich gescheitert seid. Du bist noch jung und
unerfahren und kein Vorbild für deine Krieger. Sie werden bald
erkennen, daß du ein Versager bist. Darum gebe ich dir den
guten Rat, dieses Land zu verlassen. Noch ist Zeit dazu.«

Ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren, zog Cochise

seinen Pinto herum und ritt davon. Furchtlos wandte er

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Geronimo seinen Rücken zu, der vor Zorn bebte, sich aber zu
keiner Blöße hinreißen ließ.

Er blickte dem Chiricahua-Häuptling wütend nach, der schon

bald den Felsen erreichte und dahinter verschwand.

*

John Haggerty zügelte sein Pferd, blickte zurück und schüttelte
dann den Kopf. Er wurde den Verdacht nicht los, verfolgt zu
werden.

Es war ein rein instinktives Gefühl, das den erfahrenen Mann

mit Unbehagen erfüllte. Der Armee-Scout konnte niemanden
hinter sich entdecken, beschloß aber, sich Gewißheit zu
verschaffen.

Er versteckte sein Pferd zwischen einigen Salbeibüschen und

kroch auf einen Felsen zu, hinter dem er sich verbarg.

Haggertys Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt, denn

zuerst rührte sich nichts im weiten Rund. Dann aber sah er in
der Ferne einen dunklen Punkt auftauchen, der rasch größer
wurde und sich als ein Reiter entpuppte, der seiner Fährte
folgte.

Haggertys Kinn wurde hart und kantig. Er fragte sich

vergebens, wer ihn verfolgte.

Der Verfolger näherte sich rasch. Es mußte sich um einen

Apachen handeln, stellte John Haggerty schnell fest, als der
Reiter bis auf zwei Steinwurfweiten herangekommen war.

Johns Gesicht nahm einen verblüfften Ausdruck an, als er

Gelbvogel, einen Apachen-Scout, erkannte, den er zuletzt im
Fort gesehen hatte.

Es gab nur eine Möglichkeit: General Howard mußte den

Scout hinter ihm her geschickt haben.

John Haggertys schlanker Körper entspannte sich, wänrend

er zu lächeln begann.

Der Armee-Scout trat hinter dem Felsen hervor und sah den

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Apachen zusammenzucken. Dann lief ein Lächeln über das
bronzefarbene Gesicht von Gelbvogel.

Er zügelte sein Pferd.
»How«? sagte er kehlig. »Ich haben geahnt, du bestimmt

bald bemerken Verfolger.«

John Haggerty nickte. »Was willst du, Gelbvogel? Schickt

dich der General?«

»So sein, Falke.«
John fragte sich in diesen Sekunden, wie der Apachen-Scout

seinen Kriegsnamen kennen konnte. Falke wurde er von
Cochise genannt. John zeigte seine Überraschung nicht.

»Ich sollen aufpassen«, sagte Gelbvogel mit guttural

klingender Stimme.

»Auf mich?« John Haggerty tat erstaunt, obwohl er ahnte,

daß General Howard in Sorge um ihn war und nur aus diesem
Grund den Apachen-Scout hinter ihm her geschickt hatte.

Nun nickte Gelbvogel und verzog seinen Mund zu einem

breiten Grinsen. »Wir gemeinsam reiten, Falke. Vier Augen
mehr sehen. Ich haften mit Skalp für Leben deines.«

»Mann, o Mann«, antwortete John Haggerty. »Wo hast du

nur dieses schauderhafte Englisch gelernt?«

»Gelbvogel gutes Englisch. Bestes Englisch aller Scouts. Er

seien darauf stolz.«

John Haggerty zuckte nur mit den Achseln, als er den

strahlenden Blick des Apachen-Scouts sah.

»Dann wir reiten los«, sagte Haggerty und kratzte sich am

Haaransatz. »Zum Henker, Gelbvogel. Wenn wir erst einige
Tage zusammen sind, dann werde ich genauso rückwärts
sprechen wie du.«

Gelbvogel sah den weißen Scout erstaunt an.
»Du gutes Englisch«, erwiderte er. »Gelbvogel von dir

lernen, und nicht lernen du von Gelbvogel. Alles klar?«

»Alles klar«, entgegnete John Haggerty erschüttert und lief

los, um sein Pferd zu holen.

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*

»Die drei anderen Hundesöhne scheinen es nicht nochmals mit
uns aufnehmen zu wollen«, sagte Wyatt Earp und blickte
seinen Bruder Virgil nachdenklich an. »Nun müßten wir nur
noch einen Hinweis finden, wohin sich Glenn Morgan gewandt
hat. Das würde unsere Aufgabe sehr erleichtern.«

Virgil Earp nickte nur.
»Wir werden diesen Morgan schon finden, Bruderherz.

Okay, das Land hier ist groß. Fast sieht es so aus, als befänden
wir uns auf der Suche nach der berühmten Nadel im
Heuhaufen, doch die Richtung stimmt, wie du mir versichert
hast. Wir werden…«

Virgil legte plötzlich eine Hand über die Augen, um besser

sehen zu können. Wyatt folgte dem Blick seines Bruders und
kniff die Augen zusammen.

»Eine Schafherde«, sagte er zufrieden. »Ich möchte nur

wissen, wohin die Tiere getrailt werden. Die Hirten müssen
aber großes Gottvertrauen haben, denn dies hier ist
Apachenland. Und die roten Jungs lassen sich solch eine Beute
nicht entgehen, wenn sie die Herde bemerken.«

Virgil trieb sein Pferd an.
»Wir sollten dort mal nachfragen, ob einer der Hirten Glenn

Morgan gesehen hat.«

»Das wollte ich gerade vorschlagen«, ließ sich Wyatt Earp

vernehmen. Er folgte seinem Bruder, der auf die Schafherde
zuhielt. Sie bestand aus höchstens 100 Tieren. Ihr Blöken
schallte schon bald an die Ohren der beiden Reiter. Dann klang
auch das Gebell von einigen Hunden auf, die vorher die
Schafherde umkreist hatten und sich nun zu einem Rudel
zusammenballten und den Reitern entgegensprangen.

Die Hunde bellten wütend, achteten jedoch darauf, nicht in

den Bereich der Pferdehufe zu geraten.

Virgil und Wyatt ritten auf zwei Hirten zu. Es waren

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Mexikaner. Sie trugen weite Umhänge und hielten lange
Stöcke in den Händen, an deren einem Ende kleine Schaufeln
angebracht waren.

Die mexikanischen Schafhirten waren unbewaffnet.

Wenigstens konnten die Earp-Brüder weder Gewehre noch
Revolver sehen. Dicht vor den Mexikanern parierten sie ihre
Pferde.

Sie lasen Furcht in den dunklen Augen der braunhäutigen

Mexikaner. Einer stieß nun einen Pfiff aus. Die sich wie toll
gebärdenden Hunde wurden von einer Sekunde zur anderen
lammfromm und liefen schwanzwedelnd zur Schafherde
zurück.

»Wir möchten von euch nur eine Auskunft«, sagte Wyatt

Earp. Er sah die Erleichterung der beiden Viehhirten. Bestimmt
hatten sie damit gerechnet, entweder weiße Banditen oder
Gesetzesleute vor sich zu haben. Der Herdentrail schien nicht
legal zu sein.

»Wir suchen einen Freund von uns«, fuhr Wyatt Earp fort.

»Leider haben wir den Treffpunkt versäumt. Es könnte sein,
daß ihr unseren Compadre gesehen habt. Ich beschreibe ihn
euch sehr genau. Wir wollen nur wissen, in welche Richtung er
geritten ist. Das ist schon alles, Hombres.«

Wyatt langte in seine Jackentasche und zog zwei

Dollarmünzen hervor, die er den Schafhirten zuwarf. Sie
griffen blitzschnell zu und ließen die Münzen unter ihren
Umhängen verschwinden.

Die beiden Mexikaner grinsten. Trotzdem wirkten sie nach

wie vor sehr wachsam.

Wyatt Earp beschrieb Glenn Morgan sehr ausführlich und

war enttäuscht, als die beiden mexikanischen Schafhirten die
Köpfe schüttelten.

»Überlegt gut, Muchachos!« ließ sich Virgil Earp mit harter

Stimme vernehmen. »Es ist sehr wichtig für uns. Vielleicht
habt ihr auch nur einen Reiter aus größerer Entfernung

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gesehen. Es würde uns schon genügen, wenn ihr uns die
genaue Richtung sagt, in die er geritten ist. Denkt mal genau
nach, Leute.«

Einer der Mexikaner nickte plötzlich. In einem

schauderhaften Englisch, das mit spanischen Brocken
durchsetzt war, sagte er: »Wir haben einen Reiter gesehen,
Senor. Das war vor vielen Stunden. Er ritt dort drüben auf die
Hügel zu und war sehr schnell wieder verschwunden. Von uns
und der Herde hat er keine Notiz genommen. Vielleicht wollte
er nicht gesehen werden.«

Der andere Viehhirte zuckte mit den Achseln.
»Leider konnten wir sein Gesicht nicht sehen, Senores. Die

Entfernung war zu groß.«

»Gracias, Amigos«, sagte Wyatt Earp. »Ihr habt uns sehr

geholfen.«

Wyatt nickte seinem Bruder zu und trieb sein Pferd an. Die

Mexikaner und die Schafherde blieben zurück.

»Es kann nur Glenn Morgan gewesen sein, Virgil«, sagte

Wyatt nach einiger Zeit. »Er wollte nicht gesehen werden und
wich aus diesem Grund der Schafherde aus. Wir sind auf der
richtigen Fährte. Verlaß dich darauf.«

»Mir soll es recht sein, Bruder«, antwortete Virgil Earp. »Ich

bin schon ganz heiß auf die Goldmine. Mann, das wäre ein
Ding. Wir hätten für den Rest unserer Tage ausgesorgt.«

Virgil Earp grinste selbstgefällig und schien sich wohl schon

den künftigen Reichtum in den grellsten Farben auszumalen.

Sein Bruder lächelte nur. »Noch ist es nicht soweit, Virgil«,

sagte er. »Die Goldmine liegt in einer anderen Richtung, wie
ich glaube. Es sieht also so aus, als reite Morgan einen Umweg.
Entweder will er uns in die Irre führen, oder er hat ein anderes
Ziel vor Augen.«

»Vielleicht will er sich mit jemanden treffen«, vermutete

Virgil. Und er ahnte bei seinen Worten nicht, wie nahe sie der
Wahrheit gekommen waren.

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*

Die Abenddämmerung senkte sich hernieder und legte ihre
dunklen Schleier über das Tal, in dem sich Glenn Morgan
befand. Er hielt sich noch immer notgedrungen in der
Blockhütte auf und fühlte sich wie ein Gefangener.

Längst hatte er es nicht mehr auf der harten Pritsche

ausgehalten. Er tigerte die wenigen Yards auf und ab und
erinnerte an ein eingesperrtes Raubtier.

Es wurde rasch dunkel. Die ersten Sterne flammten am

Firmament auf und erinnerten an funkelnde Silberdollars.
Bleiches Mondlicht sickerte hernieder und legte einen
silbernen Schein über das Land.

Glenn Morgan trat an das kleine Fenster und spähte hinaus.

Das Muhen der Rinder durchdrang die Stille. Im Corral
wieherten und schnaubten einige Pferde.

Wenige Yards von der Hütte entfernt flackerte ein Feuer,

warf gaukelnde Schatten und ähnelte dem rotglühenden Auge
eines Zyklopen.

Morgan erkannte ein halbes Dutzend Männer, die um das

Lagerfeuer saßen. Leises Stimmengemurmel drang an seine
Ohren. Der aus Tombstone geflüchtete Outlaw versuchte Jeff
Cooper zu erkennen.

So sehr er auch seine Augen anstrengte, der Boß der

Viehräuberbande war nicht zu sehen.

Eine wilde Wut stieg in Glenn Morgan hoch. Fluchend trat er

zur Tür und donnerte mit den Fäusten dagegen. Dann packte er
die Türklinke und rüttelte voller Zorn daran.

Es näherten sich stampfende Schritte, die vor der Blockhütte

verhielten.

»Aufmachen, verdammt noch mal«, schrie Morgan. »Was

soll das? Bin ich vielleicht euer Gefangener?«

Spöttisches Gelächter trieb Glenn Morgan das Blut in die

Wangen. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Er atmete

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keuchend aus und tobte erneut wie ein Verrückter los.

Knarrend wich der Riegel zurück, ehe sich die Tür öffnete.

Glenn Morgan wollte die Blockhütte verlassen, blieb dann aber
wie erstarrt stehen, als er in die dunkle Mündung eines auf ihn
gerichteten Colts blickte.

»Nur ruhig Blut, Freundchen«, sagte ein hagerer Mann,

dessen Augen tief in den Höhlen lagen und dessen Gesicht an
einen Totenschädel erinnerte.

»Ich mag nicht, wenn sich jemand wie ein Wilder aufführt,

Freundchen. Hast du das kapiert?«

Glenn Morgans Brustkorb hob und senkte sich schwer. Fast

sah es aus, als wolle er den Rustler mit den bloßen Händen
angreifen.

Der Bandit mit dem totenkopfähnlichen Gesicht grinste

gefährlich. Seine Lippen verzogen sich zu einem schmalen
Strich.

»Laß es bleiben«, klirrte seine Stimme. »Du bleibst in der

Hütte, bis unser Boß wieder zurück ist. So hat es Jeff Cooper
angeordnet. Ich schicke dir dann etwas zu essen. Und verhalte
dich ruhig, sonst werden ich und einige andere Jungs verdammt
ungemütlich werden.«

Glenn Morgan schluckte schwer.
Diese Behandlung behagte ihm in keinster Weise. Er sah

aber ein, daß sich dieser Bursche hier nicht umstimmen lassen
würde. Er mußte warten, bis Jeff Cooper wieder in das Tal
zurückkehrte.

Morgan warf dem Mann mit dem Totenschädel noch einen

wütenden Blick zu, ehe er sich umwandte und zur Pritsche lief.
Fluchend setzte sich der Outlaw darauf und stützte den Kopf in
beide Hände.

Er überlegte, ob es nicht doch ein Fehler gewesen war,

Cooper aufzusuchen. Alles schien sich anders zu entwickeln,
als er es vorher geplant hatte.

Glenn Morgan fluchte erneut unbeherrscht los. Ihm blieb

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aber keine andere Wahl, als auf Jeff Coopers Rückkehr zu
warten, um mit dem Boß der Viehdiebe ins Gespräch zu
kommen.

*

Nach seinem Monolog mit Geronimo war Cochise wieder in
die Richtung des Rustler Valleys geritten. Er wollte
herausfinden, was Glenn Morgan bei den Viehdieben suchte.

Daß der Bandit etwas im Schilde führte, war Cochise klar.

Und der Häuptling der Chiricahuas ahnte, daß Morgan die
Suche nach der legendären Goldmine noch immer nicht
aufgegeben hatte.

Die Dunkelheit legte sich wie ein samtener Baldachin über

das unwegsame Gelände. Rasch verloren die Konturen an
Schärfe. Cochise aber konnte dies nicht beeindrucken.

Er war mit diesem Land verwachsen und würde das Tal auch

bei völliger Dunkelheit finden. Eine Stunde später erreichte der
Apachen-Häuptling den Hügel, von wo aus er die
Auseinandersetzung zwischen den Viehdieben und dem
Rancheraufgebot mitverfolgt hatte.

Er versteckte den Pinto und hielt von der Spitze des kleinen

Berges Ausschau. Der Taleingang wurde von silbernem
Mondlicht überflutet.

Cochise konnte keine Wächter entdecken, nahm aber an, daß

der Eingang des Valleys bewacht wurde. Sanft lächelnd setzte
sich der Indianer-Chief in Bewegung.

Er wollte in das Tal eindringen. Vielleicht konnte er

herausfinden, welche weiteren Pläne die Viehdiebe und auch
Glenn Morgan hatten.

Geschickt näherte sich Cochise dem Taleingang, nutzte jede

sich nur bietende Deckungsmöglichkeit aus und blieb dann drei
Pferdelängen davor hinter einem Mesquitestrauch liegen.

Cochise lauschte in die nächtliche Stille. Irgendwo fiepste

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eine Maus. Eine schwarze Spinne kroch auf haarigen Beinen
davon und verschwand zwischen einigen Gräsern.

Cochise vernahm ein Hüsteln und sah kurze Zeit darauf den

dunklen Körper eines Mannes, der sich hinter einem Felsblock
erhoben hatte, sich nun dehnte und reckte und einige Schritte
auf und ab marschierte. Dann war der Wächter wieder
verschwunden.

Cochise schlängelte sich vorwärts, verschmolz immer wieder

mit seiner Umgebung und näherte sich so dem Taleingang, der
nur so breit war, um zwei Postkutschen aneinander
vorbeifahren zu lassen.

So schlich er an dem Wächter vorbei, der nicht ahnte, wie

nahe er dem Tode war. Cochise wollte aber das Bleichgesicht
nicht töten, sondern nur unbemerkt in das Tal eindringen.

Cochise erhob sich, nachdem er 50 Yards zurückgelegt hatte.

Geräuschlos lief er weiter, blieb einmal stehen, um sich zu
orientieren, ehe er weiterhuschte.

Seine scharfen Augen waren das Lagerfeuer, die Herde und

auch die Blockhütte nicht entgangen. Bald entdeckte er auch
ungefähr zehn Weißhäutige, die in der Nähe des
niedergebrannten Feuers lagerten und sich unterhielten.

Eine Whiskyflasche kreiste. Cochise verzog das Gesicht.
Was sind diese weißen Coyoten nur für Dummköpfe, dachte

der Indianer-Häuptling. Es würde mir mit einigen Kriegern
gelingen, diese Bleichgesichter zu töten, denn sie scheinen alle
mit Blindheit geschlagen zu sein.

Die Bleichgesichtigen gaben sich ganz so, als befände sich

ihr Camp nicht inmitten des Apachengebietes.

Cochise huschte weiter, schlug einen Bogen um das

Lagerfeuer und näherte sich geräuschlos der Blockhütte. Er sah
einen Mann vor der Eingangstür sitzen.

Bisher hatte der Chiricahua Glenn Morgan nirgends

entdecken können. Ihm blieb nichts anderes übrig, als zu
vermuten, daß sich der Bandit im Innern der Hütte befand.

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Cochise preßte ein Ohr gegen die rohen Baumstämme, aus

der die Hütte gezimmert war. Er vernahm Schritte im Innern,
die polternd die Stille erfüllten.

Hufschläge klangen durch die Nacht, näherten sich vom

Taleingang. Cochise erkannte vier Reiter, die in der Nähe des
Lagerfeuers aus den Sätteln sprangen.

Die am Feuer sitzenden Viehdiebe waren aufgesprungen und

umringten Jeff Cooper, auf den die Fragen nur so einprasselten.

Der Boß der Rustler übertönte schließlich seine Gefährten.
»Gebt doch endlich Ruhe, ihr verdammten Strauchdiebe«,

schrie er. »Es ist alles in Ordnung. Ich habe die Herde verkauft.
Sie wird im Laufe des morgigen Tages von den neuen
Besitzern übernommen. Es ist alles so gelaufen, wie ich es mir
vorgestellt habe. So, und nun möchte ich einen Happen
zwischen die Zähne kriegen. Hoffentlich habt ihr Höllenhunde
etwas für mich und meine Begleiter übriggelassen.«

Jeff Cooper und seine drei Partner erhielten zu essen und

tranken auch aus der Whiskyflasche. Dann erhob sich der
Banditenboß, wischte sich mit dem Handrücken über die
fettigen Lippen und nickte einem seiner Männer zu.

»Wo steckt dieser Glenn Morgan, Billy? Befindet er sich

noch in der Hütte?«

Der großgewachsene Mann mit dem Totenschädel nickte.
»Gewiß, Boß. Dein Freund aus vergangenen Tagen ist

mächtig wütend. Der Bursche hätte sich am liebsten mit uns
allen angelegt. Sei nur vorsichtig, wenn du die Hütte betrittst.
Es könnte sein, daß er dich in der Luft zerreißt!«

Jeff Cooper grinste nur lässig, rülpste und spuckte dann aus.
»Okay, Jungs«, sagte er. »Dann will ich meinen alten

Kumpel mal besuchen. Ich kann mir vorstellen, daß er sauer
ist, wie eine alte Jungfer, bei der schon wieder ein Mann nicht
angebissen hat.«

Die Outlaws grinsten. Jeff Cooper trat auf die Hütte zu.
»Ich bin es, Glenn. Schluck deinen Ärger wieder runter. Wir

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werden uns nun wie alte Freunde unterhalten. Und ich bin
mächtig gespannt, was du mir zu erzählen hast.«

Cooper nickte einem der Männer zu, der den Riegel

zurückschob. Die Tür schwang zurück. Ein anderer Bandit
brachte eine Kerosinlampe, die er Cooper reichte.

Der Bandit der Viehdiebe betrat die Hütte. Knarrend schloß

sich die Tür wieder hinter ihm. Die Banditen gingen zum
Lagerfeuer zurück.

Keiner von ihnen hatte Cochise, den Häuptling der

Chiricahua-Apachen, gesehen.

*

Cochise kauerte noch immer an der Hüttenwand und zwar
genau unter dem kleinen Fenster. So konnte er jedes Wort
verstehen, das in der Blockhütte gewechselt wurde.

Glenn Morgan sagte: »Na endlich, Cooper. Das ist ein dicker

Hund, den du dir da geleistet hast. Du kannst mich doch nicht
so ohne weiteres hier einsperren. Ich…«

Jeff Cooper unterbrach den aufgebrachten Outlaw.
»Reg dich ab, Morgan. Ich mußte zuerst mein Geschäft zum

Abschluß bringen. Das ist nun geschehen. Zuerst möchte ich
einmal wissen, wie du mich gefunden hast, alter Freund? Wenn
das nämlich so einfach ist, dann muß ich hier verschwinden.
Wenn du mich gefunden hast, dann können das andere auch.«

»Ich brauchte doch nur der Fährte der Rinder zu folgen«,

sagte Glenn Morgan. »Außerdem bin ich von zwei Männern
des Rancheraufgebots dumm angequatscht worden. Natürlich
wußte ich, daß du dich irgendwo hier in dieser Gegend
herumtreibst und den Ranchern das Leben schwermachst. Das
ist schon alles. Dein Camp ist gut gewählt. Niemand wird es so
leicht finden.«

Jeff Cooper hatte die niedrig brennende Kerosinlampe auf

den Boden gestellt, zog sich einen wackligen Stuhl herbei und

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setzte sich rittlings darauf.

Forschend starrte er seinen ehemaligen Gefährten an. So

ganz richtig schien er Glenn Morgan noch immer nicht zu
trauen.

»Was willst du, Morgan?« Cooper lächelte hämisch. »Du

mußt schon einen besonderen Grund haben, sonst lassen dich
meine Jungs nicht am Leben. Die haben nämlich Bedenken,
daß du uns verpfeifen könntest. Ich bin zwar der Boß, Morgan,
doch das zählt in diesem Fall nicht viel. Du mußt…«

»Hör mit diesem dummen Gequatsche auf!« fauchte Glenn

Morgen zornig. Er zog seine Hand hinterm Rücken hervor und
richtete den Lauf seines Colts auf Jeff Cooper.

»Mann, o Mann, Cooper«, er griente. »Du müßtest mich

doch eigentlich kennen. Wenn ich von hier fort gewollt hätte,
würde ich es geschafft haben, ob du damit einverstanden
gewesen wärst oder nicht. Deine Freunde haben nicht einmal
den Colt in meinem Stiefel gefunden.«

Glenn Morgan zeigte die Zähne und blickte grinsend auf den

Boß der Rustlerbande, der zusammengezuckt war und nun
nicht mehr einen so überheblichen Eindruck machte.

Morgan steckte den Revolver ins Halfter und sah, daß sich

Jeff Coopers Körper entspannte.

»Kommen wir zur Sache, Cooper. Ich habe da etwas im

Auge, das mich und deine Männer reich machen wird. Das ist
etwas ganz anderes, als dämliche Rindviecher zu stehlen.«

Glenn Morgan schwieg. Er nickte dem Rustlerboß zu, der

kein besonders geistreiches Gesicht zog und dann wie ein
mexikanischer Mulitreiber losfluchte.

»Wenn du dich über mich lustig machst, Morgan, dann

schneide ich dir dein Fell in Streifen«, stieß er drohend hervor.

Morgan winkte ab. »Gold!« sagte er nur.
Er wartete nach diesem Zauberwort die Reaktion auf Jeff

Coopers Gesicht ab. Und es war so, wie er es sich gedacht
hatte.

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Cooper schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem

Trockenen, der unversehends von einer Woge ans Land gespült
worden war. Seine Augen quollen fast aus den Höhlen.

»Was?« schrie er. »Mann, wenn du mich auf den Besen

laden willst, Morgan, dann – dann…«

»Halte die Klappe, Cooper. Wüste und Sonne scheinen dir

nicht bekommen zu sein. Die Sonne scheint dir den letzten
Rest deines Verstandes ausgetrocknet zu haben. Ich weiß, daß
es hier in der Gegend eine Goldmine gibt, Cooper. Und wir
werden uns das Gold holen. Aus diesem Grund habe ich dich
aufgesucht. So ist es und nicht anders. Nun mußt du dich
entscheiden, ob du mein Partner werden willst.«

Jeff Cooper hielt es nicht mehr auf seinem Stuhl, der

polternd umstürzte, als der Boß der Viehdiebe aufsprang.

»Natürlich bin ich einverstanden, Glenn. Wer wäre das

nicht? Auch meine Jungs werden Feuer und Flamme sein,
wenn es darum geht, einen Goldschatz an Land zu ziehen.«

»Dann ist ja alles klar, Cooper. Es gibt nur noch ein kleines

Problem zu lösen.«

Jeff Cooper hob den Stuhl auf und ließ sich wie ein nasser

Sack darauffallen.

»Es gibt also einen Haken?« fragte er.
Morgan nickte und zuckte mit den Achseln.
»Die Mine ist irgendwo in der Nähe. Nur kenne ich leider

den genauen Ort nicht. Das ist das Problem.«

Coopers Gesicht verfinsterte sich. Ehe er wieder losfluchen

konnte, sprach Morgan schnell weiter.

»Das Problem ist zu lösen, Mann. Diese legendäre Goldmine

ist den Apachen bekannt. Wir brauchen uns nur einen der roten
Halunken zu schnappen. Der wird froh sein, uns die genaue
Lage der Miene sagen zu können, wenn wir rauh zu ihm
werden.«

Jeff Cooper kaute einige Sekunden an seiner Unterlippe, ehe

er zustimmend nickte.

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»Okay, Morgan. Das ändert natürlich alles. Du bist uns

herzlich willkommen. Bevor wir meine Jungs informieren,
mußt du mir noch nähere Einzelheiten erzählen.«

»Das werde ich tun, Jeff. Und glaube mir, bald werden wir

reiche Männer sein.«

Cochise hatte genug gehört. Er kannte Glenn Morgans Pläne.

Es war dem Outlaw gelungen, sich der Hilfe der Rustlerbande
zu versichern. Und der Häuptling der Chiricahuas beschloß in
diesen Sekunden, alles daranzusetzen, um die weiteren Pläne
der weißen Banditen zu durchkreuzen.

*

»Was du suchen eigentlich, Falke?« Gelbvogel sah John
Haggerty mit treuem Blick an. Die beiden Männer saßen auf
einer kleinen Lichtung, die von Büschen und Bäumen umsäumt
war.

Sie hatten etwas von dem kalten Proviant gegessen und

wollten hier die Nacht verbringen. John lehnte mit dem Rücken
an dem Stamm eines Cottonwoods und blickte nun zu dem
Apachen-Scout hinüber, auf dessem breitflächigen Gesicht
silbernes Mondlicht lag.

»Ich suche nichts Besonderes, Gelbvogel«, erwiderte der

Scout. »General Howards Auftrag lautet, mich umzusehen. Er
befürchtet, daß dieser Geronimo mit seinem
zusammengewürfelten Haufen aus Indianern verschiedener
Stämme wieder Ärger verursacht. Und das alles würde man
Cochise in die Schuhe schieben. Es gibt einige Strömungen in
den Reihen der Apachen, die Cochises Pläne eines friedlichen
Nebeneinander zwischen Rot und Weiß vereiteln wollen.«

Gelbvogel nickte gewichtig. Haggerty war nicht so ganz

überzeugt, daß der Apache auch wirklich alles verstanden
hatte.

»Du wollen verhindern großes Krieg zwischen Apachen und

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Blauröcken. So das sein?«

»So ist es, Gelbvogel. Ich weiß nicht, ob sich diese

Auseinandersetzung auf Dauer aufhalten läßt, doch vorerst
wollen Männer wie ich alles tun, um ein neues Blutvergießen
zu verhindern.«

»Alles klar«, sagte Gelbvogel. John Haggerty war längst

klargeworden, daß dies die Lieblingsworte des Scouts waren.
Er lächelte, was den Apachen irritierte.

»Nicht sein alles klar?« fragte er neugierig. »Du halten

Gelbvogel für dumm, nur weil er sprechen deine Sprache
schlecht. Ich aber lernen von dich, Falke. Du hören.«

Und dann ließ Gelbvogel einen ellenlangen Fluch los, der

kaum noch zu übertreffen war. John erinnerte sich, daß ihm
diese lästerlichen Worte im Laufe des Tages hervorgerutscht
waren, als sein Pferd vor einer Klapperschlange scheute, und er
beinahe aus dem Sattel geschleudert worden war.

»Alles klar, Falke?« fragte Gelbvogel ernst.
»Alles klar«, entgegnete John Haggerty. »Du solltest diese

Worte aber nicht in der Gegenwart einer Lady aussprechen,
denn sie würde aufschreiend davonlauten.«

Gelbvogel schüttelte den Kopf.
»Das ich verstehen nicht«, murmelte er. »Schöne Worte, ich

beibringen andere Scouts, wenn zurück in Fort.«

John Haggerty schüttelte entsetzt den Kopf. Ehe er aber dem

Scout das alles ausreden konnte, vernahmen die beiden Männer
Hufschläge, die sich langsam näherten.

John Haggerty und Gelbvogel griffen nach ihren Waffen. Sie

huschten zwischen die Büsche, näherten sich dem Rand der
kleinen Waldinsel und spähten auf die Ebene hinaus, die von
bleichem Mondlicht erhellt wurde.

Sie sahen zwei Reiter, die ihre Pferde zügelten und zur

Waldinsel herüberspähten, als ahnten sie, von dort beobachtet
zu werden. Die beiden Weißen hielten Gewehre in den
Fäusten.

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Lauschend saßen sie auf den Pferderücken. Nur langsam

entspannten sich ihre Körper. Die Männer wechselten einige
Worte, ehe sie ihre Reittiere wieder antrieben.

Sie hielten auf die Waldinsel zu.
John Haggerty warf seinem Scout einen beschwichtigenden

Blick zu und senkte den Lauf seines Gewehres. Gelbvogel
nickte und grinste herüber.

Die Hufschläge wurden wieder lauter. Bald hatten sich die

beiden Reiter bis auf wenige Pferdelängen genähert. Sie
sprangen aus den Sätteln.

John Haggerty hatte bisher nur gesehen, daß er es mit zwei

Weißen zu tun hatte. Es war zu dunkel, um die Gesichter der
Ankömmlinge erkennen zu können. Außerdem hatten die
beiden Männer ihre Stetsons tief in die Stirn gezogen »Keine
Bewegung, Gentlemen«, rief John plötzlich. »Das ist kein
Überfall. Wir wollen nur sehen, mit wem wir es zu tun haben!«

Schon bei den ersten Worten waren die weißen Männer

zusammengezuckt. Sprungbereit standen sie da, hielten ihre
Gewehre auf das Dickicht gerichtet und versuchten den
Sprecher zu erkennen.

»Keine Aufregung, Gents«, rief der Armee-Scout. »Ihr habt

euch zufällig ebenfalls diesen Platz ausgesucht. Und wir
möchten wissen, mit wem wir es zu tun haben.«

»Okay«, vernahm John eine Stimme, die ihm bekannt

vorkam. »Wir treten näher. Wenn das aber ein Überfall sein
soll, dann habt ihr euch die Falschen ausgesucht. Bei uns gibt
es nämlich keinen rostigen Nickel zu erben.«

Haggerty lachte leise.
»Sie sind Wyatt Earp, nicht wahr?« rief er. »Hier ist John

Haggerty. Wir sollten wirklich das Kriegsbeil begraben.«

John erhob sich hinter seiner Deckung. Er hatte den Gambler

erkannt.

Wyatt Earps Gesicht drückte Überraschung aus, als er auf

den hochgewachsenen Mann zuschritt und dessen

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ausgestreckte Hand schüttelte.

»Das ist aber eine Überraschung, John«, sagte er. »Wir

hatten schon gedacht, irgendwelchen Buschräubern in die
Hände gefallen zu sein. Was treiben Sie hier in dieser
Wildnis?«

»Das könnte ich Sie auch fragen«, antwortete John Haggerty

und schmunzelte. Er blickte auf Wyatt Earps Begleiter, der
regungslos stehengeblieben war.

»Das ist mein Bruder Virgil«, sagte Wyatt. Er stellte auch

John Haggerty vor. Die beiden Männer schüttelten sich die
Hände. Gelbvogel trat zwischen den Büschen hervor.

Bei seinem Anblick zuckte Wyatt Earps Hand unwillkürlich

zum Griff seines Revolvers.

»Das ist Gelbvogel, ein Apachen-Scout. Er ist mit mir im

Auftrag von General Howard unterwegs. Es droht keinerlei
Gefahr. Wir sollten aber hier draußen keine Wurzeln ziehen,
sondern lieber in das Wäldchen hineingehen. Es besteht immer
die Gefahr, daß sich menschliches Raubwild in der näheren
Umgebung aufhält. Und ich möchte meinen Skalp noch recht
lange behalten.«

Die Earp-Brüder folgten den beiden Scouts und führten ihre

Pferde an den Leinen mit sich. Bald saßen sich die drei Weißen
gegenüber. Gelbvogel hatte die erste Wache übernommen und
war nicht zu sehen.

»Nun habe ich Ihnen gesagt, warum ich mich hier aufhalte,

Wyatt. Dürfte ich nun erfahren, was Sie und Ihr Bruder in
dieser Wildnis zu suchen haben?«

Wyatt Earp zögerte.
»Gold?« fragte Haggerty. »Sie sind noch immer hinter dieser

legendären Goldmine her, Wyatt. Ich bin mir nur nicht sicher,
ob Sie nicht hinter einem Hirngespinst herjagen. Die Spanier
haben vor langer Zeit kräftig abgesahnt. Und sollte es diese
Mine geben, dann wird sie bestimmt bis auf den letzten
Goldkrümel ausgeräumt sein.«

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Wyatt Earp schüttelte den Kopf. Er warf seinem Bruder

einen kurzen Blick zu.

»So ist es, John. Ich bin noch immer auf der Suche nach der

Mine. Mein Bruder Virgil und ich werden sie finden. Und
bestimmt enthält sie noch so viel von dem gelben Metall, daß
wir für den Rest unseres Lebens ausgesorgt haben.«

John Haggerty zuckte mit den Achseln.
»Mir soll es recht sein, Wyatt. Was ist eigentlich aus diesem

Glenn Morgan geworden?«

Der Gambler berichtete und endete mit den Worten: »Er

konnte aus dem Jail fliehen. Mir ist nicht klar, wie ihm das
gelingen konnte. Ich würde den Halunken schon gern wieder in
Tombstone abliefern. Er ist ebenfalls hinter der Goldmine her.«

John Haggerty nickte.
»Sie haben doch nichts dagegen, wenn wir die Nacht über

hier in diesem Versteck bleiben«, fragte Virgil Earp und
musterte den Armee-Scout forschend.

»Natürlich nicht, Mr. Earp. Wir können uns mit den Wachen

zeitlich besser ablösen. Und so bekommt jeder mehr Schlaf.«

»Einverstanden«, sagten die Earp-Brüder wie aus einem

Mund. John Haggerty lächelte.

*

Bodennebel waberten zwischen Büschen, Bäumen und
Felsbrocken. Das Gezwitscher der Vögel verkündete das
Erwachen der Natur. Die ersten Lichtexplosionen röteten den
Horizont im Osten.

Ein einsamer Reiter zügelte sein Pferd. Der Mustang scharrte

ungeduldig mit den unbeschlagenen Hufen. Beruhigend strich
ihm der junge Apachen-Krieger über den schlanken Hals.

Es war Naiche, Cochises Zweitältester Sohn, der auf der

Suche nach seinem Vater war. Der ungefähr 19 Jahre alte
Häuptlingssohn ähnelte seinem Vater sehr.

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Zusammengekauert saß er auf dem Pferderücken. Seine

langen Haare spielten im leichten Wind. Sie wurden von einem
Schweißband zusammengehalten.

Ein langer Ritt lag hinter Naiche. Er hatte sich in den Kopf

gesetzt, nach Cochises Verbleib zu forschen. Schon zu lange
war der Jefe nicht mehr in seiner Apacheria, der Apachen-
Bergfestung, gewesen.

Angst und Sorge um den geliebten Vater furchten das

jugendliche Gesicht des Apachen.

Er sah sich im weiten Rund um. Langsam traten die

Konturen deutlicher hervor. Es dauerte auch nicht mehr lange,
dann erhellten die Strahlen der aufgehenden Sonne das
unwegsame Land.

Naiche rutschte vom Pferderücken. Er fühlte sich müde und

wie ausgebrannt. Der lange Ritt war an ihm nicht spurlos
vorübergegangen. Er führte seinen Mustang hinter einige
Felsklippen, die wie spitze Nagezähne aus dem steinharten
Boden ragten.

Naiche setzte sich mit dem Rücken an einen der Felsen und

hielt sein Gesicht der Sonne entgegen. Er schloß die Augen
und spürte die Müdigkeit, die seinen Körper durchzog, der sein
Recht nach den großen Strapazen eines langen Rittes forderte.

Der Apache hätte anders reagiert, wäre ihm klargeworden,

daß er seit geraumer Zeit von hartblickenden und haßerfüllten
Augenpaaren gemustert wurde.

So aber sank sein Kopf schon bald auf die Brust.

*

»Wir schnappen uns die Rothaut«, sagte Glenn Morgan
zufrieden und blickte Jeff Cooper grinsend an. »Das nenne ich
Glück und Zufall, daß uns so schnell einer dieser roten Heiden
vor die Läufe unserer Gewehre reitet.«

Jeff Cooper verzog sein bärtiges und verlebt wirkendes

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Gesicht ebenfalls zu einem Lächeln.

»Ich bin einverstanden, Glenn«, antwortete er. »Hoffentlich

kennt der Bursche die genaue Lage der spanischen Goldmine,
sonst haben wir in die Hosen gemacht.«

»Wir werden die Wahrheit aus ihm herauskitzeln«, ließ sich

der Outlaw vernehmen. »Wir kriegen diesen roten Bastard
schon klein. Darüber lasse ich mir keine grauen Haare
wachsen.«

Die beiden Banditen blickten zu dem Reiter hinüber, der sein

Pferd gezügelt hatte und sich umblickte. Im Osten wurde es
immer heller. Das klagende Heulen eines Wolfes durchdrang
die Stille. Ein anderer Lobo antwortete.

Glenn Morgan und Jeff Cooper sahen sich nicht gerade

begeistert an. Morgan sagte: »Ich hoffe nur, das sind richtige
Wölfe und keine Rothäute, die sich auf diese Art und Weise
verständigen.«

»Wir werden es wohl bald merken«, erwiderte der Boß der

Rustlerbande sarkastisch. »Hoffentlich reitet der Indianer
weiter. Wenn er die Richtung beibehält, dann kommt er gerade
an unserem Versteck vorbei.«

Sie mußten aber mit ansehen, daß der junge Apache auf eine

Felsgruppe zuritt und dort verschwand. Minuten vergingen,
ohne daß sich die Rothaut nochmals zeigte.

»Er wird sich ausruhen«, murmelte Jeff Cooper. »Vorwärts,

Morgan. Uns bleibt keine andere Wahl, als uns anzuschleichen
und den roten Halunken zu überrumpeln.«

Glenn Morgan schlich los. Cooper folgte dicht hinter ihm.

Die beiden Banditen schlichen auf die Felsgruppe zu.

Eine Steinwurfweite davon entfernt blieb Glenn Morgan

geduckt hinter einem Salbeibusch stehen.

»Was ist los?« flüsterte Cooper. »Du wirst doch jetzt nicht

aufgeben?«

»Unsinn, Jeff. Wir müssen nur sehr vorsichtig sein. Der

Mustang des Indianers wird uns wittern und vielleicht den

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Apachen warnen. Wir benötigen den roten Heiden aber lebend.
Also fang nicht gleich an zu ballern. Das ist es gewesen, was
ich dir sagen wollte.«

Jeff Cooper zog eine Augenbraue hoch.
»Du hältst mich wohl für ein Greenhorn, was?« fragte er und

schlich weiter.

Er verhielt hinter dem Felsen, während sich Glenn Morgan

zur anderen Seite der Felsgruppe bewegte.

Der aus Tombstone geflüchtete Bandit vernahm nun das leise

Schnaufen des Mustangs. Das Tier hatte die Witterung der
beiden Weißhäutigen aufgenommen.

Morgan spähte hinter seiner Deckung hervor, sah den jungen

Apachen-Krieger, dessen Kopf auf die Brust gesunken war.

Das Pferd schnaubte erneut.
Naiche wurde unruhig. Seine Augen blieben aber noch

immer geschlossen.

Nun schob sich auch Cooper zwischen den Felsschroffen

hervor. Er grinste und richtete seinen Revolver auf den
Schlafenden, der noch immer nicht die tödliche Bedrohung
bemerkt zu haben schien.

Cooper huschte näher, packte seinen Colt am Lauf, um dem

Häuptlingssohn den Revolvergriff über den Schädel zu ziehen.

Es gelang ihm nicht, denn der junge Apache explodierte

förmlich. Er stieß einen gellenden Schrei aus, federte hoch,
schlug Coopers Arm zur Seite und rammte den Outlaw so hart,
daß dieser rückwärtstaumelnd gegen einen Felsen prallte und
aufstöhnte.

Naiche wollte nach seinem Gewehr greifen, doch Glenn

Morgan warf sich nach vorn. Die beiden Männer prallten
gegeneinander.

Natürlich wäre es Morgan vorher leicht gewesen, den Kampf

mit einem schnellen Schuß zu entscheiden. Da er aber den
Indianer lebend haben wollte, verzichtete er darauf.

Sekunden später wünschte sich Glenn Morgan doch,

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geschossen zu haben.

Naiche riß den Weißen von den Beinen. Eng umschlungen

rollten die beiden Kämpfer über den steinigen Boden.

Es gelang Naiche, sein Büffelmesser zu ziehen. Morgan

konnte in letzter Sekunde gerade noch die niederzuckende
Hand des Apachen packen. Sein gellender Schrei erfüllte die
Stille. Selten hatte er dem Tod so nahe gestanden.

Morgan bäumte sich auf, um Naiche von sich zu werfen. Er

starrte in die weit aufgerissenen Augen seines Gegners, in
denen gnadenloser Haß funkelte.

Jeff Cooper war es, der diesen Kampf zu Gunsten der

Bleichgesichter entschied. Längst hatte er sich von seinem
ersten Schrecken erholt, war zu den Kämpfern geeilt und
schlug zu. Der Revolvergriff traf Naiches Kopf.

Dessen Körper erschlaffte von einer Sekunde zur anderen.

Der junge Apache kippte zur Seite und blieb regungslos liegen.
Glenn Morgan quälte sich auf die Beine und fluchte lästerlich,
um seiner Erregung Herr zu werden.

»Heiliger Rauch«, murmelte er. »Das ist verdammt knapp

gewesen. Wir haben alle beide diese stinkende Rothaut
unterschätzt. Der hätte uns doch beinahe geschafft.«

Nur langsam beruhigte sich sein schnellgehender Atem.

Morgan hob seinen Revolver auf, der ihm bei dem Kampf aus
der Hand gefallen war.

»Das wäre beinahe wirklich ins Auge gegangen, Morgan«,

sagte der Boß der Rustlerbande und schnappte nach Luft. »Wir
sollten den Kerl verschnüren, ehe er wieder aufwacht, denn
sonst geht dieses höllische Spiel wieder von vorn los.«

Sie fesselten Naiches Hände. Der Apache stöhnte. Eine

taubeneigroße Beule hatte sich auf seinem Kopf gebildet, die
noch immer wuchs. Jeff Coopers Hieb mit dem Revolvergriff
war nicht von schlechten Eltern gewesen.

Minuten vergingen. Naiche lag noch immer regungslos am

Boden. Cooper und Morgan standen neben dem Bewußtlosen

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und hielten ihre Colts auf ihn gerichtet.

»Der Bursche spielt nur den Besinnungslosen«, sagte Jeff

Cooper böse. »Da wette ich jeden Betrag. Der ist schon längst
wieder bei klaren Sinnen. Bestimmt lauert er auf eine Chance,
um uns hereinlegen zu können.«

Cooper zuckte mit den Achseln, trat an Naiche heran, um ihn

auf die Beine zu stellen.

Darauf hatte der Sohn des Häuptlings der Chiricahuas nur

gewartet. Er trat wie ein wütender Mustang aus und fegte
Glenn Morgan mit einem harten Tritt von den Beinen.

Ehe er sich aber erheben und auf Cooper stürzen konnte,

handelte der Viehdieb.

Er schlug erneut mit dem Revolvergriff zu. Naiche sank

zurück, schrie auf, ehe er wieder in eine bodenlose Dunkelheit
stürzte, aus der es kein Entrinnen zu geben schien.

*

»Das ist ein Teufel«, sagte Glenn Morgan wütend, während er
sich erhob und über seinen linken Oberschenkel fuhr, wo ihn
Naiches Fuß getroffen hatte.

»Wir legen ihn quer über den Rücken seines Pferdes und

binden ihm Hände und Beine unter dem Pferdebauch
zusammen«, ließ sich Jeff Cooper vernehmen. »Dieser rote
Hundesohn hat es nicht anders verdient. Am liebsten würde ich
ihm eine Kugel durch seinen roten Balg jagen. Mit Indianern
habe ich bisher immer kurzen Prozeß gemacht.«

»Wir brauchen ihn lebend, Cooper. Denk daran, sonst ist

alles umsonst gewesen.«

Die beiden Banditen hoben den Bewußtlosen hoch und

schleppten ihn zu dem Mustang, der wiehernd zurückwich und
mit den Vorderhufen auf die Weißen losging.

»Noch so ein Teufel«, knurrte Cooper. Er ließ Naiche los und

packte das Pferd am Zügel. Die Gesichter der Outlaws waren

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schweißüberströmt, bis es ihnen gelang, den Apachen auf dem
Pferderücken festzubinden.

Morgan holte ihre Pferde. Einige Minuten später setzte sich

der Reitertrupp in Richtung des Valley in Bewegung. Naiche
lag quer über dem Rücken seines Mustangs und war noch
immer nicht aus der Bewußtlosigkeit erwacht.

Das Valley der Viehdiebe war höchstens noch zwei Meilen

entfernt, als Glenn Morgan sein Pferd zügelte und erschrocken
zu einem Hügel hinüberdeutete.

Auch Jeff Cooper sah das Indianerrudel auf dem höchsten

Punkt des kleinen Berges. Dunkel hoben sich die Silhouetten
der Reiter ab, denn die Sonne stand in ihrem Rücken.

Die Entfernung betrug ungefähr eine Meile.
Morgan und Cooper konnten nicht ahnen, daß es sich um

Geronimo und einige seiner Krieger handelte.

»Das kann in die Hose gehen«, rief Cooper und schickte

einen deftigen Fluch hinterher. »Los, vorwärts, Morgan. Wir
müssen schnellstens das Tal erreichen, sonst sind wir unsere
Skalps los. Bestimmt haben die Indianer gesehen, daß wir
einen ihrer Leute gekidnappt haben. Wenn wir ihnen in die
Hände fallen, dann ziehen die uns die Haut in Striemen vom
Körper.«

Die Banditen ritten los. Eine Staubwolke wehte hinter ihnen

her. Immer wieder sahen sie sich um und atmeten jedesmal auf,
als sie keine Verfolger entdecken konnten.

Sie fühlten sich erst sicher, als der Taleingang vor ihnen

auftauchte und sie einige Wachposten sahen, die ihnen
zuwinkten.

»Geschafft«, stieß Morgan einige Minuten später erleichtert

hervor und wischte sich mit dem staubigen Halstuch über das
schweißverklebte Gesicht.

Einige Banditen brachten den Gefangenen in die Hütte.

Cooper trat zu Morgan.

»Das paßt mir überhaupt nicht, daß wir von den Rothäuten

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gesehen worden sind. Bisher hatten wir Ruhe vor ihnen. Nun
kennen sie unser Versteck und wissen, daß wir einen ihrer
Leute in unserer Gewalt haben. Das gibt Ärger. Gewaltigen
Ärger, den ich schon jetzt förmlich riechen kann.«

»Ich kann es nicht ändern«, entgegnete Morgan. »Das

kompliziert natürlich alles. Wir sollten so schnell wie möglich
das Valley verlassen, ehe die Apachen Verstärkung holen. Die
werden erstmal hier herumschleichen, um alles
auszukundschaften. Wenn die erst sehen, daß sie es mit über
einem Dutzend harter Burschen zu tun haben, werden sie auf
ihre Vettern warten. So sehe ich es. Uns bleibt genügend Zeit,
um heute nacht zu verschwinden. Vorher aber nehmen wir uns
den Gefangenen vor, denn ich möchte nicht ziellos losreiten.«

Jeff Cooper zeigte sich nach diesen Worten ein wenig

beruhigt, obwohl er alles kritischer als Morgan sah.

Er lief auf einige seiner Leute zu, die faul in der Nähe des

Baches saßen, und scheuchte sie auf die Beine. Er verdoppelte
die Wachen und befahl seinen Leuten, Augen und Ohren
offenzuhalten, um der drohenden Indianergefahr zu begegnen.

*

John Haggerty, Gelbvogel und die Earp-Brüder waren beim
ersten Morgengrauen losgeritten. Sie hatten beschlossen, einige
Meilen zusammenzubleiben.

Sie hielten auf die Galiuro Mountains zu. Das war die

Richtung, in der Glenn Morgan geritten war, so wie es Wyatt
und Virgil Earp von den Schafhirten erfahren hatten.

Die vier Männer unterhielten sich kaum. Gelbvogel war

besonders schweigsam, was an und für sich nicht seine Art
war.

Gegen Mittag lagerten die vier Männer in einer von Büschen

und verkrüppelten Bäumen umgebenen Senke, die auch den
Pferden Schutz bot. Sie aßen von ihrem Proviant und warteten

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die größte Mittagshitze ab, ehe sie wieder weiterritten.

Gelbvogel war es, der den Reiter bemerkte, der zwischen

zwei Hügeln hervorritt und seinen Mustang zügelte. Seine
langen schwarzen Haare wehten leicht. Der Kleidung nach
mußte es sich um einen Apachen handeln.

Virgil Earp zog sofort sein Gewehr aus dem Scabbard. Wyatt

legte seine Rechte auf den Griff seines Revolvers.

»Nur ruhig Blut«, sagte John Haggerty. »Der Indianer hat

uns früher bemerkt, als wir ihn, denn sonst wäre er nicht so
offen hinter den Felsen vorgeritten. Erst reden, dann schießen,
Leute. Außerdem kann es auch eine Falle sein. Niemand von
uns kann wissen, wie viele Indianer sich im weiten Rund
verborgen halten.«

Gelbvogel stieß plötzlich einen unterdrückten Schrei aus.

Seine Augen glänzten.

»Cochise«, sagte er.
John Haggerty lächelte sanft. Er hatte nun auch den

Häuptling der Chiricahuas erkannt.

»Das ist Cochise«, sagte der Armee-Scout. »Der Reiter dort

vorn ist der Häuptling der Apachen.«

Wyatt Earp nickte ebenfalls und nahm seine Hand vom

Revolver. Er winkte seinem Bruder beruhigend zu.

»Uns droht keine Gefahr. Ich kenne den Jefe persönlich. Wir

können ihm vertrauen. Er und Haggerty sind befreundet, wenn
ich es einmal so ausdrücken will.«

John Haggerty antwortete nicht. Er trieb sein Pferd an und

ritt auf Cochise zu. John dachte in diesen Sekunden daran, daß
er gemeinsam mit dem Indianer-Chief schon manches heiße
Abenteuer überstanden hatte.

Und er dachte in diesen Sekunden auch an Tla-ina, Cochises

jüngere Schwester, die er liebte und die seine Gefühle
erwiderte. Er fragte sich, wann er die bildschöne Apachin
wieder einmal sehen würde.

John Haggerty parierte sein Pferd dicht vor dem Häuptling

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der Apachen. Die beiden so ungleichen Männer sahen sich
lange in die Augen, tasteten sich mit Blicken ab und spürten
das Gefühl der guten Gemeinsamkeit, das zwischen ihnen war.

»Ich grüße dich, Falke«, sagte Cochise dann. Ein fast

unmerkliches Lächeln teilte seine Lippen. »Ich bin erstaunt,
dich zu sehen. Wolltest du nicht zu dem einarmigen Blaurock
zurückreiten, den die Bleichgesichter Howard nennen.«

»Ich bin bereits bei ihm gewesen, Cochise«, entgegnete der

Armee-Scout. »General Howard ist in großer Sorge um das
Wohlbefinden dieses Landes. Er schickte mich zurück, um hier
nach dem Rechten zu sehen, damit keine weiteren
Zwischenfälle den Frieden zwischen den Weißen und den
Apachen stören.«

»Cochise kann allein für sich und seine Chiricahuas sorgen«,

stieß er grimmig hervor. »Ich werde alle Feinde vernichten, die
sich gegen mich stellen.«

»Das ist richtig, Cochise. Du sollst meinen Auftrag auch

nicht so verbissen sehen. Es treiben sich Banditen in dieser
Gegend herum, die davon profitieren, wenn es wieder zum
Krieg zwischen deinen und meinen Leuten kommt.«

Cochises Ärger verflog. Er nickte Gelbvogel und dann Wyatt

Earp freundlich zu. Sein Blick verweilte ein wenig länger auf
Virgil, der von der stolzen Haltung des Indianer-Chiefs tief
beeindruckt war.

»Du hast wahre Worte gesprochen, Falke«, sagte Cochise.

»Es gibt ein Tal in der Nähe, in dem sich viele schlechte weiße
Männer befinden. Auch den Mann, den ihr Glenn Morgan
nennt, ist bei ihnen.«

John Haggerty ließ sich seine Überraschung nicht anmerken.

Wyatt Earp trieb sein Pferd an und zügelte es dicht neben dem
großgewachsenen Scout.

»Glenn Morgan?« fragte er. »Bist du sicher, Häuptling?«
»Völlig sicher«, erwiderte Cochise.
»Dieser Narr ist noch immer auf der Suche nach der

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Goldmine der Spanier.«

In Wyatt Earps Augen begann es zu funkeln.
»Warum ist er ein Narr, wenn er sich das Gold holen will,

Cochise? Ich würde auch gern diese Mine finden.«

Cochise schüttelte den Kopf mit einer entschiedenen Geste,

die nichts zu wünschen übrig ließ.

»Das ist sinnlos. Ich kenne diese Mine. Es befindet sich kein

Gold mehr in ihr. Die Soldaten mit den eisernen Rüstungen
haben sie völlig ausgebeutet.«

Wyatt Earp verzog das Gesicht. Virgil noch mehr. Die

Brüder sahen ihren Traum vom schnellen Reichtum wie ein
Kartenhaus in sich zusammenstürzen.

Virgils Blick war nicht gerade voller brüderlicher Zuneigung,

als er Wyatt ansah. Der Gambler nickte Virgil kurz zu, was so
viel heißen sollte: Noch ist nicht aller Tage Abend.

Cochise war der Blickwechsel zwischen den Männern nicht

entgangen. Und er nahm sich vor, dieses Thema nochmals zur
Sprache zu bringen, sobald sich eine Möglichkeit dazu bot.

»Was ist mit diesen Banditen in dem Valley?« fragte John

Haggerty. »Was sind das für Burschen?«

»Sie haben eine Herde gestohlen und in das Tal gebracht. Sie

kämpften die Verfolger bis auf den letzten Mann nieder.
Morgan ist bei ihnen. Sie wollen bald das Tal verlassen, um
nach der Goldmine zu suchen.«

Cochise lächelte düster.
»Es sind Narren«, fuhr er fort. »Blinde Narren, die in ihr

Verderben rennen werden. Sie jagen einem trügerischen Schein
nach. Warum nur vernebelt der Gedanke an das gelbe Metall
die Gehirne der weißen Männer?«

Cochises Blick richtete sich auf Wyatt Earp, der ahnte, daß

ihn der Chiricahua-Häuptling längst durchschaut hatte.

»Gold ist nun einmal ein Zauberwort«, antwortete John

Haggerty. »Es läßt Freunde zu Feinden werden und Partner zu
unerbittlichen Gegnern. Es kann jeden Mann verrückt machen.

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Er sieht nur seinen persönlichen Reichtum und will einen
Zipfel des großen Glücks erhaschen.«

»Das sind wahre Worte, Falke«, entgegnete Cochise. »Auch

wir Apachen kennen den Wert des Goldes, obwohl wir uns
nicht viel aus dem gelben Zeugs machen.«

John Haggerty nickte dem Häuptling der Apachen zu.
»Laß uns zu einem Ort reiten, wo wir in Ruhe über alles

sprechen können, Cochise. Wenn du natürlich allein
weiterreiten möchtest, dann wollen wir…«

Cochise winkte ab.
»Ich bin froh, dich zu sehen, Falke«, unterbrach der Chief

den Armee-Scout. Und in seiner Stimme lag eine Herzlichkeit,
die selbst den erfahrenen John Haggerty überraschte.

*

Leichter Wind säuselte in den Blättern der Cottonwoods. Der
Bach murmelte sein ewiges Lied und schlängelte sich durch die
Wiesen. Von der Rinderherde klang Muhen herüber.

Über ein Dutzend Männer umringten einen Baum, an dessen

Stamm man Naiche, den Sohn des Chiricahua-Häuptlings,
gefesselt hatte. Der junge Apache war längst aus seiner
Bewußtlosigkeit erwacht.

Mit versteinert wirkendem Gesicht und stolzem Blick stand

Naiche am Stamm des Cottonwoods, gehalten von strammen
Fesseln.

Er übersah die spöttischen Blicke der Bleichgesichter,

überhörte ihre höhnischen Worte und fühlte einen immer
stärker werdenden Haß durch seinen schlanken Körper
pulsieren.

Jeff Cooper und Glenn Morgan zwängten sich zwischen den

Banditen hindurch und blieben wenige Schritte vor dem
gefangenen Apachen-Krieger stehen.

Die beiden Banditen grinsten gemein und betrachteten den

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Indianer wie ein seltenes Insekt. Dann verhärteten sich ihre
Gesichter. Drohend funkelten ihre Augen.

»Hör zu, Apache«, erklang Jeff Coopers befehlsgewohnte

Stimme auf. »Wir werden dich laufen lassen, wenn du uns
verrätst, wo sich die alte Goldmine der Spanier befindet. Mehr
wollen wir nicht von dir wissen. Du wirst uns hinführen. Ist das
in deinen roten Schädel hineingegangen, oder müssen wir
nachhelfen?«

Naiche reagierte nicht. Noch immer stand er stolz da,

ignorierte die Schmerzen, die von den tief ins Fleisch
dringenden Stricken ausgingen.

Eine kleine Ader begann auf Jeff Coopers Stirn zu pulsieren,

die auf den Zorn des Outlaws hindeutete, den dieser in sich
aufsteigen fühlte. Der Bandit trat auf Naiche zu und hielt dem
Gefangenen seine Faust unter die Nase.

»Ich schlage dir den Schädel ein, du verlauster roter

Bastard«, polterte Cooper los. »Wir können aber auch deine
Füße über einem Feuer rösten, oder dich bis zum Hals
eingraben und dich den Ameisen zum Fraß überlassen. Oh, es
gibt viele Möglichkeiten, dich zum Sprechen zu bringen. Ist
das klar?«

Die letzten Worte brüllte Jeff Cooper unbeherrscht. Die Ader

auf seiner Stirn schwoll noch mehr an.

Naiche blickte den Outlaw an und spuckte ihn dann mitten

ins Gesicht. Jeff Cooper stand im ersten Moment fassungslos
da, als wäre ein Blitz dicht neben ihm in den Boden gefahren.

Der Speichel lief über seine Wange. Er sah den verächtlichen

Ausdruck auf dem Gesicht des jungen Kriegers und den tiefen
Haß in seinen Augen.

Jeff Cooper schlug unbeherrscht zu.
Seine Faust traf das Kinn des Indianers, dessen Kopf hart

gegen den Baumstamm prallte.

Blut sickerte zwischen Naiches Lippen hervor. Kein

Schmerzenslaut verließ seinen Mund. Der Sohn des Apachen-

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Häuptlings lächelte sogar, was die Wut des Rustlers noch mehr
anstachelte.

Er wollte erneut zuschlagen, um seine Wut an dem Apachen

abzureagieren, doch Glenn Morgan packte gerade noch
rechtzeitig Jeff Coopers Arm, um einen weiteren brutalen Hieb
zu verhindern.

»Hör auf, verdammt«, fluchte Morgan. »Was nutzt es uns,

wenn du den roten Halunken halbtot schlägst?«

Jeff Cooper riß sich los und kreiselte herum. Fast sah es so

aus, als wolle er sich auf Glenn Morgan stürzen, der
erschrocken einen Schritt zurückwich.

Dann entspannte sich Jeff Cooper plötzlich. Er grinste und

nickte mehrmals.

»Okay, Glenn, mir sind die Nerven durchgegangen. Das

wirst du verstehen. Glaube aber nur nicht, daß ich diesen roten
Bastard mit Samthandschuhen anfasse. Wenn der nicht gleich
ausspuckt, was ich von ihm wissen will, dann lege ich erst
richtig los. Und dann wird kein Auge trocken bleiben. Das
verspreche ich ganz feierlich.«

Cooper wischte sich mit dem Handrücken den Speichel von

der Wange und wandte sich wieder Naiche zu.

»Okay, mein roter Freund. Jeder von uns hat nun seinen Spaß

gehabt. Jetzt wird es ernst. Ich will von dir wissen, wo sich die
Goldmine befindet. Und wenn du mich nochmals anspuckst,
dann schneide ich dir die Zunge ab.«

Naiche reagierte nicht. Er schien durch den Boß der

Viehdiebe hindurchzublicken.

»Vielleicht versteht er unsere Sprache nicht, Boß«, rief der

Mann mit dem Totengesicht. »Du solltest nicht vergessen, daß
der Gefangene ein Apache ist.«

Cooper fuhr sich über sein bärtiges Kinn und spuckte dann

wütend aus.

»Okay, okay, okay«, sagte er knurrend. »Wer von euch

Heldensöhnen beherrscht die Sprache der Apachen?«

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Ein kleinwüchsiger Mann, dem eine knollenförmige Nase

wie eine überreife Erdbeere aus dem Gesicht ragte, trat neben
Jeff Cooper. Seine stechenden Augen richteten sich auf den
Sohn des großen Häuptlings der Chiricahuas.

»Ich spreche ein paar Brocken dieser Sprache, Boß«, sagte

der kleingeratene Bandit. »Es wird mir schon gelingen, der
Rothaut zu erklären, was wir von ihr wollen.«

*

Fünf Männer lagerten im Schatten einiger Bäume. Die
sengende Hitze lähmte jede ihrer Bewegungen. Fliegen und
andere Insekten schwebten in dichten, sich auf und ab
bewegenden Wolken über den beiden Indianern und den drei
Bleichgesichtern.

Gelbvogel warf hin und wieder dem Apachen-Häuptling

bewundernde Blicke zu. Cochise starrte zu Boden. Man sah
ihm an, daß er sich mit ernsten Problemen beschäftigte.

John Haggerty unterbrach das Schweigen.
»Was willst du unternehmen, Cochise? Willst du die weißen

Banditen aus dem Tal vertreiben?«

Cochise hob den Kopf. Fest blickte er den weißen Armee-

Scout an, der seinem Blick standhielt.

»Ich habe keine andere Wahl, will ich mein Gesicht und

meine Ehre nicht verlieren, Falke. Geronimo wartet nur darauf,
daß ich mir eine Blöße gebe. Er lauert irgendwo in der näheren
Umgebung. Ich muß ihm beweisen, daß ich der Jefe bin, Falke.
Vielleicht kannst du das nicht verstehen. Ich habe schon
genügend Ärger mit Victorio, dem Häuptling der Mimbrenjos.
Ich muß ein Bündnis zwischen ihm und Geronimo verhindern.
Man wird es mir als Schwäche auslegen, wenn ich die weißen
Eindringlinge ungeschoren entkommen lasse.«

Damit war alles gesagt. Cochise deutete das auch mit einer

abschließenden Handbewegung an.

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John Haggerty nickte verstehend, obwohl er gern jeden

Kampf vermeiden würde.

Wyatt Earp leckte sich über die Lippen und lächelte dann

hart. Er sagte. »Ich will mich zwar nicht einmischen, Cochise,
doch ich würde mir schon gern diesen Morgan nochmals
vorknöpfen. In Tombstone würde man große Augen machen,
wenn ich den Outlaw zurückbringe.«

Virgil Earp stimmte seinem Bruder zu. »Man könnte das

alles mit einigen schnellen Schüssen erledigen«, sagte er.
»Wenn du willst, Häuptling, dann helfen wir dir, die Outlaws
zu besiegen.«

»Das ist meine Angelegenheit«, stieß Cochise hervor. »Ihr

Bleichgesichter solltet euch heraushalten.«

Gelbvogel richtet seinen zusammengesunkenen Oberkörper

auf und blickte Cochise fest an.

»Ich Apache und helfen Cochise«, radebrechte er auf

Englisch, damit die Weißen verstanden, was er sagte. »Ich
kämpfen mit großes Häuptling der Apachen gegen
Bleichgesichter. Eine große Ehre seien für Gelbvogel dieses
Kampf.«

Cochise blickte den Apachen nachdenklich an. »Du bist kein

Chiricahua«, sagte er dann. »Es ist nicht dein Kampf.
Außerdem mußt du dem Falken gehorchen. Er ist dein Boß und
dessen Chief ist der einarmige Blaurock.«

»Ich sein mutiges Krieger«, rief Gelbvogel. »Und Boß Falke

geben Erlaubnis mich, Häuptling Cochise helfen.«

»Ich werde dich nicht daran hindern, Cochise zu begleiten,

Gelbvogel. Und ich frage Cochise, ob er meine Hilfe annimmt,
sollte es zu einem schweren Kampf kommen?«

»Cochise und Gelbvogel werden allein kämpfen. Wir

benötigen keine Hilfe. Apachen töten lautlos, Falke!«

Nach diesen Worten breitete sich wieder ein bedrückendes

Schweigen aus. Die fünf Männer hingen ihren Gedanken nach.
Ein Rennkuckuck stolzierte einige Yards entfernt an ihnen

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vorbei und verschwand hinter einigen Orgelpfeifenkakteen.

Wyatt Earp fragte plötzlich: »Bist du sicher, daß sich in der

alten spanischen Mine kein Gold mehr befindet, Cochise?«

Ohne aufzublicken, nickte der Häuptling der Apachen.
»So ist es, weißer Mann. Die Männer in den stählernen

Rüstungen, die ihr Spanier nennt, sind süchtig nach Gold
gewesen. Sie haben gemordet und geraubt, gefoltert und
schlimme Greueltaten vollbracht, nur um sich in den Besitz des
Goldes zu bringen. So berichteten meine Ahnen und Väter. Ich
kenne diese legendäre Mine, die in den Köpfen der
Bleichgesichter herumgeistert. Sie ist ohne Bedeutung, denn
sie wurde von den Spaniern völlig ausgebeutet. Immer wieder
suchen weiße Männer nach dieser Mine und dem Gold.«

Cochise hob den Kopf und blickte den jungen Revolvermann

und Spieler mit zwingendem Blick an.

»Wenn du willst, dann führe ich dich und deinen Bruder zur

Mine, wenn ich mit den weißen Banditen abgerechnet habe.«

Enttäuschung fraß sich in Wyatt Earps Gesicht. Ähnlich

erging es Virgil. Er sah aus, als würde er plötzlich von starken
Zahnschmerzen geplagt.

Wyatt Earp schüttelte den Kopf. Keiner der Männer sah die

Erleichterung auf Cochises Gesicht. Er glaubte nun daran, den
beiden Earp-Brüdern die Goldmine ausgeredet zu haben.

»Wir glauben dir, Häuptling«, sagte Wyatt tonlos. »Ich

werde mich aber an diesem Morgan schadlos halten und ihn
wieder nach Tombstone zurückbringen.«

Nun schüttelte der Chiricahua den Kopf.
»Ich werde auch diesen weißen Banditen töten, Wyatt Earp.

Er wird, wie auch die anderen Weißhäutigen, bestraft werden.«

Die Earp-Brüder nickten. Zu genau wußten sie, es hatte

keinen Sinn, sich gegen den Willen des Apachen-Häuptlings
aufzulehnen.

Jonn Haggerty sah man an, daß er zu gern die

Auseinandersetzung verhindert und mit friedlichen Mitteln

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gelöst hätte. Aber auch er wußte, daß er Cochise von seiner
einmal gefaßten Meinung nicht abbringen konnte. Trotzdem
wollte er einen letzten Versuch wagen, um Cochise
umzustimmen.

»Ich möchte Blutvergießen vermeiden, Cochise«, sagte der

Armee-Scout ernst. »Es würde doch genügen, die Banditen zur
Aufgabe zu zwingen. Ich werde dann die Gefangenen dem
Gesetz des weißen Mannes übergeben. Sie werden ihrer
gerechten Strafe nicht entgehen. Das verspreche ich dir. Du
darfst nicht glauben, daß ich dir und Gelbvogel nicht zutraue,
wie ein Unwetter über die Outlaws herzufallen. Du bist ein
großer Krieger, Cochise. Einer der tapfersten Krieger, die ich
kenne. Jeder bewundert deinen Mut. Niemand würde es dir
verübeln, wenn wir die weißen Banditen auf diese Art und
Weise ausschalten.«

John Haggerty schwieg. Fragend blickte er den Häuptling der

Chiricahuas an.

»Es sind weise Worte, die du von dir gegeben hast, Falke«,

antwortete Cochise ebenso ernst. »Du kennst aber diese
räudigen Coyoten nicht. Sie werden sich nicht ergeben,
sondern es auskämpfen wollen. Es sind keine feigen
Memmen.«

»Laß es auf einen Versuch ankommen«, bat John Haggerty.
Der Häuptling antwortete nicht sofort. In seinem Gesicht

arbeitete es. Schon glaubte John, er würde seine Bitte ablehnen,
als der Chiricahua nickte.

»Ich gehe auf deinen Vorschlag ein, Falke, denn ich will dir

zeigen, daß ich nicht hartherzig bin, wie viele deiner weißen
Brüder glauben. Wir fordern die weißen Banditen auf, sich zu
ergeben. Sollten sie das aber nicht tun, dann werden Cochise
und sein roter Bruder Gelbvogel gnadenlos zuschlagen.«

Gelbvogels Augen leuchteten. Er nickte so heftig, daß sein

Stirnband verrutschte.

»So soll es sein, Cochise«, antwortete John Haggerty. Er

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blickte die Earp-Brüder an.

»Ihr seid doch mit von der Partie?«
»Natürlich«, erwiderte Wyatt Earp. »Ich schätze, daß ihr auf

unsere Colts nicht verzichten könnt. Wenn ihr nur zu dritt
auftaucht, werden sich die Banditen totlachen.«

John Haggerty grinste lässig. »Das wäre doch immerhin auch

ein Erfolg, oder etwa nicht?«

*

Naiche hing zusammengekrümmt in den Fesseln. Sein Gesicht
war blutverschmiert. Nichts war mehr von seiner stolzen
Haltung übriggeblieben.

Er atmete keuchend. Jeder Atemzug bereitete ihm höllische

Schmerzen. Einige Rippen schienen angeknackst, oder sogar
gebrochen zu sein.

Jeff Cooper rieb sich die Knöchel seiner aufgeschlagenen

rechten Faust. Kalter Zorn lag in seinen Augen. Er nickte dem
totenkopfgesichtigen Billy Barns zu.

»Hol einen Eimer voll Wasser, Bill, und schütte ihn diesem

roten Bastard über den Schädel. Er muß wieder aufwachen,
sonst erfahren wir niemals, wo diese verdammte Goldmine
ist.«

Barns stiefelte los. Glenn Morgan trat neben den Boß der

Rustlerbande.

»Ein zäher Bursche«, murmelte Morgan. »Ich hätte nicht

gedacht, daß sich die Rothaut halbtot schlagen läßt und
trotzdem nicht ausspuckt, was wir wissen wollen.«

»Diese Kerle sind nun einmal so«, sagte Jeff Cooper.

Widerwillige Bewunderung schwang in seinen Worten mit. Er
fügte hinzu: »Wir werden den roten Heiden aber kleinkriegen.
Er wird sprechen. Darauf verwette ich meinen letzten Cent.«

Glenn Morgan nickte und wandte sich Bill Barns zu, der

heranstiefelte und einen Eimer mit Wasser in den Händen hielt.

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Er schüttete Naiche das Wasser über den Schädel.

Einige der umstehenden Banditen lachten, als wäre dies alles

ein besonders toller Spaß.

Ein Stöhnen brach von Naiches Lippen. Seine Augenlider

zuckten. Wohl unbewußt stemmte sich sein Körper gegen die
Fesseln, die ihn noch immer am Stamm des Cottonwoods
festhielten.

Dann öffnete der so schwer geschundene junge Indianer die

Augen. Sein Blick wurde klarer. Hart preßten sich seine
aufgeschlagenen Lippen aufeinander.

Jeff Cooper trat auf Naiche zu. Sein heißer Atem traf den

Apachen, dem noch immer Wasser aus den Haaren tropfte und
in kleinen Bächen über das angeschwollene Gesicht lief.

»Das ist erst ein kleiner Vorgeschmack gewesen, Apache«,

zischte der Rustlerboß. »Wenn du jetzt nicht bald Vernunft
annimmst, dann wird es aber noch viel schlimmer für dich
werden.«

Cooper trat zurück.
Naiche antwortete nicht. Er schloß die Augen, während sein

Mund noch immer an eine schlecht verheilte Narbe erinnerte.

Jeff Coopers Hände ballten sich zu Fäusten, als er die

Reaktion des gefangenen Indianers sah.

»Der Bursche stellt sich einfach tot« murmelte Cooper. »Der

nimmt uns nicht für voll, Leute. Der Bastard hat noch immer
nicht genug.«

»Laß ihn ein oder auch zwei Stunden in Ruhe«, ließ sich

Glenn Morgan vernehmen. »Der Apache braucht Zeit, um über
alles nachzudenken. So sehe ich es. Wir könnten in der
Zwischenzeit etwas essen. Ich habe einen fürchterlichen
Hunger.«

Jeff Cooper nickte widerstrebend, folgte dann Morgan, der in

den Schatten der Hütte trat, wo bereits einige andere Banditen
kauerten und es sich schmecken ließen.

Hin und wieder blickten sie zu dem jungen Apachen hinüber,

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der den ganzen Tag über weder etwas zu essen noch zu trinken
erhalten hatte. Naiche ließ das alles ohne Regung über sich
ergehen, obwohl ihn Hunger und Durst plagten.

Er, der stolze Sohn dieses Landes, wollte gegenüber den

verhaßten Weißbäuchen keine Schwäche zeigen.

Natürlich hatte Naiche längst verstanden, was die weißen

Banditen von ihm wollten. Er hatte auch schon von dieser
legendären Goldmine gehört, kannte aber ihre genaue Lage
nicht.

»Wir kriegen ihn klein«, sagte Jeff Cooper schmatzend.

»Wenn er nicht bald redet, müssen wir zu härteren Mitteln
greifen.«

Glenn Morgan sah seinen Banditenfreund zweifelnd an. Er

war nicht so richtig davon überzeugt, daß der stolze Apache
wirklich sprechen würde.

Es wurde langsam dämmrig. Innerhalb weniger Minuten

würde es dunkel werden.

Die Banditen zuckten zusammen, als plötzlich eine Stimme

erschallte, die ihnen durch Mark und Bein ging.

»Hier spricht Cochise, der Häuptling der Apachen. Das

Lager ist umzingelt. Ich fordere euch auf, euch zu ergeben,
sonst werde ich den Befehl zum Angriff geben!«

Jeff Cooper verschluckte sich an einem Fleischbrocken und

keuchte und würgte. Glenn Morgan sprang auf die Beine und
riß seinen Colt aus dem Halfter. Auch die übrigen Viehdiebe
waren aufgesprungen. Sie griffen ebenfalls nach ihren Waffen.

»Zum Henker«, fluchte Cooper, der endlich wieder Luft

bekam. Sein Gesicht schimmerte rot wie eine überreife
Tomate.

Die Augen der Banditen richteten sich auf die schlanke und

großgewachsene Gestalt eines Indianers, der über 100 Yards
entfernt auf dem Talhang zwischen einigen Felsen stand.

Obwohl die Dämmerung immer schneller herniedersank, war

die Gestalt des Apachen gut zu erkennen.

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Einige Männer rissen die Gewehre hoch, legten auf die

Rothaut an, doch Glenn Morgans harte Stimme hielt die
Outlaws zurück, die Finger am Abzug zu krümmen.

»Cochise«, stöhnte Cooper. »Oh, verdammt, das hat uns

gerade noch gefehlt. Der berühmte Cochise persönlich. Da
haben wir uns ja eine heiße Suppe eingebrockt.«

Wieder erscholl Cochises Stimme zu den Banditen herüber.

Sie klang furchtlos und stolz.

»Ich gebe euch eine Frist, die ihr Bleichgesichter eine halbe

Stunde nennt. Wenn ihr euch bis dahin nicht ergebt, werden
meine Krieger über euch herfallen und euch töten. Das ist
meine einzige und letzte Warnung!«

»Gebt diesem roten Bastard heißes Blei zu schlucken«,

schrie Jeff Cooper los. Er riß seinen Revolver aus dem Halfter
und jagte Kugel um Kugel zu dem Chiricahua-Häuptling
hinüber, obwohl die Entfernung für einen Revolver viel zu weit
war.

Auch seine Männer schossen. Ihre Gewehrkugeln trafen die

Stelle, an der sich Cochise noch vor wenigen Sekunden
befunden hatte. Der Apachen-Chief war verschwunden,
untergetaucht zwischen den Felsen und Büschen, die den
Talhang bedeckten.

»Aufhören, verdammt«, brüllte Cooper. »Ihr vergeudet nur

unnötig Munition.«

Seine Männer stellten das Feuer ein. Träge verzog sich

bläulicher Pulverdampf.

Sie starrten zum Hang hinüber. Cooper erkannte einige

seiner Leute, die vom Taleingang herüberliefen und wie wild
mit ihren Waffen fuchtelten.

»Zurück«, schrie Cooper. »Indianer. Ihr müßt den Eingang

besetzt halten.«

Die Banditen drehten sich um und hasteten zum Taleingang

zurück. Coopers Blick richtete sich auf Glenn Morgan, der
fluchend einige Schritte von ihm entfernt stand.

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Der aus Tombstone aus dem Jail geflüchtete Outlaw zuckte

mit den Achseln, wußte in diesen Sekunden auch keinen Rat,
wie man dieses schlechte Blatt noch wenden konnte.

Erneut erschallte Cochises Stimme durch die

Abenddämmerung. Der Apachen-Häuptling zeigte sich wieder
auf dem Berghang.

»Gegenwehr ist sinnlos«, rief er. »Ihr könnt euer Leben nur

retten, wenn ihr aufgebt. Die Zeit läuft. Es verbleiben euch nur
noch wenige Minuten, um eine Entscheidung zu treffen!«

»Nicht schießen«, sagte Cooper knurrend. Plötzlich ging ein

Ruck durch seinen Körper. Er lief auf den Baum zu, an dem
Naiche noch immer gefesselt stand.

Der junge Apache hatte aufgehorcht, als er die Stimme seines

Vaters vernahm. Hoffnung, dem sicheren Tod zu entgehen,
prägte sein zerschlagenes Gesicht.

Noch im Laufen zog Jeff Cooper sein Bowiemesser. Und es

sah so aus, als wolle er Naiche wie ein Tier abstechen. Dann
schnitt er aber nur die Fesseln durch.

Naiche taumelte nach vorn und brach in die Knie, obwohl er

alles daransetzte, um diese Blöße, wie er meinte, zu vermeiden.

Der Apache war aber bereits so geschwächt, daß er nicht

mehr auf die Beine gelangte, obwohl er alles versuchte.

Jeff Cooper trat von hinten heran, riß Naiche auf die Beine

und setzte ihm das Messer an die Kehle. Mit der anderen Hand
hielt er den kraftlosen Körper des jungen Kriegers
umklammert.

Naiche versuchte sich zu wehren, hatte jedoch gegen den

harten Griff des Banditenbosses keine Chance.

Cochise stand hochaufgerichtet zwischen den Felsen. Er

spürte eine eisige Faust, die ihm das Herz aus der Brust zu
reißen schien, als er seinen Sohn in der Gewalt der Banditen
erkannte.

Nur mühsam gewann Cochise wieder die Kontrolle über sich

zurück. Sein Herz hämmerte schneller gegen die Rippen, als er

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seinen Sohn Naiche so hilflos der Willkür des weißen Outlaws
ausgesetzt sah.

»Wir fordern freien Abzug, Cochise«, kreischte Cooper.

»Wenn du auf unsere Bedingung nicht eingehst, dann wird
dieser Krieger sterben. Überlege gut, was dir mehr wert ist:
Das Leben dieses jungen Apachen, oder unser Leben!«

Cochises Gesicht wirkte nun wie versteinert. Schwer bob und

senkte sich seine Brust. Dann ging ein Ruck durch seine
Gestalt.

Ruhig, als schwebe nicht sein Sohn in Lebensgefahr,

antwortete der Häuptling der Apachen: »Was ist schon ein
Leben gegen eure Leben, Bleichgesichter? Ihr habt nur eine
Möglichkeit, dem Tod zu entgehen, indem ihr euch ergebt. Und
solltet ihr meinem Krieger auch nur ein Haar krümmen, dann
ist auch diese Chance verspielt. Die Zeit läuft, und sie ist gegen
euch!«

Cochise duckte sich und huschte hinter einen Felsen. Von

dort aus setzte er seinen Weg fort, um das Tal zu verlassen.

Seine Gedanken überschlugen sich, suchten verzweifelt nach

einer Lösung, um Naiche aus den Händen der Weißhäutigen zu
befreien. Und Cochise wollte alles daransetzen, um das Leben
seines Sohnes zu retten.

*

»Nicht schießen«, rief Cochise und zwängte sich zwischen
zwei Salbeibüschen hindurch.

John Haggerty senkte den Lauf seines Gewehres. Die Earp-

Brüder halfterten ihre Revolver. Gelbvogel trat zu den
Männern und blickte den Chiricahua ernst an.

»Die Banditen geben nicht auf. Ich habe es geahnt, Cochise.

Wir vernahmen Schüsse. Was ist geschehen?«

Haggerty schwieg.
Obwohl Cochise seine Erregung zu unterdrücken versuchte,

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konnte er den erfahrenen Armee-Scout nicht täuschen. Es gab
einige Hinweise, die auf diesen Zustand Cochises hinwiesen.

John Haggerty legte dem Apachen-Häuptling eine Hand auf

die Schulter. Cochise lächelte gequält.

»Sie haben Naiche in ihrer Gewalt. Ich wußte nichts davon,

denn sonst hätte ich diesen weißhäutigen Bastarden kein
Ultimatum gestellt. Nun ist die Chance vertan. Sie werden
meinen Sohn töten, wenn wir angreifen und sie nicht ziehen
lassen.«

Haggerty hatte mit einer unangenehmen Nachricht gerechnet,

aber nicht geahnt, daß sie so schlimm sein würde.

Wyatt und Virgil schoben sich näher heran. John Haggerty

schüttelte den Kopf, als Wyatt etwas sagen wollte. Er selbst
wandte sich an Cochise.

»Das Leben deines Sohnes geht vor, Cochise. Wir wollen

alles tun, um es zu retten. Verfüge über uns. Wir werden
deinen Befehlen folgen. Auch ich schätze Naiche sehr.«

Damit war alles gesagt.
Ein dankbarer Blick des Chiricahuas traf Haggerty. Dann

verhärtete sich das edle Antlitz des Apachen-Häuptlings. »Ich
habe ein Ultimatum gestellt, Falke, so wie du es gewollt hast.
Soll ich nun in meiner Meinung schwankend werden? Die
weißen Schufte werden es als Schwäche auslegen und Naiche
auf jeden Fall ermorden. Diesen Männern bedeutet das Leben
eines Indianers weniger als das eines Tieres.«

»Du magst schon recht haben, Cochise«, entgegnete der

Armee-Scout. »Noch ist nichts verloren. Die Banditen wissen
nicht, daß Naiche dein Sohn ist. Das kann für uns gut, aber
auch schlecht sein. Auf jeden Fall müssen wir schnell
handeln.«

»Cochise wird handeln«, antwortete der Apachen-Chief. »Er

wird in das Lager eindringen und seinen Sohn befreien. Es gibt
nur diese eine Möglichkeit.«

»Ich helfen dich«, sagte Gelbvogel und trat entschlossen

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neben den Jefe der Chiricahuas. »Uns gelingen Sohn befreien.«

John Haggerty nickte.
»Ich werde ebenfalls mit dir gehen, Cochise. Es wird uns

gelingen, deinen Sohn zu befreien.«

Der Jefe schüttelte den Kopf.
»Das ist eine Angelegenheit von uns Apachen, Falke. Du und

deine beiden weißen Freunde werden den Taleingang besetzen,
damit die Bleichgesichter nicht fliehen können. Du solltest
mich nicht falsch verstehen, Falke. Wenn es den Banditen
gelingt, das Valley zu verlassen, dann sind meine Chancen
gesunken, Naiche lebend in meine Arme zu schließen.«

»So soll es sein, Cochise«, antwortete der Armee-Scout,

obwohl er lieber dem Apachen gefolgt wäre.

Wyatt Earp sagte: »Befreie deinen Sohn Naiche. Unsere

besten Wünsche begleiten dich. Wir werden niemanden aus
dem Tal herauslassen. Das verspreche ich dir.«

Cochise nickte Gelbvogel zu. Die beiden Apachen legten

ihre Gewehre auf den Boden. Nun waren sie nur noch mit ihren
Büffelmessern bewaffnet.

Sie nickten ihren weißen Freunden kurz zu, ehe sie

losschlichen und gleich darauf in der Dunkelheit verschwunden
waren.

»Apachen töten lautlos«, murmelte Haggerty. »Ich möchte

nicht in der Haut der Outlaws stecken. Los, Leute, wir sichern
den Taleingang. Die Banditen werden einen Ausbruch
versuchen. Und wir müssen das mit allen Mitteln verhindern.«

*

Im Camp der Viehdiebe herrschte Hektik und Panik. Die
Banditen eilten durcheinander, schrien sich gegenseitig
sinnlose Befehle zu und erinnerten an eine Schafherde, in deren
Mitte ein Blitz eingeschlagen hatte.

»Verdammt noch mal«, wetterte Jeff Coopers heisere

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Stimme plötzlich los. »Kommt alle mal her zu mir. Wir müssen
beratschlagen, was wir tun wollen. Los, Leute, noch haben wir
nicht verloren. Wir sind ein Dutzend harter Jungs, die es mit
einem ganzen Apachenstamm aufnehmen können. Warum
macht ihr euch die Hosen voll? Außerdem haben wir eine
Geisel, die uns gute Dienste leisten wird.«

Der Banditenboß starrte auf Naiche, der bäuchlings am

Boden lag und sich nicht rührte. Seine Hände waren auf dem
Rücken gefesselt. Cooper hatte den Apachen niedergeschlagen,
nachdem Cochise verschwunden war.

Zögernd traten die Outlaws näher. Angst entstellte die

Gesichter einiger Männer. Der Name Cochise hatte ihnen
Furcht eingejagt. Zuviel hatten sie von dem Häuptling der
Chiricahuas bereits gehört. Und meist waren es erfundene und
erlogene Greuelgeschichten.

»Ihr holt zuerst eure Pferde, Leute. Auch den Mustang dieses

roten Halunken. Wir binden den Apachen auf dem
Pferderücken fest. Damit wartet ihr aber, bis ich wieder zurück
bin. Ich gehe zum Taleingang, um mich dort umzusehen.
Vielleicht hat dieser Cochise nur wenige Krieger um sich
versammelt und es gelingt uns, einen Ausbruch zu wagen. Ich
bin sogar davon überzeugt, daß wir es schaffen werden.«

Jeff Cooper blickte auf Morgan, der wenige Schritte neben

der Blockhütte stand und unschlüssig zu ihm herübersah.

»Du kümmerst dich hier um alles, Morgan. Wir müssen

einen klaren Kopf behalten, sonst sind wir verloren.«

Jeff Cooper stiefelte los, näherte sich mit schnellen Schritten

dem Taleingang, wo er von vier seiner Leute erwartet wurde.

»Draußen ist alles ruhig«, sagte Billy Barns, der Mann mit

dem Totengesicht. Er spuckte aus und grinste dann. Cooper sah
dem Outlaw aber an, daß auch er sich nicht besonders wohl in
seiner Haut fühlte.

»Okay, Jungs, dann wollen wir mal feststellen, ob der

Taleingang wirklich gesperrt ist. Außerdem müssen wir

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herausfinden, wie stark unser Gegner ist. Los, Leute, wir
wagen einen Ausbruchversuch. Unsere Feinde werden
reagieren, wenn sie uns sehen. Achtet aber darauf, kein heißes
Blei einzufangen.«

Die vier Outlaws zogen nicht gerade begeisterte Gesichter,

folgten aber Jeff Cooper, der die Führung übernahm. Die
Banditen huschten hinter ihren Deckungen hervor und schoben
sich zum Talausgang hinaus.

Zuerst geschah überhaupt nichts. Schon glaubte Cooper, daß

der Apachenhäuptling nur geblufft hatte, als plötzlich
aufbrüllende Gewehrschüsse die nächtliche Stille zerrissen.
Feuerlanzen erhellten die Nacht.

Einer der Banditen kippte lautlos zur Seite und schlug dumpf

zu Boden. Er blieb regungslos liegen.

Cooper feuerte auf die aufzuckenden Feuerblumen und gab

dann Fersengeld, um wieder die Deckung der Felsen am
Taleingang zu erreichen. Er schaffte es. Auch seine drei
anderen Gefährten gelangten hinter die schützenden
Deckungen. Fluchend sahen sich die Outlaws an. Sie wußten,
ein Ausbruch würde kaum möglich sein, ohne daß einige von
ihnen an einer Bleivergiftung starben.

Der Apache hat nicht geblufft«, seufzte Jeff Cooper. »Dort

draußen lauern ausgezeichnete Gewehrschützen mit modernen
Waffen. Heiliger Rauch, das kann ja heiter werden.«

Seine drei Partner nickten. Sie blickten auf die Ebene hinaus

und sahen ihren Gefährten noch immer regungslos am Boden
liegen. Sie ahnten, daß er sich niemals wieder aus eigener Kraft
erheben würde.

»Ihr bleibt hier, Jungs«, bestimmte der Banditenboß.

»Schießt auf alles, was sich dort draußen bewegt. Und bleibt
nur hinter eurer Deckung. Ich sehe mich im Camp um.
Vielleicht will dieser Cochise nochmals mit uns verhandeln.«

Jeff Cooper eilte zum Lager zurück. Und er überlegte dabei

verzweifelt, wie er sich und seine Leute in Sicherheit bringen

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konnte, ohne den Apachen in die Hände zu fallen.

*

Zwei dunkle Schatten schlichen durch die Nacht, glichen
lautlosen Phantomen, als sie sich dem Taleingang näherten.
Cochise und Gelbvogel arbeiteten sich bis auf wenige
Pferdelängen an den Taleingang heran und verhielten lauernd
in einer Bodenmulde.

Cochise warf dem Apachen-Scout einen anerkennenden

Blick zu. Gelbvogel grinste breit und freute sich über dieses
Lob. Er war stolz, zusammen mit dem großen Häuptling der
Apachen, dieses gefährliche Unternehmen wagen zu dürfen.

Und er hatte sich fest vorgenommen, den Jefe der

Chiricahuas nicht zu enttäuschen.

Die beiden Apachen verschmolzen mit dem Boden, als sie

fünf Männer aus dem Tal herausschleichen sahen. Silbernes
Mondlicht reflektierte auf ihren Gewehren.

Cochise deutete Gelbvogel an, liegenzubleiben. Der

Apachen-Chief ahnte, daß gleich ein höllischer Feuerzauber
losbrechen würde.

So war es auch.
Die Banditen, die das Tal verlassen wollten, wurden

zurückgetrieben. Vorher aber gelang es den beiden Apachen, in
das Valley zu huschen.

Cochise lächelte zufrieden.
Er griff auch nicht ein, als er Jeff Cooper nur wenige Schritte

entfernt vorbeilaufen sah. Ein Verschwinden des
Banditenbosses hätte die anderen Outlaws nur stutzig gemacht.

Cochise und Gelbvogel schlichen weiter, näherten sich

vorsichtig der Blockhütte, wo reges Leben herrschte. Pferde
wieherten, Männer fluchten.

Die barsche Stimme von Jeff Cooper rief seine Leute zur

Vernunft. Cochise hielt Ausschau nach seinem Sohn Naiche,

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konnte ihn aber nicht entdecken.

Sein Herz krampfte sich zusammen. Ein stechender Schmerz

schien den Häuptling der Apachen zu lähmen. Er fühlte einen
dumpfen Druck in seinem Magen, der nichts Gutes verhieß.

Gelbvogel und Cochise schlichen noch näher heran.
Endlich gelang es Cooper, Ordnung in das Durcheinander zu

bringen. Er rief: »Hört zu, Jungs. Der Ausgang ist versperrt.
Dort draußen lauern einige der roten Teufel, die verdammt gut
mit ihren Gewehren umgehen können. Dave hat es erwischt.
Wir müssen nun alles daransetzen, damit die Rothäute nicht in
das Tal eindringen. Bis auf Ted, Joe, Clayd und Clark gehen
wir alle zum Taleingang. Die vier von mir Genannten bleiben
zurück und kümmern sich um den jungen Indianerbastard.
Wenn er wieder bei Bewußtsein ist, bindet ihr ihn auf seinen
Mustang und kommt zum Taleingang. Wir nehmen alle
anderen Pferde mit. Wenn wir den roten Jüngling an die Spitze
setzen, werden seine Indianerfreunde nicht schießen. Das ist
vielleicht unsere einzige Chance, um auszubrechen.«

Die Männer setzten sich in Bewegung, bis auf die vier

Outlaws, die zu Naiche traten, der noch immer bewußtlos am
Boden lag.

Glenn Morgan und Jeff Cooper liefen gemeinsam los.

Verbissen wirkten ihre Gesichter. »Schade um die Herde«,
sagte der Boß der Rustlerbande mürrisch. »Das Geld kann ich
nun auch abschreiben. Bis jetzt hast du mir kein großes Glück
gebracht, Morgan.«

Glenn Morgan hatte eine scharfe Entgegnung auf der Zunge,

zuckte aber nur mit den Achseln.

»Wir kommen hier schon raus«, sagte er. »Und du solltest an

die Goldmine denken. Was sind schon ein paar Kuhschwänze
gegen eine ganze Mine, gefüllt bis obenhin mit Gold?«

Cooper blickte Morgan skeptisch von der Seite an.
»Wollen wir es hoffen, Morgan«, sagte er. »Wenn du

wirklich nur einem Hirngespinst hinterherjagst, dann werde ich

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dich ungespitzt in den Boden rammen und zwar mit dem Kopf
zuerst.«

Glenn Morgan antwortete nicht. Er hoffte nur, daß sie bald

aus dem Tal verschwinden konnten. Wenn er an Cochise
dachte, dann lief es ihm kalt über den Rücken.

*

Cochises Augen funkelten. Zufrieden beobachtete er den
Abmarsch der Banditen. Nun hatten er und Gelbvogel es nur
mit vier Bleichgesichtern zu tun. Und mit denen würde er
schnell fertig werden.

Die beiden Apachen starrten zu den vier Weißen hinüber, die

sich um den am Boden liegenden Naiche geschart hatten. Einer
von ihnen trat dem Wehrlosen in die Seite und wollte den
Bewußtlosen wohl so ins Leben zurückrufen.

Cochise knirschte mit den Zähnen. Er zog sein Büffelmesser

aus dem Rehledergürtel. Nachdem er Gelbvogel kurz zugenickt
hatte, schlich der Häuptling der Apachen auf die vier
Bleichgesichter zu.

Der Apachen-Scout folgte ihm geräuschlos. Sie schlängelten

sich auf die weißen Banditen zu. Jeder von ihnen wollte zwei
ausschalten.

Die Weißen hatten keine Augen und keine Ohren für die

Anschleicher. Sie konzentrierten sich nur auf Naiche, von
dessen Lippen nun ein Stöhnen erklang, das dumpf zu Cochise
wehte.

Noch härter wirkte das Gesicht des Chiricahuas. Seine Hand

schraubte sich so fest um das Messer, daß die Knöchel fast
weiß schimmerten. Noch entschlossener glitt Cochise auf die
Weißhäutigen zu.

Cochise und Gelbvogel trennten sich wenige Yards vor ihren

Gegnern. Bald hatten sie sich den Weißen so weit genähert,
daß sie nur die Hände auszustrecken brauchten, um ihre Feinde

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zu berühren.

Das taten die beiden Apachen dann auch. Ihre Messer

funkelten im bleichen Mondlicht, als sie aufsprangen und sich
auf die Bleichgesichter stürzten. Sie schalteten zwei ihrer
Gegner aus, ehe die beiden anderen überhaupt kapierten, in
welcher tödlichen Gefahr sie sich befanden. Die beiden
Männer brachen aufstöhnend zusammen. Die Schreie der
anderen Outlaws verstummten, als sie von den Apachen
angesprungen wurden. Auch diese beiden weißen Banditen
hatten gegen die zu alles entschlossenen Apachen keine
Chance. Sie starben lautlos und sanken neben ihren Gefährten
zu Boden.

Gelbvogel und Cochise säuberten die blutigen Messer im

Gras, steckten sie in die Scheiden zurück und beugten sich über
Naiche, der noch immer hilflos am Boden lag.

Ein Aufatmen ging durch Cochise, als er erkannte, daß sein

Sohn noch lebte.

*

»Ich habe etwas vergessen«, sagte Jeff Cooper und blieb
plötzlich stehen. Er und Morgan befanden sich nur noch
wenige Pferdelängen vom Taleingang entfernt.

»Geh nur, Morgan, ich muß nochmals zurück«, murmelte der

Anführer der Rustlerbande. »In der Hütte befinden sich einige
Dinge, die ich unbedingt mitnehmen möchte.«

Jeff Cooper ging los. Plötzlich blieb er abrupt stehen, als

wäre er gegen eine unsichtbare Barriere gelaufen. Er fuhr sich
über die Augen.

»Zum Henker«, stieß er hervor. »Das gibt es doch nicht.«
Er starrte auf die beiden dunklen Gestalten, die gerade im

Begriff waren, einen leblosen Körper hochzuheben. Und er sah
vier andere dunkle Gestalten am Boden liegen. Er brauchte
nicht allzuviel Phantasie, um sofort zu wissen, was geschehen

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war.

Apachen, dachte er. Diese Höllenhunde sind bereits im Tal.

Sie haben meine vier Männer umgebracht und wollen nun den
jungen Krieger in Sicherheit bringen.

Der erste Schock legte sich in dem Banditenboß. Er riß

seinen Colt aus dem Halfter und feuerte, aber er schoß zu
überhastet. So verfehlte sein heißes Blei. Die beiden Männer
liefen mit dem jungen Apachen los, erreichten die Blockhütte,
hinter der sie in Deckung gingen.

Jeff Cooper feuerte die Trommel seines Revolvers leer,

fluchte und schrie dabei, als wäre er wahnsinnig geworden.

Er vernahm hinter sich hastende Schritte. Es war Glenn

Morgan, der bereits nach den ersten Schüssen losgespurtet war
und mit keuchendem Atem seinen Banditenfreund erreichte.

»Was ist los?« fragte Glenn Morgan verwundert, da er

keinen Gegner erblicken konnte.

»Zwei Apachen haben unsere Geisel befreit«, keuchte

Cooper, während er die Trommel seines Colts auflud. »Zum
Henker, wir müssen die roten Halunken schnappen, sonst
befinden wir uns zwischen zwei Fronten. Dann aber haben wir
nicht den geringsten Hauch einer Chance, diesen Kampf noch
zu unseren Gunsten zu entscheiden.«

Morgan duckte sich unwillkürlich. Er sah erst jetzt die vier

leblosen Gestalten in der Nähe der Hütte am Boden liegen.

»Wo stecken die Burschen?«
»Hinter der Hütte. Wir müssen uns ihnen von zwei Seiten

nähern, um sie ins Kreuzfeuer zu nehmen. Ich habe nur Messer
bei den roten Teufeln gesehen. Gegen unsere Colts haben sie
keine Chance. Los, vorwärts, Morgan. Wir knöpfen uns die
Bastarde vor. Vielleicht ist es sogar Cochise, der mit einem
seiner roten Freunde ins Tal eingedrungen ist. Ich würde es
ihm zutrauen. Wenn es uns aber gelingt, den Häuptling der
Apachen auszuschalten, dann haben wir gewonnen. Ohne Kopf
werden die anderen roten Hundesöhne hilflos wie neugeborene

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Kinder sein.«

Die beiden Männer schlichen los, näherten sich der

Blockhütte von zwei Seiten und hofften, die beiden Apachen
mit schnellen Schüssen ausschalten zu können.

*

Cochise und Gelbvogel konnten sich mit Naiche hinter der
Blockhütte in Sicherheit bringen. Der Chiricahua ließ seinen
Sohn zu Boden gleiten.

Naiche war noch immer bewußtlos. Längst hatte Cochise

erkannt, wie brutal der junge Krieger von den Bleichgesichtern
geschunden worden war.

Ein heißer Haß auf die Banditen brachte Cochises Herz zum

Lodern. Er fragte sich in diesen Sekunden, ob er nicht falsch
handelte, wenn er auf einen Frieden mit den Weißen aus war.

Gelbvogel spähte um die Hüttenecke. Er sah die beiden

Weißen heranschleichen. Ohne Cochise etwas zu sagen, lief
der Scout plötzlich los.

Cochises leiser Ruf verhallte.
Schüsse krachten, wurden dumpf von den Bergwänden als

Echo zurückgeworfen. Cochise blickte hinter Gelbvogel her,
der im Zickzack, wie ein flüchtender Hase, dahinjagte, sich
plötzlich bückte und wieder auf die Blockhütte zuhielt.

Geschosse furchten rechts und links den Boden. Cochise zog

sein Messer und fühlte sich hilflos in diesem Augenblick. Er
wußte nicht, wie er Gelbvogel helfen konnte.

Der Scout warf sich nun mit einem letzten, verzweifelten

Sprung in den Schutz der Blockhütte. Zwei Gewehre polterten
zu Boden. Erst jetzt wußte Cochise, warum sein roter Freund
sein Leben riskiert hatte.

Gelbvogel hatte erkannt, daß sie beide ohne Schußwaffen

verloren waren.

Cochise und der Scout griffen nach den Gewehren, die den

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toten Banditen gehört hatten, und schossen auf ihre beiden
Gegner, die von dem Feuerhagel überrascht wurden.

Jeff Cooper und Glenn Morgan blieb keine andere Wahl, als

in Deckung zu gehen.

Cochise nickte zufrieden. Gelbvogels Gesicht glänzte vor

Schweiß. Der Chiricahua reichte dem Partner sein Gewehr und
nahm Naiche auf die Arme. Er lief geduckt los, nutzte alle sich
nur bietenden Deckungsmöglichkeiten aus und entfernte sich
so immer mehr von der Blockhütte. Cochise hoffte, von den
beiden Bleichgesichtern nicht gesehen worden zu sein.

Natürlich wußte Cochise, wie schwer es sein würde, den

Taleingang ungeschoren zu passieren, zudem er Naiche
mitschleppen mußte, der noch immer bewußtlos war.

Die beiden Apachen liefen in das Tal hinaus und näherten

sich immer mehr der Rinderherde. Hinter ihnen peitschten
Schüsse auf, die aber keinen Schaden anrichteten.

Inmitten einer kleinen Buschinsel hielten Cochise und

Gelbvogel inne. Während der Scout nach den Verfolgern
Ausschau hielt, kümmerte sich Cochise um seinen Sohn.

Es dauerte auch nicht lange, dann öffnete Naiche die Augen.

Sein Blick wurde schnell klarer. Zuerst erkannte Cochise
Freude in den Augen seines Sohnes, die sich dann aber vor
Scham verdunkelten.

Naiche hätte wohl in diesem Moment lieber sterben wollen,

als sich so hilflos den Blicken seines Vaters auszusetzen.

Cochise lächelte.
»Du bist am Leben, Sohn«, sagte er leise. »Das ist die

Hauptsache. Bestimmt hast du den Weißen nicht verraten, wo
sich die Goldmine befindet, obwohl sie dich fast umgebracht
haben. Ich bin sehr stolz auf dich, mein Sohn.«

Naiche lächelte schwach. Jede Bewegung seines

geschundenen Körpers bereitete ihm Schmerzen. Vorsichtig
und mit Hilfe seines Vaters richtete sich der junge Apache auf.

Er streifte Cochises helfende Hände zur Seite, knickte aber

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gleich wieder ein. Sein Gesicht wirkte entstellt, während
pfeifender Atem seinen Mund verließ.

Cochise griff nicht wieder zu. Er wußte, daß Naiche dies

nicht wollte. Der Apachen-Krieger würde mit aller Macht
versuchen, mit seiner Not allein fertig zu werden.

Naiche hielt sich auf den Beinen, obwohl sein Körper wie

der eines uralten Mannes wirkte. Krumm stand er da. Seine
ersten Schritte wirkten so unsicher, wie die eines Kindes, das
die ersten Gehversuche unternahm.

Cochise nickte stolz und lief dann zu Gelbvogel, der am

Rande der Buschinsel kauerte und das vor ihm liegende Terrain
nicht aus den Augen ließ. »Es sind vier Bleichgesichter, die
sich heranschleichen«, sagte der Apachen-Scout.

Es dauerte nicht lange, dann erkannte auch Cochise die vier

dunklen Schatten, die sich heranschoben.

Der Häuptling der Apachen griff nach einem der Gewehre,

preßte es an die Schulter und feuerte.

Der dunkle Körper eines Gegners wuchs in die Höhe. Ein

gellender Schrei, der kaum etwas Menschliches an sich hatte,
durchschnitt die nächtliche Stille. Dann fiel der Getroffene
rückwärts zu Boden und rührte sich nicht mehr.

Die drei anderen Weißen nahmen nun die Buschinsel unter

Beschuß. Cochise und Gelbvogel mußten sich zurückziehen.
Blätter und von den Geschossen abgerissene Zweige rieselten
auf sie hernieder.

Sie erreichten die Stelle, wo Cochise seinen Sohn

zurückgelassen hatte. Naiche stand noch immer, obwohl sein
Oberkörper schwankte, als wäre der junge Apache betrunken.
Cochise lächelte düster. »Wir werden es schaffen«, sagte er zu
Naiche. »Draußen vor dem Tal warten gute Freunde auf uns.
Und wir werden ihnen zeigen, wie gut Apachen zu kämpfen
verstehen.«

*

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Glenn Morgan zuckte zusammen, als er hinter sich ein
Geräusch vernahm. Er riß den Lauf seiner Winchester hoch,
erkannte im letzten Augenblick Jeff Cooper, der sich neben ihn
schob.

»Diese roten Bastarde werden uns wie die Hasen abknallen,

wenn wir uns ihnen noch mehr nähern«, sagte der Anführer der
Rustlerbande mit schnellgehendem Atem.

»Wir sollten zum Taleingang zurückgehen«, ließ sich Glenn

Morgan vernehmen. »Mit unseren restlichen Leuten müssen
wir einen Ausbruchversuch unternehmen, sonst werden unsere
Skalps bald an den Gürteln dieser roten Heiden hängen.«

Seine Worte verklangen. Morgan fröstelte, als er über seine

Worte nachdachte.

Jeff Cooper nickte. »Okay, wir müssen raus aus diesem

Valley, sonst ist es wirklich bald aus und vorbei mit uns.«

Er winkte einem seiner Leute zu, der nur wenige Schritte

entfernt hinter einem Salbeibusch kauerte. Die drei Banditen
zogen sich zurück. Die Rinderherde muhte nervös.

Morgan ahnte, daß die Schüsse die Tiere erschreckt hatten.

Bestimmt fehlte nicht mehr viel bis zu einer Stampede.

Einige Minuten später erreichten die drei Outlaws den

Taleingang, wo sie von ihren Gefährten erwartet wurden.

Jeff Coopers Streitmacht war bereits sehr

zusammengeschmolzen, wie der Banditenboß mißmutig
feststellte.

»Wie sieht es draußen aus?« fragte er Billy Barns, der neben

seinen Boß getreten war.

»Ganz beschissen, Cooper. Die Kerle fangen sofort an zu

schießen, sobald wir auch nur die Nasenspitze sehen lassen.
Ohne größere Verluste kommen wir nicht durch. Wir sitzen bis
zur Halskrause in der Klemme.«

Coopers Gesicht verfinsterte sich noch mehr. Er fluchte los

wie ein mexikanischer Mulitreiber.

»Verdammt, hör auf!« fauchte Morgan. »Das bringt uns auch

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nicht weiter. Laß dir lieber etwas einfallen, wie wir unsere
Köpfe aus der Schlinge ziehen können.«

Der Banditenboß bot für einige Sekunden den Anblick eines

geschlagenen Mannes.

Im Tal fielen Schüsse.
»Das sind diese beiden verdammten Rothäute«, brummte

Cooper zornig. »Warum nur haben wir uns so schlimm
hereinlegen lassen? Wenn wir die Geisel noch hätten, dann…«

Seine Augen weiteten sich plötzlich. Glenn Morgan schrie

voller Entsetzen auf. Auch die übrigen Banditen erschraken.

Sie starrten auf die Rinderherde, die sich in Bewegung setzte

und auf den Taleingang zutrottete. Die Schüsse der Apachen
hatten die Longhorns aufgescheucht.

Noch waren sie nicht in Stampede geraten. Das konnte sich

aber ganz schnell ändern.

Die weißen Banditen wußten nur, daß sie der wogenden

Masse aus Rinderleibern ausweichen mußten, um nicht zu
Tode getrampelt zu werden.

Es gab nur zwei Möglichkeiten: Entweder ins Tal zu fliehen,

oder das Valley zu verlassen.

Die Longhorns trotteten näher. Ihr Muhen und Brüllen war

lauter geworden. Die langen, weit ausschwingenden Hörner
rieben aneinander. Dieses Geräusch ging den Banditen an die
Nieren. Die Nackenhaare begannen sich zu sträuben.

Sie blickten auf Jeff Cooper. Der Anführer der Viehdiebe

mußte eine Entscheidung fällen.

*

»Kannst du laufen?« fragte Cochise seinen Sohn, der noch
immer unsicher auf den Füßen stand.

Naiche setzte mühsam einen Fuß vor den anderen, taumelte

und wäre gestürzt, wenn Gelbvogel nicht blitzschnell
zugegriffen hätte. Unwillige Laute, die aus Verzweiflung

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geboren wurden, verließen seinen weit aufgerissenen Mund.

Er streifte Gelbvogels Hände von sich. Sein Körper straffte

sich. Naiche holte neue Kräfte tief aus seinem Innern. Sein
schmerzverzerrtes Gesicht glättete sich. »Es wird gehen,
Vater.«

Der Chiricahua nickte nur, warf Gelbvogel einen Blick zu,

der sofort verstand, daß er sich um den Häuptlingssohn
kümmern sollte.

»Wir werden die Herde der gefleckten Büffel auf den

Talausgang zutreiben«, sagte Cochise. »Im Schutze der Herde
und der aufgewirbelten Staubwolke muß es uns gelingen, das
Tal zu verlassen. Es ist unsere große Chance.«

Der Apachen-Scout und Naiche nickten. Sie blickten auf die

immer unruhiger werdende Herde. Alle Tiere hatten sich längst
erhoben. Hunderte von Hufen zerstampften das Gras.

Die drei Apachen näherten sich dem Herdenende. Gelbvogel

blieb in Naiches Nähe, der nun nicht mehr so sehr schwankte.
Natürlich war der Häuptlingssohn noch immer angeschlagen.
Er verlangte seinem geschundenen Körper eine fast
unmenschliche Leistung ab.

Nachdem die Indianer die ersten Tiere erreicht hatten, hob

Cochise sein Gewehr und feuerte einige Schüsse über die
Köpfe der Longhorns ab. Das Muhen verstärkte sich, wurde zu
einem angsterfüllten Brüllen, das sich immer mehr steigerte
und das ganze Tal erfüllte.

Die Rinderherde setzte sich erst langsam, dann immer

schneller in Bewegung, hielt auf den Talausgang zu, der sich
als hellere Öffnung zwischen den Talwänden abzeichnete.

Staub wurde in riesigen Mengen aufgewirbelt, der die letzten

Rinder und auch die drei Apachen einhüllte. Cochise, Naiche
und Gelbvogel folgten den Longhorns.

Immer wieder mußten sie darauf achten, nicht von langsamer

gewordenen Rindern niedergetrampelt oder aufgespießt zu
werden.

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Sie näherten sich dem Talausgang, obwohl die drei Apachen

fast völlig die Orientierung verloren hatten. Der Staub setzte
ihnen zu. Sie schnappten nach Luft, gaben aber nicht auf,
wußten sie doch, daß die Staubwolke Schutz und Sicherheit für
sie bedeutete.

Gelbvogel mußte hin und wieder zugreifen, wenn Naiche

strauchelte. Einmal sah es aus, als wäre der junge
Häuptlingssohn am Ende seiner Kräfte angelangt.

Mit einem verzweifelten Lächeln auf den Lippen schleppte

sich Naiche weiter, folgte seinem Vater, der vor ihm ging und
sein Gewehr schußbereit hielt.

Schüsse klangen vom Talende auf. Es schien, als feuerten die

Banditen auf die nun immer schneller werdenden Longhorns,
versuchten, den unaufhaltsamen Vormarsch der Tiere zu
stoppen.

Cochise lächelte hart. Er hoffte nur, daß sein Trick aufgehen

würde. Und im Moment sah es wenigstens so aus.

Die ersten Longhorns schoben sich durch den schmalen

Durchlaß, stürmten dann schneller werdend aus dem Tal
hinaus. So sehr Cochise auch seine Augen anstrengte, er
konnte keinen der weißen Outlaws erkennen. Auch ihre
Schüsse waren verstummt.

Gelbvogel mußte Naiche stützen. Er schleppte den jungen

Krieger mit sich, dessen Energie nun von Sekunde zu Sekunde
abnahm.

Noch immer wurden die drei Apachen von der Staubwolke

eingehüllt. Außerdem half ihnen die Dunkelheit, von den
weißen Banditen nicht gesehen zu werden. Sie hatten sich nun
dem Talausgang bis auf wenige Pferdelängen genähert.
Schüsse peitschten außerhalb auf.

Cochise nickte unwillig. Er ahnte, daß die Bleichgesichter

auf die gleiche Idee wie er selbst gekommen waren. Auch sie
hatten sich im Schutze der Herde und der Staubwolke aus dem
Valley ins Freie geschlichen, ungeachtet der Gefahr, von den

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Rindern niedergetrampelt zu werden.

Cochise verhielt mitten im Schritt und huschte zu seinen

beiden Gefährten. Er deutete ihnen an, ihm zu folgen. Cochise
wollte sich der Gefahr nicht aussetzen, außerhalb des Tales von
John Haggerty und den Earp-Brüdern mit heißem Blei
empfangen zu werden. Wie leicht konnte es geschehen, von
den Freunden mit den flüchtenden Banditen verwechselt zu
werden.

Noch immer klangen Schüsse auf, die das Brüllen der Rinder

übertönten. Die weißen Partner außerhalb des Tales mußten
den fliehenden Outlaws höllisch einheizen.

Die drei Apachen erreichten eine Felsgruppe, hinter der sie

vor den letzten Herdennachzüglern Schutz suchten. Langsam
senkte sich die Staubwolke zu Boden.

Cochise hielt sein Gewehr schußbereit. Immerhin bestand die

Möglichkeit, daß einige Banditen im Valley zurückgeblieben
waren.

*

Die ersten Rinder schoben sich an Jeff Cooper, Glenn Morgan
und den anderen Banditen vorbei. Die Outlaws waren auf
Felsbrocken geklettert, die bald Inseln zwischen den
wogenden, stampfenden und brüllenden Rindern glichen.

Cooper fluchte tonlos. Staub brannte schon bald in seinen

Augen. Er hustete hohl. Seinen Leuten erging es nicht anders.
Glenn Morgan verfluchte Cochise, den er für diesen Streich
verantwortlich machte.

Die erste Hälfte der Rinder zog vorbei. Dann wurden die

Longhorns spärlicher. Lücken entstanden.

»Vorwärts, Leute«, schrie Cooper, um den Lärm zu

übertönen. »Wir müssen raus aus dem Tal. Vielleicht gelingt es
uns.«

Der Anführer der Rustler sprang vom Felsen und lief los.

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Bald war er in der Staubwolke verschwunden. Glenn Morgan
folgte ihm sofort. Die anderen Outlaws zögerten zuerst,
rechneten sich dann aber ebenfalls eine Chance aus, auf diese
Art und Weise das Tal verlassen zu können.

Sie mußten immer wieder den Hörnern der Rinder

ausweichen, deren erste Panik sich gelegt hatte. Die meisten
Longhorns trotteten nur noch langsam. Es gab genügend
Lücken zwischen den Tieren, um aus dem Valley zu gelangen.

Schüsse peitschten auf. Einer der Outlaws griff sich an die

Brust, stürzte zu Boden. Rinder trampelten über ihn hinweg. Es
gab keine Rettung mehr für den verwundeten Banditen.

Immer wieder fielen Schüsse. Die Outlaws schossen nicht

zurück, um ihre Positionen nicht zu verraten.

Glenn Morgan, Jeff Cooper, der totengesichtige Billy Barns

und der kleingeratene Bandit mit der Knollennase, Clayd
Hudson, hatten das Tal hinter sich gelassen.

Sie kauerten zwischen einigen Felsen. Sie spuckten und

räusperten sich. Ihre Kleidung war vom Staub gepudert. Die
vier Banditen waren sicher, von den außerhalb des Valleys
postierten Gegnern nicht erkannt worden zu sein.

»Das wäre geschafft«, murmelte Jeff Cooper und spuckte

erneut aus. »Nun benötigen wir Pferde, um verschwinden zu
können. Ohne Reittiere sind wir verloren.«

Glenn Morgan fluchte los. Daran hatte er in seiner ersten

Freude überhaupt nicht gedacht. Die Pferde befanden sich noch
im Tal. Auf den Rücken der Tiere wäre es den Banditen
unmöglich gewesen, das Valley zu verlassen. Den Pferden
wären garantiert die Bäuche von den spitzen Hörnern der
Longhorns aufgeschlitzt worden. Die Outlaws waren selbst nur
mit viel Glück diesem Schicksal entgangen.

Immer weniger Rinder kamen aus dem Valley. Die Banditen

verhielten sich ruhig.

Glenn Morgan hätte beinahe einen Jubelruf ausgestoßen, als

er ein halbes Dutzend Pferde sah, die nun wiehernd aus dem

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Valley hervortrabten.

»Laßt die Tiere näher herankommen«, flüsterte Jeff Cooper.

»Wir müssen ruhig bleiben, oder wollt ihr in letzter Sekunde
noch mit heißem Blei gefüllt werden?«

Die drei Banditen nickten. Ungeduldig starrten sie auf die

Pferde, die sich ihnen langsam näherten. Hinter ihnen tauchte
ein Rinderrudel auf.

Morgan und Cooper grinsten plötzlich.
»Das schaffen wir schon, Jungs«, murmelte der Rustlerboß.

»Haltet euch bereit. Es muß alles schnellgehen. Denkt an die
Rothäute, die hier außerhalb lauern.«

Die sechs Pferde trabten näher, wieherten und blähten die

Nüstern. Sie wirkten erschreckt und nervös. Außerdem behagte
ihnen nicht, von den Longhorns verfolgt zu werden.

In diesem Moment tauchten zwei dunkle Gestalten hinter

einem Felsbrocken auf. Ihr Ziel waren die Pferde. Es mußten
zwei Männer von Coopers Bande sein.

Es gelang den Outlaws, in die Sättel zweier Pferde zu

hechten und die Tiere anzutreiben. Die Banditen ritten los.
Bereits nach ungefähr fünfzig Yards hämmerten
Winchestergewehre auf.

»Vorwärts«, schrie Cooper, denn die vier restlichen Pferde

hatten sich bis auf wenige Schritte genähert.

Die vier Banditen stürmten auf die Pferde zu, schwangen

sich in die Sättel und gaben den Tieren brutal die Sporen. Die
Outlaws jagten in die entgegengesetzte Richtung als ihre
beiden Gefährten.

Noch immer feuerten Gewehre.
Glenn Morgan wandte sich im Sattel um und sah, daß die

beiden Fliehenden getroffen wurden und von den Pferderücken
stürzten.

Nun mußten ihre Gegner auch die vier übrigen Fliehenden

bemerkt haben. Heißes Blei suchte nach den vier Outlaws, die
sich auf die Pferdehälse duckten und hofften, nicht getroffen zu

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werden.

Die Outlaws überstanden bange Sekunden, ehe sie aus dem

Schußbereich der Gewehre heraus waren. Sie ritten weiter, als
wäre der Leibhaftige persönlich hinter ihnen her.

*

Wyatt Earp senkte fluchend sein Gewehr, denn seine letzten
Kugeln hatten die vier flüchtenden Reiter verfehlt. Auch
Virgils Gesicht wirkte verdrossen.

»Nichts zu machen«, ließ sich John Haggerty vernehmen.

»Die vier Hundesöhne sind auf und davon. Ich schätze aber,
daß es sonst keine Überlebenden der Rustlerbande gibt.«

»Morgan, dieser verdammte Hundesohn, ist unter den

Geflüchteten gewesen«, stieß Earp wütend hervor. Der
Gambler fluchte schon wieder los. Der Armee-Scout verzog
das Gesicht.

»Wir sollten uns lieber um Cochise und Gelbvogel

kümmern«, sagte John Haggerty. »Er befindet sich noch im
Valley. Hoffentlich haben sie Naiche befreien können.«

»Wir sollten hoffen, daß alle noch am Leben sind«, sagte

Virgil Earp und erhob sich. Die drei Männer liefen los, hielten
ihre Gewehre schußbereit, denn es konnte sein, daß es doch
noch einen der Banditen gab, der den Kampf überlebt hatte.

Geduckt näherten sie sich dem Taleingang, aus dem nur noch

vereinzelte Rinder hervorliefen. Die Herde begann sich auf der
Ebene zu verteilen. Viele Longhorns hatten sich bereits
wiederkäuend niedergelegt. Das Muhen der Tiere klang nun
friedlicher.

John Haggerty riß den Lauf seiner Winchester hoch, als er

eine dunkle Gestalt zwischen einigen Mesquitebüschen
entdeckte. Der Scout schoß nicht, denn er erkannte Cochise,
der nun seinen weißen Freunden entgegenlief.

Haggerty atmete auf, als er den Häuptling der Chiricahuas

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unversehrt vor sich sah. Cochise blieb vor ihm stehen.

»Gelbvogel und Naiche leben«, sagte er, als er das fragende

Gesicht des Armee-Scouts sah.

Über Haggertys verwegenes Gesicht huschte ein Lächeln.

»Das freut mich, Cochise«, antwortete er. »Dein Trick mit der
Rinderherde war gut. So konntest du dir die Bleichgesichter
vom Halse halten. Leider gelang vier von ihnen die Flucht. Wir
konnten es nicht verhindern. Wenn sich im Valley keine
Banditen mehr aufhalten, dann gibt es sonst keine
Überlebenden.«

»Ich habe mich bereits im Tal umgesehen«, entgegnete der

Häuptling der Chiricahuas. »Dort hält sich keiner der
weißhäutigen Coyoten mehr auf.«

Cochise nickte den Earp-Brüdern zu, drehte sich um und

marschierte voran. Bald erreichten sie die Stelle, an der
Gelbvogel und Naiche zurückgeblieben waren.

Der Häuptlingssohn lag am Boden, hatte die Augen

geschlossen und atmete schwer. John Haggerty erschrak, als er
das zerschlagene Gesicht des jungen Apachen sah. Und er
ahnte, daß es wohl am ganzen Körper des Kriegers kaum eine
heile Stelle gab.

Er fühlte eine heiße Wut gegen seine Rassegefährten in sich

aufsteigen. Was waren sie nur für Teufel, die einen jungen
Apachen so zurichteten.

Cochise blickte den Scout fest an. »Ich werde den vier

geflüchteten Bleichgesichtern folgen und sie zur Rechenschaft
ziehen. Ich werde sie für ihre Taten bestrafen. Ich danke dir,
Gelbvogel, und auch den beiden Brüdern für ihre Hilfe.«

Wyatt Earp winkte nur lässig ab. Virgil nickte und trauerte

wohl in diesen Sekunden der Goldmine nach, die nach den
Worten des Chiricahua-Häuptlings längst abgebaut war.

Cochise nahm eine Kette von seinem Hals, an der

Bärenzähne befestigt waren. Der Häuptling der Apachen trat zu
Gelbvogel und legte sie dem Scout um. Er sagte einige Worte

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in der Apachensprache, die niemand verstand. Gelbvogel
strahlte, als hätte er das große Los gezogen.

»Gelbvogel ist ein großer Krieger. Ich bedaure, daß er kein

Chiricahua ist. Ich danke ihm für seinen mutigen Kampf gegen
die Bleichgesichter. Cochise wird ihm das nie vergessen.«

John Haggerty hatte den Scout noch niemals so stolz

gesehen. Und John wußte, daß es eine Auszeichnung für
Gelbvogel war, die dieser aus der Hand Cochises empfangen
hatte.

Füt einige Sekunden herrschte Schweigen.
Wyatt Earp unterbrach das Schweigen, in dem er sich

räusperte und sagte: »Wir sehen nach den toten Banditen. Ihr
wollt euch bestimmt in der Zwischenzeit um Naiche kümmern.
Virgil wird die Pferde holen. In den Satteltaschen werdet ihr
Verbandszeug finden.«

So geschah es auch.
Bald umspannten den schlanken Körper des jungen Kriegers

Verbände. Naiche ließ die Prozedur mit zusammengebissenen
Zähnen über sich ergehen. Alle sahen aber, wie sehr der
Häuptlingssohn geschafft war. Er benötigte dringend eine
Pause.

Wyatt Earp erhob sich plötzlich hinter dem Felsen, von wo

aus er das vor ihm liegende Gelände übersehen konnte.
»Reiter«, sagte er. »Mehr als ein Dutzend. Sie halten genau auf
das Tal zu.«

Die drei Weißen und auch die beiden Apachen griffen nach

ihren Waffen. Und sie fragten sich, wer das Tal als Ziel
gewählt haben konnte.

*

Glenn Morgan, Jeff Cooper und die beiden anderen Banditen
zügelten ihre Pferde. Sie sahen sich in den Sätteln um.
Erleichterung prägte ihre Gesichter, als sie keine Verfolger

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entdecken konnten.

»Wir haben es geschafft«, sagte Morgan zufrieden. »Wir sind

den Rothäuten entkommen. Das ist wirklich Rettung in letzter
Sekunde gewesen. Mann, o Mann, wir haben wirklich bis zur
Halskrause im Dreck gesteckt. Das werde ich wohl nicht so
schnell vergessen.«

Billy Barns und der knollennasige Clayd Hudson nickten zu

diesen Worten. Jeff Cooper starrte Morgan unfreundlich an und
fluchte dann ungehalten los. Nachdem er sich wieder beruhigt
hatte, sagte er: »Du hast mir kein Glück gebracht, Morgan.
Seitdem du bei uns aufgetaucht bist, ist alles schiefgelaufen.
Nun bin ich auch noch die Herde los, die einige Bucks
eingebracht hätte. Und wir wissen noch immer nicht, wo diese
verdammte Goldmine ist. Ich glaube wirklich, die gibt es nur in
deinem verblödeten Schädel.«

Glenn Morgan schluckte erst einmal, um diese bitteren

Worte zu verdauen. »Unsinn, Cooper«, lenkte er ein. »Diese
Mine gibt es. Ich bin hundertprozentig davon überzeugt. Und
wir werden sie finden und zu reichen Männern werden. Wir
vier sind rauhe Burschen, die das schaffen. Die Indianer wären
auch so über dich und deine Männer hergefallen. Das kannst du
mir nicht in die Schuhe schieben. Wir finden schon wieder eine
Rothaut, die wir in unsere Gewalt bringen und die uns erzählen
wird, wo sich die Goldmine befindet. Jetzt sollten wir nicht
mehr lange diskutieren, sondern unseren Trail fortsetzen. Den
roten Bastarden traue ich nicht. Vielleicht sind die schon hinter
uns her. Und ein altes Sprichwort lautet: Apachen sieht man
nur, wenn sie gesehen werden wollen. Dann aber ist es
meistens zu spät.«

Jeff Cooper nickte brummend. »Okay, Morgan«, sagte er

dann. »Ich hoffe in deinem Interesse, daß wir die Goldmine
finden, denn sonst lernst du mich einmal richtig kennen.«

Er trieb sein Pferd an. Die drei Reiter folgten ihm.

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*

»Das sind Indianer«, sagte John Haggerty. »Etwa ein Dutzend.
Sie halten genau auf den Taleingang zu.«

Sein fragender Blick traf den Häuptling der Apachen, der wie

eine Statue dastand. Irgendwie wirkte Cochise in diesen
Sekunden stolz und unnahbar.

»Ich werde ihnen entgegengehen«, sagte der Apache. »Es

sind keine Chiricahuas. Wenn ich mich nicht täusche, dann ist
es Geronimo mit seiner zusammengewürfelten Kriegsschar. Er
will sich davon überzeugen, ob ich diesen Kampf zu meinen
Gunsten entschieden habe. Bestimmt ist er in der Nähe
gewesen.«

John Haggerty zuckte mit den Achseln. Er faßte sein Gewehr

fester, wie es auch die Earp-Brüder taten. Sie würden sofort zu
schießen beginnen, sollten die näherreitenden Indianer Cochise
feindlich gesinnt sein.

Kerzengerade schritt Cochise den Reitern entgegen, die

inzwischen ihre Mustangs gezügelt hatten. Der
Apachenhäuptling erkannte Geronimo und glaubte
Enttäuschung auf dessen Gesicht zu sehen. Es schien, als habe
Geronimo damit gerechnet, daß der Häuptling bei dem Kampf
gegen die weißen Banditen ums Leben gekommen war.

Cochise blieb zwei Pferdelängen vor den Reitern stehen.

Stolz lag in seinem Blick.

»Ich lebe, Geronimo«, sagte Cochise. »Ich habe die weißen

Eindringlinge getötet. Das ist es doch, was du wissen willst.«

Die beiden Männer maßen sich mit harten Blicken. Dieses

Duell entschied Cochise für sich. Geronimo senkte den Kopf,
wendete sein Pferd und ritt davon. Die bunt
zusammengewürfelte Kriegerschar folgte ihm.

Der Häuptling der Apachen kehrte zu John Haggerty und den

anderen Männern zurück. Der Armee-Scout kniete neben
Naiche, der das Bewußtsein wiedererlangt hatte.

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»Die Bleichgesichter sind besiegt. Nur vier von ihnen

konnten fliehen. Ich werde ihnen folgen«, sagte Cochise.

»Was soll aus deinem Sohn werden?« fragte Haggerty. »Du

kannst ihn hier nicht zurücklassen. Und allein ist der Ritt bis
zur Apacheria zu beschwerlich.«

Cochise nickte nur.
»Ich hoffe, du bist einverstanden, wenn ich Naiche zu

deinem Stamm zurückbringe«, sagte der Armee-Scout.
»Außerdem würde es mich sehr freuen, Tla-ina, deine
Schwester, zu sehen.«

Naiches Stimme klang heiser, als er sagte: »Ich kann allein

reiten und für mich sorgen, Vater.«

»Das weiß ich«, antwortete Cochise. »Ich möchte aber, daß

dich der Falke begleitet.« Seine Stimme duldete keinen
Widerspruch.

»Was wird aus der Rinderherde?« fragte Wyatt Earp

interessiert.

»Willst du sie haben?« fragte Cochise. »Ich schenke sie dir,

weil du mir geholfen hast.«

Die beiden Earp-Brüder winkten ab.
»Wir setzen uns doch nicht wegen einiger gestohlener

Rindviecher in die Nesseln«, sagte Wyatt. »Das ist uns zu
riskant. Wir beide reiten nach San Manuel zurück. Leider ist
aus der Goldmine nichts geworden. Schade, denn wir hatten
uns eine ganze Menge davon versprochen.«

»Ich danke euch«, sagte Cochise und reichte den Earps nach

der Art der Weißen die Hand.

Wyatt und Virgil Earp verabschiedeten sich auch von John

Haggerty, Gelbvogel und Naiche. Wenige Minuten später ritten
sie davon und tauchten bald in der Dunkelheit unter.

»Was soll nun mit den Rindern geschehen?« fragte Haggerty.
»Wir treiben sie in das Tal zurück und versperren den

Eingang durch einige Baumstämme, Falke. Du wirst unterwegs
auf einige meiner Krieger treffen. Sie sollen sich die Tiere

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holen. Mein Stamm kann Fleisch gebrauchen.«

»Das werde ich tun, Cochise.«
»Gelbvogel Wache halten bis treffen ein tapferes Krieger

Chiricahua«, radebrechte der Apachen-Scout. »Dann
Gelbvogel reiten zu Einarm-General und melden. Du das
erlauben, Falke?«

»Einverstanden, Gelbvogel. Sollten sich aber irgendwelche

Reiter dem Tal nähern, dann wirst du dich verziehen. Egal ob
es Weiße oder Indianer sind. Das ist ein Befehl, Gelbvogel.
Hast du mich verstanden?«

»Verstanden genau, Falke. Obwohl Gelbvogel großes

Krieger, er nicht kämpfen, sondern reiten weg.«

John Haggerty lächelte. »Dann sollten wir uns jetzt ausruhen

und im Morgengrauen die Longhorns ins Tal zurücktreiben.«

»Schafft ihr das auch ohne meine Hilfe?« fragte Cochise.
»Du willst den vier geflüchteten Banditen nach und zwar

sofort, damit der Vorsprung nicht noch größer wird, nicht
wahr, Cochise?«

»So ist es, Falke. Ich habe keine andere Wahl, denn diese

vier Weißhäutigen sind wie blutgierige Bestien, denen nichts
heilig ist. Sie werden wieder morden, wenn ich sie nicht
finde.«

»Ich wünsche dir alles Glück dieser Welt auf deinem Trail,

Cochise. Und nun solltest du reiten. Ich bringe Naiche zur
Apacheria. Er wird mir den Weg zeigen.«

Cochise holte seinen Mustang und schwang sich auf den

Pferderücken. Er beugte sich leicht zu John Haggerty hinüber
und sagte: »Grüße Tla-ina von mir, Falke. Sieh ihr aber nicht
zu tief in die Augen. Denke daran, sie ist eine Apachin und du
bist ein Weißer.«

Nach diesen Worten ritt Cochise los.
Bald verklangen die Hufschläge seines Pintos.
John Haggerty wußte, daß Cochise ihn schätzte. Aber trotz

allem war er selbst ein Bleichgesicht, gegen das der Häuptling

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der Apachen vielleicht eines Tages kämpfen mußte, wenn ihm
keine andere Wahl mehr blieb.

John Haggerty hoffte, daß dieser Tag niemals kommen

würde.

ENDE


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